Präsident die Rückzahlung der zweckwidrig verwendeten Gelder durchzusetzen

(§ 33 c NAbgG in Verbindung mit Artikel 18 Abs. 3 NV, §§ 6 und 8 Geschäftsordnung). Nach Auffassung des LRH führen die durch seine Prüfung gewonnenen Erkenntnisse zu dem Schluß, dass der Präsident der Rückforderungspflicht nicht genügen kann, wenn er nicht das Recht hat, sich im Einzelfall durch seine Verwaltung von der korrekten Verwendung der Zuschüsse zu überzeugen. In der Landtagsverwaltung liegen auch die zur Beurteilung der Sachverhalte nach den Maßstäben des NAbgG sowie nach den Erfordernissen der Verwaltungs- und Parlamentspraxis notwendigen Kenntnisse.

Nach Auffassung des Landtagspräsidenten, der sich insoweit auf ein Gutachten des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes stützt, räumt ihm das NAbgG gegenüber den Fraktionen keine eigenen Befugnisse ein, um die bestimmungsgemäße Verwendung der nach § 31 NAbgG gewährten Zuschüsse zu überwachen. Aufgabe des Landtagspräsidenten sei es lediglich, sich auf der Grundlage der vom Wirtschaftsprüfer durchgeführten Kontrollen und ggf. ergänzender Mitteilungen des LRH sowie der Stellungnahmen der Fraktionen hierzu ein eigenes Urteil darüber zu bilden, ob eine Rückzahlungsverpflichtung der Fraktionen nach § 33 c Abs. 1 NAbgG bestehe; ggf. habe der Präsident die Rückzahlung der zweckwidrig verwendeten Gelder durchzusetzen. Dieser Auffassung stimmen die Fraktionen, soweit sie sich geäußert haben, im Ergebnis zu.

Der LRH bezweifelt, dass aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Regelung im NAbgG geschlossen werden muß, dem Landtagspräsidenten sei verwehrt, sich von der bestimmungsgemäßen Verwendung der Zuschüsse durch die Fraktionen zu überzeugen.

Eine entsprechende Aussage in der Begründung des sogenannten „Direktorenentwurfs", der Grundlage für die Gesetzgebung zur Fraktionsfinanzierung in den Ländern war und auf den sich der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst bezieht, ist gerade nicht in die Begründung zum Entwurf des NAbgG aufgenommen worden. Es ist auch nicht ersichtlich, wie sich der Landtagspräsident tatsächlich ein „eigenes Urteil" bilden soll, wenn er entsprechenden Hinweisen von außen nicht nachgehen darf.

Die Verpflichtung, die Zuschüsse an die Fraktionen zu berechnen, auszuzahlen und im Falle zweckwidriger Verwendung zurückzufordern, ist ebenfalls im NAbgG nicht ausdrücklich geregelt, wird aber allgemein angenommen und aus der Befugnis des Präsidenten als Leiter der Landtagsverwaltung gemäß Artikel 18 Abs. 3 Satz 1 NV gefolgert.

Auf der Grundlage seiner Prüfung sieht der LRH deshalb nach wie vor Bedarf dafür, dem Landtagspräsidenten und seiner Verwaltung die Möglichkeit einzuräumen, die dem gesetzlichen Zweck entsprechende Verwendung der den Fraktionen zur Verfügung gestellten öffentlichen Mittel zu prüfen. Wie dieses Recht ausgestaltet und wahrgenommen wird und ob es hierfür einer Klarstellung oder Ergänzung des NAbgG bedarf, bleibt hier offen.

Verwendung der Zuschüsse und Zuordnung der Verwendungszwecke

Alle Fraktionen verwenden den überwiegenden Teil der Zuschüsse, durchschnittlich etwa 62,5 v. H., für Personalausgaben für Fraktionsmitarbeiterinnen und Fraktionsmitarbeiter. Die verbleibenden Zuschußbeträge verteilen sich im wesentlichen auf Vergütungen an Fraktionsmitglieder für die Wahrnehmung besonderer Funktionen gemäß § 33 a Abs. 3 Nr. 2 a NAbgG (durchschnittlich 14,5 v. H. der Gesamtzuschüsse, wobei eine Fraktion derartige Vergütungen nicht zahlte), Veranstaltungen und Zusammenarbeit mit Fraktionen anderer Parlamente gemäß § 33 a Abs. 3 Nr. 2 d NAbgG (3 v. H.), Öffentlichkeitsarbeit gemäß § 33 a Abs. 3 Nr. 2 e NAbgG (3 v. H.) und Ausgaben des laufenden Geschäftsbetriebs gemäß § 33 a Abs. 3 Nr. 2 f NAbgG (15 v. H.).

Allerdings sind diese Feststellungen wenig aussagekräftig. Die Fraktionen ordnen nämlich in erheblichem Umfang Ausgaben für gleichartige Zwecke unterschiedlichen Rechnungslegungspositionen des § 33 a Abs. 3 NAbgG zu. So buchte z. B. eine Fraktion unter dem Begriff „Veranstaltungen" die Ausgaben für Kongresse und Hea rings, eine andere Bewirtungskosten für öffentliche und fraktionsinterne Veranstaltungen, Reisekosten für Abgeordnete und Gäste, Gebäck, Getränke, Trinkgelder und dgl., die dritte ordnete hier die Ausgaben für Fachtagungen, Fraktionsklausuren, Bewirtungskosten für Fraktionsmitglieder und Gäste sowie Veranstaltungen für Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes zu. Ausgaben für fraktionsinterne Veranstaltungen wie Betriebsausflüge, Weihnachtsfeiern, Bierabende etc. buchte eine Fraktion unter Geschäftsbetrieb, eine unter Personalkosten und die dritte unter Veranstaltungen.

Durch eine derart unterschiedliche Zuordnungspraxis ist die Vergleichbarkeit der gesetzlich vorgegebenen Rechnungslegungspositionen nicht gewährleistet. Der eigentliche Sinn der Rechnungslegung, „Transparenz des Wirtschaftsgebarens und öffentliche Verantwortung der Mittelverwendung durch die Fraktionen" zu ermöglichen und sicherzustellen (vgl. Entwurf der Fraktionen der SPD, der CDU, der F.D.P. und Bündnis 90/Die Grünen für ein Zwölftes Gesetz zur Änderung des NAbgG, Drs 12/3900, Begründung zu §§ 33 a und 33 b), wird verfehlt. Zudem wird auch die Rechnungsprüfung nach § 33 d NAbgG beeinträchtigt.

Der LRH hat deshalb den Fraktionen empfohlen, sich auf von allen Fraktionen anzuwendende Zuordnungskriterien und auf eine einheitliche Zuordnungspraxis zu verständigen. Die Landtagsverwaltung hält dies für wünschenswert, eine Fraktion hat ihr grundsätzliches Einverständnis zu erkennen gegeben, eine weitere hat ihre Bereitschaft erklärt, darüber mit den anderen Fraktionen zu beraten. Die dabei geäußerte Befürchtung, der „parlamentarische Gestaltungsspielraum" der Fraktionen, „grundsätzlich selbst zu entscheiden, wie und mit welchem Schwerpunkt sie ihre finanziellen Mittel einsetzen wollen", könnte eingeschränkt werden, ist unbegründet. Es geht lediglich darum, dass diese Entscheidung den Positionen des § 33 a Abs. 3 NAbgG zutreffend zugeordnet wird, damit die Rechnungslegung die ihr zugedachte Aussagekraft erhält. Daß dadurch auch die Vergleichbarkeit der Ausgaben zwischen den Fraktionen verbessert wird, dürfte diese nicht stören, zumal Vergleiche ohnehin angestellt werden.

Meinungsumfragen

Aus Mitteln der Öffentlichkeitsarbeit sind auch Meinungsumfragen finanziert worden. Nach § 30 Abs. 2 Satz 3 NAbgG können die Fraktionen „die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit unterrichten". Unabhängig davon, ob sich Meinungsumfragen noch als Teil dieser Tätigkeit qualifizieren lassen oder nicht, und obwohl sich die Tätigkeit der Fraktionen im übrigen (§ 30 Abs. 2 Sätze 1 und 2 NAbgG) lediglich nach innen richtet, kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass sie sich hierzu in besonderen Fällen der Hilfe Außenstehender bedienen (sogenannte Dienstleistungen Dritter).

Diese Hilfen müßten sich dann aber auf mit der Arbeit der Fraktion im Landtag zusammenhängende Themen beziehen.

Der Inhalt zweier 1994 und 1995 vergebener Studien weist allerdings aus, dass diese Umfragen eher Partei- als Fraktionsbezug hatten. Die Umfrage im Januar 1994 war

­ auch vom Zeitpunkt her ­ eindeutig wahlkampfbezogen. Die Umfrage 1995, die im Vorfeld der Kommunalwahlen stattfand, zeigte ebenfalls kaum einen Ansatz zur Arbeit der Fraktion. Derartige Repräsentativumfragen, z. B. als Stimmungstests, sogenannte Sonntagsfrage, Einordnung in eine Beliebtheitsskala, nach Abgrenzungen zu anderen Parteien, können und müssen von den Parteien selbst vergeben und finanziert werden, die sich nicht gewissermaßen auf dem Umweg über ihre Fraktion aus zusätzlichen öffentlichen Mitteln bedienen dürfen. Das gilt erst recht für Umfragen mit wahlkampfbezogenem Charakter.

Die Finanzierung dieser beiden Umfragen aus Fraktionszuschüssen verstößt damit gegen § 31 Abs. 3 NAbgG. Danach dürfen die Fraktionen die Zuschüsse nur zur Wahrnehmung ihrer parlamentarischen Aufgaben und nicht für Zwecke der Parteien verwenden. Sie steht auch nicht im Einklang mit den Vorschriften des Parteiengesetzes, das die staatliche Finanzierung der Parteien begrenzt (§ 18 ff. Parteiengesetz).

Die betroffene Fraktion vertritt ­ allerdings ohne nähere Begründung ­ „dezidiert die Auffassung", dass „solche Umfragen der Wahrnehmung der parlamentarischen Aufgaben der Fraktion dienen". Sie verweist darauf, dass die Landesregierung ebenfalls derartige Umfragen in Auftrag gebe und aus Steuermitteln bezahle. Im übrigen seien die Ausgaben für die Meinungsumfragen durch das jährliche Aufkommen an Beiträgen gedeckt, die von den Mitgliedern der Fraktionen erhoben werden.

Die Fraktion übersieht, dass der LRH ihr nicht bestritten hat, Meinungsumfragen zu vergeben. Diese müssen sich aber auf die Arbeit im Landtag beziehen. Das war hier eindeutig nicht der Fall. Die Umlage der Fraktion dient im übrigen anderen Zwecken, wie sich aus dem folgenden ergibt, und reicht hierfür nicht einmal aus.

Der LRH hat den Landtagspräsidenten gebeten, dafür zu sorgen, dass die unzulässig verwendeten Mittel gemäß § 33 c Abs. 1 NAbgG unter Inanspruchnahme der Partei zurückgewährt werden. Hierzu werden Maßnahmen, wie sie der Landtagspräsident bereits nach Abschluß der örtlichen Erhebungen und Besprechungen des LRH ergriffen hat, allerdings nicht ausreichen. Der Präsident hatte den Vorsitzenden der betroffenen Fraktion schriftlich um „Aufklärung des Sachverhalts" gebeten. Der Vorsitzende ging in seiner Antwort nicht näher auf den Inhalt der Umfrage ein und legte auch keine Unterlagen vor, die den Vorgang hätten aufhellen können. Daraufhin schloß der Präsident die Sache mit einem Schreiben ab, in dem es heißt: „Im Hinblick auf Ihre ausdrückliche Versicherung, die Ausgabe für die Umfrage bewegt sich exakt in dem von § 31 Abs. 3 AbgG vorgegebenen Rahmen, weil die Umfrage der Wahrnehmung der parlamentarischen Aufgaben der Fraktion dient, sowie auch im Hinblick auf die vorliegende Bestätigung eines vereidigten Wirtschaftsprüfers sehe ich die Angelegenheit für mich als erledigt an."

Die Feststellungen des LRH zu der „Versicherung" und der „Bestätigung" belegen, daß der Landtagspräsident auf diese Weise, auf die er von den Fraktionen beschränkt wird und sich beschränken läßt, seiner Pflicht, zweckwidrig verwendete Mittel zurückzufordern, offensichtlich nicht genügen kann.

Zulässigkeit weiterer einzelner Verwendungszwecke Bewirtungskosten

Der Anteil der Bewirtungskosten an den nicht durch Personalkosten gebundenen Fraktionsmitteln war bei den beiden großen Fraktionen erheblich. Die Zulässigkeit und Notwendigkeit derartiger ­ über Kaffee, Tee und Erfrischungen hinausgehender ­ Beköstigungsausgaben aus Fraktionsmitteln ist nach Bewirtungsanlaß und bewirteten Personen unterschiedlich zu beurteilen:

Für interne Bewirtung, also die Beköstigung von Abgeordneten sowie Fraktionsmitarbeiterinnen und Fraktionsmitarbeitern, die bei Fraktionsvorstandssitzungen, Mitarbeitergesprächen, Arbeitsessen und dgl. stattfindet, ist der Maßstab durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorgegeben. Danach sind die Fraktionen Teil der organisierten Staatlichkeit. Ihr Personal wird ebenso wie die Bediensteten des Landes aus öffentlichen Mitteln bezahlt. Die Abgeordneten erhalten ihre Abgeordnetenentschädigung sowie ihre Tagegelder ebenfalls aus öffentlichen Mitteln. Für Sitzungen, für die die Abgeordneten einen Tagegeldanspruch nach § 11 in Verbindung mit § 8 NAbgG haben, wurden zwar diese Tagegelder als Eigenbeteiligung der Abgeordneten angerechnet. Bei einigen Veranstaltungen wurden auch gesonderte Beiträge von Abgeordneten erhoben. Die konkreten Bewirtungsausgaben überschritten diese Beiträge aber im Regelfall erheblich. Dieser Mehrbetrag wurde dann aus Fraktionszuschüssen gezahlt. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 13.6.1989 (BVerfGE 80, 188 ff.) ist es nicht zulässig, Fraktionszuschüsse für die gleichen Zwecke zu verwenden, für die ein Abgeordneter eine Amtsausstattung erhält. Im übrigen orientiert sich die Höhe der Entschädigung ausdrücklich an einem dem öffentlichen Dienst entnommenen Maßstab (vgl.