Das monatliche Nettoeinkommen setzt sich aus der Summe aller Einkommensarten zusammen

Als Privathaushalt zählen im Mikrozensus alle zusammenwohnenden und eine wirtschaftliche Einheit bildenden Personengemeinschaften sowie Personen, die allein wohnen und wirtschaften. Das Haushaltseinkommen wird aus den Individualeinkommen der Haushaltsmitglieder ermittelt, die sich in vorgegebene Einkommensgruppen selbst einstufen.

Das monatliche Nettoeinkommen setzt sich aus der Summe aller Einkommensarten zusammen. Die wichtigsten sind: Lohn oder Gehalt, Gratifikation, Unternehmereinkommen, Einkommen aus Vermögen oder/und aus Vermietung/Verpachtung, Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe, Rente oder Pension, Kindergeld, Wohngeld, BAföG, Stipendien, Zinsen, Altenteile, Alimentationszahlungen, Sachbezüge oder private Unterstützungen und schließlich auch Zuschüsse zum vermögenswirksamen Sparen. Das monatliche Nettoeinkommen aus einer Erwerbstätigkeit wird im Mikrozensus auf das Bruttoeinkommen - abzüglich Steuern und Sozialversicherung - im Monat April bezogen. Bei unregelmäßigen Einkommen und bei Selbständigen, bei denen nur der Nettobetrag eines ganzen Jahres bekannt ist, wird im Mikrozensus der Monatsdurchschnitt eines Jahres erhoben. Daß in der Regel die Einkommen im April erfragt werden, führt zu einer Unterschätzung der Einnahmen, weil wichtige Sonderzahlungen wie z. B. Urlaubs- und Weihnachtsgratifikationen sowie Zinserträge nicht in diesem Monat anfallen. Auch die Selbsteinstufung der Befragten in vorgegebene Einkommensgruppen birgt die Gefahr, daß Einkünfte zu niedrig angegeben werden. Die Beeinträchtigung der Datenqualität ist aber als sehr gering einzuschätzen, wenn es - wie im vorliegenden Fall - nicht um eine exakte Bestimmung von DM-Beträgen im Einer- und Pfennigbereich geht, sondern die Besetzung der Ränder der Einkommensverteilung unter einem relativen Betrachtungswinkel erfaßt werden soll. Die Proportionen von Armut und Reichtum werden sehr zuverlässig abgebildet.

Es ist eine Schwäche des Mikrozensus, dass die oberste Einkommensgruppe maximal ein monatliches Nettoeinkommen von 7.500 DM erfaßt. Um diese fehlende Genauigkeit im oberen Einkommensbereich zu kompensieren, wurden ergänzend die niedersächsischen Daten der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS)101 von 1988 und 1993 einbezogen. Sie dienten der rechnerischen Ausdehnung der obersten Einkommensgruppe, die in der EVS bis zu einem monatlichen Nettoeinkommen von 35.000 DM und mehr reicht. In der Mikrozensus-Größenklasse „über 7.500 DM Haushaltsnettoeinkommen" wurde das Durchschnittseinkommen von 10.907 DM aus den niedersächsischen Daten der EVS für diesen Einkommensbereich übertragen. Für weiterreichende Analysen fand die EVS keine Berücksichtigung, weil sie eine kleinere Stichprobe als der Mikrozensus umfaßt, keine Regionalisierungsmöglichkeiten bietet, nicht hinreichend mit bevölkerungs- und erwerbsstatistischen Merkmalen verknüpft werden kann und weil keine Antwortpflicht der Befragten wie im Mikrozensus herrscht.

Berechnungsmodalitäten

Beim oben beschriebenen relativen Betrachtungswinkel muss das verfügbare Haushaltsnettoeinkommen bei größeren Haushalten mit Hilfe von sogenannten Äquivalenzziffern gewichtet werden, um Bedarfsunterschiede und Kostenvorteile von Haushalten unterschiedlicher Größe und Zusammensetzung auszugleichen. Nach dem BSHG ist es üblich, eine Gewichtung des Bedarfs eines Haushalts vorzunehmen, in die Zahl und Alter der Haushaltsmitglieder eingehen.

Die Personengewichte bei Mehrpersonenhaushalten wurden im vorliegenden Landesbericht näherungsweise an die Regelsatzproportionen der Sozialhilfe angepaßt: 1,0 für die erste Person im Haushalt, 0,8 für die zweite Person im Haushalt und 0,6 für die weiteren Haushaltsmitglieder. Eine differenziertere Unterscheidung nach Kindern und Erwachsenen verschiedener Lebensstufen und Lebenssituationen war mit den vorliegenden Tabellen des Mikrozensus nicht möglich. Diese Gewichtung vgl. Statistisches Bundesamt, „EVS 1993": Einnahmen und Ausgaben privater Haushalte, Fachserie 15, Heft 4. Bei den Berechnungen fanden die niedersächsischen Ergebnisse der EVS Berücksichtigung.

Die altersspezifischen Bedarfssätze wurden 1990 zuletzt verändert. Es wurden die Altersgruppen neu bestimmt und ein Sonderzuschlag für Kleinkinder in Haushalten von Alleinerziehenden eingeführt. wurde sowohl bei den Indikatoren der relativen Armut und des relativen Reichtums als auch beim Indikator des durchschnittlichen Bruttobedarfs laufender Hilfe zum Lebensunterhalt angewandt.

Das Netto-Äquivalenzeinkommen wird errechnet, indem das gesamte monetäre Nettoeinkommen eines Haushaltes durch die Zahl der Personenäquivalente bzw. Äquivalenzfaktoren geteilt wird. Die Berechnung erfolgt in vier Schritten:

1. Wird auf die Haushaltsstruktur Bezug genommen. Es werden je Haushaltsmitglied Individualgewichte vergeben (erste Person = 1,0; zweite Person = 0,8; weitere Personen = 0,6).

2. Werden die Individualgewichte je Haushalt summiert.

3. Wird das Haushaltseinkommen durch die Summe der Individualgewichte je Haushalt dividiert. Das jeweilige Haushaltsnettoeinkommen wird also nicht durch die Anzahl der Haushaltsmitglieder, sondern durch die Summe der Personenäquivalente Äquivalenzfaktoren geteilt, die den Mitgliedern des Haushaltes zugewiesen werden.

Das Ergebnis ist das Äquivalenzeinkommen je Haushaltsmitglied oder - allgemein ausgedrückt - das gewichtete durchschnittliche Nettoeinkommen pro Kopf des betreffenden Haushaltes.

4. Wird das arithmetische Mittel der Äquivalenzeinkommen berechnet, das 50% des gewichteten durchschnittlichen Nettoeinkommens pro Kopf repräsentiert. Das Äquivalenzeinkommen ist somit ein haushaltsspezifischer Bedarfsindikator. Je Haushaltstyp - d. h. Einpersonenhaushalt bis zu großen Haushalten - wird ermittelt, wie groß der Anteil unterhalb der 50%-Armutsschwelle ausfällt.

Konkret lässt sich das an einem Beispiel verdeutlichen: Ein vierköpfiger Haushalt verfügt über ein Haushaltsnettoeinkommen von 3.000 DM. In diesem Fall ergibt sich aus dem ersten Erwachsenen (1,0), dem zweiten Erwachsenen (0,8) und den beiden Kindern (je 0,6) als Summe der Personenäquivalente der Wert 3,0. Aus der Division des Haushaltsnettoeinkommens in Höhe von 3.000 DM durch 3 als Summe der Personenäquivalente errechnet sich das Äquivalenzeinkommen je Haushaltsmitglied bzw. das gewichtete Haushaltsnettoeinkommen pro Kopf in Höhe von 1.000 DM. Wenn diese sogenannten Äquivalenzeinkommen über alle Haushalte ermittelt werden und daraus der Mittelwert berechnet wird, steht als Ergebnis das gewichtete durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen pro Kopf in dem betrachteten regionalen Kontext.

In derselben Weise wird auch der Sozialhilfebedarf gewichtet. Als Grundlage dient der durchschnittliche Bruttobedarf in DM pro Monat, der in der amtlichen Sozialhilfestatistik des Landes Niedersachsen ausgewiesen wird.

Diese Daten werden für die Bedarfsgemeinschaften, die Haushalte bilden, nach der Haushaltsgröße dargestellt. Je Größentyp der Bedarfsgemeinschaften wurde der durchschnittliche Bruttobedarf laufender Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen pro Empfängerin und Empfänger ebenfalls mit Äquivalenzziffern gewichtet. Im Ergebnis wird die Sozialhilfegrenze darstellbar als „gewichteter durchschnittlicher Bruttobedarf laufender Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen pro Empfängerin und Empfänger". Dieser Indikator ist wegen derselben arithmetischen Berechnungsmethode unmittelbar vergleichbar mit den Indikatoren der relativen Armut und des relativen Reichtums. vgl. Niedersächsisches Landesamt für Statistik: Tab. B 8.1 Bedarfsgemeinschaften von Empfänger/-innen laufender Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen nach Bruttobedarf in DM pro Monat und Typ der Bedarfsgemeinschaft (SOZ Bestand 1995), Blatt 1

Niedersächsischer Landtag - 14. Im Jahr 1986 verfügten 11,0% der niedersächsischen Bevölkerung über 50% des gewichteten durchschnittlichen niedersächsischen Nettoeinkommens pro Kopf und weniger. Dieser Grenzbetrag lag bei 619 DM. Im Jahr 1995 befanden sich 13,7% bei bzw. unterhalb dieser Armutsschwelle, die aufgrund gewachsener Einkommen 957 DM ausmachte.

Auch die Reichtumsrate ist in diesem Zeitraum angestiegen. Im Jahr 1986 verfügten 3,7% der Bevölkerung Niedersachsens über 200% des gewichteten durchschnittlichen niedersächsischen Nettoeinkommens pro Kopf und mehr. D. h. es standen 2.478 DM und mehr je Haushaltsmitglied zur Verfügung. Im Jahr 1995 lag die Reichtumsrate bei 5,2%. In diesen Haushalten entfielen - gewichtet und durchschnittlich betrachtet - 3.829 DM und mehr auf jedes Haushaltsmitglied.

Die Entwicklungsanalyse zeigt, dass die Zahl der relativ Reichen im Betrachtungszeitraum deutlich stärker gestiegen ist (+ 55%) als die Zahl der relativ Armen (+ 38%). Zugleich muß aber hervorgehoben werden, dass auf der absoluten Betrachtungsebene die Zahl der relativ Armen bereits die 1 Million-Grenze überschritten hat. Denn im Jahr 1995 zählten rd. 1.005.000 Menschen in Niedersachsen dazu. Demgegenüber betrug die absolute Zahl der Reichen ca. 380.000 Bewohnerinnen und Bewohner Niedersachsens.

Das heißt: Jede 7. Person in Niedersachsen befand sich 1995 in der Lebenslage relativer Armut. Diese Zahlen unterstreichen einen deutlichen Polarisierungstrend von Armut und Reichtum in Niedersachsen.

In den folgenden Texten und Tabellen wird Bezug genommen auf Daten der Jahre 1986 - 1995. Aus redaktionellen Gründen befinden sich ergänzende Statistiken für den Zeitraum 1996 - 1997 in der Zusammenfassung des Niedersächsischen Landesberichts zur Entwicklung von Armut und Reichtum. Vgl. S. 7 ff.