Erteilen fachfremden Unterrichts

In der Kultusausschußsitzung vom 2. Oktober 1998 wurden mehrere Eingaben beraten, die u.a. fachspezifischen Ausfall von Unterricht zum Anlaß hatten. Dabei wurde deutlich, daß z.Z. versucht wird, durch Erteilen fachfremden Unterrichts ein fachspezifisches Fehl zu vermeiden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wieviel fachfremder Unterricht wird z.Z. in welchen Fächern ­ nach Regierungsbezirken und Schulformen gegliedert ­ erteilt?

2. Gehört die Maßnahme „Erteilen fachfremden Unterrichts" zu einer neuen Strategie zur Vermeidung von Unterrichtsausfall und zur Sicherung der Stundentafel?

3. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um das fachspezifische Unterrichtsfehl genau zu benennen und dann zu vermeiden?

Grundsätzlich wird angestrebt, die Schulen so mit Lehrkräften zu versorgen, dass der fachspezifische Bedarf einer Schule und die fachliche Qualifikation der an dieser Schule unterrichtenden Lehrkräfte übereinstimmen.

Dieser Gesichtspunkt ist bei der Durchführung von Personalmaßnahmen ­ insbesondere bei Neueinstellungen ­ von den Bezirksregierungen zu beachten.

Der in der Kleinen Anfrage angesprochene Begriff des „fachfremden" Unterrichts lässt sich in der Wirklichkeit der Schulen nicht eindeutig fassen.

Rein formal könnte man immer dann von fachfremdem Unterricht sprechen, wenn die betreffende Lehrkraft in dem entsprechenden Fach keine Lehrbefähigung erworben hat.

Andererseits gibt es eine große Zahl von Lehrkräften, die im Laufe der Jahre in „nichtstudierten" Fächern an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen teilgenommen und sich somit für den Unterricht auch in diesen Fächern qualifiziert haben.

Darüber hinaus gibt es viele Lehrkräfte, die sich mit Engagement und Eigeninitiative erfolgreich in ihnen ursprünglich „fremde" Fächer eingearbeitet haben und diese teilweise schon jahrelang unterrichten.

Beide genannten Gruppen erteilen zwar formal „fachfremd" Unterricht, dies stellt aber aufgrund ihrer nachträglich selbsterworbenen Qualifikationen in den Schulen kein Problem dar, sondern diese Lehrkräfte werden sinnvollerweise entsprechend ihren tatsächlichen Fähigkeiten eingesetzt. Die Schulen sind und waren dankbar für das Engagement der Kolleginnen und Kollegen, die ihr Spektrum über ihre ursprünglichen Fächer hinaus erweitern.

Diese Form des „fachfremden" Einsatzes war in den Schulen schon immer üblich und stellt keine neue oder gar ungewöhnliche Situation dar.

Die bestehenden fächerspezifischen Ungleichgewichte sind darauf zurückzuführen, dass bis Anfang der 80-er Jahre auf Grund des damaligen Lehrermangels alle Lehrkräfte unabhängig von ihrer Fächerkombination in den Schuldienst eingestellt wurden.

Lehrkräfte werden unbefristet für ca. 35 Jahre eingestellt und nicht befristet für die Dauer eines Bedarfs. Auf den durch die Entwicklung der Schülerzahlen sich verändernden Bedarf für die einzelnen Schulformen und Fächer könnte nach den Vorstellungen der Fragestellerin nur durch Entlassung nicht mehr benötigter Lehrkräfte und durch Neueinstellung von Lehrkräften mit Bedarfsfächern reagiert werden. Dies wird von der Landesregierung abgelehnt. Sie geht davon aus, dass sich die im Schuldienst befindlichen Lehrkräfte durch Fort- und Weiterbildung dem sich ändernden Bedarf anpassen. Dies ist auch so von den früheren Landesregierungen vor 1990 gesehen worden.

So bestimmte auch das Niedersächsische Schulgesetz vom 06.11.1980 in § 36 zu diesem Problem Folgendes: „Der Lehrer erteilt Unterricht grundsätzlich in solchen Fächern und Schulformen, für die er die Lehrbefähigung erworben hat. Darüber hinaus hat er Unterricht in anderen Fächern und Schulformen zu erteilen, wenn es ihm nach Vorbildung oder bisheriger Tätigkeit zugemutet werden kann und für den geordneten Betrieb der Schule erforderlich ist...."

Die entsprechende Aussage ist in § 51 des Niedersächsischen Schulgesetzes vom 27. September 1993 übernommen worden.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die einzelnen Fragen wie folgt:

Zu 1: Aus der Vorbemerkung ergibt sich bereits, dass der Begriff „fachfremd" nicht eindeutig zu erfassen ist.

Im Übrigen werden entsprechende Daten in den 3300 allgemein bildenden Schulen des Landes statistisch nicht erhoben.

Unter dem Aspekt der Verwaltungsvereinfachung und des sorgsamen Umgangs mit der Arbeitszeit von Schulleitungen ist es auch nicht verantwortbar, eine solche Erhebung über die 1 253 659 in Niedersachsen erteilten Lehrer-Ist-Stunden vorzunehmen, zumal bei sich in der Regel halbjährig änderndem Lehrereinsatz eine solche Statistik laufend erneuert werden müsste.

Zu 2: Nein.

Die in der Vorbemerkung dargestellte Form des „fachfremden" Unterrichts gehörte schon immer zum Alltag der Schulen.

Es ist vielmehr erfreulich, wenn gerade in einzelnen Fächern, bei denen aufgrund der Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber für Neueinstellungen nicht genügend Lehrkräfte „auf dem Markt" sind, die Schulen auf engagierte Lehrkräfte, die sich weitergebildet haben, zurückgreifen können.

Zu 3: Die Schulleitungen sollen ­ auch unter Beachtung des voraussehbaren Ausscheidens von Lehrkräften ­ gemeinsam mit den Bezirksregierungen eine Planung entwickeln, welche Fächer an ihren Schulen im Hinblick auf die fachspezifische Versorgung zu Mangelfächern werden könnten.

Damit könnte sichergestellt werden, dass bei den zu ergreifenden Personalmaßnahmen auf die Situation der einzelnen Schule entsprechend reagiert wird.

Solche Planungsdaten werden in der Regel auch heute schon von den Schulen den Bezirksregierungen mitgeteilt und spielen sowohl bei Versetzungsmaßnahmen als auch bei der Festlegung der Fächerkombination für Neuausschreibungen eine wesentliche Rolle.