Steuern und steuerähnliche Einnahmen der niedersächsischen Kommunen in Mio

In den Tabellen 3.3 und 3.4 sind für unterschiedliche Jahre durchschnittliche Beteiligungsverhältnisse errechnet worden. Sie schwanken für die Kommunen in der Variante ohne gesonderte Beteiligung der Kommunen an den Einheitslasten zwischen 38,6 und 37,9 %; in der Variante der Tabelle 3.4 liegen sie natürlich regelmäßig etwas darunter.

Unterstellt man einmal ein gewünschtes Aufteilungsverhältnis zwischen den Ebenen von 61,6 % für das Land und 38,4 % für die Kommunen - diese Werte ergeben sich in Tabelle rechnerisch aus dem Durchschnitt der Jahre 1990 bis 1995 - so lässt sich daraus, angewendet auf die im Land verfügbare Masse an allgemeinen Deckungsmitteln, für jedes Jahr ermitteln, wie hoch die von den Kommunen vereinnahmten Mittel hätten sein müssen, um das effektive Beteiligungsverhältnis konstant zu halten.

Ein Teil dieser Mittel ist den Kommunen über eigene Steuereinnahmen sowie über die Zuweisungen aus dem Grunderwerbsteueraufkommen zugeflossen; der Rest hätte über den kommunalen Finanzausgleich vom Land bereitgestellt werden müssen. Bezogen auf die tatsächliche Verbundmasse (nach Steuerverbundabrechnung) hätte sich daraus für jedes Jahr eine unterschiedliche effektive Steuerverbundquote ergeben. Die Verwirklichung des Gleichmäßigkeitsgrundsatzes erfordert - ausgehend von einer formal festgelegten nominalen Verbundquote - also jeweils nachträgliche Korrekturen. Oder anders formuliert: „Die Finanzausgleichsmasse setzt sich im Grunde immer aus zwei Komponenten zusammen: der für das laufende Haushaltsjahr veranschlagten Steuerverbundmasse und einem (positiven oder negativen) Korrekturbetrag für das Ist-Ergebnis des letzten bzw. vorletzten Haushaltsjahres.

Die Fortschreibung des Gleichmäßigkeitsgrundsatzes selbst wirft also kaum Probleme auf; teilweise wird das Verfahren der Beteiligung beider Ebenen an den verfügbaren Mitteln sogar vereinfacht. So würde etwa die gesonderte Berechnung und Erhebung der Einheitsumlage überflüssig, wenn man sich einmal darauf geeinigt hat, wie die Teilhabe von Land und Kommunen an den verfügbaren Mitteln ausfallen soll.

Das Hauptproblem liegt vielmehr in einem Punkt, der oben bereits angesprochen wurde:

Der erstmaligen Festsetzung des Beteiligungsverhältnisses und seiner Anpassung bei wesentlichen Veränderungen der Handlungsbedingungen von Land und Kommunen.

Allein die Rechenbeispiele in den Tabellen 3.3 und 3.4 zeigen, dass je nach Ausgangspunkt der Rechnungen für das Jahr 1997 recht unterschiedliche Zahlungsverpflichtungen des Landes abgeleitet werden können.

Damit ist wiederum die Frage nach den „notwendigen Ausgaben" auf den Ebenen angesprochen, die sich aber letztlich - wie oben dargestellt - weder mit rechtlichen noch mit finanzwissenschaftlichen Mitteln lösen läßt, sondern über die eine politische Einigung erzielt werden muß.

Ein Sonderproblem der vertikalen Ausgestaltung des Finanzausgleichs: Die Investitionsbindung von Schlüsselzuweisungen

Neben der Kürzung der Ausgleichsmasse ist es vor allem die Investitionsbindung der Schlüsselzuweisungen in den letzten Jahren gewesen, die von den Kommunen heftig kritisiert worden ist. Bereits im NFAG wurde von den Kommunen verlangt, mindestens 15,2 % der Schlüsselzuweisungen für Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen zu verwenden; 1996 wurde die Investitionsbindung mit dem Haushaltsgesetz um weitere 25 % angehoben und erst 1997 sukzessive gelockert. Im Nachtragshaushaltsgesetz 1997 wurde sie schließlich auf die im NFAG festgesetzte Höhe zurückgeführt. Hintergrund dieses Verfahrens war der Entschluß des Landes, Kredite über das eigene Investitionsvolumen hinaus aufzunehmen; mit der Zweckbindung der kommunalen Mittel ließ sich der Kreditspielraum ausweiten.

Der Staatsgerichtshof hat diesen Eingriff nicht von vornherein als verfassungswidrig eingestuft, hat aber darauf hingewiesen, dass der nicht zweckgebundene Teil der Schlüsselzuweisungen noch einen aufgabengerechten Finanzausgleich bewirken müsse bzw. - so die Auffassung zweier Richter - dass die Investitionsbindung verfassungswidrig sei, wenn der allgemeine Finanzbedarf der Kommunen nicht gedeckt werde. Damit wird natürlich erneut die oben ausführlich diskutierte - letztlich nicht lösbare - Frage aufgeworfen, wie der Bedarf und das Maß der Bedarfsdeckung festzustellen ist. Das Kriterium der „notwendigen Ausgaben" lässt sich hier ebensowenig rechnerisch ausfüllen wie bei der Mittelverteilung schlechthin.

Aus finanzwissenschaftlicher Sicht findet sich keine Begründung für Investitionsbindungen dieser Art. Eine Investitionsbindung wäre gegebenenfalls dann sinnvoll und notwendig, wenn besondere Investitionsbedarfe in den Kommunen festgestellt würden, speziell wenn sie einem über das Gemeinde- oder Kreisgebiet hinausgehenden Territorium dienen sollen. Damit ist das Vorliegen externer Effekte angesprochen.

In diesem Fall wäre der Investitionsbedarf aber zunächst einmal festzustellen und die bereitgestellten Mittel wären horizontal nach entsprechenden Bedarfskriterien zu verteilen. Darum geht es bei der beschriebenen Investitionsbindung jedoch nicht.

Gleichzeitig ist festzuhalten, dass das Land die Kreditmittel, die es auf diesem Wege beschaffen kann, aktuell braucht, um seine Politik einigermaßen stetig fortführen und einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können. Insofern wäre zu fragen, wieviel die Kommunen an Investitionsbindung verkraften können, ohne dass ihre eigenen Hauhalte gefährdet werden. Auch in dieser Hinsicht ist ein Konsens erforderlich. Er sollte möglich sein, wenn sich das Land - auch aus eigenem Interesse - verpflichtet, die Kreditaufnahme mittelfristig zurückzuführen.

Eine dauerhafte Rückführung der Kreditaufnahme wäre im übrigen auch aus Sicht des Landes von Vorteil. Allein die Höhe der Zinsausgaben, die die Ausgaben für andere Zwecke in der jüngeren Vergangenheit stark begrenzt haben, könnte damit reduziert, der Handlungsspielraum auch ohne Rückgriff auf die kommunale Finanzmasse wieder erweitert werden.

Zusammenfassung:

Die Forderung nach einer Mindestgarantie und - soweit die dringendsten Finanzbedarfe der Kommunen gedeckt sind - nach Verteilungssymmetrie zwischen Land und Kommunen erscheint vor allem nach den tiefen Eingriffen des Landes Niedersachsen in die kommunale Finanzmasse plausibel und in der Intention gerechtfertigt. Allerdings bereitet die empirische Ausfüllung erhebliche Schwierigkeiten; die aufgestellte Maxime muss damit letztlich an die Politik zurückverwiesen werden.

Schon die Gegenüberstellung kommunaler und staatlicher Aufgaben, Ausgaben und Einnahmen zeigt, dass Vergleiche zwischen beiden Ebenen nur eingeschränkt möglich sind.

Während sich die Einnahmen noch relativ gut aneinander messen lassen, gilt dies für die Aufgaben und Ausgaben der Ebenen nicht mehr. Länder erfüllen völlig andere Aufgaben als Kommunen, die simple Aufrechnung von Ausgaben lässt keinen Schluß auf deren Notwendigkeit zu.

Schon Überlegungen, die Ausgabenbedarfe der Kommunen anhand der Pflichtigkeitsstruktur ihrer Aufgaben und Ausgaben zu messen, stoßen auf große Probleme. Zwar ist anhand einer solchen Klassifizierung erkennen, dass die Selbstverwaltungsspielräume der Kommunen im Zeitablauf eingeschränkt worden sind; ob sie noch ausreichen, ist damit jedoch keineswegs auszumachen.