Tourismus

Anders zu bewerten sind dagegen die Einwohnererhöhungen für Übernachtungen von Kur- und Feriengästen. Zwar ist davon auszugehen, dass diese Gäste bestimmte Bereiche der kommunalen Infrastruktur in besonderem Maße in Anspruch nehmen (speziell im Kultur- und Freizeitbereich) und damit zusätzliche Kosten verursachen. Einmal davon abgesehen, dass die statistische Datenbasis zur Dokumentation der Übernachtungen nicht vollständig ist, ist fraglich, ob die damit verbundenen Kosten im kommunalen Finanzausgleich abgegolten werden müssen, handelt es sich doch um externe Effekte, die internalisiert werden könnten und sollten. Wenn Übernachtungsgäste Mehrkosten verursachen, ist nicht einzusehen, warum diese Kosten über die kommunale Solidargemeinschaft und nicht individuell oder in der gruppenmäßigen Äquivalenz abgegolten werden können.

Möglichkeiten der Gestaltung entsprechender Abgaben bestehen durchaus und sie werden in den Fremdenverkehrsorten zum Teil auch genutzt. Zu nennen sind etwa:

- die Zweitwohnungssteuer, die von Bewohnern einer Zweitwohnung zu entrichten ist, die nicht mit Hauptwohnsitz gemeldet sind;

- Kurbeiträge, die als Pauschalentgelt für die Nutzungsmöglichkeiten von Kureinrichtungen zu zahlen sind,

- Fremdenverkehrsbeiträge, die Unternehmen zu zahlen haben, deren Gewerbe sich überwiegend aus dem Fremdenverkehr finanziert.

Wenn diese Möglichkeiten ausgeschöpft würden, müßte der Finanzausgleich sicherlich nicht für die zusätzlichen Lasten einspringen.

Überdies sind es wiederum nur sehr wenige Gemeinden, die von der Einwohnererhöhung profitieren können: Dazu zählen insbesondere die Inselgemeinden sowie St. Andreasberg im Harz. Insgesamt sind es nicht mehr als zehn Gemeinden, die bedeutende Übernachtungszahlen aufzuweisen haben. Ob der allgemeine Finanzausgleich für diese zehn Gemeinden eine Sonderregelung bereithalten muß, ist mehr als fraglich.

Zusammengenommen ist damit festzuhalten, dass die Einwohnererhöhungen nach § 21 NFAG weitgehend entbehrlich oder zumindest ersetzbar erscheinen. Sie bilden vermeintliche Bedarfe ab, die faktisch nicht oder nur in geringem Umfang existieren, oder sie spiegeln Bedarfe wider, die aus anderen als allgemeinen Steuer- oder Zuweisungsmitteln abgedeckt werden könnten. Hinzu kommt, dass die über die Einwohnererhöhung umverteilten Mittel nicht in die richtigen Kanäle fließen: An allen zusätzlichen Zuweisungen aufgrund der Einwohnererhöhung partizipieren nicht nur die Gemeinden, sondern auch die jeweiligen Landkreise, obwohl an sie kaum weitere Anforderungen gestellt werden.

Deshalb wird vorgeschlagen, auf die Einwohnererhöhungen künftig zu verzichten. Tabelle 5.4. zeigt, wie sich die Abschaffung der Zuschläge 1998 ausgewirkt hätte: Hauptverlierer einer Abschaffung der Einwohnererhöhung wären natürlich die Universitätsstädte Göttingen, Braunschweig und Hannover sowie (eingeschränkt) Lüneburg und Oldenburg gewesen. Verluste hätten außerdem die Militärstandorte Hameln-Pyrmont, Celle, Rotenburg und Soltau-Fallingbostel tragen müssen; die Stadt Osnabrück wäre als Hochschul- und Militärstandort doppelt getroffen worden. Die Verluste in den Tourismusregionen wären hingegen vergleichsweise gering ausgefallen, hier hätten im Kreisvergleich nur die Landkreise Goslar und Wittmund Mittel abgeben müssen.

Die Verluste halten sich im Kreisvergleich überdies in Grenzen. Wenn sich in einzelnen Gemeinden trotzdem größere Finanzierungslücken zeigen, so ist ihnen besser mit Bedarfs- oder Zweckzuweisungen beizukommen als mit den Einwohnerhinzurechnungen des NFAG.

Mit dem Gesetz über die Neugliederung des Landkreises und der Stadt Göttingen vom 1. Juli 1964 ist die Stadt Göttingen in den Landkreis Göttingen eingegliedert worden. In § 1 wurde damit bestimmt, dass die Einwohner der Stadt fortan Kreiseinwohner sind.

Gleichzeitig wurde jedoch festgelegt, dass die Vorschriften über kreisfreie Städte weiterhin auf die Stadt Göttingen anzuwenden sind (§ 1), dass die Stadt bei der Anwendung der Vorschriften des Finanzausgleichsgesetzes über die Schlüsselzuweisungen für Landkreise, die Zuschüsse für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises und diverse Umlagen aber trotzdem behandelt wird wie eine kreisangehörige Gemeinde (§ 2). Zusammengenommen bewirken diese Regelungen, dass die Einwohner der Stadt Göttingen im Finanzausgleich partiell - bei den Kreiszuweisungen - doppelt gezählt werden.

Zum einen hat die Stadt bisher Zuweisungen nach Maßgabe der Regelungen für die kreisfreien Städte (und damit Kreiszuweisungen) erhalten, zum anderen wurden dem Landkreis Göttingen für die Einwohner der Stadt - ohne unmittelbar ersichtlichen Grund - nochmals die entsprechenden Bedarfe angerechnet. Im Landkreis und der Stadt Göttingen wurden damit zusammen wesentlich mehr Bedarfe berücksichtigt, als es nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Einwohner gerechtfertigt gewesen wäre.

Die entsprechenden Regelungen des „Göttingen-Gesetzes" sollten deshalb geändert werden. In den folgenden Überlegungen ist immer davon ausgegangen worden, dass die Göttinger Einwohner genauso gezählt werden, wie alle anderen niedersächsischen Einwohner auch.

Die Ermittlung und Abgeltung von Sonderbedarfen auf der Gemeinde- und Kreisebene

Sonderbedarfe auf der Gemeindeebene

Einige Anmerkungen zur Auswahl der Grundgesamtheit Versuche regressionsanalytischer Erklärungen werden gestört und im Ergebnis verzerrt, wenn die untersuchte Grundgesamtheit Einzelfälle enthält, die in ihrer Struktur oder ihrem Verhalten erheblich von der Mehrzahl der Untersuchungseinheiten abweichen. Fälle dieser Art werden üblicherweise nicht in die Analyse einbezogen.

Nach einer ersten Betrachtung der Zuschußbedarfe je Einwohner für die Gemeindeebene in Niedersachsen ist schon deutlich geworden, dass es hier solche Fälle gibt: Einzelne Gemeinden wirtschaften unter sehr untypischen Bedingungen, sie haben ungleich mehr Mittel verausgaben können als andere Gemeinden der gleichen Größenklasse. Zu diesen „Ausreißern" zählen vor allem sehr kleine Gemeinden sowie Industriestandorte, die bisher überproportional aus der Gewerbesteuer, speziell der Gewerbekapitalsteuer profitiert haben. Ebenfalls nicht repräsentativ sind die gemeindefreien Gebiete. Solche Verwaltungseinheiten sind deshalb aus der Regressionsanalyse ausgeschlossen worden.

Die Zahl der Untersuchungseinheiten im kreisangehörigen Raum reduziert sich damit von 420 auf 399; hinzu kommen aber die neun kreisfreien Städte in ihrer Gemeindefunktion. Göttingen ist von vornherein als kreisangehörig eingestuft worden.

Nach dem Größenkriterium zählen dazu Gemeinden mit weniger als 3.000 Einwohnern. Dies sind: St.

Andreasberg, die Inselgemeinden Baltrum, Juist, Wangerooge, Langeoog und Spiekeroog sowie die gemeindefreien Gebiete Lohheide und Osterheide. Nach dem Steuerkraftkriterium (die Steuereinnahmekraft lag 1996 um mindestens 50 % über dem Größenklassendurchschnitt) wurden zusätzlich ausgeschlossen: Büddenstedt, Altes Amt Lemförde, Emmertal, Burgwedel, Hemmingen, Isernhagen, Langenhagen, Polle Steyerberg, Bomlitz, Fallingbostel, Ottersberg, Verden, Emstek, Haselünne, Dissen, Stadland und Geeste.

Ein großer Teil der Gemeinden mit weniger als 3.000 Einwohnern wäre auch nach diesem Kriterium aus der Analyse herausgefallen. Dagegen lag 1996 in keiner Gemeinde die Steuereinnahmekraft um mehr als 50 % unter dem jeweiligen Klassendurchschnitt, Ausschlüsse aufgrund mangelnder Steuereinnahmekraft mußten deshalb nicht vorgenommen werden.