Besetzung der EU-Vertretung des Landes Niedersachsen in Brüssel

Wie Pressemitteilungen zu entnehmen war, beabsichtigt Ministerpräsident Glogowski, in Zukunft mehr finanzielle Mittel aus der EU anzuwerben. Hierzu gehört nicht nur eine Ministerialverwaltung, die über europäische Fördermöglichkeiten bestens informiert ist, sondern auch eine erstklassige Vertretung des Landes Niedersachsen in Brüssel. Um diese erstklassige Vertretung sicherzustellen, sind optimale personelle und räumliche Voraussetzungen erforderlich. Hierbei stehen wir im Wettbewerb mit den Vertretungen der anderen Bundesländer.

Ich frage daher die Landesregierung: l. Welche Bundesländer unterhalten eine eigene Vertretung in Brüssel?

2. Wie ist die personelle Besetzung der einzelnen Vertretungen, und wie ist die organisatorische Gliederung dieser Vertretungen und die räumliche Ausstattung?

3. Wie ist die jetzige personelle Besetzung der Vertretung Niedersachsens?

4. Wie ist die räumliche Voraussetzung für eine verbesserte Personalausstattung, und gibt es Pläne, die personelle und räumliche Situation zu verbessern?

5. Werden zur besseren Ausschöpfung der EU-Fördermittel auch private Agenturen oder ähnliche Einrichtungen in Brüssel durch das Land Niedersachsen genutzt, und wie hoch ist der finanzielle Aufwand dafür?

6. Bietet die Vertretung des Landes Niedersachsen in Brüssel Bediensteten der Städte und Gemeinden, der Landkreise, der Wirtschaftsverbände oder anderer Organisationen die Möglichkeit zur Hospitation, um sich mit der europäischen Förderpraxis besser vertraut zu machen?

7. Wie will die Landesregierung erreichen, dass mehr Landesbedienstete Erfahrung bei der EU sammeln?

8. Gibt es Landesbedienstete, die im Lande Niedersachsen beurlaubt sind, um in verschiedenen Generaldirektionen der EU-Kommission für einen entsprechenden Zeitraum zu arbeiten, um dann mit den dort gewonnenen Erfahrungen in den Dienst des Landes Niedersachsen zurückzukehren?

9. Wie verfahren andere Bundesländer?

Mit fortschreitendem Integrationsprozeß der EU ist die Wahrnehmung niedersächsischer Interessen auf europäischer Ebene zunehmend wichtiger geworden. Mit der Vertretung des Landes Niedersachsen bei der Europäischen Union in Brüssel hat die Landesregierung frühzeitig die Grundlage für eine direkte Interessenvertretung vor Ort geschaffen.

Das Aufgabenspektrum der Landesvertretung reicht dabei von der frühzeitigen Unterrichtung der Landesregierung über wesentliche Entwicklungen im Willensbildungsprozeß der Europäischen Institutionen über die Einbringung niedersächsischer Positionen zu Rechtsetzungsvorhaben sowie anstehenden Entscheidungen der Kommission, die Vermittlung eines direkten Meinungsaustauschs zwischen Vertretern niedersächsischer und in Brüssel ansässiger Institutionen bis hin zu Beratung und Kontaktvermittlung für interessierte Organisationen, Verbände und Unternehmen in Niedersachsen.

Darüber hinaus kommt der Landesvertretung aufgrund ihrer Vor-Ort-Position bei der Sicherstellung einer optimalen Partizipation an europäischen Förderprogrammen eine wichtige Funktion zu. Sie ist darin allerdings nicht isoliert zu betrachten, sondern als ein Element eines Netzwerks von Beratungsinstitutionen innerhalb und außerhalb der Landesregierung.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

Zu 1: Alle Länder der Bundesrepublik Deutschland sind in Brüssel durch eigene Büros vertreten; Hamburg und Schleswig-Holstein sind dabei in einer Bürogemeinschaft („HanseOffice") zusammengeschlossen.

Zu 2: Die größten Vertretungen haben 17 (Bayern, NRW), die kleineren sechs (Sachsen-Anhalt, Brandenburg) bzw. vier (Bremen) Mitarbeiter; Niedersachsen liegt mit neun Mitarbeitern in der Mitte; ebenso viele Vertretungen liegen oberhalb wie unterhalb dieser Marge.

Neun Vertretungen sind den Staats- und Senatskanzleien zugeordnet, fünf den Ministerien der Justiz sowie zwei den Wirtschaftsministerien.

Organisatorisch fungieren die Vertretungen als Referat (9), Referatsgruppe (2), Abteilung

(3) oder als gesonderte Einrichtung („Hanse-Office"). Niedersachsens Vertretung ist ein Referat der Abteilung „Europaangelegenheiten und internationale Zusammenarbeit" im Niedersächsischen Ministerium der Justiz und für Europaangelegenheiten.

Die räumliche Ausstattung der Vertretungen ist unterschiedlich. Sie erlaubt in den meisten Fällen zusätzliche Arbeitsplätze für Referendare bzw. Praktikanten, darüber hinaus Konferenzen für 50 Personen und mehr sowie Empfänge/Ausstellungen für 100 Personen und mehr. Niedersachsen hält eine Konferenzmöglichkeit für 20 Personen vor; ein (Steh-) Empfang im Hause ist möglich für 40 Gäste.

Einzelheiten zur personellen und räumlichen Ausstattung ergeben sich aus der Anlage.

Zu 3: Die Besetzung der Landesvertretung umfaßt zwei Mitarbeiterinnen im Sekretariatsdienst, zwei Mitarbeiter im gehobenen, Dienst und fünf Mitarbeiter/innen im höheren Dienst.

Zu 4: Im Zuge des Bedeutungsgewinns der Regionen werden die Anforderungen an die Landesvertretung weiter zunehmen. In der mittleren und längeren Frist könnte es daher zweckmäßig sein, die personellen Kapazitäten entsprechend anzupassen. Dann würde es erforderlich sein, die räumlichen Gegebenheiten der Landesvertretung durch geeignete Maßnahmen auszuweiten.

Zu 5: Nein. Dies wäre der Problemlage auch nicht angemessen.

Denn es kommt zum einen darauf an, auf die periodisch erfolgende Fortschreibung der Programme in niedersächsischem Interesse Einfluß zu nehmen. Dies geschieht auf vielfältige Weise und bezieht eine Vielzahl von europäischen (in einer Reihe von ihnen sind die Länder vertreten), aber auch von innerdeutschen Gremien ein. Von aktueller Bedeutung für Niedersachsen sind in diesem Zusammenhang besonders die Reform der Agrarpolitik und der Strukturpolitik, darüber hinaus Programme wie die Forschungsförderung oder die Bildungsprogramme.

Zum anderen ist es mit Blick auf die laufenden Programme das Ziel, dem Antragsteller dabei behilflich zu sein, seine Aussichten im Wettbewerb mit den anderen Antragstellern zu optimieren. Das geschieht einerseits durch eine Anzahl von beratenden Einrichtungen in Niedersachsen (u.a. Euro Info Centres, EU-Hochschulbüros, Innovation Relay Centre, Innovationsberatungsstellen der Kammern, Bezirksregierungen), andererseits durch die Landesvertretung, etwa indem Projektskizzen mit Hilfe der zuständigen Dienststellen der Kommission auf ihre grundsätzlichen Realisierungschancen hin untersucht werden.

Zu 6: Hospitationen für Vertreter niedersächsischer Einrichtungen sind ­ ebenso wie die für Referendare ­ erwünscht und grundsätzlich auch möglich. Sie haben in der Vergangenheit entweder in der Landesvertretung selbst (dies aus räumlichen Gründen jedoch nur in Einzelfällen) oder durch die Vermittlung der Vertretung auch in anderen Institutionen stattgefunden.

Zu 7: Die Landesregierung hat am 3. Februar 1998 ein „Konzept zur Stärkung der Europakompetenz der Landesverwaltung" beschlossen. In diesem Konzept ist die Möglichkeit der Entsendung Nationaler Experten in die Kommissionsdienststellen ein wichtiger, aber nicht der einzige Baustein.

Dementsprechend werden von den Ressorts bei ihren personalwirtschaftlichen Maßnahmen ein auf Europa ausgerichtetes Ausbildungs- und Erfahrungsprofil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verstärkt berücksichtigt und gefördert. Bei Einstellungen im höheren und gehobenen Dienst wird auf Fremdsprachen und europarechtliche Kenntnisse geachtet. Im Anforderungsprofil für Führungspositionen auf Zeit und sonstige Leitungsfunktionen werden europabezogene Tätigkeiten, insbesondere der befristete Einsatz in Kommissionsdienststellen und bei der Vertretung des Landes bei der EU, angemessen berücksichtigt. Daher werden im permanenten Kontakt mit den Kommissionsdienststellen die dortigen Einsatzmöglichkeiten für Nationale Experten sondiert, auf das niedersächsische Interesse hin überprüft und nach gezielten Personalgesprächen ­ wie die Antwort zu 8 zeigt ­ mit Erfolg wahrgenommen.