Tributylzinn (TBT) Belastungen in Bremer und Bremerhavener Wassersporthäfen

Der Senat beantwortet die Große Anfrage wie folgt:

1. Welchen grundsätzlichen Stellenwert misst der Senat der Sportschifffahrt in Bremen und Bremerhaven als Wirtschafts- und Tourismusfaktor bei?

Der Senat misst der Sportschifffahrt in Bremen und Bremerhaven einen sehr großen Stellenwert als Wirtschafts- und Tourismusfaktor bei. Die Hochseesegler bei ihren weltweiten Regatten und Cup-Rennen, die fernsehbekannten grünen Segel einer bremischen Dreimastbark, die Bremer Sportler mit internationalen Erfolgen in olympischen Bootsklassen und als Teilnehmer an überregionalen Regatten an der Nordseeküste und auf der Weser - sie alle halten die Tradition bremischen Wassersports hoch und holen Touristen in den Zwei-Städte-Staat. Von Bootsbau, Pflege und Lagerung leben die Besitzer und Mitarbeiter kleiner Werften und Reparaturbetriebe und z. B. die Segelmacher.

Politik, Verwaltung und Wassersportverbände haben es sich deshalb seit langem zu ihrer Aufgabe gemacht, Bremen und Bremerhaven für den Wassertourismus zu öffnen. Die Kanalisierung der Unterweser und der damit verbundene Wegfall vieler angestammter Liegeplätze sowie der notwendige Schutz der Umwelt führten zum Bau etlicher Wassersporthäfen, die ständige Aufmerksamkeit und Aktivitäten der Politik erfordern, um den erforderlichen Freiraum für den Wassersport zu erhalten.

2. Aus welchem Grund wurden TBT-Untersuchungen in Bremer Wassersporthäfen eingeleitet, wer hat sie initiiert, wer hat sie durchgeführt, wie wurden die Hafennutzer dabei einbezogen, und wie beurteilt der Senat die in diesem Zusammenhang erfolgten Presseverlautbarungen?

Vor etwa vier Jahren hat das Sportamt Bremen den Senator für Frauen, Gesundheit, Jugend, Soziales und Umweltschutz um Prüfung gebeten, ob Sedimente aus Sportboothäfen mittels eines Injektionsverfahrens in die Weser verbracht werden dürfen. Durch das Injektionsverfahrens lassen sich erhebliche Kosten gegenüber dem Ausbaggern und Lagern des Baggergutes auf der Hafenschlickdeponie in Seehausen einsparen.

Das kostengünstige Injektionsverfahren wurde vor zwei Jahren erstmals im Bootshafen Hasenbüren erfolgreich erprobt. In diesem Jahr konnte im Bootshafen Rönnebeck etwa 10.000 m3 abgelagerter Schlick mit einem kleinen Injektionsgerät in die Weser gespült werden. Voraussetzung ist, dass der Schlick keine unzulässige Schadstoffbelastung aufweist.

In Vorbereitung der beabsichtigten Verbringung von Schlick aus dem Sporthafen Grohn beauftragte der Senator für Frauen, Gesundheit, Jugend, Soziales und Umweltschutz im ersten Halbjahr 1999 ein Labor, stichprobenartig die Sedimente von sieben Sportboothäfen in Bremen auf TBT zu untersuchen. Mit Schreiben vom 14. Juli 1999 informierte das Umweltressort die betroffenen Hafengemeinschaften und Vereine über die in den fünf Misch- und zwei Einzelproben gefundenen Belastungen und lud zu einer Erörterung für den 6. September 1999 ein. Am folgenden Tag unterrichtete der Senator für Bau und Umwelt die Presse. Der Senat beabsichtigt nicht, die daraufhin und mittlerweile erfolgten Presseberichte zu bewerten.

3. Welche Ergebnisse haben die Untersuchungen erbracht?

Bremerhaven: Im in der Geeste liegenden City-Port sowie in den hinter der Doppelschleuse im Yachthafen, Schleusenhafen, Fischereihafen II, Deichhafen und Luneorthafen liegenden Anlagen des Weser-Yacht-Clubs, des Nordsee-Yacht-Clubs, der Boot Bremerhaven, des Wassersportvereins Wulsdorf und anderer kleiner Vereine, wie Albatros, wurden keine Proben gezogen.

4. Welche Erkenntnisse wurden über die Ursache dieser Umweltverschmutzung gewonnen?

Es ist nicht geklärt, ob es sich bei den gemessenen TBT-Konzentrationen um Altlasten, Einträge aus der Großschifffahrt, durch Sportboote und/oder Werftbetriebe handelt. Fest steht lediglich, dass bei Eintrag in ein Tidegewässer in beruhigten Zonen eine Sedimentierung vor Ort angenommen werden muss, in einem Fließgewässer jedoch eine großräumige Verteilung von TBT erfolgt.

Für Boote unter 25 m Länge ist ein TBT-haltiger Anstrich seit zehn Jahren verboten.

Dies gilt laut der Verordnung über Verbote und Beschränkungen des Inverkehrbringens gefährlicher Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse nach dem Chemikaliengesetz (Chemikalien-Verbotsverordnung) jedoch nicht für Antifäulnisfarbe für Schiffskörper mit einer Gesamtlänge von mehr als 25 m - also insbesondere nicht für Schiffe der Handels- und der Personenschifffahrt sowie der Bundesmarine. Um zu überprüfen, ob das Verbot für Schiffe unter 25 m eingehalten wird, werden gegenwärtig die Unterwasseranstriche von 200 Sportbooten in Bremen und Bremerhaven auf TBT analysiert. Die Probennahme wird durch die Wasserschutzpolizei durchgeführt; die Ergebnisse der Labor-Untersuchungen liegen noch nicht vor.

5. Welche Schlussfolgerungen sind aus den Untersuchungsergebnissen für die weitere Nutzung der Sportboothäfen zu ziehen?

Das Hansestadt Bremische Hafenamt erstellt jährlich im Auftrag der beiden Sportämter einen Peilplan für die Sportboothäfen. Der vom 10. bis 16. März 1999 erstellte Peilplan des Sportboothafens Grohn ergab, dass fast die gesamte Hafensohle Mindertiefen zwischen 1.00 und 2.00 m aufweist und dringend ausgebaggert werden muss.

Eine Nutzungseinschränkung aufgrund geringer Wassertiefe ergibt sich derzeit ausschließlich für den Sportboothafen Grohn, der nur noch bei mittlerem bis hohem Wasserstand nutzbar ist. Um den Wassersportbetrieb aufrecht zu erhalten, ist ein Ausbaggern erforderlich. Das Injektionsverfahren kommt - unabhängig von der gefundenen TBT-Belastung - für den Sportboothafen Grohn nach Mitteilung des Wasser- und Schifffahrtsamtes Bremen aufgrund der im Verhältnis zum angrenzenden Hafenbecken zu geringen Tiefe der Lesum nicht in Betracht.

6. Welche Maßnahmen sind zur Sanierung der belasteten Sporthäfen vorgesehen?

Der Senat sieht aufgrund der vorliegenden Daten keine Veranlassung, das Nutzen der Häfen durch die Wassersportvereine einzuschränken. TBT ist relativ eng mit den Sedimenten verbunden, diese wiederum liegen fest auf dem Gewässerboden und können somit nicht in die Fließgewässer verdriftet werden. Sollte eine detaillierte Untersuchung der Sedimente des Sportboothafens Grohn ein Verbringen des Baggergutes in die Weser nicht geboten erscheinen lassen, muss das Baggergut an Land deponiert werden.

7. Wo und in welchem Umfang besteht Handlungs- und Sanierungsbedarf?

Der Umfang des Handlungs- und Sanierungsbedarfs im Bootshafen Grohn ist erst nach Vorliegen der vorgenannten detaillierten Untersuchung feststellbar.

8. Wann wird der Senat ein Zeit-, Maßnahme- und Finanzierungskonzept für die Sanierung vorlegen?

Ein Zeit-, Maßnahme- und Finanzierungskonzept kann erst nach Vorliegen der unter 6. und 7. genannten detaillierten Untersuchung erstellt werden. Bei etwa 60.000 m3 Baggergut betragen die Kosten für das Ausbaggern und Verbringen des Baggergutes in die Weser 1,2 Mio. DM und die Kosten für das Ausbaggern und Deponieren zwischen 7,2 und 8 Mio. DM. Da die Haushaltsstelle Unterhaltung der Wassersporthäfen 1999 nur 298.000 DM vorsieht und zu einem Großteil durch die Injektionskosten in Rönnebeck verbraucht ist, hat das Sportamt Bremen bisher keinen Antrag auf wasserrechtliche Erlaubnis zum Ausbaggern stellen können. Da das Sportamt Bremen aufgrund seiner Haushaltssituation bisher keine wasserrechtliche Erlaubnis für das Ausbaggern beantragen konnte, wurde auch noch keine detaillierte Untersuchung in Auftrag gegeben.

9. In welchen Haushalten sollen die anfallenden Sanierungs-, Entschlickungs- und Entsorgungskosten dargestellt werden?

Die anfallenden Sanierungs- und Entschlickungskosten können nicht nur vom Senator für Inneres, Kultur und Sport getragen werden, da die Sportboote die Belastungen nicht alleine verursacht haben, und demzufolge andere Verursacher und die Nutzer der Sportboothäfen zu den Kosten mit heranzuziehen sind.

10. Welche Maßnahmen wird der Senat für den besonders stark TBT-belasteten und verschlickten Sportboothafen Grohn, insbesondere im Hinblick auf die touristische Aufwertung Vegesacks und die Ansiedlung der Internationalen Universität, ergreifen?

Der Senat wird im Hinblick auf den Wassersport und das Kleingewerbe sowie insbesondere die touristische Aufwertung Vegesacks (und die Ansiedlung der Internationalen Universität in Grohn) auf die notwendigen Maßnahmen drängen.