Wirtschaftsförderung

Produktionseinstellung beim Tilando Käsewerk, Landolfshausen ­ Wirtschaftsförderung der besonderen Art?

Im Juli dieses Jahres hat die Tilsiter „Naturkäserei" Tilando in Landolfshausen ihre Produktion eingestellt. 14 Arbeitsplätze gingen dadurch verloren. Von der Geschäftsführung der Firma wurde dafür ein Versagen der kontrollierenden und genehmigenden Behörden (Landkreis Göttingen, Bezirksregierung Braunschweig) verantwortlich gemacht. Bemängelt werden insbesondere viel zu lange Bearbeitungszeiten, unzureichendes Fachwissen der Behördenmitarbeiter und fehlender Informationsfluß.

Unter anderem wird vorgetragen: Der Firma sei erst im Januar 1998 mitgeteilt worden, daß ihre Zulassung bereits Ende 1994 ausgelaufen sei und die bis dahin anstandslos erteilten Exportdokumente ab sofort nicht mehr erteilt werden könnten.

Die Bearbeitung einer Wiederzulassung durch die Bezirksregierung sei so zögerlich erfolgt, dass wichtige Marktpartner auf andere Lieferanten ausweichen mußten und damit dem Betrieb die Absatzbasis entzogen wurde. Unfachmännische und unübliche Methoden zur Untersuchung des Käses (Probennahme von unausgereiften Chargen) hätten zu Fehlbeurteilungen geführt. Im gesamten Verfahren sei der Eindruck entstanden, dass die Bezirksregierung stärker an der Einstellung des Betriebes interessiert war als daran, seine Fortführung zu unterstützen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Hat eine ausreichende Information und Beratung des Betriebes über die 1994 veränderten Zulassungsbedingungen stattgefunden? Wenn ja, in welcher Art und Weise?

2. Wie beurteilt sie die auch nach Ablauf der Zulassung bis Januar 1998 erfolgte Erteilung der Genußtauglichkeits-Kennzeichen?

3. Welche Erkenntnisse hat sie über die Chronologie des Verfahrens seit Beginn 1998?

Wie beurteilt sie in diesem Zusammenhang den Vorwurf zu langer Bearbeitungszeiten und mangelnden Engagements der Bezirksregierung?

4. Wie beurteilt sie die Kritik an der Probeentnahme und der Bewertung der Laborergebnisse?

5. Ist es richtig, dass mit Hilfe der althergebrachten Verfahren zur Aufbringung einer Wachsschicht bzw. des Schmierens das Schimmelwachstum von nicht ausgereiftem Käse gestoppt werden kann?

6. Ist es richtig, dass der Nachweis von Schimmelsporen in nicht ausgereiftem Käse bei einem normalen Reifeprozeß durchaus üblich oder möglich ist, ohne dass das Endprodukt zu beanstanden ist?

7. Sieht die Landesregierung bei der nachträglichen Betrachtung des Vorganges einen Weg, wie die Schließung des Käsewerkes, bei Wahrung des Verbraucherschutzes, hätte vermieden werden können? Wenn ja, wie wäre es vorbildlich gewesen?

Die Firma Tilando Käsewerk Klügel KG, 37136 Landolfshausen, hat mit Bescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 31. August 1993 die vorläufige Zulassung als Beund Verarbeitungsbetrieb, in dem wärmebehandelte Milch und Erzeugnisse auf Milchbasis für den innergemeinschaftlichen Handel hergestellt, behandelt und in den Verkehr gebracht werden, erhalten.

Gemäß der „Bekanntmachung des Bundesministers für Gesundheit über die Gewährung von zeitlich und inhaltlich begrenzten Ausnahmen von den besonderen Hygienevorschriften der Gemeinschaft für die Produktion und Vermarktung von Rohmilch und Erzeugnissen auf Milchbasis entsprechend der Richtlinie 92/47/EWG und zur Regelung der Zulassung von Be- und Verarbeitungsbetrieben sowie Sammel- und Standardisierungsstellen, in denen Rohmilch, wärmebehandelte Milch und Erzeugnisse auf Milchbasis hergestellt, behandelt und in den Verkehr gebracht werden, entsprechend der Richtlinie 92/46/EWG" vom 30. Dezember 1992 (Bundesanzeiger ­ BAnz. ­ Nr. 5 vom 9. Januar 1993 S. 153) war die vorläufige Zulassung bis zum 31. Dezember 1993 befristet. Der o.a. Firma wurde die Veterinärkontrollnummer NI 068 EWG erteilt.

Auf Antrag der o.a. Firma vom 1. Januar 1994 wurde mit Bescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 21. Februar 1994 die vorläufige Zulassung des Betriebes bis zum 31. Dezember 1994 befristet verlängert. Das Datum der Befristung war durch die Bekanntmachung des BMG vom 15. November 1993 (BAnz. Nr. 223 vom 17. November 1993 S. 10346) vorgegeben.

Aufgrund des Runderlasses vom 6. Dezember 1994 erfolgte mit Bescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 28. Dezember 1994 die Verlängerung der vorläufigen Zulassung bis zum Inkrafttreten der geänderten Milchverordnung. Nach den Übergangsvorschriften des § 29 Abs. 4 der am 4. Mai 1995 in Kraft getretenen Verordnung über Hygiene- und Qualitätsanforderungen an Milch und Erzeugnissen auf Milchbasis (Milchverordnung) vom 24. April 1995 (BGBl. I S. 544) galten Betriebe, die am Tage des Inkrafttretens der Milchverordnung über eine nach den bisherigen Vorschriften erteilte Zulassung verfügten, bis zum 1. Januar 1996 als zugelassene Betriebe im Sinne dieser Verordnung.

Da bis zum Dezember 1995 von der Firma Tilando Käsewerk Klügel KG kein Antrag auf Zulassung nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 der Milchverordnung gestellt worden war, wurde beim Bundesministerium für Gesundheit die Löschung der Eintragung des vorgenannten Betriebes als zugelassener Betrieb veranlasst. Dementsprechend war in der Neufassung der Bekanntmachung der in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Betriebe für die Herstellung und Vermarktung von Rohmilch, wärmebehandelter Milch und Erzeugnissen auf Milchbasis vom 28. März 1996 (BAnz. Nr. 92 S. 5610) die Veterinärkontrollnummer des o.a. Betriebes gelöscht.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt war somit allgemein bekannt gegeben, dass der o.a. Betrieb nicht mehr zugelassen und nicht mehr berechtigt war, die Veterinärkontrollnummer NI 068 EWG zu verwenden.

Der Vortrag der Geschäftsführung der o.a. Firma, ihr sei erst im Januar 1998 mitgeteilt worden, dass ihre Zulassung bereits Ende 1994 ausgelaufen sei, ist insofern unbegründet.

Mit Entschiedenheit ist der Vorwurf der Geschäftsführung des o.a. Betriebes zurückzuweisen, die Bearbeitung des Zulassungsantrages durch die Bezirksregierung Braunschweig sei zögerlich erfolgt und die Bezirksregierung Braunschweig sei stärker an der Einstellung des Betriebes als an seiner Fortführung interessiert gewesen. Vielmehr hat, wie auch aus der zur Frage 3 aufgeführten Chronologie des Verfahrens ersichtlich, die Geschäftsführung der o.a. Firma das Zulassungsverfahren selbst dadurch erheblich verzögert, dass sie insbesondere Nachweise über betriebseigene Kontrollen, die nach den Vorschriften der Milchverordnung als eine der Zulassungsvoraussetzungen verbindlich vorgeschrieben sind, nur schleppend und trotz wiederholter Aufforderung durch die Bezirksregierung Braunschweig unvollständig vorgelegt hat.

Dieses vorausgeschickt beantworte ich die einzelnen Fragen wie folgt:

Zu 1: Die Bezirksregierung Braunschweig hat in ihrem Erstbescheid vom 31. August 1993 über die vorläufige Zulassung sowie in den Bescheiden zur Verlängerung der vorläufigen Zulassung unter Bezug auf die bestehenden Rechtsvorschriften ausdrücklich auf die Befristung hingewiesen. Nachdem die Geschäftsführung der o.a. Firma mit Schreiben vom 2. Februar 1998 die Neuzulassung des Betriebes beantragt hatte, wurde die Geschäftsführung mit Schreiben vom 18. Februar 1998 ebenfalls ausführlich über die Sach- und Rechtslage unterrichtet und gleichzeitig gebeten, im Interesse eines zügigen Zulassungsverfahrens noch ausstehende Unterlagen schnellstmöglich zu übersenden.

Zu 2: Nach den milchrechtlichen Vorschriften ist die amtliche Erteilung von Genusstauglichkeitskennzeichen nicht vorgesehen; die Kennzeichnung von Produkten, Verpackungsmaterial sowie ggf. von Handelsdokumenten für den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit der ihm erteilten Veterinärkontrollnummer obliegt dem zugelassenen Betrieb.

Ausschließlich in bestimmten Fällen von Drittlandsexporten, für die von dem betreffenden Drittland vorgegebene behördenseitige Bescheinigungen gefordert werden, ist die amtliche Zertifizierung erforderlich. Vom Landkreis Göttingen wurden in diesem Zusammenhang lediglich ­ wie vom Empfängerland gefordert ­ tierseuchenhygienische Bescheinigungen darüber ausgestellt, dass der Betrieb von dieser Behörde überwacht werde.

Wegen des Verdachtes der widerrechtlichen Verwendung der Veterinärkontrollnummer NI 068 EWG durch die Firma Tilando Käsewerk Klügel KG ist bei der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Göttingen ein Ermittlungsverfahren anhängig.

Zu 3: Mit Schreiben vom 28. Januar 1998 hat der Landkreis Göttingen die Geschäftsführung der Firma Tilando Käsewerk Klügel KG darauf hingewiesen, dass die Zulassung des Betriebes abgelaufen und neu zu beantragen sei.

Am 2. Februar 1998 stellte die Geschäftsführung der vorgenannten Firma bei der Bezirksregierung Braunschweig einen Antrag auf Zulassung des Betriebes. Daraufhin bat die Bezirksregierung Braunschweig den Landkreis Göttingen mit Verfügungen vom 2. Februar und 4. Februar 1998 um Stellungnahme, ob der Betrieb über ein betriebseigenes Kontrollsystem im Sinne des § 16 Abs. 1 Milchverordnung.