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Zur HU ­ Bau ­ und den Mehrkostenveranschlagungen ist festzustellen:

Die Erläuterungen in den Haushaltsplänen zu den veranschlagten Mehrkosten sind Standardbegründungen, die nach Auffassung des LRH den Sachverhalt und die tatsächlichen Gründe nur unvollständig wiedergeben. Das Staatshochbauamt stellte in seinem Erläuterungsbericht zur dritten Nachtragsveranschlagung besonders die unzureichenden Kostenansätze in der ersten HU ­ Bau ­ heraus, die die kostenträchtigen Besonderheiten der Planung nicht berücksichtigten. Nach den Feststellungen des LRH ist dieser Sachverhalt von wesentlicher Bedeutung für die Mehrkosten. Die letztlich zu niedrige Grundveranschlagung in der genehmigten HU ­ Bau ­ anhand von Preisen bereits errichteter Amtsgerichtsgebäude gab in diesem Fall ein falsches Bild, weil der hier geplante hohe Bau- und Ausbaustandard sowie die historisch bedeutungsvolle Lage des Baugrundstücks in Verbindung mit der vorhandenen Nachbarbebauung und ihrer Auswirkung auf die Gestaltung und Konstruktion bei der Kostenermittlung unberücksichtigt blieben.

Unter Zugrundelegung der offiziellen Baupreisindizes betrug die Preissteigerung vom Zeitpunkt der Erstveranschlagung (1989) bis zum Jahr der Mehrkostenveranschlagung (1995) rund 33 v. H. Setzt man für die Ermittlung der Preissteigerungen den Zeitpunkt der wichtigsten Bauvertragsabschlüsse an, so verringert sich der auf Preissteigerungen basierende Betrag deutlich. Die erheblich über die Preissteigerungen hinausgehenden Mehrkosten führt der LRH neben einer unzureichenden Erstveranschlagung auch darauf zurück, daß, was Materialwahl, Konstruktion und Detailausführung anbelangt, außerordentlich großzügig gebaut und in vielen Punkten unnötiger Aufwand betrieben wurde.

Dadurch, dass das Staatshochbauamt den beauftragten Architekten insoweit weitgehend freie Hand ließ, kam es seiner Verpflichtung, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gemäß § 7 LHO zu beachten, nicht nach.

Beispiele für einen überzogenen Aufwand Beispielhaft sind folgende kostentreibende Maßnahmen zu nennen:

a) Naturwerksteine im Innern des „historischen Gebäudes"

Gemäß Planungsauftrag sollte das historische Gebäude nur in der äußeren Gestaltung wiederhergestellt, im Innern jedoch der Nutzung eines Amtsgerichts angepaßt werden. Die Architekten und das Staatshochbauamt beschränkten sich aber nicht darauf, das Innere in einer einem Amtsgericht angemessenen Weise wiederherzustellen, sondern ließen z. B. Fußbodenbeläge aus teuren massiven Naturwerksteinen herstellen.

b) Äußere Gestaltung des Neubaubereichs

Für die (äußere) Gestaltung des Neubaubereichs ließen die Architekten ebenfalls in erheblichem Umfang Naturwerksteinarbeiten ausführen. Neben Fensterbänken und -gewänden entstanden Wand-, Stützen- und Sturzbekleidungen. Allein die Fenstergewände und Fensterbänke aus Naturwerkstein kosteten mehr als 1,5 Millionen DM. Die Architekten gestalteten diese Bauelemente besonders aufwendig, z. B. mit hinteren und seitlichen Aufkantungen sowie Gewändeaufständen aus einem Stück und zum Teil in einer Materialdicke, die eine zweifach abgesetzte Profilierung der Ansichtsfläche ermöglichte.

Die 10 cm bis 15 cm dicken Natursteinfensterbänke kosteten z. B. im Durchschnitt rund 1.280 DM/lfdm, die 23 cm dicken Bänke mit profilierter Ansichtsfläche dagegen rund 1.920 DM/lfdm. Die Preise lagen damit um ein Vielfaches über Preisen üblicher Fensterbankkonstruktionen. Allein durch die Ausführung aller Natursteinfensterbänke im Neubaubereich in Dicken bis zu 15 cm und einem damit verbundenen Verzicht auf die zweifach abgesetzte Profilierung der AnsichtsNiedersächsischer Landtag - 14. Wahlperiode Drucksache 14/750 fläche hätte das Staatshochbauamt mehr als 200.000 DM und Baunebenkosten einsparen können.

c) Dekorative Strukturelemente

Neben den aufwendigen Naturwerksteinarbeiten ließen die Architekten und das Staatshochbauamt „dekorative Strukturelemente" als Stahl-Edelstahlkonstruktionen an den Fassadenbereichen herstellen. Diese Elemente aus massiven Stahlstützen und -trägern, die weder funktionale noch statisch-konstruktive Bedeutung haben, kosteten mehr als 540.000 DM.

Das Staatshochbauamt mißachtete mit der aufwendigen äußeren Gestaltung die Weisung der Bezirksregierung, die im Rahmen ihrer Prüfung der Ausführungsunterlage ­ Bau ­ auf die Beachtung des Runderlasses des Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr ­ Leitfaden zum sparsamen Planen und Bauen, Stand Dezember 1987 ­ hingewiesen hatte. Hiernach waren u. a. Konstruktionen ohne funktionalen Zweck abzulehnen.

d) Aufwand beim Innenausbau

Auch der Innenausbau ist in vielen Bereichen für ein Amtsgericht unangemessen aufwendig. So kosteten z. B. die Holzinnentüren und Zargen sowie die Holzwandverkleidungen und -einbauten mehr als 2 Millionen DM. Der hohe Preis ergab sich aus zum Teil sehr teuren Konstruktionen und Einzelanfertigungen.

Z. B. kosteten 186 Stück Bürotüren im Neubaubereich aus furnierten Türblättern, Holzblockzargen mit Unterkonstruktionen und Edelstahlbeschlägen in Rohbaugrößen bis zu 1,01 m/2,658 m einschließlich Zubehör im Durchschnitt rund 2. DM pro Tür oder 18 Stück einflügelige Türen im Saaltrakt mit üblichen Rohbauöffnungsbreiten bis 1,01 m, die jedoch aus gestalterischen Gründen mit Oberteilen bis zu 3,48 m hoch hergestellt wurden, im Durchschnitt rund 5.970 DM pro Tür. Damit lagen die Türpreise mindestens doppelt so hoch wie bei vergleichbaren Verwaltungsgebäuden mit gehobenem Ausbau.

e) Aufwand im Außenbereich Toranlage Zwischen dem historischen Gebäude und dem Neubau für den Bürotrakt befindet sich eine rund 4 m breite Zuwegung zum Innenhof 3, die gemäß HU ­ Bau ­ mit einem Tor verschlossen wurde. Dieses sollte zwar „nicht ohne weiteres überwindbar" sein, besondere Sicherheitsanforderungen waren jedoch nicht zu erfüllen. Mit der HU ­ Bau ­ hatten die Architekten und das Staatshochbauamt unter Kostengruppe 5.1.1 ein Stück Gittertor, Schmiedeeisen, mit 3.000 DM veranschlagt.

Dieser Betrag blieb auch im Rahmen der Nachträge zur HU ­ Bau ­ unverändert.

Für die Ausführung planten das Ingenieurbüro für Freiraumplanung und das Staatshochbauamt eine auffallend aufwendige zweiflügelige Toranlage mit Seitenteilen und elektrischen Sicherungseinrichtungen, die das Staatshochbauamt im Rahmen der Landschaftsbauarbeiten ausführen ließ. Der Preis betrug mehr als 46.000 DM. Abdeckung der Innenhofflächen

Das Ingenieurbüro für Freiraumplanung plante, die Betonflächen der Innenhöfe 1 und 2 mit „Kiesel in der Körnung 8/16, gewaschen, weiß, Dolomit oder gleichwertiges Material" zu überdecken. Nach einer Ausschreibung der Leistungen, bei der der mindestfordernde Bieter einen Einheitspreis von rund 1.000 DM/m³ forderte, ließ das Staatshochbauamt die angebotene Kiesschüttung ­ gemäß Schlußrechnung in einer Dicke von rund 11 cm ­ ausführen. Insgesamt kostete die Kiesabdeckung in den Innenhöfen 1 und 2 rund 68.000 DM zuzüglich Baunebenkosten.

Nach Auffassung des LRH hätte eine geringere Schütthöhe ­ z. B. 5 cm bis 7 cm, wie auf Kiesdächern üblich ­ und ein preiswerteres Material ­ z. B. Leine-/ Weserkies ­ keine Nachteile, aber deutlich geringere Kosten ergeben.

Zusammenfassung:

Nicht nur Lohn- und Materialpreissteigerungen, sondern auch die oben genannten Bauelemente und Bauausführungen haben zu erheblichen zusätzlichen Kosten geführt. Der LRH beanstandet die unrealistische Grundveranschlagung mit unzureichenden Ansätzen in der Kostenberechnung zur HU ­ Bau ­. Die Staatshochbauverwaltung ließ die sich aus dem Zuschnitt und der städtebaulichen Situation des Grundstücks ergebenden Erschwernisse und die mit der beabsichtigten Planung und Gestaltung der Gebäude verbundenen Besonderheiten bei der Kostenberechnung unbeachtet. Durch die auffallend niedrige Erstveranschlagung und dadurch, dass sie mit dem Planungs- und Baufortschritt Maßnahmen billigte, die zu erheblichen Mehrkosten führten, versetzte sie in nicht hinnehmbarer Weise den Landtag in einen Zugzwang, die notwendigen Gelder bereitzustellen.

Wie aus dem Schriftverkehr zur Baumaßnahme und den Nachtragsveranschlagungen erkennbar, war der Bauverwaltung die Unauskömmlichkeit der Grundveranschlagung schon im frühen Ausführungszeitraum bekannt. Gleichwohl nutzte sie nicht die zu diesem Zeitpunkt noch gegebenen und zum Teil zudem von der Bezirksregierung geforderten Einsparungsmöglichkeiten, mit denen eine deutliche Reduzierung der Mehrkosten hätte erreicht werden können.

Mit der aufwendigen Bauplanung und -ausführung verstieß die Verwaltung erheblich gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.

Die Erörterungen mit der Verwaltung sind noch nicht abgeschlossen.