Altenpflege

Der LRH sieht keine hinreichenden Gründe dafür, dass in der Vergangenheit von einer Beteiligung der im MRV untergebrachten Personen an der Aufbringung der Kosten ihrer Unterbringung im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten abgesehen worden ist. Spätestens nach der klarstellenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1991 (a. a. O.) wäre die Anwendung des § 10

JVKostO unerläßlich gewesen.

Vergleich der Kostenbeteiligung von Strafgefangenen und im MRV Untergebrachten

Die Geltendmachung des Anspruchs auf Ersatz der Vollstreckungskosten wird durch § 10 JVKostO an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Danach werden von Gefangenen, die eine ihnen zugewiesene oder ermöglichte Arbeit verrichten, Kosten der Vollstreckung von Freiheitsstrafen und von freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung unbeschadet des Anspruchs nicht erhoben. Sie werden selbst dann nicht herangezogen, wenn sie weitere Einkünfte (z. B. Renten) während ihrer Gefangenschaft beziehen. In ihrer Arbeit wird offenbar ein ausreichendes Äquivalent zu den Vollstreckungskosten gesehen. Dem entspricht die in § 41 StVollzG verankerte Pflicht zur Arbeit, die es im MRV nicht gibt.

So trugen die Gefangenen in den niedersächsischen „Arbeitsbetrieben der Justizvollzugs-, Jugendstraf- und Jugendarrestanstalten" beispielsweise im Jahre 1996 aus den Erlösen ihrer Arbeiten immerhin 10,733 Millionen DM, mit denen die für sie angefallenen Personal- und Sachkosten gedeckt werden konnten, zum Landeshaushalt bei.

Darüber hinaus erwirtschafteten die Arbeitsbetriebe sogar noch einen Gewinn von 3,312 Millionen DM, den sie ebenfalls dem Landeshaushalt zuführten.

Demgegenüber erarbeiteten die Untergebrachten im MRV keine Kostendeckungsbeiträge oder gar Gewinne, die den Landeshaushalt hätten entlasten können. So konnten z. B. im größten Beschäftigungsbereich des NLKH Moringen ­ den Arbeiten im Rahmen von Industrieaufträgen ­ im Hj. 1996 die Einnahmen aus Entgelten für die Herstellung von Produkten nur die für die Untergebrachten aufgewendeten Zuwendungen von 0,179 Millionen DM abdecken. Im Vergleich zu schuldfähigen Straftätern mangelte es somit an einem von den Untergebrachten erarbeiteten Äquivalent für die Kosten der Vollstreckung.

Vergleich der Kostenbeteiligung von Hilfeempfängern in Behinderteneinrichtungen und Pflegeheimen und im MRV Untergebrachten

Die nach § 10 JVKostO, § 50 StVollzG mögliche Kostenbeteiligung erfaßt nicht die Untergebrachten, die gegen Entgelt arbeiten und zusätzlich außerhalb des Vollzugs Einkünfte beziehen. So kann ein Untergebrachter, der beispielsweise im Rahmen einer arbeitstherapeutischen Beschäftigung eine Zuwendung als Entgelt in Höhe von monatlich 220 DM erhält und daneben eine Rente von 1.000 DM bezieht, bislang nicht zu den Kosten seiner Unterbringung herangezogen werden. Die im MRV Untergebrachten sind hierdurch bessergestellt als die Bewohner in Behinderteneinrichtungen und Altenpflegeheimen mit entsprechenden Renteneinkünften, von denen dies im Rahmen der Regelungen des BSHG über die Nachrangigkeit der Sozialhilfe verlangt wird.

Die Regelung des § 25 Abs. 2 Nds. MVollzG, mit der die im MRV Untergebrachten ebenfalls an den Kosten ihrer Unterbringung beteiligt und so den Sozialhilfeempfängern gleichgestellt werden sollten, ist nicht mehr anwendbar. Die unterschiedliche Rechtslage innerhalb und außerhalb des Vollzugs führte in der Vergangenheit wiederholt dazu, dass Personen mit einer Rente oder anderen außervollzuglichen Einkünften, die aus medizinischer und/oder kriminalprognostischer Sicht in ein Heim entlassen werden konnten, nur deshalb im MRV verblieben, weil sie aus finanziellen Gründen die Zustimmung zur Entlassung verweigerten. Allerdings benannten die Untergebrachten die drohende finanzielle Einbuße nur selten als tatsächlichen Hinderungsgrund. Vielmehr wiederholten oder verstärkten sie ihre sozial auffälligen VerNiedersächsischer Landtag - 14. Wahlperiode Drucksache 14/750 haltensweisen oder Krankheitssymptome, um ihre Entlassung zu verhindern oder ihre Wiedereinweisung in den MRV zu bewirken.

Folgerungen

Ob und in welchem Umfang im MRV Untergebrachte hinsichtlich der Beteiligung an den Kosten ihrer Unterbringung deshalb bessergestellt werden sollten als schuldfähige Strafgefangene, weil sie behandelt werden sollen und müssen, wird hier nicht beurteilt. Jedenfalls kann es nicht angehen, dass die im MRV Untergebrachten in diesem Fall auch noch davon profitieren, dass die JVKostO und das StVollzG eine am Sozialhilferecht orientierte Regelung nicht kennen, wie sie der nicht mehr anwendbare § 25 Abs. 2 Nds. MVollzG enthielt.

Der LRH hat hierzu angeregt, auf Bundesebene initiativ zu werden. In diesem Zusammenhang könnte zumindest die Besserstellung von im MRV Untergebrachten gegenüber Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfängern in Behinderteneinrichtungen und Altenpflegeheimen beseitigt werden. Das wäre möglich, indem § 10

JVKostO durch auf den MRV abgestellte Regelungen ergänzt wird. Diese könnten inhaltlich dem Abs. 2 des § 25 Nds. MVollzG entsprechen. Damit würde den in der Fachwelt vorhandenen Bestrebungen nach einer stärkeren Herausstellung des „Patientencharakters" der Untergebrachten Rechnung getragen.

Sollte es bei der gegenwärtigen vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom Jahre 1991 klargestellten Rechtslage bleiben, müßten Leistungen für Untergebrachte im MRV an die deutlich niedrigeren Leistungen an Strafgefangene im Strafvollzug angeglichen werden. Die Orientierung am höheren Niveau der Sozialhilfe müßte dann aufgegeben werden. Auch diese Überlegung hat der LRH angeregt (vgl. Abschnitt V, Nr. 8 „Überhöhte Geld- und Sachleistungen im Maßregelvollzug"). Unabhängig davon müssen nunmehr die Ansprüche des Landes auf Ersatz der Vollstreckungskosten gegenüber den hierfür in Betracht kommenden Personen geltend gemacht werden.

Die Erörterungen mit dem Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales sind noch nicht abgeschlossen.

7. Pflegesätze im Maßregelvollzug Kapitel 05 36

Das an der Krankenhausfinanzierung orientierte Pflegesatzsystem der Niedersächsischen Landeskrankenhäuser ist für den Maßregelvollzug ungeeignet.

Der LRH hat Vorschläge für die Entwicklung eines auf den Maßregelvollzug abgestellten Pflegesatzsystems unterbreitet, mit dem die Kosten für unterschiedliche Bereiche im Maßregelvollzug und andere Maßnahmen auf Maßregelvollzugsplätzen sachgerecht erfaßt, der Verwaltungsaufwand reduziert sowie die Haushaltsplanung vereinfacht und nachvollziehbar werden.

Fragwürdige Grundlagen

Die Kosten des Vollzugs der durch strafrichterliche Entscheidung angeordneten freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt trägt weitgehend das Land. Dennoch ist die Ermittlung und Abrechnung der Kosten des Maßregelvollzugs (MRV) auf der Grundlage eines Pflegesatzsystems schon deshalb erforderlich, weil auf niedersächsischen MRV-Plätzen auch Personen zu Lasten anderer Kostenträger untergebracht werden. So sind Kosten mit der Justizverwaltung (§ 126 a Strafprozeßordnung

­ StPO ­), mit Sozialhilfeträgern (Eingliederungshilfe) oder anderen Bundesländern (MRV) zeitgerecht abzurechnen.

Die Niedersächsischen Landeskrankenhäuser (NLKH) wenden ­ mit geringfügigen Abweichungen ­ das Pflegesatzsystem nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) und der Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (BPflV) einschließlich der Krankenhausbuchführungsverordnung (KHBV) an. Sie buchen deshalb ihre Aufwendungen und Erträge für den MRV nach den Vorgaben der KHBV und kalkulieren die Kosten für den MRV bzw. die daraus resultierenden Pflegesätze mit einer Leistungs- und Kalkulationsaufstellung nach der BPflV. KHG, BPflV und KHBV gelten allerdings ausdrücklich nicht für Krankenhäuser im MRV. Das hat gute Gründe:

Die Krankenhausfinanzierung ist durch das duale Finanzierungssystem bestimmt.

Krankenhäuser werden dadurch wirtschaftlich gesichert, dass sie Investitionskosten im Wege öffentlicher Förderung und leistungsgerechte Erlöse aus den Pflegesätzen erhalten. Es sind Fallpauschalen und Sonderentgelte sowie krankenhausindividuell vorausschauend Abteilungspflegesätze und ein Basispflegesatz auf der Grundlage eines Budgets zu vereinbaren.

Im MRV findet das duale Finanzierungssystem keine Anwendung. Um alle anfallenden Kosten den verschiedenen Kostenträgern in Rechnung stellen zu können, sind daher auch die Investitionskosten oder Investitionsfolgekosten in die Pflegesätze einzubeziehen. Das System von Fallpauschalen und Sonderentgelten sowie der Grundsatz der vorausschauenden Festsetzung der Pflegesätze werden im MRV ebenfalls nicht angewandt.

Daß das Pflegesatzsystem aus der Krankenhausfinanzierung dennoch auf den MRV übertragen worden ist, hat nach den Feststellungen des LRH zu erheblichen Verwerfungen geführt.

Ungeeignete und unübersichtliche Vordrucke

Zur Ermittlung des Budgets und der Pflegesätze wurden in den NLKH die umfangreichen Vordrucke nach der Anlage der BPflV eingesetzt, die speziell auf die Erfordernisse von Krankenhäusern zugeschnitten sind. Die Leistungs- und Kalkulationsaufstellung des NLKH Moringen für 1997 umfaßte z. B. 33 Seiten einschließlich Anlagen. Auf 14 Seiten der Vordrucke waren 352 Zeilen für Eintragungen vorgesehen, von denen nahezu die Hälfte nicht ausgefüllt war oder nur Wiederholungen enthielt, weil die Zeilen nicht auf den MRV zutrafen. Dagegen wurden auf sieben zusätzlichen Seiten Kostenpositionen aufgeschlüsselt, weil die Vordrucke hierfür nichts vorsahen.

Schon der unnötige Umfang der Leistungs- und Kalkulationsaufstellung erschwert den Umgang mit ihr. Aufschlüsselungen der Kostenarten sind nur mit Mühe zu finden und nachzuvollziehen.

Wie ungeeignet diese Formulare sind, wird besonders daran deutlich, dass Kosten, die in einem Regelkrankenhaus nicht anfallen, mangels vorgesehener Zeilen für den MRV erst in den Aufschlüsselungen unter Kostenarten aufgeführt wurden, die damit in keinem sachlichen Zusammenhang stehen. So findet man unter medizinischem Bedarf auch die Entgelte für Arbeitstherapie, Beschäftigungstherapie und Schulbesuch, im Verwaltungsbedarf sind auch Bewachungskosten enthalten. Die Kostenart „Sonstiges" enthält u. a. mit den Kosten für Abschreibungen, Mieten und Pachten, Freizeitveranstaltungen, Fort- und Weiterbildung des Personals, Sitzwachen, Betreuung in Werkstätten für Behinderte und Bekleidung ein breites Spektrum, das allein fast 9 v. H. des Gesamtbudgets beträgt.

Nicht kostengerechte Abteilungspflegesätze und Basispflegesatz

Nach der BPflV sind für Krankenhäuser auf der Grundlage des Budgets und der voraussichtlichen Belegung Abteilungspflegesätze und ein Basispflegesatz zu vereinbaren.