Kreditmittel

29. Gründung einer Altlastensicherungsgesellschaft Kapitel 15 40

Das Land hat zum Zweck der Altlastensicherung eine GmbH gegründet, ohne die Wirtschaftlichkeit der Organisationsprivatisierung geprüft zu haben.

Allgemeines:

Das Land sieht sich rechtlich verpflichtet, Sicherungsmaßnahmen an der Altlast Sonderabfalldeponie Münchehagen zu ergreifen und die Kosten hierfür zu übernehmen.

Wegen langdauernder Entscheidungsprozesse forderte der Landtag die Landesregierung mit seiner Entschließung vom 16.10.1996 auf (Drs. 13/2316), die Sicherung der Deponie effizienter zu gestalten und ggf. staatliche Aufgaben auf Dritte zu übertragen, „wenn dadurch eine effektivere und qualitativ bessere Abwicklung des Projektes erreicht werden kann". Gründung einer Altlastensicherungsgesellschaft

Im September 1997 beschloß die Landesregierung Sicherungsmaßnahmen zur Sanierung der Deponie (Einkapselung des Geländes durch Dichtwände, Oberflächenabdeckung sowie Einrichtung eines Überwachungssystems). Nach Abschluß der Sanierung im Jahre 2002 sollen sich die Betriebskosten des Landes für die derzeitigen provisorischen Sicherungsvorkehrungen von jährlich rund 10 Millionen DM auf etwa 1,7 Millionen DM pro Jahr reduzieren.

Zur technischen und organisatorischen Abwicklung des Projekts wurde im Dezember 1997 die Altlastensicherungsgesellschaft mbH (ASG) mit Sitz in Wiedensahl gegründet. Alleingesellschafterin ist die landeseigene Niedersächsische Sonderabfalldeponie Hoheneggelsen GmbH.

Durch Geschäftsbesorgungsvertrag übertrug die Bezirksregierung Hannover ­ unbeschadet ihrer hoheitlichen Aufgaben und Befugnisse ­ der ASG die Planung und Umsetzung der Sicherungsmaßnahmen. Die ASG hat Anspruch auf Ersatz der ihr aus der Geschäftsbesorgung entstehenden Aufwendungen. Sie erhält vom Land in den Jahren 1998 bis 2001 Aufwendungsersatz in Höhe von rund 107 Millionen DM für Sicherungsmaßnahmen (rd. 73 Millionen DM), Betriebskosten (27 Millionen DM) sowie Personalkosten (7 Millionen DM).

Die Gesellschaft hat ihre Arbeit im Jahr 1998 aufgenommen. Sie beschäftigt u. a. zwölf Landesbedienstete, die bislang bei der Bezirksregierung und anderen Behörden für die Sonderabfalldeponie zuständig waren.

Das Land hat die Organisationsprivatisierung wiederholt mit dem LRH erörtert, ihre Wirtschaftlichkeit jedoch trotz mehrfacher Auskunftsersuchen nicht im einzelnen dargelegt. Das Umweltministerium und das Finanzministerium vertreten die Auffassung, dass die Übertragung der Aufgaben auf eine private Gesellschaft am wirtschaftlichsten und äußerst effektiv sei. Nur hierdurch seien zielgenaues Kostencontrolling und zentrale Aufgabenerledigung vor Ort möglich. Die schnellstmögliche Sicherung der Altlast erfordere zudem die Einbeziehung externen kaufmännischen Sachverstands sowie unternehmerisches Management. Dies rechtfertige den eingeschlagenen Weg auch finanziell, weil im Jahr rund 10 Millionen DM Betriebskosten vornehmlich für provisorische Sicherungsarbeiten anfielen; sie würden nach einem raschen Eingreifen wesentlich sinken.

Würdigung

Gemäß §§ 7 und 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO und auch nach der Landtagsentschließung vom Herbst 1996 waren vor Gründung und Beauftragung der ASG nähere Untersuchungen zur Wirtschaftlichkeit der Organisationsprivatisierung geboten, die nicht durch nur pauschale Hinweise auf allgemeine Vorteile privatrechtlicher Unternehmen ersetzt werden können.

Das Finanzministerium und das Umweltministerium hätten Kosten und Effektivität der Altlastensanierung durch einen Vergleich zwischen

­ behördlichen Organisationsformen unter Einbeziehung einer aufgabenspezifischen Projektorganisation,

­ Organisationsprivatisierung und

­ einer Vergabe an Dritte ermitteln müssen. Geeignete Prüfungsinstrumente sind hier die Nutzwertanalyse sowie die Kosten-Nutzen-Analyse.

In bezug auf die Gründung einer mittelbar vom Land gehaltenen Kapitalgesellschaft hätte berücksichtigt werden müssen, daß

­ schon die rechtsformbedingten Aufwendungen die Aufgabenerledigung verteuern können,

­ auch Leistungen aus Geschäftsbesorgung grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig und damit für öffentliche Auftraggeber zumindest hinsichtlich der Personalgestellung mit Zusatzkosten verbunden sind,

­ die Mitarbeiterrekrutierung der ASG aus dem Bestand des Verwaltungsfachpersonals nach allen Erfahrungen zu Personalkostenerhöhungen führt,

­ kein Vorteil beim Baukostenrisiko entsteht; denn das Risiko wird weder satzungsnoch vertragsgemäß von der ASG übernommen.

Der LRH hat erhebliche Zweifel, ob das Land mit Gründung und Beauftragung der ASG die wirtschaftlichste Lösung zur Durchführung der Altlastensanierung gewählt hat.

30. Finanzierung der Altlastensicherung über die Niedersächsische Gesellschaft für öffentliche Finanzierungen mbH Kapitel 15 40

Trotz eines entgegenstehenden Landtagsbeschlusses aus dem Jahr 1992 überträgt das Finanzministerium der Niedersächsischen Gesellschaft für öffentliche Finanzierungen mbH weiterhin Finanzierungsaufgaben.

Auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrags hat die Altlastensicherungsgesellschaft mbH (ASG) vom Land die Durchführung von Sicherungsmaßnahmen an der Altlast Sonderabfalldeponie Münchehagen übernommen (vgl. Abschnitt V, Nr. 29 „Gründung einer Altlastensicherungsgesellschaft"). Das Land hat sich verpflichtet, der ASG in den Jahren 1998 bis 2001 rund 107 Millionen DM Aufwendungsersatz zu zahlen.

Dem Land stehen zur Finanzierung in den genannten Jahren nur rund 59 Millionen DM Einnahmen aus dem Aufkommen der Wasserentnahmegebühr zur Verfügung. Die darüber hinaus erforderlichen Mittel sollen über die Niedersächsische Gesellschaft für öffentliche Finanzierungen mbH (NFG) beschafft werden. Dadurch werden in den vier Investitionsjahren nach der Kabinettsvorlage des Umweltministeriums zur Gründung der ASG vom 25.8.1997 voraussichtlich rund 8 Millionen DM Zinsen fällig, die ebenfalls von der NFG finanziert werden sollen. Die Gesellschaft hat somit insgesamt 56 Millionen DM Kreditmittel zu beschaffen und dem Land zur Verfügung zu stellen.

Sie sollen in den Jahren 2002 bis 2011 zurückgeführt werden. Die Kreditkosten trägt das Land.

Nach den Entscheidungen der Landesregierung vom September 1997 über die Modalitäten der Altlastensicherung ist dieser Finanzierungsweg gewählt worden, weil „eine andere Lösung in Anbetracht der schwierigen finanziellen Situation des Landes gegenwärtig nicht zu realisieren" sei.

Dem LRH ist nicht ersichtlich, warum eine Finanzierung der Maßnahmen durch unmittelbare Landeskredite nicht möglich, sondern statt dessen die Zwischenschaltung der NFG ­ bei im Ergebnis gleicher Kreditbelastung ­ angezeigt sein soll. Die Existenz der Gesellschaft verursacht Personal-, Sach- und Jahresabschlußprüfungskosten, die vom Land getragen werden.

Der LRH hat bereits in der Denkschrift zum Hj. 1990 seine Bedenken zur Finanzierung von Landesaufgaben durch die NFG geäußert. Sie bestehen fort. Unverändert führt dieses Vorgehen zu einer verdeckten Verschuldung des Landes und zur Verfälschung der Kreditaufnahmeobergrenze. Vor allem aber verursacht die NFG Mehrkosten, die in voller Höhe eingespart werden können.

Deshalb hat der Landtag am 9.9.1992 beschlossen, „das Finanzministerium sollte zur Ausgabeneinsparung der Gesellschaft künftig keine Finanzierungsaufgaben mehr übertragen" (Drs. 12/3611, Nr. 55). Der LRH hat das Finanzministerium zum wiederholten Mal daran erinnert.

Zwar sind seitdem mit Wissen des Haushaltsgesetzgebers der NFG weitere Finanzierungsaufgaben übertragen worden (im Zusammenhang mit der EXPO sowie zugunsten der Oper Hannover). Das Ministerium folgert daraus offenbar, der Landtag halte an seinem Beschluß nicht mehr fest oder lasse beliebig viele Ausnahmen zu. Dies trifft jedoch nicht zu. Trotz der akzeptierten Ausnahmen hat der Landtag nicht zu erkennen gegeben, dass er von seinem Beschluß abgerückt sei.

Im Interesse einer auf den Grundsätzen der Vollständigkeit und Wahrheit des Haushaltsplans beruhenden transparenten Haushaltswirtschaft und wegen des nach § 7 LHO zu beachtenden Gebots, wirtschaftlich und sparsam zu handeln, muss auf eine Finanzierung der Altlastensicherung durch die NFG verzichtet werden.