Einspuriger Ausbau der Weddeler Schleife

Zu Beginn des Winterfahrplanes 1998/99 hat die Deutsche Bahn AG die neue Schnellstrecke Hannover­Berlin in Betrieb genommen. Als Verbindung zwischen der alten ICEStrecke Braunschweig­Berlin und der neuen Schnellstrecke Hannover­Berlin wurde die sog. Weddeler Schleife bei Wolfsburg gebaut. Obwohl im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) der Bedarf für einen zweispurigen Ausbau der Weddeler Schleife festgestellt ist, wurde diese nur einspurig ausgebaut.

Ich frage die Landesregierung:

1. a) Wie steht sie zum einspurigen Ausbau der Weddeler Schleife?

b) Setzt sie sich für einen zweispurigen Ausbau ein, und wenn ja, in welchem Zeithorizont?

c) Teilt sie die Befürchtung, dass der im BVWP vorgesehene zweigleisige Ausbau auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben wird?

2. a) Welche Kosten wurden für den zweispurigen Ausbau kalkuliert?

b) Welche Kosten hat der einspurige Ausbau verursacht?

c) Welche Mehrkosten entstehen durch einen zweispurigen Ausbau zu einem späteren Zeitpunkt?

3. Wie beurteilt die Landesregierung den Widerspruch, dass der Bedarf für einen zweispurigen Ausbau im Bundesverkehrswegeplan festgestellt wurde, dieser Bedarf jedoch seitens der DB AG in der Begründung für den vorerst einspurigen Ausbau infrage gestellt wurde?

4. Ist es richtig, dass neu gebaute Brücken über die ICE-Trasse zwischen Wolfsburg und Braunschweig nur für den eingleisigen Ausbau dimensioniert und gebaut wurden?

Wenn ja:

a) Wie viele Fußgänger- und wie viele Straßenbrücken sind betroffen?

b) Welche Mehrkosten entstehen bei einem zweigleisigen Ausbau zu einem späteren Zeitpunkt durch neu zu erstellende Brückenbauwerke?

5. a) Welche zusätzlichen Verkehre (Anzahl der Verbindungen pro Tag) sind auf die Neubaustrecke durch die Verbesserung der Güterverkehrsanbindung von VW gebracht worden bzw. sind zukünftig zu erwarten?

b) Wie viel zusätzlichen Verkehr (Schnellverkehre, Nahverkehr, Güterverkehr) kann die eingleisige Strecke zur Zeit verkraften?

c) Wie viel wird die Strecke in Zukunft unter Einbeziehung neuer Steuerungstechniken (z. B. GPS) verkraften?

6. Ist die Kapazität der Strecke ausreichend, um realistisch zu erwartende Güterverkehre und Fernverkehre zusammen mit einem Halbstundentakt im Nahverkehr auf die Schiene zu bringen?

7. Seitens des Landes wurde beispielsweise für den überdimensionierten Ausbau der B 217 (Ortsumgehung Steinkrug) stets als Hauptargument vorgebracht, ein verringerter Ausbaustandard würde nicht dem Gesetz (BVWP) entsprechen und sei deshalb nicht realisierbar ­ obwohl hier weder ein Verkehrsengpass bestand noch zu erwarten war. Wie erklärt die Landesregierung die offensichtlich unterschiedlichen Messlatten für den Schienen- und Straßenausbau?

Die Landesregierung begrüßt, dass die Weddeler Schleife zeitgleich mit der Schnellfahrstrecke Hannover­Berlin im September letzten Jahres in Betrieb genommen werden konnte. Damit ist sichergestellt, dass Braunschweig und das südöstliche Niedersachsen weiterhin günstig in den Schienenpersonenfernverkehr eingebunden und optimal an Berlin angebunden sind.

Dieses vorausgeschickt beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die Landesregierung bedauert, dass die Weddeler Schleife zunächst nur eingleisig ausgebaut wurde, geht aber davon aus, dass der vollständige, zweigleisige Ausbau aufgrund der erwarteten Verkehrszuwächse schon auf mittlere Sicht erfolgen wird. Die Landesregierung hat sich deswegen kürzlich auch an den Vorstand der DB AG und den Bundesverkehrsminister gewandt und auf die Notwendigkeit, die Achse Hildesheim­Braunschweig­Wolfsburg weiter auszubauen, hingewiesen.

Zu 2: Die Kosten für den zweigleisigen Ausbau der Weddeler Schleife wurden nach Angaben der DB Netz mit ca. 294 Mio. DM kalkuliert. Die Investitionen für den eingleisigen Ausbau sollen vorbehaltlich noch nicht abgeschlossener Landschaftsbauarbeiten und Flurbereinigungsmaßnahmen voraussichtlich etwa 220 Mio. DM betragen. Die DB AG geht davon aus, dass die vorerst ersparten Investitionskosten kapitalisiert in etwa die für den zweispurigen Ausbau erforderlichen Kosten decken.

Zu 3: Der Bundesverkehrswegeplan stellt eine bis ins Jahr 2010 reichende Langfristplanung dar. Hiervon zu unterscheiden ist die tatsächliche Realisierung einzelner Vorhaben, die auch stufenweise erfolgen kann; zumindest schließt der Bundesverkehrswegeplan diese Vorgehensweise nicht aus.

Zu 4: Nach Aussage der DB Netz sind alle neu gebauten Brücken über die ICE-Trasse Wolfsburg­Braunschweig für den zweigleisigen Endausbau dimensioniert.

Zu 5: Nach hier vorliegenden Informationen sind durch die Inbetriebnahme der Weddeler Schleife keine zusätzlichen Güterverkehre zu verzeichnen gewesen. Die DB Cargo geht auch künftig von einer unveränderten Nachfrage im Güterverkehr aus.

Im Übrigen lässt sich die Leistungsfähigkeit einer Strecke nur anhand eines konkreten Betriebsprogramms zuverlässig bestimmen, weil die Leistungsfähigkeit von zahlreichen Faktoren, wie z. B. Höchstgeschwindigkeit, Zugfolge und ­ bei Eingleisigkeit der Strecke ­, Begegnungsmöglichkeiten der Züge, abhängig ist. Generell kann festgestellt werden, dass die Strecke zwischen 5 und 22 Uhr gut ausgelastet ist und in den übrigen, insbesondere für den Güterverkehr interessanten Zeiten noch deutliche Kapazitätsreserven bestehen.

Zu 6: Unter Einbeziehung der Antwort zu Frage 5 würde die derzeitige Streckenkapazität nach Einschätzung der Landesregierung nicht ausreichen, um die genannten Verkehre, d. h. insbesondere einen Halbstundentakt im Schienenpersonennahverkehr, aufnehmen zu können. Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass nach dem Nahverkehrsplan 1998 für den Großraum Braunschweig, der bis Ende 2002 gilt, zunächst lediglich neun Zugpaare auf dieser Strecke vorgesehen sind.

Zu 7: Es ist richtig, dass für die Ortsumgehung Steinkrug im Bedarfsplan für Bundesfernstraßen ein vierstreifiger Querschnitt ausgewiesen ist. Um im Interesse der Verkehrssicherheit einen abgestuften Übergang von dem vorhandenen vierstreifigen Querschnitt mit Mitteltrennung südlich von Steinkrug auf den dreistreifigen Querschnitt der nördlich anschließenden Strecke (geplante Maßnahme Ortsumgehung Weetzen) zu gewährleisten, ist für die Ortsumgehung Steinkrug ein dreistreifiger Querschnitt gewählt worden. Bergauf wurde die einstreifig in Richtung Hameln zu befahrende Seite um eine Kriechspur ergänzt. Damit ist auch die Abwicklung des langsam fahrenden landwirtschaftlichen Verkehrs, der in diesem Bereich kein eigenes separates Wegenetz besitzt, möglich.

Die Landesregierung teilt daher nicht die Auffassung, dass der Ausbau der B 217 im Bereich Steinkrug überdimensioniert ist.