Hochschule

Erreichung einer hohen Erfassungsrate von Krebs durch die vorgesehene Regelung an. An der Einwilligungslösung wird festgehalten (vgl. Begründung zu § 3 des Entwurfs). Zwar mag eine Ungleichverteilung von Meldungen durch die unterschiedlich ausgeprägte Meldemotivation eintreten; eine solche Ungleichverteilung ist jedoch auch bei einer anderen auf Freiwilligkeit beruhenden Meldegrundlage (z. B. Melderecht nach § 3 Abs. 1 KRG) zu erwarten.

B. Besonderer Teil

Zu § 1 (Errichtung, Zweck): (Absatz 1)

Die Terminsetzung für die Errichtung des Krebsregisters folgt den Vorgaben des KRG.

Danach sind die Länder verpflichtet, bis zum 1. Januar 1999 bevölkerungsbezogene Krebsregister einzurichten. Diese Verpflichtung entfällt mit Außer-Kraft-Treten des KRG zum 31. Dezember 1999. Teilweise gilt das KRG als Landesrecht fort (siehe § 14 Abs. 4 des Entwurfs).

Die für die Monitoring-Funktion erforderliche landesweit flächendeckende Erfassung wird voraussichtlich bis zum 1. Januar 2008 umgesetzt. Meldende Einrichtungen (Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte sowie in ihrem Auftrag meldende Stellen) werden zunächst im Regierungsbezirk Weser-Ems (ab 1999) zur Meldung aufgefordert; später kommen dann vorbehaltlich entsprechender Rechtsverordnungen Lüneburg (ab 2002), Braunschweig (ab 2005) und Hannover (ab 2008) hinzu.

Die bereits während der Erprobungsphase geschaffenen Meldestrukturen (Tumorzentren der Hochschulen in Göttingen und Hannover, Nachsorgeleitstellen, Abteilungen und Institute für Pathologie, u. a. in Göttingen, Hildesheim und Oldenburg, flächendeckende landesweite Erhebung innerhalb gezielter Projekte sowie die Meldung der Todesfallangaben durch die Gesundheitsämter) bleiben in die Kooperation einbezogen, auch wenn sie Meldungen von Betroffenen außerhalb der Kernregion liefern.

(Absatz 2) Absatz 2 erweitert die Zweckbindung des KRG um arbeits-, ernährungs- und umweltmedizinische Fragestellungen. Technische und technisch bedingte Veränderungen in der Umwelt und am Arbeitsplatz, z. B. auch im Haushalt, sowie neue Erkenntnisse in der Ernährungsmedizin machen es erforderlich, auf Grundlage einer möglichst vollständigen Erfassung von Krebserkrankungen Gesundheitsrisiken und Gesundheitsschäden zu erkennen, ursächliche Faktoren einzugrenzen und ggf. Grundlagen für gezielte Präventionsmaßnahmen zu schaffen.

Insbesondere für die Erforschung umweltmedizinischer Faktoren ist eine nachvollziehbare räumliche Zuordnung der aufgetretenen Krebserkrankungen Bedingung. Das Krebsregister wird daher wie bereits während der Erprobungsphase auf der Basis des Digitalen Landschaftsmodells „DLM25" des Amtlichen Topographisch-Kartographischen Informationssystems (ATKIS) geführt.

Ergebnis der Anhörung

1. Die Formulierung des Absatzes 1 Satz 1 wurde entsprechend der Anregung der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) geändert, um die Struktur und Organisation des Krebsregisters klarer darzustellen und das mögliche Missverständnis zu vermeiden, dass die Nachsorgeleitstellen Bestandteil des EKN seien. Die Begründung zu Absatz 1 wurde sprachlich überarbeitet, ohne den dargestellten Sachverhalt zu verändern. Hierdurch wird dem Anliegen der Kassenärztlichen Vereinigung NieNiedersächsischer Landtag - 14. Wahlperiode Drucksache 14/780 dersachsen (KVN) entsprochen, die Strukturen der Zusammenarbeit auch außerhalb der Kernregion detaillierter herauszustellen.

2. Der Bitte der KVN, die Modalitäten der vom Land zu leistenden Aufwandsentschädigung im Gesetz festzulegen, kann nicht gefolgt werden. Mit den einzubeziehenden Einrichtungen werden Kooperationsvereinbarungen oder Werkverträge abgeschlossen, die in der Vergütungsregelung der allgemeinen Preis- und Kostenentwicklung Rechnung tragen.

3. Die Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Spitzenverbände (AGKommSpV), der Niedersächsiche Verein der Ärzte im Öffentlichen Gesundeitsdienst (NVÖGD), der Hartmannbund (HmB) und das Niedersächsische Landesamt für Ökologie (NLÖ) kritisieren den stufenweisen Ausbau der Flächendeckung. Hierzu ist festzustellen, dass der Stufenausbau den durch den Landeshaushalt in 1999/2000 und den Folgejahren vorgegebenen eingeschränkten Gestaltungsmöglichkeiten folgt (vgl. Teil A Abschnitt II Nr. 4: Stufenweiser Ausbau der Flächendeckung).

4. Die AGKommSpV stellt die Frage, ob die Einbeziehung der Auswertung von Todesbescheinigungen auch außerhalb der Kernregion beibehalten werden soll. Auf diese flächendeckende Einbeziehung (§ 1 Abs. 1 und § 14 Abs. 4 des Entwurfs in Verbindung mit § 3 Abs. 5 KRG) kann gerade wegen des Stufenausbaus nicht verzichtet werden. Die Mortalitätsentwicklung sollte bereits von Beginn an beobachtet werden, weil auch sie zu qualifizierten Erkenntnissen beiträgt. Mit Hilfe der landesweit flächendeckend erhobenen Mortalitätsdaten und den in der Kernregion erhobenen so genannten klinischen Daten lässt sich mittels spezifischer statistischer Modelle zumindest näherungsweise die Krebsbelastung der Bevölkerung auch außerhalb der Kernregion abschätzen, wenngleich dieses Verfahren auch keine kleinräumigen Analysen zulässt.

5. Der Hartmannbund weist darauf hin, dass nur eine gesetzlich verankerte Pflicht zur Durchführung von Analysen und zur Umsetzung der Erkenntnisse aus den registrierten Daten die Maßnahme rechtfertige. Eine solche Verpflichtung lässt sich jedoch unmittelbar aus § 1 Abs. 2 KRG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 des Entwurfs herleiten. Danach haben die Krebsregister nicht nur die Daten zu sammeln, sondern auch die Entwicklung des Krebsgeschehens zu beobachten, die Daten statistischepidemiologisch auszuwerten und die Datengrundlage für wichtige Maßnahmen der Krebsbekämpfung einschließlich der Krebsforschung zu liefern.

Zu § 2 (Weitere epidemiologische Daten, betroffene Personen):

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 KRG können die Länder Erhebung und Meldung weiterer epidemiologischer Daten durch Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte bestimmen.

Von dieser Ermächtigung wird Gebrauch gemacht, weil einige der nach dem KRG vorgesehenen epidemiologischen Daten (§ 2 Abs. 2 KRG) in ihrer Aussagefähigkeit angezweifelt werden, andere hingegen wissenschaftlich anerkannt, jedoch nach dem KRG nicht für die Erhebung vorgesehen sind. Ohne diese Angaben besteht die Gefahr, dass beobachtete Phänomene in ihrer Ursächlichkeit epidemiologisch falsch gedeutet werden.

(Absatz 1)

Zu Nummer 1: Angaben zum Geburtsort und Geburtsland erfolgen ergänzend zu der Angabe zur Staatsangehörigkeit (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 KRG), weil diese häufig ergänzende Hinweise für ursächliche Faktoren für Krebserkrankungen geben. Die Benennung des Geburtsortes ist deshalb angezeigt, weil gerade während der Schwangerschaft und in der ersten Lebensphase der menschliche Körper sehr sensibel auf exogene Reize reagiert, die u. U. ein unkontrolliertes Zellwachstum auslösen.

Zum anderen können die Daten von betroffenen Personen, die an einen anderen Ort mit differierenden Umweltbedingungen umgezogen sind, für die Untersuchung der Unterschiede zwischen einzelnen Einflussfaktoren genutzt werden. Durch Erfassung des Geburtslandes kann festgestellt werden, ob es Erkrankungsdifferenzen zwischen unterschiedlichen ethnischen Gruppen gibt, die sowohl genetisch als auch kulturell (z. B. durch Ernährungsgewohnheiten) bedingt sein können. Es gibt z. B. Hinweise darauf, dass für aus der Türkei stammende Mitbürgerinnen und Mitbürger, auch für Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler, ein vom Durchschnitt in der deutschen Bevölkerung abweichendes Krebsrisiko angenommen werden kann (z. B. höhere Rate an Leberkrebs-Erkrankungen aufgrund einer weit verbreiteten Hepatitis-Virus-Durchseuchung).

Zu Nummer 2:

Die Erfassung des Raumbezuges ausschließlich über den Wohnort oder die Gemeindekennziffer (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 KRG) ist unbefriedigend, denn hiermit kann das Krebsregister nur sehr bedingt seiner epidemiologischen Aufgabenstellung gerecht werden. Nach den Erfahrungen bestehender Krebsregister in Deutschland werden zunehmend Anfragen von Betroffenen und Gemeinden gestellt, ob in ihrer Wohngegend aufgrund verdächtiger Gefahrenquellen (z. B. Kernkraftwerke, Müllverbrennungsanlagen, hohes Verkehrsaufkommen) eine erhöhte Krebsinzidenz besteht. Für solche Untersuchungen wird ein Raumbezug deutlich unterhalb der Ebene des im KRG vorgesehenen Wohnorts oder der Gemeindekennziffer benötigt.

In Niedersachsen ist bei Meldungen auf Grundlage der Einwilligung daher vorgesehen, aus den Adressen der betroffenen Personen Gauß-Krüger-Koordinaten (bezogen auf Potsdam-Datum mit einer Genauigkeit von +/- 100 m) zu bilden.

Zu Nummer 3:

Die Erfassung der Aufenthaltsdauer am aktuellen Wohnort und der früheren Wohnorte ergänzend zu der vorgesehenen Erfassung des Wohnorts (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 KRG) erfolgt im Hinblick auf die heutige Mobilität der Bevölkerung. Aufgrund der langen Latenzzeit bei Krebserkrankungen, d. h. der zeitlichen Verzögerung zwischen der eigentlichen Entstehung der Erkrankung und ihren ersten klinischen Anzeichen, kann der Wohnort zum Zeitpunkt der Diagnose oftmals keine Hinweise auf die ursächlichen Faktoren der Krebserkrankung liefern. Der Rückgriff auf die Dauer des Aufenthalts in einer z. B. umwelttoxikologisch belasteten Region (etwa in einem Ballungsraum mit hohem Verkehrsaufkommen) ermöglicht häufig kurzfristig die Beurteilung, ob es sich bei einer beobachteten Häufung um ein „echtes" Cluster handelt oder nicht. Sind Angaben nicht vorhanden, so muss bei jedem Verdacht auf eine Clusterbildung in gesondertem Verfahren die Befragung der betroffenen Personen zur Aufenthaltsdauer vorgenommen werden.

Zu Nummer 4: Abweichend von § 2 Abs. 2 Nr. 6 KRG, wonach die Tumordiagnose und die histologische Diagnose in verschlüsselter Form zu erheben und zu melden sind, erfolgt in Niedersachsen die Erhebung und Meldung zusätzlich im Klartext, weil bei jeder Verschlüsselung ein gewisser Informationsverlust entsteht oder mit individuellen Abweichungen bei den Meldenden zu rechnen ist.

Tumordiagnosen sind auch deshalb im Klartext erforderlich, weil neben den im KRG vorgesehenen Schlüsseln der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) und der onkologischen Krankheiten (ICD-O) für verschiedene Krebserkrankungen weitere spezifische Tumordiagnose-Codes oder Stadieneinteilungen Anwendung finden, z. B. FAB (french-american-british), Ann Arbor, Kiel-Klassifikation für Lymphome, Real (Revised European American Lymphoma Classification), Rai, Binet, CML usw.

Zudem müssen künftig unter ICD 9 dokumentierte Daten neben Daten verarbeitet werden, die nach der ab 1. Januar 1998 vorgesehenen ICD 10 verschlüsselt sind.