Berufsakademien in Niedersachsen

Im „Handelsjournal" waren bereits mehrfach Artikel zu finden, die sich mit dem Thema Berufsakademie beschäftigen. So auch im Heft Nr. 6, Juni 1999 in der Rubrik Norddeutschland: „Zwei Studiumabschlüsse in 4 Jahren": „Überfüllte Hörsäle, Dozenten ohne Motivation, mangelnder Praxisbezug und hohe Studienabbrecherquoten ­ diese und ähnliche Probleme, die den Hochschulstandort Deutschland nicht attraktiver machen, kennt die Berufsakademie des Einzelhandels (BAE) in Springe nicht.

In einer Gruppe von maximal 20 Studenten, die nicht nur überdurchschnittlich motiviert sind, sondern auch von einem praxisorientierten Lehrkörper betreut werden, lässt es sich nun einmal besser und schneller lernen als an überfüllten Universitäten mit oftmals veralteten Lehrplänen. (...) Die Erfahrungen mit den bisherigen Studiengängen haben dabei gezeigt, dass die Absolventen der Berufsakademie die in sie gesetzten Erwartungen in der Praxis ohne Schwierigkeiten bewältigen. Auch aus diesem Grund schätzen die Ausbildungsbetriebe diese zeitlich gestraffte praxisnahe Ausbildung.

Neu und einmalig im Handel ist, dass die Absolventen der Berufsakadmie des Einzelhandels in Springe nach erfolgreich bestandenem Examen zusätzlich einen akademischen Grad erwerben können. Ein Kooperationsvertrag mit der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel ­ Fachbereich Wirtschaft ­ eröffnet diese Möglichkeit. (...)"

Ich frage die Landesregierung:

1. An welchen Standorten bei welchen Berufsakademien gibt es ähnliche Kooperationsangebote?

2. In welcher Form werden Berufsakademien in Niedersachsen von der Landesregierung unterstützt?

3. Inwieweit erfüllen Berufsakademien in Niedersachsen (nach Standorten getrennt) die geforderten Auflagen, die Voraussetzung wären für eine Anerkennung des Abschlusses an Berufsakademien als Diplom?

4. Unter welchen Voraussetzungen werden die Berufsakademien evaluiert und vom Wissenschaftsrat begutachtet werden können?

Für die weitere wissenschaftliche Ausbildung von Absolventinnen und Absolventen der Berufsakademien sieht das Niedersächsische Berufsakademiegesetz vom 6. Juni 1994 (BAkadG) in § 6 vor, dass die Fachhochschulen bei Bedarf weiterführende Studiengänge anbieten, die innerhalb eines Jahres zu einem Diplom-Abschluss führen. Ein derartiges weiterführendes Studium ist in folgenden Fachhochschulen möglich: Braunschweig/Wolfenbüttel, Nordostniedersachsen, Osnabrück, Ostfriesland, Private Fachhochschule Göttingen, Private Fachhochschule für Wirtschaft und Technik Vechta/Diepholz.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die o.a. Kleine Anfrage wie folgt:

Zu 1: Die Berufsakademie Emsland in Lingen und die Fachhochschule Osnabrück haben eine Vereinbarung über eine weitgehende und umfassende Kooperation abgeschlossen. Nach ihr sollen u.a. die Studienangebote der Fachhochschule und der Berufsakademie „in den geeigneten Fachrichtungen so aufeinander bezogen werden, dass ein Angebot von Bildungsgängen mit gestuften Abschlüssen entsteht". Die Fachhochschule hat sowohl am Standort Lingen als auch am Standort Osnabrück einen weiterführenden Studiengang Betriebswirtschaft für Absolventinnen und Absolventen der Berufsakademie eingerichtet.

Ebenso sichert eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Fachhochschule Ostfriesland und der Berufsakademie Ostfriesland in Leer das Weiterstudium der Berufsakademieabsolventen am Fachbereich Wirtschaft der Fachhochschule.

Die Berufsakademie Oldenburger Münsterland in Vechta hat zusammen mit der UlderupStiftung die „Private Fachhochschule für Wirtschaft und Technik Vechta/Diepholz" errichtet, die den Berufsakademieabsolventinnen und -absolventen das Weiterstudium und die Diplomierung ermöglicht.

Zu 2: Nach § 8 des Niedersächsischen Berufsakademiegesetzes werden Zuwendungen der Landesregierung zum laufenden Betrieb oder für Investitionsmaßnahmen von Berufsakademien nicht gewährt. Dementsprechend werden die Berufsakademien vom Land nicht finanziell unterstützt.

Die Berufsakademien werden dadurch unterstützt, dass die Landesregierung in den Verfahren zur staatlichen Anerkennung gem. § 2 BAkadG und durch Erlass von Rahmenprüfungsvorschriften gem. § 4 Abs. 1 BAkadG ­ Verordnung vom 25. September 1995, ergänzt durch Verordnungen vom 18. August 1997 (Maschinenbau) und vom 13. November 1998 (Bauingenieurwesen) ­ einheitliche qualitative Mindeststandards für die Ausbildung an den Berufsakademien verbindlich gemacht hat.

Zur weiteren Unterstützung der niedersächsischen Berufsakademien hat Minister Oppermann angeboten, mit den Berufsakademien gemeinsam eine werbende Informationsbroschüre über ihre Arbeit herauszubringen. Die Arbeitsgemeinschaft der niedersächsischen Berufsakademien will von diesem Angebot Gebrauch machen.

Das Ministerium für Wissenschaft und Kultur hat die Entwicklung des Fernstudienangebots der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel für Absolventen der BerufsakadeNiedersächsischer Landtag - 14. Wahlperiode Drucksache 14/962 mie des Einzelhandels in Springe (mit Präsenzphasen in Springe) mit initiiert und gefördert.

Zu 3 und 4: Voraussetzung für die Verleihung eines Diplomabschlusses durch die Berufsakademien wäre nach einem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 29. September 1995 u.a.,

­ dass der Anteil der Lehre, der von hauptberuflichen Lehrkräften mit Professorenqualifikation erbracht wird, mindestens 40 % beträgt,

­ dass die einzelnen Berufsakademien über mindestens zwei verschiedene Ausbildungsbereiche (gemeint sind: Technik, Wirtschaft, Sozialpädagogik/Sozialarbeit) mit jeweils mehreren fachlichen Schwerpunkten verfügen.

Diese beiden Kriterien werden von fast allen niedersächsischen Berufsakademien nicht erfüllt. Diese Einschätzung wird vom Landeskuratorium für die Niedersächsischen Berufsakademien (vgl. § 3 BAkadG) geteilt, in dem die Berufsakademien vertreten sind (vgl. § 3 Nds. BAkadG).

Die Evaluation der Berufsakademien wäre nach dem KMK-Beschluss vom 29. September 1995 (s. o.) vom Wissenschaftsrat nach den genannten Kriterien durchzuführen. Sie würde infolgedessen zu einem negativen Ergebnis führen. Daher hält es die Landesregierung für geboten, derzeit von einer Evaluation der niedersächsischen Berufsakademien abzusehen. Ergänzend wird auf die Antwort der Landesregierung vom 1. April 1999 (Drs. 14/667) zum Beschluss des Niedersächsischen Landtags vom 18. Mai 1994 ­ Drs. 12/6297 ­ Bezug genommen.