Werkstattpapier

Herr Kollege Eckhoff, die Antworten soll der Senat uns geben, dazu haben wir diese Anträge gestellt. Wir, die Grünen, und die Koalition haben Anträge gestellt. Wir wollen beide, dass der Senat sagt, was er plant.

(Abg. Eckhoff [CDU]: Richtig, deshalb können wir diesen Antrag hier auch beschließen!)

Wir alle sind selbständig genug zu sagen, was wir denken, was er planen soll. Das können wir dem Senat ehrlich gesagt auch mit auf den Weg geben, dazu sitzen wir hier als Bürgerschaftsabgeordnete.

Das wird bei der Debatte auch nicht außen vor bleiben. Ob Sie das Papier von Herrn Hoffmann diskutieren wollen oder nicht, ob Sie es verschwinden lassen wollen oder nicht, die Frage der regionalen Kooperation, und zwar in verbindlicher Form und nicht nur zum Nutzen des Stadtstaates und nicht nur zum Nutzen der Gemeinden, sondern zum Beispiel im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger, die in Bremen und umzu leben, das ist die Frage, die jetzt zur Diskussion ansteht, und da erwarten wir eine Antwort vom Senat, und von Herrn Sielung erwarte ich eine Antwort, warum er unseren Antrag ablehnt. -Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) Vizepräsident Ravens: Als Nächster hat das Wort Herr Bürgermeister Dr. Scherf.

Bürgermeister Dr. Scherf: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieses Papier ist eine Art Werkstattpapier und keine Regierungserklärung und auch keine offizielle Senatspolitik, die hier aufgeschrieben worden ist, sondern es ist der Versuch von Reinhard Hoffmann in seiner unverwechselbaren Art. Jeder, der den Text gelesen hat, weiß, dass er schwierig zu verstehen ist. Auch ich habe damit Mühe gehabt, ihn mir anzueignen, Probleme zu sortieren und zu strukturieren. Möglicherweise ist der öffentliche Teil dieses Redens darüber, durch eine Indiskretion aus der Reihe der Oberkreisdirektoren vermutlich ausgelöst, ein Beweis dafür, dass es schwierig ist, so eine komplizierte, anspruchsvolle, in vielen Teilen hochwichtige und ernst zu nehmende Position überhaupt beratbar zu machen. Sigmar Gabriel macht das übrigens, deshalb bin ich ganz fröhlich aus Hannover zurückgekommen. Er sagt, lasst uns nicht mit Stilfragen die Zeit verlieren, sondern lasst uns die Probleme, die wir haben, sortieren und an sie herangehen. Darum bin ich auch ganz zuversichtlich in diese Debatte gekommen, weil ich den Kollegen in Hannover auf meiner Seite weiß, was das Umgehen und das Einschätzen eines solchen Ansatzes angeht.

Es ist schwierig, dass wir unsere hoch geschätzten, wichtigen und natürlich nicht in Frage gestellten Kommunikationen mit dem Umland mit einem solchen Denkansatz unvermittelt konfrontieren. Das hat nun im Nachhinein jeder gelernt. Ich hätte es eigentlich wissen müssen, das stimmt! Wir brauchen aber, darf ich das als erste Einschätzung dieser Beratung, dieser nicht so gewollten Beratung, sagen, wir brauchen allerdings ein erheblich intensiveres und offeneres Umgehen miteinander. Es macht keinen Sinn, wenn wir uns nur freundlich auf die Schulter klopfen, sondern wir müssen eine sehr nüchterne, allerdings auch sehr offene nachbarliche Arbeitsstruktur entfalten. Die wird nur dann wirklich tragfähig werden, wenn sie einvernehmlich ist.

Das sehe ich genauso wie alle, die hier geredet haben. Man kann aber Einvernehmlichkeit auch auf ganz niedrigem Niveau haben, wir brauchen ein hohes Niveau. Wir brauchen ein Niveau, das das Umland und uns als wichtige europäische Region vorn in der Spitze hält. Wir müssen eine Verständigung miteinander haben, die uns in die Lage versetzt, mit Rotterdam wirklich wirksam zu konkurrieren.

In Rotterdam gibt es diese Probleme, die wir haben, nicht, darf ich einmal ganz freundlich sagen, dort geht man damit ganz anders um. Also, wir müssen unsere internationale zentrale, wichtige große Aufgabe, so mit den Umlandkolleginnen und -kollegen, Freunden, Nachbarn, eigentlich alles nette Leute, die Sie da finden und gutwillige Leute, mit Geduld entfalten und auch Zeit aufbringen, damit das weiter geduldig entwickelt wird.

Mein Freund und Kollege Sigmar Gabriel schlägt vor, nicht mit einem solchen Papier anzufangen, weil das die schwerste und sperrigste und schwierigste und am wenigsten vermittelte Stelle ist, an der wir unsere Kooperation entwickeln. Er hat, glaube ich, Recht. Er schlägt vor, und ich bin darauf fröhlich eingestiegen und schlage das jetzt mit ihm vor, dass wir, wenn Sie so wollen, auf allen Ebenen, aber insbesondere auch auf der Kabinettsebene, also hier der Senat und dort die niedersächsische Landesregierung, alles, was wir schon haben, daraufhin durchsehen, ob es nicht erheblich ausgebaut werden kann, erheblich verstärkt werden kann.

Das gilt für viele unserer offiziellen Ämterstrukturen. Man muss, wenn man genau hinsieht, immer fragen, ob wir das alles parallel haben müssen oder ob wir das aus guten Gründen nicht gemeinsam machen können. Man muss das nicht auf wenige Sonderbereiche beschränken, sondern man kann eigentlich querbeet fragen. Man kann das für die Ausbildung fragen. Müssen wir immer parallel ausbilden, können wir nicht gemeinsam ausbilden, berufliche Ausbildung oder verwaltungsintern? Es gibt ganz viele gemeinsame, parallele Strukturen, die wir optimieren können.

Also, ich glaube, wenn wir da vorankommen, haben wir nicht mit unseren Parlamenten Probleme und auch nicht mit unseren Landkreisen, sondern wahrscheinlich mit den Mitarbeitern Probleme, die sich eingerichtet haben auf ihre Parallelität und die Unrat wittern, wenn wir sie zusammentun, dann fallen möglicherweise Beförderungsstellen weg, und es fällt ein Stück innerer Verwaltungsaufwand weg. Das ist nicht so einfach zu vermitteln, gebe ich zu, aber gewünscht wird das, gewünscht wird das von beiden Seiten.

Also, er schlägt vor, dass wir so anfangen. Wir haben uns darauf verständigt, am 16. Mai eine gemeinsame Kabinettssitzung beider Kabinette zu machen. Die sollte im September stattfinden, angesichts dieser Debatte ist sie vorgezogen worden. Hoffentlich schaffen wir bis dahin einen richtigen Schritt weiter in dieser Entwicklung.

Zweitens, was er auch vorschlägt, und ich teile das, ist, dass wir die großen strategischen Fragen. (Abg. Pflugradt [CDU] meldet sich zu einer Zwischenfrage - Glocke) Darf ich erst einmal meinen Beitrag zu Ende bringen, Herr Pflugradt! Ich rede ohne Manuskript und habe Angst, dass ich mich sonst verfummle, aber Sie sollen gern an die Reihe kommen!

Zweitens schlägt er vor, ich greife das gern auf, und wir haben uns im Senat auch schon ein erstes Mal jetzt am Dienstag darauf eingelassen, dass wir große gemeinsame strategische Projekte sortieren und dann auch präsentieren. Das, was zurzeit durch die Zeitungen geht, ist auch zu Recht eine existentielle große Frage, ob wir hier an der Küste ein Einvernehmen darüber bekommen, wo denn, nachdem wir den CT IV gebaut haben - Herr Hattig, da gibt es kein Pardon, das ist die wichtigste Priorität, die wir sehen --, (Beifall bei der CDU) nachdem wir CT IV ausgebaut haben und damit an der Landesgrenze angekommen sind, und da ist dann Naturschutzpark, wo wir weiter wachsen. Das zu sortieren, das auf eine Reihe zu bekommen, ist fundamental, fundamental für die ganze Küste, fundamental natürlich insbesondere für die Hafenstadt Bremerhaven und die Hafenstadt Bremen.

Die Gründung der Mediengesellschaft ist etwas Ähnliches. Wir machen gemeinsam eine Mediengesellschaft und wollen beweisen, dass das über Hannover und Bremen gleichermaßen zusammen in einer Gesellschaft geht. Wir haben mächtige Konkurrenten in Hamburg und anderswo.

Dann haben wir die Idee, dass wir bei dem Ausreizen der Transrapid-Milliarden nicht einfach sagen, das war es, wir haben keine Ideen mehr, wir wollen vielmehr, solange es irgend geht, plausibel für die Küste kämpfen und damit keine Optionen aufgeben und schon gar nicht die Gelder in den Süden fließen lassen. Das wäre ärgerlich, wenn das Geld wieder nach München ginge, obwohl wir es dringend für die Küste brauchen. Auch da kann man sich verständigen, aber das ist nicht abschließend gemeint, sondern das muss ausgebaut werden.

Ich sehe eine große Zahl von Möglichkeiten. Erst dann sollten wir klug und offen, wirklich ergebnisoffen, werkstattloyal uns zusammensetzen und gemeinsame Strukturen entwickeln, die natürlich vorteilhaft sein müssen für beide. Das geht nur, wenn man Win-Win-Positionen erarbeiten kann, sonst geht das nicht mit der Einvernehmlichkeit.

Ich möchte gern so verstanden werden, dass ich mit diesem klugen, nachdenklichen, selbstkritischen Papier von Reinhard Hoffmann arbeiten möchte, das übrigens die Sanierung voraussetzt, um all denen zu sagen, der hat sich von der Sanierung abgemeldet, das ist ein krasses Fehlinterpretieren, (Beifall bei der SPD) sondern er geht streng, er würde auch sonst diese Arbeit gar nicht aushalten können, die wir da beide machen, alternativlos von der Sanierung aus. Wir würden uns ja umbringen, wenn wir sagen würden, das ist gelaufen. Wir sind fest davon überzeugt, dass uns das gelingt, und wir gehen auch davon aus, dass das gelingt. Wir denken aber auch darüber hinaus, was ist dann, wenn die Sanierung gelungen ist.

Natürlich, lieber Herr Pflugradt, natürlich geht das alles nur mit der Selbständigkeit. Kein Mensch von uns denkt ernsthaft daran, die Selbständigkeit zur Disposition zu stellen, im Gegenteil. Jetzt haben wir ja sogar den bayerischen Ministerpräsidenten überzeugt. Selbst er hat nun öffentlich aufgegeben, die Länderneuregelung immer wieder zum Thema zu machen. Wir sind uns unter den Ministerpräsidenten einig, dass das Thema der Neugliederung der Länder passe ist und dass wir einen Weg finden müssen, wie wir mit der historisch gewachsenen föderalen Karte, den unterschiedlich großen, unterschiedlich geschnittenen Ländern eine einvernehmliche Lösung für alle auskömmlich finden. Also, auch das ist klar, aber dann ist das Nachdenken nicht zu Ende, sondern dann muss man weiter denken, und wir leben von Optionen. Wir leben nicht allein davon, dass wir die einmal eingeschlagene Linie ausreizen, sondern wir müssen handlungsfähig durch Erweiterung der Optionen werden.

Darum muss man ein solches Papier nicht ächten, muss man ein solches Papier nicht verbannen, sondern man muss es, nachdem es im ersten Anlauf nicht gelungen ist, richtig in die Diskussion zu bringen, man muss es klug, einvernehmlich und nicht missverständlich in der Beratung halten, ohne den Anspruch zu erheben, das sei es.

Jetzt sind Sie, Herr Pflugradt, mit Ihrer Zwischenfrage an der Reihe! Danke sehr, dass Sie mich haben ausreden lassen!

Vizepräsident Ravens: Bitte, Herr Pflugradt!

Abg. Pflugradt (CDU): Ja, ich habe Ihren Weg in Ihrer Rede über Hamburg, CT IV und Transrapid und München. (Bürgermeister Dr. Scherf : Das fanden Sie gut!) Ja, ich war begeistert, wie meistens!

(Heiterkeit) Deswegen wollte ich, weil Sie ja die Zusammenarbeit angesprochen haben, das weitere Procedere mit dem niedersächsischen Kabinett, doch einmal fragen, was mit der Vorlage ist, die das Bauressort mit dem niedersächsischen Innenministerium verabredet hat und was ja dem auch entspricht, was wir in der Koalitionsvereinbarung besprochen haben, was mit dem Papier denn ist, ob das so weiter bestehen bleibt oder ob das mit dieser Diskussion obsolet ist!

Bürgermeister Dr. Scherf: Also, ich kenne dieses Papier nicht im Einzelnen, ich weiß, dass es so etwas gibt. Das ist alles okay!

(Heiterkeit)

Wir haben ein komplexes Problem vor uns, und komplexe Probleme haben in der Regel keine einfachen Antworten, sondern komplexe Antworten.

Also muss es auch in Zukunft, was unser Umland angeht, eine loyale Beratung und Arbeit und Weiterentwicklung in den seit Jahren entwickelten Strukturen geben. Ich bin ganz zuversichtlich, dass Tine Wischer genau wie vorher der Kollege Dr. Schulte dies alles zusammenbringt, was im Rahmen dieser verabredeten gemeinsamen Landesplanung oder in der verabredeten Kommunalverbundsberatung und genauso bei dem regionalen Zusammenarbeiten möglich ist. Keiner will das abräumen oder beenden, ganz im Gegenteil. Trotzdem ist damit die Arbeit nicht getan. Herr Pflugradt, Sie wollen sich offenbar entlasten.

(Heiterkeit)

Die Arbeit ist nicht damit getan, dass man sagt, wir sind doch in guter Bearbeitung unserer tagespolitischen Probleme. lch glaube schon, dass wir, möglicherweise wird das ganz anders als in dem Papier von Reinhard Hoffmann aufgeschrieben, aber dass wir Grund haben, darüber hinaus eine zusätzliche Initiative zur Verstärkung, auch zur qualitativen Verstärkung unserer Umland- und unserer regionalpolitischen Initiativen zu machen. Aber natürlich geht das nur gemeinsam. Übrigens geht das auch nur gemeinsam mit der Koalition. Man kann so etwas nur über die Koalition, wenn man die Regierung nicht in Not bringen will, über die Koalition hinein abgestimmt und gemeinsam vortragen, aber in diesem Fall muss man eben auch das Umland dabei haben.

Also, wir brauchen da ein sensibles, nachdem das erste nicht gelungen ist, ein zweites sensibles Beginnen und Beraten. Ich bin fest davon überzeugt, dass das gelingt! Ich habe trotz dieser von Herrn Pflugradt zitierten kritischen Rückmeldung mit allen, die Sie da zitiert haben, selbst geredet, unter vier Augen. Von allen habe ich positive Einschätzungen eingesammelt (Heiterkeit) über das, was wir gemeinsam gemacht haben. Herr Pflugradt hat ja nicht vergessen zu sagen, dass das alles SPD-Leute waren, die er zitiert hat, darum rede ich auch so mit denen, und darum können Sie mir schon glauben, dass wir nicht auseinander sind, sondern dass wir trotz dieser ärgerlichen Zwischenrufe über die Art und Weise, wie das veröffentlicht worden ist, in der Sache fröhlich und einvernehmlich beieinander sind.

Ich möchte noch etwas sagen. Sigmar Gabriel hatte während dieser öffentlichen Debatte zwei Regionalkonferenzen, eine in Weser-Ems und eine im Cuxland. Er hat mir gesagt, dass er auf diesen beiden Regionalkonferenzen trotz der veröffentlichten ärgerlichen Erklärungen die Rückmeldung bekommen hat, dass das nachbarschaftliche Verhältnis zu Bremen qualitativ erheblich besser sei als das nachbarschaftliche Verhältnis zu Hamburg. Sie haben trotz dieser kritischen öffentlichen Bemerkungen gesagt, wir verfügen hier über langjährige direkte, auch auf gemeindlicher Ebene direkte Arbeitszusammenhänge.