„Rückbauprämie" für Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG

Die Niederlassung Nord der DB AG, GB Netz, soll vor einiger Zeit in einem Rundschreiben ihre Mitarbeiter gebeten haben, der Unternehmensleitung Gleisanlagen zu melden, die nicht regelmäßig genutzt würden. Den Mitarbeitern wurde eine Prämie versprochen für den Fall, dass Gleise bzw. Weichen entbehrlich und noch nicht im vorgesehenen Rationalisierungspool enthalten seien. Mit dem Vorgehen sollte eine von der Zentrale vorgegebene „Ausbuchungsquote" umgesetzt werden. Im Zusammenhang mit der Erfüllung der „Ausbuchungsquote" sollen selbst von Verkehrsunternehmen bestellte Anlagenteile als rückbauwürdig eingestuft worden sein.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist der Landesregierung der Vorgang bekannt?

2. Nach welchen Kriterien beurteilt die DB AG die „Rückbauwürdigkeit" eines Gleises oder einer Weiche?

3. Ist der Landesregierung bekannt, dass in der Vergangenheit schon Überholgleise rückgebaut wurden, obwohl deren Fehlen bei Zugverspätungen zusätzliche Verspätungen verursacht hat?

4. Wie beurteilt die Landesregierung die Gefahr, dass Streckenbestandteile deaktiviert und rückgebaut werden, die für einen reibungslosen Ablauf des Zugverkehrs benötigt würden, wenn es zu Angebotsverbesserungen oder Nachfragesteigerungen kommt?

5. Seit wann zahlte die DB AG ihren Mitarbeitern die „Rückbauprämie", und zahlt sie diese immer noch?

6. Wie viele Weichen und wie viele Gleismeter wurden bisher in Niedersachsen aufgrund der „Rückbauprämie" rückgebaut oder unbefahrbar gemacht und/oder „ausgebucht"?

7. Wie viele Weichen und wie viele Gleismeter wurden in den letzten fünf Jahren in Niedersachsen aufgrund des Rationalisierungsprogramms „RZ 2000" stillgelegt?

8. Wie beurteilt die Landesregierung die Unternehmensstrategie der DB AG, die offensichtlich durch eine Reduzierung der Infrastruktur ihre Kosten senken will, statt durch Akquisition von Mehrverkehr ihre Einnahmen zu erhöhen?

9. Zahlt die DB AG ihren Mitarbeitern ­ analog zu den „Rückbauprämien" ­ auch „Reaktivierungsprämien" für den Fall, dass sie der Leitung „reaktivierungswürdige" Gleisabschnitte melden?

10. Wie beurteilt die Landesregierung die Tatsache, dass das normale Stilllegungsverfahren von der DB AG bei diesen Maßnahmen offensichtlich nicht durchgeführt wird, obwohl ein Verfahren nach §11 AEG erforderlich ist, wenn die Kapazität einer Strecke verringert wird?

11. Wie beurteilt die Landesregierung die Gefahr, dass hier eine einseitige betriebswirtschaftliche Kalkulation der DB AG zum Tragen kommt und eventuelle Vorhaben von Wettbewerbern der DB AG für die Zukunft verhindert werden, zumal diese ohne Stilllegungsverfahren noch nicht einmal informiert werden, wenn die Streckenkapazitäten verringert werden?

Eine Beteiligung des Landes ist nur dann gesetzlich vorgesehen, wenn eine Strecke oder ein für die Betriebsabwicklung wichtiger Bahnhof dauernd stillgelegt oder die Kapazität einer Strecke deutlich verringert werden soll.

Zu 4: Der Landesregierung sind die möglichen Konsequenzen derartiger Rückbaumaßnahmen bewusst. Sie hat sich daher in geeigneten Fällen, in denen Eisenbahnstrecken mit finanzieller Unterstützung des Landes modernisiert werden, gegenüber der DB AG vertraglich ausbedungen, dass sie unabhängig von gesetzlich vorgesehenen Beteiligungsverfahren frühzeitig unterrichtet wird, wenn die DB AG die Stilllegung, den Rückbau, die Entwidmung oder Veräußerung von Gleisanlagen auch in den Fällen anstrebt, in denen durch diese Maßnahme die Umsetzung des derzeitigen Nahverkehrsangebotes nicht tangiert würde. Darüber hinaus strebt das Land eine einvernehmliche Regelung zwischen den Ländern und dem Bund an.

Zu 5 bis 7: Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.

Zu 8: Die Landesregierung erwartet, dass im Sinne der Bahnreform alle Bestrebungen der Deutschen Bahn AG letztendlich dazu dienen, mehr Verkehr auf die Schiene zu lenken.

Zu 9: Der Landesregierung sind interne Führungsprinzipien der Deutschen Bahn AG, zu denen sie auch mögliche Prämien- und sonstige Anreizsysteme rechnet, nicht bekannt.

Zu 10: Nach § 11 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes muss die DB AG wie jedes andere Eisenbahninfrastrukturunternehmen eine Stilllegung bei der zuständigen Aufsichtsbehörde, in diesem Fall dem Eisenbahn-Bundesamt, nur beantragen, wenn sie die dauernde Einstellung eines Betriebes einer Strecke, eines für die Betriebsabwicklung wichtigen Bahnhofs oder die deutliche Verringerung der Kapazität einer Strecke beabsichtigt. In allen anderen Fällen ist ein Stilllegungsverfahren gesetzlich nicht vorgesehen.

Zu 11: Die Landesregierung geht davon aus, dass es im Interesse der DB Netz AG liegt, Verkehre auch nichtbundeseigener Eisenbahnen zu akquirieren und dass die Deutsche Bahn AG die Vorschrift des § 11 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes im Übrigen beachtet.

Derzeit wird eine Novellierung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vorbereitet; dabei soll auch die Regelung des § 11 überarbeitet werden.