Steuerliche Behandlung bei Vermietung von Privatzimmern zur EXPO 2000 und ihre Wirkung auf den „Messe-Mutti-Markt"

Nach den bisherigen Erfahrungen werden während der Messezeit von vielen Bürgerinnen und Bürgern in der Landeshauptstadt und der Region Hannover Privatzimmer an in- und ausländische Gäste vermietet. Im Hinblick auf die Begrenztheit der Übernachtungskapazitäten in der Region ist es dringend geboten, dass dies auch während der Weltausstellung so weit wie möglich praktiziert wird. Ich frage daher die Landesregierung:

1. Trifft es zu, dass Privatvermieter, die an einigen Tagen im Jahr ihre Zimmer an Messegäste vermieten, vom Finanzamt vielfach gar nicht erfaßt werden, weil die Gewinne aus Vermietung und Verpachtung unterhalb der Toleranzgrenzen liegen?

2. Ist damit zu rechnen, dass diese Toleranzwerte im Falle der Vermietung während der fünf Monate dauernden Weltausstellung EXPO 2000 überschritten werden?

3. Muß ein Privatvermieter damit rechnen, aufgrund einer steuerlichen Erfassung im Rahmen der EXPO 2000 auch über diese Zeit hinaus beim Finanzamt steuerlich für derartige Vermietgeschäfte geführt zu werden?

4. Steigt damit das Risiko für Privatvermieter, im Falle geringfügiger Überschreitung der Toleranzgrenzen bei Vermietungen zu Messezeiten in den Folgejahren auf die diesbezüglichen Einnahmen Steuern entrichten zu müssen?

5. Welche Schritte will die Landesregierung unternehmen, um die Bürgerinnen und Bürger hinreichend zu informieren und zugleich zu vermeiden, dass die Bürgerinnen und Bürger von einer Privatzimmervermietung während der EXPO 2000 aus Sorge um die steuerlichen Folgen Abstand nehmen?

6. Könnte die Besteuerung dazu führen, dass private Vermieter abgeschreckt werden und auch künftig (z. B. während der Messen) nicht mehr ihre Privatzimmer an auswärtige Gäste vermieten?

7. Erwägt die Landesregierung, auf eine Anhebung der Toleranzgrenze zur EXPO 2000 hinzuwirken? Welche Schritte wären hierzu erforderlich?

8. Gab es oder gibt es derzeit Gespräche mit der EXPO-Gesellschaft über dieses Thema?

9. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass mangelnde Informationen dazu beitragen können, dass weniger Menschen Zimmer vermieten werden?

10. Wie bewertet die Landesregierung die vielfältigen Kontakte, die sich durch einen solchen Privataufenthalt insbesondere zwischen Menschen unterschiedlicher Nationalität, Religion etc. ergeben?

Einkünfte aus einer vorübergehenden Vermietung, auch Untervermietung, von Zimmern an Messe- oder EXPO-Gäste gehören zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie unterliegen damit wie auch andere Mieteinkünfte der Einkommensteuer und sind in der Einkommensteuererklärung anzugeben. Einkünfte sind aber nur die um die Werbungskosten geminderten Einnahmen. Zu diesen Werbungskosten gehören z. B. die auf die vermieteten Räume entfallenden Strom- und Heizungskosten, Kosten für Frühstück und Wäsche, Beträge für die Abnutzung der Zimmereinrichtung.

Weil die Ermittlung der Einkünfte gerade bei einer vorübergehenden Vermietung von einzelnen Zimmern recht aufwändig ist, hat die Finanzverwaltung eine Vereinfachungsregelung getroffen (R 161 Abs. 1 Einkommensteuer-Richtlinien ­ EStR). Danach wird von der Besteuerung abgesehen, wenn die Einnahmen 1000 DM im Kalenderjahr nicht übersteigen.

Die Besteuerungspraxis der niedersächsischen Finanzämter hat in der Vergangenheit nicht dazu geführt, dass die Bereitschaft der Bürger und Bürgerinnen, Messezimmer zur Verfügung zu stellen, beeinträchtigt wurde. Ausschlaggebend hierfür ist unter anderem, dass die Einkünfte aus der Messezimmervermietung in vielen Fällen gar nicht zu einer tatsächlichen Einkommensteuerbelastung führen. Dies hängt insbesondere von den weiteren Einkommensverhältnissen ab, sodass zum Beispiel Messezimmereinkünfte bei Rentnern in nur wenigen Fällen die Festsetzung von Einkommensteuer zur Folge haben.

Werden jedoch Mieteinkünfte in erheblichem Umfange erzielt, wie es zur Weltausstellung EXPO 2000 wie auch bei den zahlreichen Messen in Hannover möglich ist, so ist die darauf zu entrichtende Einkommensteuer üblicherweise in die Zimmerpreise eingerechnet. Der im Steuerrecht allgemein geltende Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist bei der Privatvermietung von Zimmern insoweit zu beachten. Die Privatvermieter handeln bei länger andauernden Vermietungen wie vergleichbare gewerbliche Anbieter von Zimmern (z. B. Hotels, Pensionen). Hier Ungleichbehandlungen von privaten und gewerblichen Vermietern anzustreben, wäre auch aus Steuergerechtigkeitsgesichtspunkten nicht zu rechtfertigen.

Dies vorausgeschickt beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1:

Durch die Vereinfachungsregelung der R 161 Abs. 1 EStR wird von der Besteuerung der Einkünfte aus der vorübergehenden Zimmervermietung im Einverständnis mit dem Steuerpflichtigen abgesehen, wenn die Einnahmen 1000 DM im Kalenderjahr nicht übersteigen. Die Höhe der Einkünfte, d. h. der nach Abzug etwaiger Werbungskosten verbleibende Betrag, ist dann unbeachtlich.

Zu 2: Die EXPO 2000 umfasst ohne Auf- und Abbauzeiten einen Zeitraum von 153 Tagen.

Unter Berücksichtigung der vom Tourismusverband Hannover-Region ausgesprochenen Empfehlung an Privatvermieter, Zimmerpreise von 80 DM pro Nacht für ein Einzelzimmer bzw. 140 DM für ein Doppelzimmer zu verlangen, werden bereits bei einer Vermietungsdauer von 13 Tagen/Einzelzimmer bzw. 8 Tagen/Doppelzimmer die Einnahmen 1000 DM und damit die Grenze für die Vereinfachungsregelung übersteigen. Es ist daher in hohem Maße wahrscheinlich, dass die Grenze der Vereinfachungsregelung regelmäßig überschritten wird.

Zu 3: Die Einnahmen aus einer vorübergehenden Zimmervermietung sind stets in der dem Finanzamt einzureichenden Einkommensteuererklärung anzugeben. Dies gilt natürlich auch für künftige Kalenderjahre, in denen vorübergehend Messezimmer vermietet werden. Eine Ausnahme kommt nur für die Fälle in Frage, bei denen die Mieteinkünfte und die übrigen Einkünfte aufgrund ihrer Höhe nicht zu einer Einkommensteuerfestsetzung geführt haben, so beispielsweise bei geringen Renteneinnahmen. Das Finanzamt kann bei einer entsprechenden Darlegung auf die Abgabe einer Steuererklärung verzichten.

Allerdings kann der Privatvermieter, auch wenn die Mieteinkünfte im EXPO-Jahr zu versteuern waren, in späteren Jahren in seiner Einkommensteuererklärung darauf hinweisen, dass er bei Einnahmen bis zu 1000 DM nunmehr wieder die Vereinfachungsregelung in Anspruch nimmt.

Zu 4: Wird die Grenze der Vereinfachungsregelung in den Jahren nach der Weltausstellung überschritten, sind die Einkünfte aus der Vermietungstätigkeit zu ermitteln. Anschließend kann erst im Zusammenhang mit den übrigen Einkünften und persönlichen Verhältnissen beurteilt werden, ob hierfür Einkommensteuer festzusetzen ist. Dies entspricht bereits der geltenden Rechtslage. Ein Anstieg des „Risikos", auf Mieteinnahmen Steuern entrichten zu müssen, kann aus dieser dem Gesetz entsprechenden Handhabung nicht abgeleitet werden.

Zu 5: Die Landesregierung wird im Rahmen von Pressemitteilungen die Bürgerinnen und Bürger darauf hinweisen, dass die Einkünfte aus der vorübergehenden Vermietung von Zimmern grundsätzlich der Besteuerung unterliegen. Gleichzeitig werden jedoch die oben genannten Besonderheiten der tatsächlichen Besteuerungspraxis hervorgehoben.

Konkrete Auskünfte zu den persönlichen steuerlichen Auswirkungen erhalten die Bürgerinnen und Bürger bei dem für sie zuständigen Finanzamt.

Befürchtungen, die Besteuerung könnte zu einer Abstandnahme von Privatzimmeranbietern führen, hält die Landesregierung nicht für begründet. Die auch schon bisher tätigen rund 20 000 „Messe-Muttis" sind über die Besteuerungspraxis bereits seit Jahren unterrichtet und haben auch bisher eine ausreichende Anzahl von Privatzimmern zur Verfügung gestellt. Für die neu hinzukommenden Vermieter, die nur aus Anlass der Weltausstellung EXPO 2000 Übernachtungsmöglichkeiten anbieten, stellt die Besteuerung kein unüberwindbares Hindernis dar. Schließlich ist während des Zeitraums der Weltausstellung, wie auch im EXPO-Büro der Stadt Hannover angemerkt wird, „gutes Geld zu verdienen". Nach Pressemeldungen ist die EXPO GmbH ebenso wie die Stadt Hannover sicher, dass sich die Bürgerinnen und Bürger in hohem Maß engagieren werden.

Das EXPO-Büro der Stadt Hannover wird außerdem für die bei der Zimmervermittlung registrierten Vermieter einen steuerlichen Leitfaden für die „Messe-Muttis" herausgeben.

Zu 6: Wie in der Antwort zu 5 dargestellt, ist die Besteuerungspraxis für die Privatzimmeranbieter kein Novum. Seit Herbst 1947 bereits, zur ersten Hannover-Messe, werden Messezimmer von Privatvermietern zur Verfügung gestellt. Auch bei stetiger Zunahme von Vermietungszeiten durch zahlreiche Messen sind, unabhängig von der Frage der Besteuerung, in jedem Jahr alle Gäste untergebracht worden. Hierbei ist auch darauf hinzuweisen, dass es sich um im häuslichen Bereich erzielbare Nebeneinkünfte handelt, die in einigen Familien zur Finanzierung von Urlaub und besonderen Anschaffungen dienen.

Die Besteuerung tritt dabei wie bei jedem anderen Nebenverdienst ein.

Zu 7: Die Landesregierung erwägt nicht, auf eine Ausdehnung der Vereinfachungsregelung hinzuwirken. Hierbei handelt es sich um eine bundesweit geltende Regelung, deren Anwendung auch für andere Messestädte verbindlich ist.

Nach Auffassung der Landesregierung wäre eine Steuerfreistellung durch Erhöhung der Freigrenzen in R 161 EStR nicht mehr mit dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung zu rechtfertigen und könnte deshalb nicht durch untergesetzliche Verwaltungsvorschriften geregelt werden. Wegen des Gesetzesvorbehaltes nach Artikel 20 Abs. 3 des Grundgesetzes kann die Höhe der individuellen Einkommensteuerbelastung und damit die Freistellung von der Besteuerung nur durch Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes (EStG) festgelegt werden.

Zu 8: Die Landesregierung hat mit der EXPO GmbH über zahlreiche steuerliche Fragen intensive Gespräche geführt. Die steuerliche Behandlung von Privatzimmervermietungen gehörte nicht zu den erörterten Themen. Die Landesregierung hat jedoch mehrfach mit dem EXPO-Büro der Stadt Hannover über diese Angelegenheit gesprochen.

Zu 9: Über mangelnde Informationen zu Möglichkeiten und Bedingungen der privaten Zimmervermietung kann in der Stadt Hannover und im Großraum Hannover nicht gesprochen werden. In der Presse häufen sich in den letzten Monaten die Hinweise auf die Zimmervermittlungsmöglichkeit des Tourismusverbandes Hannover Region und andere Zimmervermittlungsagenturen. Wer Privatzimmer vermieten möchte, erhält auch bei der EXPO GmbH und der Stadt Hannover umfangreiche Auskünfte zur Privatzimmervermietung.

Zu 10: Die Begegnung von Besuchern der Weltausstellung mit den Bürgerinnen und Bürgern gerade auch bei der Zurverfügungstellung privater Zimmer für Übernachtungen ist in besonderem Maße geeignet, ausländischen Besuchern deutsche Gastfreundschaft vorzuführen und die Weltoffenheit der Einwohner vorzustellen. Die Landesregierung sieht in diesen persönlichen Kontakten die Chance und Herausforderung der Privatvermieter, über die Bereitstellung einer Übernachtungsmöglichkeit hinaus die Besucher auf die besondere Attraktivität der Stadt Hannover und ihres Umlandes aufmerksam zu machen sowie die ganze Region in der Welt positiv darzustellen.