Die Dienststellen können jetzt auch ganztägige Funktionszeiten vorsehen

Für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Niedersachsen bietet die neue Vereinbarung mit den Gewerkschaften über die gleitende Arbeitszeit in der Nieders. Landesverwaltung vom 23. 04. 1999 (Nds. MBl. S. 194) eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit. Sie ermöglicht die Unterbrechung der Kernzeit ohne Anrechnung auf die Arbeitszeit zur Erledigung dringender privater Angelegenheiten. Die Abrechnung von Mehr- und Minderzeiten erfolgt nicht mehr monatlich, sondern vierteljährlich. Der zulässige Zeitausgleich von einem Tag pro Monat kann auch in halbe Tage aufgeteilt oder in Form eines Blocks von bis zu drei Tagen im Kalendervierteljahr genommen werden. Er verdoppelt sich, wenn mindestens ein Kind unter zwölf Jahren oder nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftige Angehörige tatsächlich betreut oder gepflegt werden.

Die Dienststellen können jetzt auch ganztägige Funktionszeiten vorsehen. Während solcher Funktionszeiten ist nicht die Anwesenheit aller, sondern nur der zur Sicherstellung einer angemessenen Dienstleistung notwendigen Beschäftigten erforderlich.

Darüber hinaus ist nach § 14 NGG Beschäftigten, die Kinder unter zwölf Jahren oder nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftige Angehörige betreuen, individuell auf Antrag über die gleitende Arbeitszeit hinaus eine familiengerechte Gestaltung der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit zu gewähren, soweit nicht überwiegende dienstliche Belange entgegenstehen.

Ferner hat die Landesregierung im Januar 1998 mit den Spitzenverbänden der Gewerkschaften in Niedersachsen eine Vereinbarung zur Durchführung eines Pilotprojektes „Flexiblere Arbeitszeit durch Telearbeit" abgeschlossen. Im Rahmen dieses Projektes werden die Möglichkeiten und Rahmenbedingungen, unter denen alternierende Telearbeit für Männer und Frauen in der Landesverwaltung eingeführt werden kann, untersucht. In diesem bundesweit beachteten Projekt werden ab März 1998 auf 24 Arbeitsplätzen

­ zwölf Frauen und zwölf Männer aus zwanzig Behörden ­ landesweit mit intensiver wissenschaftlicher Begleitung durch die Universität Hannover ­ Weiterbildungsstudium Arbeitswissenschaft ­ Erfahrungen gesammelt. Das Projekt wird im März 2000 abgeschlossen und bewertet und soll dann zu einer Freigabe des Einsatzes von Telearbeit führen. Es zeichnet sich ab, dass Telearbeit sehr geeignet sein kann, nicht nur Frauen, sondern auch Männern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern.

Darüber hinaus sollten die weiteren Regelungen des NGG zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf konsequent genutzt werden. Dazu gehört, dass Fortbildungsveranstaltungen so durchgeführt werden, dass Beschäftigte mit familiären Aufgaben teilnehmen können, indem beispielsweise Kinderbetreuung angeboten wird oder Fortbildungsmaßnahmen dezentral durchgeführt werden. Ferner sollten Aushilfstätigkeiten oder sich durch Personalvakanzen ergebende Beschäftigungsmöglichkeiten interessierten Beschäftigten, die aus familiären Gründen beurlaubt sind, angeboten werden. In diesem Zusammenhang ist von Vorteil, dass nach Änderung der erziehungsurlaubsrechtlichen Vorschriften für die Beamtinnen und Beamten für diese eine Teilzeitbeschäftigung während des Erziehungsurlaubs bis zu 19 Stunden zulässig ist. Diese im Vergleich zu der bisher geltenden Regelung ­ eine Teilzeitbeschäftigung war nur im Umfang der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit möglich ­ flexiblere Gestaltungsmöglichkeit der Arbeitszeit kann es beurlaubten Beschäftigten ermöglichen, eine ­ ggf. auch vorübergehende ­ Berufstätigkeit mit geringer Stundenzahl auszuüben.

Eine weitere Maßnahme, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Einzelfällen verbessern kann, ist, dass Beamtinnen und Beamte, die im Laufe des Urlaubsjahres durch die Betreuung ihrer erkrankten Kinder in besonderem Maße in Anspruch genommen werden, durch ermessenslenkende Regelungen mehr Sonderurlaubstage für die Betreuung erkrankter Kinder erhalten sollen. Durch diese Regelung erfolgt eine Annäherung an die für den Tarifbereich geltenden Regelungen.

Zu 5: Arbeit der Zukunft für Frauen in Niedersachsen

Zu 5.1, 5.2 und 5.2.1:

Durch folgende Tätigkeitsfelder können in Zukunft für die Frauen in Niedersachsen neue Erwerbschancen eröffnet werden:

­ Durch den Wandel hin zur Informations- und Kommunikationsgesellschaft entstehen laufend neue Berufsbilder (z. B. Informationsbroker/in, Internetdesigner/in, Webmaster), es ändern sich die Anforderungen in allen bisherigen Berufen und es entsteht eine erhöhte Nachfrage nach bestimmten Berufen (z. B. Informatiker/innen, Ingenieur/innen). Frauen haben in der Vergangenheit computergestützte Arbeitsmittel zwar ebenso genutzt wie Männer. Sie sind jedoch nach wie vor erheblich unterrepräsentiert in hoch qualifizierten Berufen im Bereich der neuen Medien, in denen die IuK-Technologie nicht nur anwendungsbezogen, sondern gestalterisch genutzt wird (Computer-Kernberufe, Informatik, Wirtschaftsinformatik). Hier liegen Beschäftigungschancen für qualifizierte Frauen. Neue berufliche Chancen für Frauen werden im Multimedia-Sektor weiterhin insbesondere bei den sog. Mischberufen gesehen, also bei einer Kombination von neuen Medien und Dienstleistung oder Beratung, beispielsweise in Call Centern, die eine Wachstumsbranche in Niedersachsen darstellen, oder im Bereich des E-Commerce, der Werbung oder der EDV-Beratungsdienste.

Wichtig ist, dass dieser gewandelte Arbeitsmarkt für Frauen durch entsprechende Qualifizierung erschlossen bzw. durch Weiterbildung gesichert wird. Schließlich führen die IuK-Technologien zu einem Wandel in der Arbeitsorganisation, der neue Tätigkeitsfelder insbesondere im Bereich der Telearbeit für Frauen eröffnet. Die Verbreitung von Telearbeit ist bislang entgegen vieler Prognosen noch relativ gering.

Trotzdem können sich hier in Zukunft gerade für Frauen im ländlichen Raum und für Frauen in der Familienphase Beschäftigungschancen entwickeln. Dabei gilt es, sozialverträgliche Gestaltungsformen zu erproben.

­ Ein Beschäftigungsschwerpunkt wird nach wie vor der Dienstleistungssektor sein.

Wichtig ist, dass gerade im Hinblick auf die Zielgruppe der nicht bzw. gering qualifizierten Frauen, also der Frauen mit dem höchsten Arbeitsplatzrisiko, bei der Ausrichtung der Arbeitsmarktpolitik eine einseitige Fixierung auf die neuen Technologien vermieden wird. Arbeitsmarktchancen liegen für diese Frauen auch in traditionellen Dienstleistungsberufen, z. B. im Bereich von Tourismus, Gastronomie, Handel, Reinigung etc. Im Rahmen niedersächsischer Arbeitsmarktprogramme müssen daher

­ unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des regionalen Arbeitsmarktes ­ entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen angeboten werden.

­ Neue Erwerbschancen für Frauen liegen nach Auffassung der Landesregierung weiterhin darin, dass sich Frauen in Zukunft verstärkt beruflich selbstständig machen werden. Einer gezielten Unterstützung von Frauen bei der Existenzgründung und -sicherung nach dem Programm der Sozialen Betriebe, durch das Existenzgründerinnendarlehen und durch Förderung geeigneter Beratungsangebote wird daher eine große Bedeutung zugemessen.

­ Neue Tätigkeitsfelder für Frauen können sich in Zukunft schließlich dadurch ergeben, dass durch eine Förderung des beruflichen Aufstiegs von Frauen die vertikale Segregation des Arbeitsmarktes durchbrochen wird und Arbeitsmöglichkeiten in Leitungspositionen für Frauen erschlossen werden.

Mit dem neuen Landesprogramm zur Förderung der Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt (FIFA) sollen für Frauen erweiterte Chancen am Arbeitsmarkt der Zukunft eröffnet werden. Das FIFA-Programm, das am 01. 07. 1999 angelaufen ist, wird ab dem Jahr 2000 mit einem Mittelvolumen von jährlich 3 Mio. DM Landesmitteln und zusätzlich ca. 8,5 Mio. DM ESF-Mitteln fortgeführt.

Gefördert werden im ersten FIFA-Schwerpunkt Maßnahmen zur Qualifizierung und Vermittlung in Arbeit für spezifische Zielgruppen von Frauen, die besondere Schwierigkeiten haben, im Erwerbsleben Fuß zu fassen. Auf die „Neuen Technologien" wird dabei insofern ein Schwerpunkt gesetzt, als Träger verstärkt von deren Möglichkeiten, insbesondere dem Telelearning, Gebrauch machen sollen.

Im zweiten FIFA-Förderschwerpunkt werden Einrichtungen zur Beratung, Qualifizierung und dem begleitenden Coaching von Existenzgründerinnen gefördert, die einen frauenspezifischen, ganzheitlichen Ansatz verfolgen.

Im dritten Schwerpunkt schließlich sind innovative Maßnahmen förderfähig mit dem Ziel der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf bzw. der Gleichstellung von Frauen und Männern im Arbeitsleben, insbesondere im Bereich der Arbeitszeitgestaltung, der Personalentwicklung und der Einführung von Telearbeit in kleinen und mittleren Unternehmen.

Die Landesregierung fördert Erwerbsmöglichkeiten und Tätigkeitsfelder außerdem beispielsweise in folgenden anderen Arbeitsmarktprogrammen bzw. arbeitsmarktrelevanten sonstigen Politikbereichen:

­ Bei der Neuprogrammierung der europäischen Strukturfonds werden alle Förderschwerpunkte inhaltlich so ausgestaltet, dass mit den eingesetzten Fördermitteln zukunftsfähige Beschäftigungsfelder für Frauen eröffnet werden. Beispiel: Jobrotationsmaßnahmen werden sich schwerpunktmäßig an Frauen richten. Bei einer Jobrotation wird während einer ESF-geförderten Weiterbidungsmaßnahme einer/s Beschäftigten diese/r am Arbeitsplatz von einer/m Langzeitarbeitslosen vertreten.

­ Durch die geplante stärkere Regionalisierung bei der Umsetzung des ESF ­ Ziel 3 können die Besonderheiten des regionalen Frauenarbeitsmarktes besser berücksichtigt werden.

­ Im Rahmen des Landesprogramms „Soziale Betriebe" ist die Schaffung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse für Frauen der Schwerpunkt des Jahres 1999 (s. zu 3.2.1).

­ Die Landesregierung fördert die Schaffung neuer Frauenarbeitsplätze im Bereich neuer Technologien beispielsweise durch die Gründung des Call-Center Netzwerks Niedersachsen.

­ Der Arbeitsmarkt der Zukunft steht für Frauen nach wie vor nur dann offen, wenn die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. Ein erster wichtiger Schritt war die Verankerung eines Anspruchs auf einen Kindergartenplatz. Durch die geplante schrittweise flächendeckende Einführung der verlässlichen Grundschule wird nun den niedersächsischen Frauen in Zukunft die Vereinbarkeit von Familie und Berufstätigkeit erheblich erleichtert.

Entsprechend dem so genannten Gender-Mainstream-Ansatz wird in Zukunft verstärkt im Rahmen aller niedersächsischen Arbeitsmarktprogamme und aller anderen Politikfelder, die für die Erwerbstätigkeit von Frauen relevant sind, ein besonderes Augenmerk darauf gerichtet, aussichtsreiche Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen zu erschließen und den Frauen die Beteiligung am Erwerbsleben zu erleichtern.

(Ausgegeben am 19. November 1999)