Transporte von abgebrannten Brennelementen

Nach einem Bericht der „Braunschweiger Zeitung" vom 13. Juli 1999 müsse sich nach Aussage von Innenminister Bartling Niedersachsen bis zum Jahre 2013 auf Transporte von abgebrannten Brennelementen einstellen. Danach rechnet der Minister mit 24 weiteren Castor-Transporten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie bewertet sie die Ergebnisse der bisher vorliegenden Gutachten zur Frage der Sicherheit von Atomtransporten?

2. Inwieweit ist aus ihrer Sicht das 10-Punkte-Programm der Bundesregierung vom Mai/ Juni 1998 abgearbeitet?

3. Wie beurteilt sie den Wechsel von zentralen zu dezentralen Zwischenlagern, Vor- und Nachteile?

4. In welchem Zeitraum lassen sich die Zwischenlager verwirklichen?

5. Welchen Klärungsbedarf gibt es noch für die Transporte in die Wiederaufbereitungsanlagen in England und Frankreich?

Die Transporte von abgebrannten Brennelementen wurden im Mai 1998 durch die damalige Bundesregierung gestoppt und ein so genanntes 10-Punkte-Programm zur Bewältigung der Kontaminationsproblematik vorgestellt. Im Zuge der Abarbeitung erwies es sich als zweckmäßig, die Transporte in zwei Gruppen zu unterteilen, und zwar in

- so genannte innerdeutsche Transporte von deutschen Kernkraftwerken in deutsche Zwischenlager und

- Transporte zu ausländischen Wiederaufarbeitungsanlagen.

Im Falle der innerdeutschen Transporte liegt seit Mai 1999 ein Gutachten vor, das in Zusammenarbeit von Sachverständigen des Öko-Institutes, Darmstadt, und der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, Köln, erstellt wurde. Die dort enthaltenen Hinweise und Empfehlungen wurden bereits exemplarisch für den Behälter CASTOR V in einem so genannten Masterablaufplan umgesetzt.

Für Transporte zu den Wiederaufarbeitungsanlagen liegt seit dem 22.11.1999 ebenfalls ein Gutachten der obigen Sachverständigen vor, das jedoch noch der Umsetzung bedarf.

In dem in der Einleitung der Anfrage zitierten Zeitungsbericht wird der Bereich der Beförderung von verglasten hochradioaktiven Abfällen angesprochen, der zusätzlich zu den Transporten abgebrannter Brennelemente eine dritte Kategorie darstellt. Die zitierte Anzahl von Transporten und der genannte Zeitraum beziehen sich offensichtlich auf die Rücknahme dieser Abfälle aus Frankreich und Großbritannien nach Gorleben. Zu diesem Bereich - Beförderung verglaster hochradioaktiver Abfälle - liegt seit Juni 1999 ein Gutachten der genannten Sachverständigen mit gleichem Bearbeitungsstand wie bei den innerdeutschen Transporten vor.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1:

Die Landesregierung hält die für die innerdeutschen Transporte und die Rücknahmetransporte verglaster hochradioaktiver Abfälle vorgesehene und von den Gutachtern befürwortete Vorgehensweise im Hinblick auf die Sicherheit von Atomtransporten für sinnvoll. Eine ähnliche Vorgehensweise zeichnet sich für Transporte zu den Wiederaufarbeitungsanlagen ab; weitergehende Aussagen sind dazu wegen der noch ausstehenden Umsetzung der Hinweise und Empfehlungen aus dem o. a. Gutachten derzeit nicht möglich.

Zu 2: Soweit durch das 10-Punkte-Programm der Bundesregierung niedersächsische Belange berührt sind, ist für innerdeutsche Transporte und für Transporte von Glaskokillen die Entscheidungsreife erreicht. Im Wesentlichen sind hier noch nach dem 10-Punkte-Programm die Umsetzungen der Ergebnisse der Gutachtenphase in die entsprechenden Genehmigungen durchzuführen. Für die Transporte zu den Wiederaufbereitungsanlagen ist die Gutachtenphase, wie dargestellt, noch nicht abgeschlossen.

Als Ausfluss der Überprüfung der inneren Organisationsstruktur in den niedersächsischen Kernkraftwerken wurden dort bereits frühzeitig so genannte Nukleartransportbeauftragte eingesetzt.

In den Bund-/Ländergremien wurde auf Fachebene dahingehend Einigung erzielt, dass die Meldeverpflichtungen der Betreiber bei Kontaminationsereignissen im Zusammenhang mit Transporten entsprechend der Atomrechtlichen Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung geregelt und nach einer Erprobungsphase in diese aufgenommen werden sollen.

Die Auswertung und Veröffentlichung der Messungen an Brennelementtransporten erfolgte durch eine von der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit im Auftrage des Eisenbahnbundesamtes im Herbst 1998 erstellte gutachterliche Stellungnahme.

Inwieweit das 10-Punkte-Programm insgesamt abgearbeitet ist, obliegt der abschließenden Beurteilung durch die Bundesregierung.

Zu 3: Dezentrale Zwischenlager an den Kraftwerksstandorten sind mit dem Vorteil der Vermeidung oder zumindest Minimierung von Transporten verbunden. Nachteile sind nicht ersichtlich. Daher hat auch die Niedersächsische Landesregierung entsprechende Lager vorgeschlagen.

Zu 4: Genehmigungsbehörde für derartige Zwischenlager ist das Bundesamt für Strahlenschutz.

Von hier aus können allenfalls Schätzungen hinsichtlich der erforderlichen Zeiträume für die Verwirklichung derartiger Planungen angestellt werden, die zudem durch gerichtliche Verfahren nicht unwesentlich beeinflusst werden können. Anlässlich einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit des Deutschen Bundestages am 29.11.1999 wurde ein Zeitraum von drei Jahren genannt. Von Seiten der Industrie werden vielfach aber auch Zeiträume bis zu etwa fünf Jahren genannt.

Zu 5: Für die Transporte in die Wiederaufarbeitungsanlagen ist, wie bereits ausgeführt, zunächst die Abarbeitung der Empfehlungen und Hinweise aus dem einschlägigen Gutachten vorgesehen, bevor die Genehmigungsverfahren durchgeführt werden können.