Ausbildungsstand des medizinischen Personals in der Sanitätsstation der Justizvollzugsanstalt Celle

In der Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage zur Situation der Sanitätsstation der Justizvollzugsanstalt Celle (Drs. 14/466) führt Justizminister Weber aus, daß für die Unterhaltung des Sanitätsbereiches und der Funktionsabteilung, in der aufwendigere Untersuchungen durchgeführt werden können, die Personalkosten jährlich 900 000 DM, die Sachkosten jährlich ca. 640 000 DM betragen.

Nunmehr werden von seiten des Personalrates der Justizvollzugsanstalt Celle Bedenken geäußert, dass die medizinische Beobachtungsstation mit einem Intensivbereich in der Sanitätsstation der Justizvollzugsanstalt Celle nicht durch entsprechend qualifiziertes Personal betreut werden könne. Man hoffe, dass der Behandlungsfall nicht eintrete, da keine Sanitäter und Ärzte zur Verfügung stünden, die in der Intensivpflege ausgebildet seien. Vielmehr müsse die ärztliche und pflegerische Versorgung von Ärzten und Krankenpflegern aus dem Justizkrankenhaus Lingen übernommen werden. Darüber hinaus müßten auch bei Fällen aus dem Bereich der politischen und Organisierten Kriminalität zusätzlich externe Kräfte hinzugezogen werden.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Trifft es zu, dass die in der Sanitätsstation der Justizvollzugsanstalt Celle tätigen Ärzte und das dort tätige Pflegepersonal nicht ausreichend in der Intensivpflege ausgebildet sind? Wenn ja, beabsichtigt die Landesregierung die in der Sanitätsstation der Justizvollzugsanstalt Celle tätigen Pfleger und Ärzte in der Intensivpflege hinreichend auszubilden?

2. Trifft es zu, dass aus diesem Grund die pflegerische Versorgung durch Ärzte und Krankenpfleger aus dem Justizkrankenhaus Lingen erfolgen muß?

3. Ist es notwendig, bei der Behandlung von Strafgefangenen aus dem Bereich der politischen und Organisierten Kriminalität zusätzlich externe Kräfte hinzuzuziehen?

Wenn ja, in welchen Fällen ist dies bisher erforderlich gewesen?

Der Sicherheitsstandard einer Justizvollzugsanstalt (JVA) wird wesentlich durch den medizinischen Standard dieser Einrichtung bestimmt. In der JVA Celle wird deshalb bewusst ein qualitativ hoher medizinischer Standard vorgehalten, um konsiliarärztliche Ausführungen auf das unbedingt erforderliche Maß einzugrenzen. Neben der üblichen Basisversorgung werden in der JVA Celle zusätzlich Magen-Darm-Spiegelungen, HerzKreislauf- und Lungenbelastungstests, Röntgendiagnostik, Sonographien und kleinere operative Eingriffe vor Ort durchgeführt. Durch eine entsprechende apparative Ausrüstung können auch augenärztliche, HNO-ärztliche und dermatologische Behandlungen in der Anstalt erfolgen. Darüber hinaus werden die üblichen physikalischen Behandlungsmaßnahmen vor Ort geleistet.

Die Personalkosten von jährlich 900 000 DM beziehen sich auf dieses Versorgungsspektrum und beinhalten gleichzeitig eine halbe Facharztstelle und eine halbe Sanitätsdienststelle für die anstaltsübergreifende betriebsmedizinische Versorgung.

Aus diesen Personalkosten wird ersichtlich, dass mit dem derzeitigen Personalschlüssel lediglich die ambulante Versorgung mit dem vorgegebenen gehobenen medizinischen Standard zu leisten ist.

Intensivmedizin erfordert eine interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener medizinischer Fachkräfte. Unabdingbare Voraussetzung für eine angemessene Betreuung ist eine durchgehende ärztliche und pflegerische Präsenz. Das Personal muss konstant geschult werden. Zudem muss jederzeit eine Laborbasisdiagnostik gewährleistet sein.

Eine intensivmedizinische Versorgung im herkömmlichen Sinne kann deshalb zwangsläufig im Justizvollzug nicht geleistet werden. Geleistet werden kann aber eine Versorgung, die akute Zugriffe im Notfall ermöglicht und die damit die Voraussetzung schafft, dass kranke Gefangene nicht schon in einem sehr frühen Stadium auf eine Intensivstation verlegt werden müssen, wo sie wegen der erforderlichen Bewachung entweder nicht aufgenommen werden können oder die Funktionsabläufe erheblich stören.

Dies vorangestellt, beantworte ich namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Zu 1: In der Vergangenheit wurde der leitende Arzt der JVA Celle an die Medizinische Hochschule abgeordnet, um sich dort in die intensivmedizinische Problematik einzuarbeiten.

Darüber hinaus hat er sich eigenständig um eine fachliche Qualifizierung in der Notfallmedizin bemüht. Zwangsläufig erfüllt er damit nicht die Voraussetzungen, die an einen Intensivmediziner gestellt werden. Er ist aber in der Lage, die erforderlichen Arbeitsabläufe zu organisieren und zu koordinieren.

Für die Funktionsfähigkeit der Krankenabteilung ist es unabdingbar, dass das Pflegepersonal regelmäßig auf intensivmedizinischen Abteilungen hospitiert. Dies ist in der Vergangenheit geschehen und auch zukünftig vorgesehen.

Zu 2: Zur Durchführung einer Intensivmedizin muss eine konstante ärztliche und pflegerische Präsenz gewährleistet sein. Zudem muss ein interdisziplinäres ärztliches Team vor Ort zur Verfügung stehen. Dies ist innerhalb des Vollzuges nur durch Abordnungen aus dem Justizvollzugskrankenhaus möglich.

Zu 3: Grundsätzlich muss immer dann auf externe Kräfte zurückgegriffen werden, wenn die Betreuung von Gefangenen eine fachärztliche Qualifikation erfordert, über die hauptamtliche Kräfte nicht verfügen. Beispielhaft sind hier die chirurgischen Fachbereiche Neurochirurgie und Gefäßchirurgie zu nennen.

Bei der Durchführung intensivmedizinischer Behandlungen innerhalb des Vollzuges muss zudem berücksichtigt werden, dass den Bewachungsmöglichkeiten in öffentlichen Krankenhäusern deutliche Grenzen gesetzt sind. Als z. B. im Rahmen des Hungerstreiks der in Celle einsitzenden RAF-Gefangenen eine Verlegung in die MHH erfolgen musste, wurden durch die erforderliche Bewachung die Funktionsabläufe in der MHH dermaßen gestört, dass eine Kooperationsbereitschaft kaum noch zu erzielen war. Die damals gemachten Erfahrungen und die enormen finanziellen Kosten waren Anlass, die Krankenabteilung in der JVA Celle entsprechend aufzurüsten.

Bei einem zweiten Hungerstreik der RAF-Gefangenen konnte die Betreuung bereits auf der damals eilig eingerichteten provisorischen Intensivpflegeeinheit erfolgen. Bei dieser Betreuung wurden die hauptamtlichen Kräfte der JVA Celle von intensivmedizinischen Ärzten und Pflegepersonal der Medizinischen Hochschule Hannover unterstützt.