Zu 10 Die Einteilung der Flugzeugmuster in Lärmklassen Kapitel 2

Fluglärm und gegen Luftverunreinigungen durch Luftfahrzeuge die Messstellen 5 und 8 an neue Standorte verlegt wurden.

Zu 9: Ja, diese Tatsache war auch einer der Gründe dafür, dass nicht die maximalen Lärmwerte der Flugzeuge, sondern empirisch ermittelte Werte an den deutschen Flughäfen als Grundlage für die Bonusliste verwendet wurden. Damit wird erreicht, dass Kapitel 3 Flugzeugtypen unabhängig von ihrer Herkunft in einheitliche „Lärmschutzklassen" eingeteilt werden.

Zu 10: Die Einteilung der Flugzeugmuster in Lärmklassen (Kapitel 2 bzw. 3) ist entgegen der Annahme des Fragestellers seit längerem festgelegt. Sie ist im Annex 16 der ICAO, Volume I, Kapitel 2 und 3 nach den Daten der Musterzulassung international einheitlich und verbindlich geregelt. Die Verbindlichkeit resultiert bereits aus dem Chicagoer Abkommen von 1944.

Zu 11: Das so genannte Lärmtorverfahren unter Verwendung von jeweils zwei Messstellen beiderseits der An- und Abflugstrecken dient lediglich der exakteren Darstellung der Fluglärmsituation in den Flughafennahbereichen sowie der Überprüfung der Einhaltung vorgeschriebener Flugrouten. Es handelt sich hierbei um kein Verfahren, welches als Grundlage für die Erhebung der Landeentgelte durch die Flughafenbetreiber angewandt werden kann. Dieses wäre auch nicht sinnvoll, weil bei Anwendung des „Lärmtorverfahrens" hohe Unzuverlässigkeiten zu verzeichnen sind. Die Lärmausbreitung ist beispielsweise abhängig von Windrichtung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Flugzeugtyp, aktueller Beladung sowie vorgegebener Start- bzw. Landeverfahren (Flughöhe!). Diese variablen Faktoren können allein aus rechtlichen Gründen nicht die Grundlage für die Erhebung von Flughafenentgelten darstellen.

Auch die Einführung von Flotten-/Typenpegeln ist nach Auffassung der Landesregierung nicht geeignet, Anreize zur Lärmminderung zu geben. Bei diesen genannten Verfahren wird ein gemischter Lärmpegel aus allen Starts bzw. Landungen eines Flugzeugtyps und/oder einer Fluggesellschaft ermittelt, der jedoch nicht auf den zulässigen Maximalpegel des Lärmereignisses abhebt. Ein Anreiz zur Lärmminderung wird andererseits mit dem in Hannover-Langenhagen praktizierten Verfahren zur Festsetzung von Landeentgelten gegeben, welches Luftverkehrsgesellschaften mit älterem und lauterem Fluggerät bis zu 600 % mehr an Landeentgelten abverlangt, als diese für leise Luftfahrzeuge zahlen müssten. Der Anteil der leisen Kapitel 3-Bonus-Luftfahrzeuge am Verkehrsflughafen Hannover-Langenhagen konnte damit in den letzten Jahren erheblich gesteigert werden.

Zu 12: Bei der seit einer Reihe von Jahren geführten Diskussion der Lärmwirkungsforscher geht es vor allem um die Kriterien der Bewertung nächtlichen Fluglärms unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Sowohl die methodischen Ansätze der Fachleute als auch ihre vielfach lediglich aus Laborstudien gewonnenen Erkenntnisse und die daraus abgeleiteten Zumutbarkeitskriterien differieren erheblich. Schon die methodische Grundfrage der Geeignetheit von Laborstudien ist umstritten. Eine vergleichende Literaturstudie der Universität Oldenburg, die 1996 im Auftrag des Unterausschusses „Lärm" der Umweltministerien des Bundes und der Länder erstellt worden ist, kommt hinsichtlich des methodischen Ausgangspunktes zu dem Ergebnis, dass Lästigkeitsuntersuchungen von Geräuschen im Labor grundsätzlich in Frage gestellt werden müssten.

Die wissenschaftliche Fachdiskussion wird gegenwärtig vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) wie folgt bewertet: „Die derzeit von deutschen Lärmwirkungsforschern geforderten Kriterien zur Bewertung von Fluglärm sind zum Teil sehr widersprüchlich, obwohl sie zum Teil aus identischen Eingangsdaten abgeleitet sind. Solange sich auf diesem Wissenschaftsgebiet nicht standardisierte, sinnvolle Test- und Auswertemethoden durchgesetzt haben, können die erhaltenen Resultate keine Basis zur Festlegung geeigneter Grenz- oder Richtwerte bieten."

Darüber hinaus sind manche Fachleute - wie der in der Anfrage zitierte Prof. Ising vom Umweltbundesamt - in ihren Meinungsäußerungen schwankend bzw. widersprüchlich.

Auf einem Symposion „Gesundheitsrisiken durch Lärm" am 10.02.1998 in Bonn hat Prof. Ising die Auffassung vertreten, dass bei einem Wert von 65 dB(A) anscheinend bereits eine Zunahme des Herzinfarktrisikos beginne. Derselbe Fachmann äußert sich auf dem bislang jüngsten Fachsymposion zu diesem Thema am 25./26. Oktober 1999 in Berlin-Köpenick wie folgt: „Die Ergebnisse der Einzelstudien waren zumeist statistisch nicht signifikant, d. h. anhand der üblichen Beurteilungskriterien kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Befunde einer einzelnen Studie zufällig aufgetreten sind. Eine weitergehende Interpretation der Ergebnisse kann aber dennoch auf der Grundlage von Konsistenzbetrachtungen erfolgen, indem die Ergebnisse verschiedener Studien i. S. einer metaanalytischen Betrachtung zusammenfassend dargestellt werden."

Für fachwissenschaftliche Symposien mag eine „meta-analytische Betrachtung" im Sinne eines innovativen Denkanstoßes vertretbar sein. Für den Vollzug des Luftverkehrsgesetzes durch die gem. Artikel 20 Grundgesetz an Gesetz und Recht gebundenen Verwaltungen sind derartige Ansätze unbrauchbar.

Die Niedersächsische Landesregierung hält daher bis zum Erlass bundesweit geltender, einheitlicher normativer Vorgaben für die Zumutbarkeit von nächtlichem Fluglärm an ihrer in der Vergangenheit entwickelten und bis heute geübten Praxis fest und favorisiert in konkreten Verwaltungsverfahren die Anwendung des von Prof. Dr. med. Jansen entwickelten Zumutbarkeitskriteriums. Dieser geht als Ergebnis seiner Forschungen und Studien davon aus, dass bis zu 6 Fluglärmereignisse pro Nacht mit max. je 75 dB(A) Außenschallpegel als zumutbar angesehen werden können.

Diese in der Fachwelt und der luftverkehrsrechtlichen Diskussion als „Jansen-Kriterium" bezeichnete und bekannte Bewertung liegt seit vielen Jahren nahezu allen einschlägigen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und der Obergerichte der Länder zur Frage der Zumutbarkeit nächtlichen Fluglärms zu Grunde. Zuletzt hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg in seiner Entscheidung zur geltenden Nachtflugregelung am Flughafen Hannover-Langenhagen vom 9. Juni 1997 dazu ausgeführt: „Aus der Sicht des Senats genügt das durch das sogenannte Jansen-Kriterium umschriebene Schutzziel weiterhin dem gebotenen Schutz der Flughafenanwohner vor Gesundheitsgefährdungen durch nächtlichen Fluglärm. Dieses Kriterium hat sich in der Rechtsprechung und der Praxis der Planfeststellung als ein tauglicher und dem gesicherten Stand der Wissenschaft entsprechender Anhaltspunkt für die Bewertung fluglärmbedingter nächtlicher Schlafstörungen durchgesetzt." (Das OVG analysiert dann im weiteren Verlauf seiner Entscheidungsbegründung insgesamt 6 OVG- und Bundesverwaltungsgerichtsentscheidungen und die darin jeweils enthaltenen Auseinandersetzungen mit sog. neueren Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung und zieht folgendes Fazit:) „Nach alledem vermag der Senat nicht zu erkennen, dass sich die Erkenntnisse der Lärmforschung zu den gesundheitsschädigenden oder gefährdenden Wirkungen nächtlichen Fluglärms in einer Weise fortentwickelt hätten, die den bisherigen Genehmigungen und dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde liegenden Erwägungen über die Schutzbedürftigkeit der Flughafenanwohner vor nächtlichem Fluglärm grundlegend verändert hätten."

Die Landesregierung schließt sich dieser Einschätzung an.

Zu 13: Die Bestimmungen für den Nachtflugverkehr an den deutschen Verkehrsflughäfen sind Bestandteile der jeweiligen örtlichen Betriebsregelungen. Diese Betriebsregelungen sind aber nicht miteinander vergleichbar. Die topografische Lage der Plätze, die Ausrichtung der Pisten, Art, Umfang und Lage der angrenzenden Bebauung, die klimatischen Bedingungen, die Art der dort zugelassenen Luftfahrzeugmuster usw. sind lokale Faktoren, die von den zuständigen Luftfahrtbehörden zu beurteilen sind und ggf. in die deswegen auch so genannten örtlichen Betriebsregelungen für den jeweiligen Flughafen einfließen. Daher sind alle Versuche vergleichender Rückschlüsse aus Nachtflugregelungen anderer Flughäfen auf die entsprechenden Regelungen für den Flughafen Hannover-Langenhagen irreführend. Unbeschadet dessen sind entsprechend dem Wunsch des Fragestellers die örtlichen Betriebsregelungen für die Flughäfen Frankfurt/Main, Stuttgart, Bremen, Hamburg-Fuhlsbüttel und Düsseldorf in der Anlage beigefügt.

Zu 14: Nein. Für den Verkehrsflughafen Hannover-Langenhagen ist bereits vor Jahren gemäß § 29 Abs. 2 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) ein Beauftragter für Luftaufsicht mit dem Aufgabenbereich „Lärmschutz" (Fluglärmschutzbeauftragter) vom MW bestellt worden, der für diesen Bereich Luftaufsicht als hoheitliche Tätigkeit ausübt. Die Wahrnehmung der Aufgaben der Luftaufsicht gem. § 29 Abs. 1 LuftVG fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der Luftfahrtbehörden des Bundes und der Länder. Aus verfassungsrechtlichen Gründen kann diese Aufgabe nicht in die Hände eines unabhängigen, vom Kreistag zu wählenden Lärmschutzbeauftragten gelegt werden.

Dr. Fischer

Die Anlagen können in der Landtagsverwaltung - Drucksachenstelle - eingesehen werden.

(Ausgegeben am 31. Januar 2000)