Investitionen für eine ungenehmigte Kompostierungsanlage für Treibsel

Aufgrund widersprüchlicher Vorgaben der Bezirksregierung Lüneburg investierte der Deichverband Osterstader Marsch rund 710 000 DM für einen bis heute nicht nutzbaren Treibselkompostierungsplatz.

Der Ausschuß beanstandet, daß

a) die Bezirksregierung

- dem Deichverband 80 000 DM für den Ankauf eines Grundstücks bewilligt und ausgezahlt hat, bevor die Modalitäten der Treibselentsorgung und die damit verbundene Standortfrage geklärt war,

- die vom Deichverband beantragte, immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Anlage des geplanten Kompostierungsplatzes abgelehnt, aber gleichzeitig der Vorbelastung des Baugrunds zugestimmt hat,

- dem Staatlichen Amt für Wasser und Abfall mißverständliche Hinweise gegeben hat,

- das Verfahren nach Herstellung des naturschutzrechtlich gebotenen Benehmens mit dem Landkreis noch 15 Monate hat ruhen lassen, um dann vier Jahre nach der Antragstellung die erbetene Genehmigung zu erteilen,

b) das Staatliche Amt für Wasser und Abfall

- in Kenntnis der Bedenken des Landkreises ohne die erforderlichen Genehmigungen die Leistungen zur Vorbelastung des Baugrunds vergeben hat,

c) das Umweltministerium

- den nachgeordneten Dienststellen kein klares Konzept vorgegeben hat.

Der Ausschuß erwartet, dass die Landesregierung alsbald ein umweltgerechtes und wirtschaftliches Konzept für die Treibselentsorgung festlegt.

Bezüglich des aufgezeigten Einzelfalls bittet er, die Haftungsfrage zu prüfen.

Über das Veranlaßte ist dem Landtag bis zum 31.03.1999 zu berichten.

Die Antwort der Landesregierung vom 30.03.1999 in der Drs. 14/663 wird wie folgt abschließend ergänzt:

In vorgenannter Antwort vom 30.03.1999 ist die Frage offen geblieben, wie Treibsel im Gebiet des Deichverbandes Osterstader Marsch (DVOM) künftig entsorgt werden soll und auf welche Weise der teilerrichtete Kompostierungsplatz dabei einbezogen werden kann. Demzufolge war auch die zu prüfende Haftungsfrage noch unbeantwortet geblieben.

Nach Abschnitt I Ziffer 2.1 Buchstabe d) des Runderlasses des MU vom 18.03.

(Nds. MBl. S. 251) kann das Treibsel, je nach der Menge, die angefallen ist, und den örtlichen Gegebenheiten, im Wege der Humifizierung entsorgt werden. Bei der Humifizierung handelt es sich um eine weitgehend anaerobe Umsetzung des organischen Materials in Mieten. Um bei dieser Entsorgungsmöglichkeit den erforderlichen Schutz des Grundwassers zu gewährleisten, darf eine Miete nur auf einem hydrogeologisch günstigen Standort angelegt werden. Welche Voraussetzungen hierfür und im Übrigen bei der Humifizierung gegeben sein müssen, behandelt der Runderlass im Einzelnen.

Die vom DVOM ursprünglich für einen Kompostierungsplatz erworbenen Flächen in Sandstedt erfüllen die Voraussetzungen für eine Humifizierung des im Verbandsgebiet zu entsorgenden Treibsels. Da die Flächen durch die aufgebrachte Sandauflage bereits gut befahrbar waren, mussten nur noch die Zufahrten hergerichtet und die Entwässerung des Humifizierungsplatzes für Niederschlagswasser angelegt werden. Diese Maßnahmen, die in 1999 abgeschlossen wurden, haben 120 000 DM gekostet und sind aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" finanziert worden. Auf dem Humifizierungsplatz wurden von dem im Winterhalbjahr 1999/2000 auf den Hauptdeichen des DVOM angeschwemmten Treibsel eine Teilmenge von 11 000 m3 zur Entsorgung abgelagert. Der DVOM benötigt nach den Prognoserechnungen keine weiteren Flächen für die Humifizierung der in dieser Höhe festgesetzten regelmäßig anfallenden Treibselmenge. Soweit in einem Jahr erhöhte Mengen Treibsel anfallen, wird der DVOM von der Möglichkeit der Ausnahmeregelung gemäß § 3 Abs. 2 Kompost-Verordnung (Nds. GVBl. 1992 S. 141) Gebrauch machen, weil andere Methoden der Treibselbeseitigung für ihn nicht finanzierbar sind.

Auf diese Weise konnten die Investitionen in Höhe von 710 000 DM, die in den Jahren 1991 bis 1994 angefallen sind und die eigentlich für die Schaffung eines Kompostierungsplatzes bestimmt waren, für die Anlage eines Humifizierungsplatzes genutzt werden. Zusätzlich zu den bereits realisierten Maßnahmen, nämlich dem notwendigen Grundstückserwerb und der Herrichtung der Flächen, insbesondere der Abdeckung mit einer Sandschicht, waren nur noch verhältnismäßig geringe Mittel aufzubringen, um einen funktionsfähigen Humfizierungsplatz anzulegen. Insoweit ist mit den seinerzeit noch mit einer anderen Zielsetzung verfolgten Maßnahmen keine Fehlinvestition geleistet worden und folglich dem Land kein Schaden entstanden, der haftungsrechtlich relevant wäre. Im Übrigen stellt sich die realisierte Lösung als wirtschaftlich und kostengünstig dar. Der ursprünglich geplante Kompostierungsplatz wäre um ca. 2,0 Mio. DM teurer gewesen als die Herrichtung des Humifizierungsplatzes.

Somit ist haftungsrechtlich nur noch der Umstand von Bedeutung, dass im Hinblick auf die zeitlichen Verzögerungen, die bei der Abwicklung der Maßnahmen eingetreten sind, insbesondere bei dem Erwerb von Grundstücken, deren zeitnahe Verwendung nicht gesichert war, Bund und Land ein Zinsschaden entstanden sein könnte. Ungeachtet der Frage, ob die Verzinsung des eingesetzten Betrages als Schaden im Sinne der haftungsrechtlichen Bestimmungen zu qualifizieren ist, besteht schon deshalb kein haftungsrechtlicher Anspruch nach § 86 Abs. 1 NBG, weil den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kein grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist. Auch wenn sie objektiv ihre Pflicht verletzt haben, die ihnen anvertrauten öffentlichen Mittel sparsam zu bewirtschaften, lässt sich nicht feststellen, dass dies in einer Weise geschehen ist, die die im Verkehr erforderliche Sorgfalt durch ein subjektiv unentschuldbares Fehlverhalten in hohem Maße außer Acht gelassen hätte und mit einem schweren persönlichen Vorwurf verbunden wäre.

Zu Beginn der neunziger Jahre stellte der erhebliche Anfall von Treibsel den DVOM vor ganz erhebliche Probleme und löste einen akuten Handlungsbedarf aus. Bei einer Treibselverbrennung im Frühjahr 1990 entstanden Belästigungen der Bevölkerung durch Rauchschwaden, die zu Strafanzeigen gegen den Oberdeichgrafen wegen Körperverlet zung führten. Die bis dahin geltende Praxis, größere Mengen von Treibsel allein durch Verbrennung zu beseitigen, sollte aufgrund dieser Vorkommnisse durch alternative Entsorgungsmöglichkeiten abgelöst werden. Diese Notwendigkeit wurde noch durch die beabsichtigten Regelungen der seinerzeit geplanten Kompost-Verordnung verstärkt. Danach sollte es nicht mehr zulässig sein, große Mengen von Treibsel ausschließlich durch Verbrennen zu entsorgen. Mit der am 01.06.1992 in Kraft getretenen Kompost-Verordnung war das Verbrennen der normal anfallenden Treibselmengen nur noch bis zum 30.04.1994 erlaubt. In Anbetracht dieser absehbaren Entwicklung war ein Entsorgungsnotstand im Verbandsgebiet des DVOM zu befürchten, der die Verantwortlichen zwang, umgehend andere Lösungen zu finden. Diese Sachlage wird nachträglich durch den von der Arbeitsgruppe „Treibselproblematik" im Jahre 1996 vorgelegten Bericht bestätigt.

Für den Bereich des DVOM drängte sich die Anlage eines Treibselkompostplatzes auf.

Wegen des engen, durch die Kompost-Verordnung vorgegebenen Zeitrahmens mussten die hierfür erforderlichen Vorbereitungen und das eigentliche Verfahren möglichst ohne zeitliche Verzögerungen vorangetrieben werden. Dies setzte voraus, die für den Kompostplatz benötigten Flächen umgehend zu erwerben. Wäre der Grundstückserwerb weiter hinausgezögert worden, hätte nach den damaligen Erwartungen keine zeitgerechte Abwicklung des Vorhabens sichergestellt werden können. Von dieser Prognose haben sich die zuständigen Stellen und Behörden leiten lassen. Die schnelle Auszahlung der Mittel zum Ankauf der Flurstücke sollte dem DVOM Planungssicherheit geben und für einen unverzüglichen Fortgang des Verfahrens sorgen, mit dem eine angemessene Entsorgung des Treibsels im Verbandsgebiet erreicht werden sollte.

Zudem hatte das MU am 27.01.1993 seine Zustimmung zur Errichtung des Treibselkompostplatzes in Sandstedt erklärt und die Finanzierung des ersten Bauabschnittes sichergestellt. Die beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konnten deshalb davon ausgehen, dass das Verfahren zur Errichtung des Kompostplatzes einschließlich der Finanzierung von allen Behörden ohne jede zeitliche Verzögerung weiter betrieben wird. Diese Erwartung erfüllte sich aber nicht, denn die Bestimmungen der Kompost-Verordnung mussten aus verschiedenen Gründen geändert und der Termin für das Erteilen von Ausnahmegenehmigungen für das Verbrennen von normal anfallenden Treibselmengen bis zum 31.05.1998 verlängert werden. Schließlich kam noch die schwere Sturmflut am 28.01.1994 hinzu, die es erforderte, die Prioritäten des Küstenschutzprogramms zu überprüfen, und die dazu führte, den Ausbau der Einrichtungen für die Treibselentsorgung vorübergehend zurückzustellen. Im Gebiet des DVOM war beispielsweise das Dreptesiel stark abgängig, so dass dessen Neubau dem Ausbau des Kompostplatzes im Interesse der Sturmflutsicherheit vorzuziehen war. Die dadurch eingetretene zeitliche Verzögerung ließ sich nicht vorhersehen, als die ersten Schritte zur Abwicklung des Vorhabens, insbesondere auch die Aufschüttung einer Sandschicht, eingeleitet wurden.

In der Auszahlung der Mittel für den Grunderwerb sowie in der Vorbereitung des Baugrundes durch eine Sandaufschüttung sind somit keine besonders großen Sorgfaltsverstöße zu erkennen, die den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern persönlich vorzuwerfen wären. Ein grob fahrlässiges Verhalten liegt nicht vor. Eine Haftung nach § 86 Abs. 1 NBG ist demnach nicht gegeben.