Ratenzahlung

H. des Kassensolls1 entsprach. Diese Rückstandsquote lag Ende 1998 über dem Bundesdurchschnitt von rund 1,5 v. H.

Der LRH hat 1999 bei fünf Finanzämtern die Arbeitsweise der Vollstreckungsstellen geprüft.

Ermittlung und Nutzung von Vollstreckungsmöglichkeiten

Nach der Abgabenordnung sind die Finanzämter befugt, zur Vorbereitung der Vollstreckung die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Vollstreckungsschuldners zu ermitteln. Da ihnen die zu einem Vollstreckungsverfahren führenden Zahlungsschwierigkeiten von Steuerschuldnern im allgemeinen später bekannt werden als anderen Gläubigern (z. B. Banken, Lieferanten), müssen die Vollstreckungsstellen diesen unvermeidbaren Nachteil dadurch begrenzen, dass sie schnell mit zielgerichteten und wirksamen Maßnahmen tätig werden. Wichtig ist, alle verfügbaren Informationen über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners möglichst frühzeitig zu beschaffen und in den Akten zu dokumentieren, um erfolgreiche Vollstreckungsmaßnahmen durchführen zu können. Dafür sind auch die Unterlagen und Kenntnisse insbesondere der Veranlagungs- und Bewertungsbereiche sowie der Außenprüfungsdienste zu nutzen. Erforderlichenfalls sind Vollziehungsbeamte zu beauftragen, die aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners zu ermitteln und z. B. Forderungen und andere Vermögensrechte durch Einsicht in die Geschäftsbücher festzustellen.

Der LRH stellte im Wesentlichen folgende Bearbeitungsdefizite fest:

- Informationen aus den Vollstreckungs- und Steuerakten

Aus den geprüften 220 Vollstreckungsakten ergaben sich in durchschnittlich etwa einem Drittel und aus den untersuchten 138 Steuerakten in annähernd der Hälfte der Fälle ungenutzte Beitreibungsmöglichkeiten (z. B. Mieteinnahmen, Ansprüche aus Lebensversicherungsverträgen, Einnahmen aus Kapitalvermögen, Gesellschaftsbeteiligungen). So hat z. B. ein Finanzamt in einem Fall Kapitalvermögen von rd. 200 000 DM nicht gepfändet.

Infolge der unzureichenden Ermittlung und Nutzung dieser Vollstreckungsmöglichkeiten wurden Steuern nicht, nur unvollständig oder verzögert erhoben. Der LRH geht davon aus, dass bei drei Finanzämtern allein in sechs besonders schwerwiegenden Fällen Abgabenrückstände von insgesamt rund 3,2 Millionen DM vollständig zu einem erheblichen Teil ausfallen werden, weil es diese Finanzämter versäumten, rechtzeitig Pfändungen durchzuführen.

- Informationen über unbewegliches Vermögen

Die Vollstreckungsstellen hatten oft Kenntnis von Grundbesitz des Schuldners, ohne jedoch in dieses Vermögen durch Eintragung einer Sicherungshypothek oder durch Zwangsversteigerung zu vollstrecken.

In nahezu der Hälfte der 98 untersuchten Fälle mit Grundbesitz war die Eintragung einer Sicherungshypothek nicht beantragt worden, obwohl die Voraussetzungen hierfür vorlagen. Sofern eine Sicherungshypothek eingetragen war, entsprach deren Höhe des Öfteren nicht mehr der Höhe der inzwischen weiter angestiegenen Rückstände, sodass die Ansprüche des Finanzamts nur unzureichend gesichert waren.

In 79 Fällen blieb die Frage ungeklärt, ob die Rückstände nicht (mehr) durch Vollstreckung in das bewegliche Vermögen beigetrieben werden können und deshalb die Zwangsversteigerung von Grundstücken des Vollstreckungsschuldners zu beantragen

Kassensoll = Kassenmäßiges Aufkommen zuzüglich der Rückstände, der erlassenen und der niedergeschlagenen Beträge. ist. In mindestens 21 Fällen mit Abgabenrückständen von insgesamt rund 4,2 Millionen DM hätten die betroffenen Grundstücke nach ihrem Wert und den bestehenden Belastungen erfolgversprechend verwertet werden können.

- Informationen über betriebliche Forderungen und Auftragsbestände

In 95 von 112 überprüften Vollstreckungsfällen mit Betriebssteuerrückständen stellte der LRH fest, dass die Vollstreckungsstellen die betrieblichen Forderungs- und Auftragsbestände weder selbst noch mit Hilfe der Außenprüfungsdienste ermittelt hatten.

Dadurch dürfte in zahlreichen Fällen eine erfolgversprechende Pfändung bereits entstandener bzw. künftiger Vermögensrechte unterblieben sein.

Der LRH hat der Verwaltung eine Reihe von Maßnahmen zur besseren Ermittlung und Nutzung von Vollstreckungsmöglichkeiten vorgeschlagen. Dazu gehört auch eine verbesserte Aktenführung und eine intensivere Zusammenarbeit mit den Außenprüfungsdiensten.

Aussetzung der Vollstreckung

Das Finanzamt kann die Vollstreckung aussetzen, soweit diese im Einzelfall unbillig ist (§ 258 Abgabenordnung). Nach den hierzu ergangenen Verwaltungsanweisungen ist ein solcher Zahlungsaufschub dann gerechtfertigt, wenn nach Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Vollstreckungsschuldners von einem vorübergehenden Liquiditätsengpass auszugehen ist und der Schuldner während einer kurzfristigen Aussetzung der Vollstreckung die Rückstände ggf. ratenweise tilgen wird. Erforderlichenfalls ist zur Vermeidung von Steuerausfällen eine Sicherheitsleistung zu verlangen.

Vor allem drei Finanzämter setzten in zahlreichen Fällen die Vollstreckung zumeist unter Gewährung von Ratenzahlungen aus. Der LRH hat nahezu alle geprüften Aussetzungsfälle (141) beanstandet und hierbei besonders folgende Mängel festgestellt:

- In fast allen Fällen sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Vollstreckungsschuldners nicht oder nur unzureichend aufgeklärt worden, weil vielfach keine oder nur unvollständige Unterlagen vorgelegt wurden.

- In durchschnittlich mehr als drei Vierteln der geprüften Aussetzungsfälle lagen die Voraussetzungen für einen Vollstreckungsaufschub nicht vor, weil nach der Höhe der vereinbarten Ratenzahlungen von einer längeren - oft mehrjährigen - Tilgungsdauer und somit nicht nur von einem vorübergehenden, sondern von einem dauernden Liquiditätsengpass auszugehen war. Bei einem Finanzamt fehlten in etwa einem Drittel der Fälle sogar jegliche Tilgungsvereinbarungen.

- Bei Nichteinhaltung von Tilgungsvereinbarungen ergriffen insbesondere zwei Finanzämter vielfach keine oder nur unzureichende Vollstreckungsmaßnahmen.

- Sicherheitsleistungen wurden wiederholt nicht gefordert, obwohl die Vollstreckungsschuldner diese nach Aktenlage hätten erbringen können.

Durch diese Mängel sind in zahlreichen Fällen angemessene Beitreibungsmaßnahmen unterblieben oder zumindest nicht rechtzeitig ergriffen worden. Der LRH hat detaillierte Anweisungen zur sachgerechten Bearbeitung von Aussetzungsanträgen vorgeschlagen.

Einleitung rückstandsunterbindender Maßnahmen

Zu den wichtigsten rückstandsunterbindenden Maßnahmen gehören die Anregung eines gewerberechtlichen Untersagungsverfahrens und der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Sie dienen vornehmlich nicht der Tilgung von Rückständen, sondern sollen weitere Rückstände verhindern, nachdem andere Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos geblieben sind. Nach den Verwaltungsanweisungen sind diese rückstandsunterbindenden Maßnahmen grundsätzlich dann angezeigt, wenn der Steuerpflichtige laufende Betriebssteuern seit mehr als sechs Monaten schuldet.

Der LRH stellte fest, dass einige Finanzämter in durchschnittlich drei Vierteln der überprüften Fälle trotz nicht unerheblicher - bereits seit längerem bestehender - Betriebssteuerrückstände ohne erkennbaren Grund von rückstandsunterbindenden Maßnahmen absahen. Dies widerspricht nicht nur einer gleichmäßigen Besteuerung, sondern ist auch deshalb nicht vertretbar, weil säumigen Steuerzahlern ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile verschafft werden.

Der LRH hat der Verwaltung ein maschinell unterstütztes Verfahren vorgeschlagen, um das Instrument der rückstandsunterbindenden Maßnahmen künftig verstärkt einzusetzen.

Vollstreckungsfälle mit Großrückständen

Die Höhe der vollstreckbaren Gesamtrückstände hängt maßgeblich davon ab, wie wirksam die Finanzämter die Vollstreckungsfälle mit Großrückständen (Großfälle) bearbeiten. Der LRH hat in insgesamt 300 Großfällen mit Rückständen von jeweils über 100 000 DM für einen Zeitraum von etwa zwei Jahren untersucht, welche Bearbeitungsschritte die Vollstreckungsstellen durchgeführt hatten.

Er stellte fest, dass die Arbeitsweise der geprüften Finanzämter nach Art und Umfang der Tätigkeiten zum Teil sehr unterschiedlich war. Zwei Finanzämter führten bei überdurchschnittlich vielen Aussetzungen der Vollstreckung nur in geringem Umfang wirksame Beitreibungsmaßnahmen durch. Bei einem dieser Finanzämter entfiel mehr als die Hälfte der Bearbeitungsschritte auf Zahlungsaufforderungen und Aussetzungen der Vollstreckung. Diese Finanzämter hätten in zahlreichen Fällen weitere Vollstreckungsmöglichkeiten nutzen und dabei insbesondere auch mehr rückstandsunterbindende Maßnahmen ergreifen müssen. So waren z. B. in einem Fall Abgabenrückstände von 260 000 DM seit 1993 noch nicht entrichtet worden, obwohl die Vollstreckungsschuldnerin Kapitalvermögen von mindestens 800 000 DM besaß.

Der LRH bemängelt diese erheblichen Bearbeitungsdefizite, die auch auf unzureichende dienst- und fachaufsichtliche Hinweise und Kontrollen der Sachgebietsleiterinnen und Sachgebietsleiter zurückzuführen sind. Er hat der Verwaltung Maßnahmen vorgeschlagen, damit die Finanzämter die Großfälle mit maschineller Unterstützung sachgerecht bearbeiten und dies auch wirksam kontrollieren.

Einziehung von Kraftfahrzeugsteuerrückständen

Die von den Vollstreckungsstellen beizutreibenden Steuerforderungen betreffen auch Kraftfahrzeugsteuerrückstände. Nach den Feststellungen des LRH setzten die geprüften Finanzämter für die Einziehung dieser Steuerrückstände, die z. B. Ende 1998 nur rd. 1 v. H. der insgesamt vollstreckbaren Rückstände betrugen, durchschnittlich etwa ein Anordnungl des Vollstreckungspersonals ein. Im Außendienst waren durchschnittlich 40 v. H. der den Vollziehungsbeamten zugeschriebenen Vollstreckungsaufträge Fälle mit Kraftfahrzeugsteuerrückständen.

Der LRH hält diesen Personaleinsatz im Hinblick auf die verhältnismäßig geringe finanzielle Bedeutung der Kraftfahrzeugsteuerrückstände und die bei der Vollstreckung der anderen Steuerrückstände festgestellten Bearbeitungsdefizite für zu hoch. Er hat der Verwaltung ein weniger aufwendiges Verfahren zur Einziehung der Kraftfahrzeugsteuerrückstände vorgeschlagen. Unabhängig davon befürwortet er auch Untersuchungen der Verwaltung, ob das Land von der Ermächtigung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes Gebrauch machen sollte, die Zuständigkeit für die Einziehung der Kraftfahrzeugsteuer aus wirtschaftlichen Gründen auf die Zulassungsbehörden zu übertragen.