Bau zweier aufwendiger Einfamilienhäuser als Dienstwohnungen für Schleusenwärter

Der Bau zweier Einfamilienhäuser als Dienstwohnungen für einen Schleusen- und einen Sielwärter verteuerte sich von ursprünglich geplanten rund 758 000 DM auf rund 1,44 Mio. DM. Ursächlich für die Erhöhung der Baukosten auf fast das Doppelte waren eine unvollständige Planung und Abweichungen von der Ausführungsplanung aufgrund von Nutzerwünschen.

Der Ausschuss für Haushalt und Finanzen beanstandet, dass das ehemalige Staatliche Amt für Wasser und Abfall in Aurich

­ beim Bau der beiden Wärterhäuser erheblich von der genehmigten Planung abwich und dabei einen Standard verwirklichte, der weit über das gebotene Maß hinausging,

­ es versäumte, der Bezirksregierung darüber und über die mündlich verhandelten Sonderwünsche der zukünftigen Nutzer rechtzeitig zu berichten.

Der Ausschuss bittet die Landesregierung, die Angelegenheit in haftungs- und disziplinarrechtlicher Hinsicht zu prüfen.

Er erwartet, dass künftig überholte Entwurfsplanungen rechtzeitig aktualisiert werden und auch bei der Durchführung untergeordneter Vorhaben die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit strikte Beachtung finden. Der Ausschuss geht zudem davon aus, dass der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft und Küstenschutz als Rechtsnachfolger des Staatlichen Amts für Wasser und Abfall sich um eine wirtschaftliche Nutzung der über den Raumbedarf hinausgehenden Flächen bemühen wird.

Über das Veranlasste ist dem Landtag bis zum 31.03.2000 zu berichten.

Antwort der Landesregierung vom 17.05.

Im Rahmen der haftungsrechtlichen Prüfung sind Verstöße gegen haushaltsrechtliche Vorschriften festgestellt worden. Sie ergeben sich zum einen daraus, dass das inzwischen aufgelöste Staatliche Amt für Wasser und Abfall in Aurich es unterließ, die Änderungen der ursprünglichen Pläne für die beiden Einfamilienhäuser, die ein beauftragter Architekt erarbeitet hatte, mit der Bezirksregierung Weser-Ems abzustimmen. Zum anderen sind sie darin zu finden, dass bei der Berechnung des umbauten Raumes nicht die Vorschriften über die zulässigen Wohnflächen berücksichtigt worden sind. Dies führte zu einer Erhöhung der Bausumme für die beiden Häuser und damit zu einem Vermögensnachteil für das Land.

In der Haushaltsunterlage für die Planung, den Bauablauf und die Finanzierung des Bauvorhabens „Küstenschutz Leybucht" aus dem Jahre 1986 war der Bau der Einfamilien häuser nicht im Einzelnen beschrieben. Die Häuser waren nicht als einzelne Baumaßnahme ausgewiesen, sondern Teil des Gesamtbauvorhabens, das mit 100,4 Mio. DM veranschlagt war und die Errichtung eines Sperrwerkes mit Siel und Schleuse umfasste.

Da sich das o. g. Amt vorrangig auf das wasserbautechnische Vorhaben konzentrieren sollte, verfügte die Bezirksregierung Weser-Ems bereits bei Genehmigung des Bauentwurfs, „für die Gestaltung sämtlicher Hochbauten, deren Anpassung an den Ingenieurbau sowie auch Ausbildung von Details ist rechtzeitig ein im Ingenieurbau erfahrener und dem landschaftsbezogenen Baugeschehen vertrauter Architekt einzuschalten".

Der beauftragte Architekt legte 1991 die Entwurfsunterlagen für die Wärterhäuser vor.

Auf dieser Grundlage wurden die Bauhauptarbeiten im Mai 1992 ausgeschrieben. In dieser Zeit waren die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amtes stark durch das laufende Baugeschehen des wasserwirtschaftlichen Bauvorhabens beansprucht, wie dies aus den seinerzeit zu erledigenden Aufgaben deutlich wird:

­ 1991 erfolgten die Ausführungsplanung, Ausschreibung, Vergabe und Bauüberwachung sowie Bauoberleitung für den Ausbau des Vor- und Schutzhafens Leysiel. Dies umfasste 15 Aufträge mit einem Auftragsvolumen von insgesamt 24,5 Mio. DM. Parallel dazu waren die Bauüberwachung, Bauoberleitung der Massiv-, Hoch- und Ausbauarbeiten von Siel und Schleuse durchzuführen. Zeitgleich erfolgte die Umstellung der Baggermaßnahmen zur Speicherbecken- und Schifffahrtskanalherstellung von der planfestgestellten wattseitigen Spülung auf eine Binnendeichspülung. Dies hatte erhebliche Auswirkungen auf die Kosten und machte die Änderung bestehender Bauverträge notwendig.

­ Drei größere Bauaufträge von zusammen ca. 61,5 Mio. DM wurden im Laufe der Jahre 1991 bis 1992 mit insgesamt elf Nachtragsaufträgen versehen. Dies hatte eine Erweiterung des Auftragsvolumens um ca. 11 Mio. DM zur Folge.

­ 1992 fanden die Bauüberwachung, Bauoberleitung der Gesamtfertigstellung der Sielund Schleusenanlage sowie Begleitung des Schleusenpersonals bei der Inbetriebnahme der Anlage statt. Auch die Entwurfsplanung für die Um- und Ausbaumaßnahmen im Hafen Greetsiel sowie der Klappbrücken über das Verbindungstief mit einer Entwurfssumme von insgesamt 20 Mio. DM waren durchzuführen. Weitere Baggermaßnahmen zur Schifffahrtskanalherstellung mit einem Auftragsvolumen von 7 Mio. DM wurden vergeben.

Vor dem Hintergrund der Belastung durch die Gesamtbaumaßnahme stellte es sich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amtes als Erleichterung dar, dass ein Architekt die konkreten Entwurfsplanungen für die Wärterhäuser zu erarbeiten hatte. Insoweit sahen sie sich von der Verpflichtung entbunden, die zum genehmigten Bauentwurf aus dem Jahre 1988 noch zusätzlich erforderlichen konkreten Entwurfsplanungen und Raumbedarfsplanungen zu erstellen. Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und technischen Verantwortung der Mitarbeiter für die Gesamtbaumaßnahme und der im Verhältnis dazu untergeordneten Bedeutung der Baumaßnahme „Einfamilienhäuser" - die Kosten der Häuser betragen ca. 0,47 % des Gesamtobjektes Leybucht bzw. 1,8 % des Sperrwerks Leysiel - ist es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht als schlechthin unentschuldbar vorzuwerfen, dass sie die konkrete Raumbedarfsplanung anhand der Richtlinien des Landes nicht gegenprüften bzw. die erneuten Entwurfsplanungen nicht ausdrücklich über einen Nachtrag absicherten. Damit kann das Vorliegen einer groben Fahrlässigkeit im Sinne des § 86 Abs. 1 Satz 1 NBG nicht bejaht werden, sodass die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme von Bediensteten nicht gegeben sind.

Für eine disziplinarrechtliche Verfolgung gilt Folgendes:

Eine Disziplinarmaßnahme darf nach § 4 Abs. 2 NDO nicht mehr verhängt werden, wenn seit einem Dienstvergehen, das höchstens eine Geldbuße gerechtfertigt hätte, mehr als zwei Jahre verstrichen sind. Das Gleiche gilt, wenn seit einem Dienstvergehen oder einem als Dienstvergehen geltenden Verhalten, das eine Gehaltskürzung oder Kürzung des Ruhegehalts gerechtfertigt hätte, mehr als drei Jahre verstrichen sind.

Bei dem hier vorliegenden Verhalten, das als fahrlässige Dienstpflichtverletzung leichterer bis mittelschwerer Art zu werten ist, käme als Disziplinarmaßnahme eine Geldbuße, allenfalls jedoch eine Gehaltskürzung in Betracht. Da das Verhalten spätestens mit Fertigstellung der Häuser im Sommer 1993 abgeschlossen war, dürfte eine Disziplinarverfügung wegen des eingetretenen Zeitablaufs nicht mehr verhängt werden.

Hinsichtlich einer wirtschaftlichen Nutzung der Kellerräume bestehen mehrere Möglichkeiten:

Zum einen kommt eine Vermietung zu touristischen Zwecken in Betracht. Die ist ohne umfangreichere Umbauten nicht möglich. Vor- und Nachteile insbesondere hinsichtlich des wirtschaftlichen Risikos der Einnahmeerziehlung sind abzuwägen. Die rechtliche Zulässigkeit ist angesichts der Lage des Objektes noch nicht abschließend geprüft. Dies gilt auch für die Frage einer dauerhaften Vermietung an Interessierte, die die bauliche Herrichtung für eine denkbare Nutzung als Wochenend- bzw. Ferienwohnung selbst vornehmen bzw. finanzieren.

Eine eigenbetriebliche Nutzung durch Unterbringung von im Bereich der Leybucht tätigen Zivildienstleistenden kommt ebenfalls in Betracht.

Der Landesbetrieb wurde beauftragt, die Prüfung möglicher Nutzungen kurzfristig abzuschließen und hierbei eine sorgfältige Vor- und Nachteilsabwägung unter Einschluss der Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit durchzuführen.