Zum Verfahren in der Staatskanzlei führt die Landesregierung weiter aus

Auf Grund des genannten Schreibens der Vorprüfungsstelle vom 27.06.1995 hat das Personalreferat der Staatskanzlei bereits dem ehemaligen Ministerpräsident Schröder mit Schreiben vom 01.09.1995 empfohlen, Vergütungen aus seinen Mitgliedschaften in Aufsichtsräten umgehend als Abschlag an die Landeshauptkasse zu überweisen, soweit sie im Laufe eines Jahres die Höchstgrenze von 10.800 DM überschreiten. Ein entsprechender Hinweis wurde - unter Beifügung einer Kopie des o a. Schreibens der Vorprüfungsstelle - in jedem folgenden Jahr in den Bescheid über die Abrechnung der Aufsichtsratsvergütungen aufgenommen. Entsprechende Abschläge wurden vom ehemaligen Ministerpräsidenten Schröder geleistet. Der Leiter des Personalreferats der Staatskanzlei, Herr MR Konert, hat gegenüber dem Sonderermittler H. Herbst angegeben, dass der Staatskanzlei seit dem Schreiben der Vorprüfungsstelle des Niedersächsischen Landesverwaltungsamtes vom 27.06.1995 bekannt war, dass auf Aufsichtsratsvergütungen Abschläge gezahlt werden sollten, soweit der Gesamtbetrag der Vergütungen 10.800 DM übersteige. Er führt weiter aus: „Unter dem früheren Ministerpräsidenten Schröder ist so vorgegangen worden. Ihm sind entsprechende Schreiben zur Bezahlung von Abschlägen zugeleitet worden. Die Abschläge sind jeweils pünktlich von ihm entrichtet worden."

Vom ehemaligen Ministerpräsidenten Glogowski sind mit Schreiben der Staatskanzlei vom 22.07.1999 Abschläge gefordert worden; Änderungen in der Verfahrensweise haben sich insoweit nicht ergeben.

Die Sonderermittler H. Herbst und G. Räcker haben zu diesem Komplex folgende Sachverhaltsfeststellungen getroffen, die die Landesregierung zum Gegenstand ihres Berichts macht: „Die Volkswagen AG hat Herrn Glogowski Anfang Januar 1999 an seinen Amtssitz - Niedersächsische Staatskanzlei -, aber mit dem Zusatz: „persönlich" versehen, die Abrechnung vom 04.01.1999 über „im Kalenderjahr 1998 zugeflossene Aufsichtsratsvergütungen für 1997" zugesandt. Danach hat die Volkswagen AG an den Ministerpräsidenten a.D. Glogowski am 05.01. einen „festen Anteil" von 6.000 DM und am 08.06.1998 einen „variablen Anteil" von 45. DM gezahlt. Diese Abrechnung ist in Fotokopie bei dem für die Bearbeitung von Aufsichtsratsvergütungen zuständigen Referat 202 der Staatskanzlei nach einem Eingangsvermerk des zuständigen Sachbearbeiter Boldt am 15.01.1999 eingegangen - allerdings ohne die erforderlichen Buchungsunterlagen. Herr Boldt hat die Sekretärin Weickum ausweislich seiner Verfügungen vom 24.02. und 15.04.1999 jeweils an Übersendung dieser Unterlagen erinnert.

Am 11.05.1999 hat er in einem Vermerk nebst Anlagen dargelegt, dass dem ehemaligen Ministerpräsidenten Glogowski als Aufsichtsratsmitglied der VW-AG im Jahre 1998 insgesamt 55.203 DM zugeflossen sind, und zwar 51.009 DM bar und 4.194 DM als „kapitalisierter Vorteil durch private Pkw-Nutzung". Hiervon durfte er nach § 5 Abs. 3 Niedersächsisches Ministergesetz 10.800 DM behalten; die restlichen 44.403 DM musste er an die Landeshauptkasse abführen.

Herr Boldt hat im Mai 1999 eine entsprechende Zahlungsaufforderung an Herrn Glogowski entworfen und unter Beifügung des erwähnten Rundschreibens der Vorprüfungsstelle des Niedersächsischen Landesverwaltungsamtes vom 27.06.1995 auf die rechtzeitige Erhebung von Einnahmen aus Nebentätigkeiten und auf die Zahlung von Abschlägen hingewiesen. Diesen Hinweis hat Ministerialdirigent Wehrmeyer als zuständiger Abteilungsleiter nach eigenen Angaben gestrichen und den Entwurf am 13.07.1999 dem zuständigen Referat 202 zurückgegeben. Noch im selben Monat hat dieses Referat Ministerialdirigent Wehrmeyer zwei neue Entwürfe vorgelegt - einer mit und einer ohne den von Herrn Wehrmeyer im „Mai-Entwurf" gestrichenen Hinweis auf die rechtzeitige Erhebung von Aufsichtsratsvergütungen und die Zahlung von Abschlägen. Herr Wehrmeyer hat nunmehr den Entwurf mit dem Hinweis abgezeichnet - allerdings ohne ein Datum einzusetzen. Er muss diesen Entwurf jedoch spätestens am 26.07.1999 abgezeichnet haben, weil Staatssekretär Schneider an diesem Tag davon Kenntnis genommen hat.

Ministerialdirigent Wehrmeyer will jenes Schreiben persönlich Herrn Glogowski zugeleitet haben." Herr Rechtsanwalt v. Fromberg hat in einem Schreiben vom 28.01.2000 für seinen Mandanten Herrn Glogowski an die genannten Sonderermittler mitgeteilt, dieser habe nie eine Aufforderung zur Bezahlung von Abschlägen, keine Berechnung und keine Beträge erhalten.

Die Sonderermittler haben weiter festgestellt: „Herr Glogowski hat am 02.08.1999 den von ihm für das Kalenderjahr 1998 abzuführenden Betrag in Höhe von 44.403 DM bei der Niedersächsischen Landeshauptkasse eingezahlt."

Der Landesregierung liegt die Kopie des Originals des Schreibens der Staatskanzlei an Herrn Ministerpräsidenten Glogowski über die Abrechnung der gemäß § 5 Abs. 3 des Niedersächsischen Ministergesetzes abzuführenden Vergütungen vor. Dieses trägt das Datum „22.07.1999" und enthält neben der Betragsangabe den Hinweis „BfG 28./07." und das Handzeichen der Sekretärin Frau Weickum. Die Kopie ist der Landesregierung von Rechtsanwalt v. Fromberg zugefaxt worden, der angab, ebenfalls lediglich über eine Kopie zu verfügen.

Am 13.12.1999 hat Ministerpräsident a.D. Glogowski auf das Konto der Landeshauptkasse einen weiteren Betrag von 70.000 DM eingezahlt (Zahlungseingang am 20.12.1999) und auf dem Einzahlungsbeleg vermerkt: „Abschlag - AR-Vergütungen 1998/1999 vor Rechnungsstellung". [Es folgt die wörtliche Wiedergabe der Aussagen der hierzu vernommenen Bediensteten Frau Weickum, Boldt, Konert und Tober.

Danach hatte die Zeugin Weickum darauf hingewiesen, dass der Ministerpräsident Glogowski generell Zahlungen entweder selbst vorgenommen habe oder durch sie habe vornehmen lassen. Der zuständige Referatsleiter Konert hatte ausgesagt, dass seit dem Schreiben der Vorprüfungsstelle des Niedersächsischen Landesverwaltungsamts vom 27.06.1995 bekannt gewesen sei, dass auf Aufsichtsratsvergütungen Abschläge gezahlt werden sollten, soweit der Gesamtbetrag der Vergütungen 10.800 DM übersteigt. Danach sei in der Vergangenheit auch verfahren worden.

Den ersten Entwurf von Mai 1999 habe das Fachreferat erst auf seine Mahnung gegenüber dem Zeugen Wehrmeyer zurückerhalten. Dieser habe die Streichung des Hinweises auf die Abschlagszahlungen damit begründet, dass er den Hinweis Ministerpräsident Glogowski persönlich habe übermitteln wollen. Er habe den Zeugen Wehrmeyer bei Übergabe dieser Entwürfe noch einmal darauf hingewiesen, dass der Hinweis über die Abschlagszahlungen schriftlich erfolgen

Die Aussage des von den Sonderermittlern hierzu ebenfalls vernommenen Zeugen Wehrmeyer wird im Bericht der Landesregierung nicht wiedergegeben, weil der Zeuge dem nicht zugestimmt hatte. müsse; auch sei nur diese Fassung vom Fachreferat abgezeichnet gewesen. Das Persönliche Büro des Ministerpräsidenten habe das Fachreferat darüber informiert, wann dieser welche Aufsichtsratsvergütungen erhalten habe. Mitteilungen über gezahlte Aufsichtsratsvergütungen durch die NORD/LB oder die PreussenElektra AG seien aber beim Fachreferat nicht eingegangen. Die Abführungspflicht bezüglich des Aufsichtsratsmandats bei der Preussen-Elektra AG sei inzwischen geklärt (Vermerk des Staatsekretärs Schneider vom 22.12.1999). Der zuständige Sachbearbeiter Boldt hatte ausgesagt, der Zeuge Wehrmeyer sei von ihm und dem Zeugen Konert mehrfach an die Erledigung des Entwurfs vom Mai 1999 erinnert worden. Diesem Entwurf sei auch das Schreiben des Niedersächsischen Landesverwaltungsamts vom 27.06.1995 in Fotokopie als Anlage 4 beigefügt gewesen.]

An anderer Stelle führt die Landesregierung zu diesem Sachverhalt noch aus (S. 36): Wurde die Abrechnung über die Aufsichtsratsvergütung 1998 vom Juli 1999 tatsächlich von dem damals zuständigen Abteilungsleiter dem Ministerpräsidenten vorgelegt? Hier gab es unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Personalreferat und dem damaligen Abteilungsleiter über die Aufnahme eines Hinweises an den Ministerpräsidenten über die Notwendigkeit von Abschlagszahlungen. Wegen dieser Differenzen wurde die entsprechende Abrechnung etwa zwei Monate lang nicht weitergeleitet. Nach Angaben des damaligen Abteilungsleiters soll dies dann mit dem vom Personalreferat geforderten Hinweis geschehen sein. Demgegenüber konnte sich der ehemalige Ministerpräsident nach Aussagen mehrerer Beteiligter nicht daran erinnern, jemals auf die Notwendigkeit von Abschlagszahlungen bei Aufsichtsratsvergütungen hingewiesen worden zu sein.

Der Ausschuss hat zu diesem Sachverhalt insbesondere Ministerpräsident a.D. Glogowski, Ministerpräsident Gabriel, Staatssekretär Schneider, Abteilungsleiter Wehrmeyer, Referatsleiter Konert, Sachbearbeiter Boldt und die Angestellte Weickum als Zeugen vernommen. Der Teilaspekt, dass von dem Vermerk vom Mai 1999, als er ins Fachreferat zurückkehrte, ein Teil einer Seite abgeschnitten worden war, wird unten zu Abschnitt III 5 (unter 2.) behandelt.

Der ehemalige Ministerpräsident Glogowski hat zu den von ihm innegehabten Mandaten, Ehrenämtern und Funktionen ausgeführt, er sei über die Angaben im Bericht der Landesregierung hinaus Mitglied des Rates der Stadt Braunschweig, Ehrensenator der Braunschweiger Universität und Mitglied im Braunschweiger Hochschulbund sowie Mitglied des Tierschutzvereins Braunschweig, des Wirtschaftsbeirats des Sportvereins Eintracht Braunschweig (6/45b-46b) und des Kuratoriums „Tag der Niedersachsen" (6/47b). Zu den von ihm innegehabten Aufsichtsratsmandaten hat der Zeuge ausgeführt, dass er als Ministerpräsident einige Aufsichtsratsmandate aufgegeben habe, die mit seinem neuen Amt nicht in Einklang zu bringen gewesen seien (6/47a-b).

Über seine Bezüge aus der Mitgliedschaft in Aufsichtsräten und Beiräten in der Zeit seit 1992 hat der Zeuge zwei Aufstellungen vorgelegt (Anlagen 1 und 2 zum Schreiben v. Fromberg vom 4.4.2000). Demnach entstand eine Abführungspflicht erstmals für die im Jahr 1998 von der Volkswagen AG zugeflossenen Beträge des Jahres 1997 (Anlage 1).