Reduzierung des Fischbesatzes in der Großen Aue durch Kormorankolonien

Die Fischereigenossenschaft Große Aue (Liebenauer Aue) beklagt seit längerem die zunehmenden Kormoranbestände an der Großen Aue. Aufgrund der sich ständig erweiternden Kormorankolonien sind die Fischbestände in der Aue, so die Fischereigenossenschaft und die Angelsportvereine, nachhaltig reduziert worden. Die Angelsportvereine haben in der Vergangenheit jährlich den Fischbesatz auf eigene Kosten verbessert, erwägen jetzt aber vor dem Hintergrund ständig steigender Kormoranbestände, diese Aktivitäten einzustellen. Die Vereinsmitglieder sorgen sich inzwischen sogar um den Fortbestand ihrer Vereine.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie haben sich die Kormoranbestände an der Großen Aue seit 1990 zahlenmäßig entwickelt?

2. Worin ist diese Entwicklung (Ziffer 1) begründet?

3. Kann die Landesregierung einen kausalen Zusammenhang zwischen den wachsenden Kormoranbeständen und dem deutlich zurückgehenden Fischbesatz in der Großen Aue bestätigen?

4. In welcher Weise wird die Landesregierung der Forderung der Fischereigenossenschaft Große Aue und der Angelsportvereine nachkommen, die übermäßige Befischung der Großen Aue durch die wachsenden Kormorankolonien zurückzudrängen?

5. Wie hoch sind die Schäden, die durch Kormorane auf den Teichwirtschaftsbetrieben Niedersachsens jährlich angerichtet werden?

6. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, dass Teichwirtschaftsbetriebe durch von Kormoranen angerichtete Schäden zum Teil erheblich beeinträchtigt, in Einzelfällen sogar existenziell gefährdet sein sollen?

7. Mit welchen einzelnen Maßnahmen gedenkt die Landesregierung, die durch Kormorane angerichteten Schäden an Teichwirtschaftsbetrieben künftig zu verhindern oder zumindest spürbar zu reduzieren?

8. Wird die Landesregierung wegen der von der Fischereigenossenschaft Große Aue angesprochenen Probleme und den Schäden bei Teichwirtschaftsbetrieben mit den jeweils Betroffenen Gespräche mit dem Ziel führen, eine einvernehmliche Lösung anzustreben?

Zu 1: Nach den Erhebungen des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie gibt es in der Großen Aue keine Brutkolonie des Kormorans. Schlafplatzgesellschaften sind dort ebenfalls nicht bekannt. Es ist jedoch möglich, dass die Kormorane der 6 km entfernten Brutkolonie an der Wellier Schleife die Große Aue als Nahrungsgebiet nutzen.

Nachdem der Kormoran im 19. Jahrhundert und in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts im deutschen Binnenland ausgerottet wurde, hat die Art in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts ihren alten Lebensraum teilweise wieder besiedelt. In diesem Zusammenhang hat sich 1991 an der Wellier Schleife eine Kormorankolonie gebildet, die 1999 161 Brutpaare umfasste. Die Zahl der Brutpaare ist im Jahr 2000 auf 138 zurückgegangen. Mitte der 90er Jahre wurden an der Wellier Schleife außerdem Überwinterungsbestände von bis zu 1500 Vögeln festgestellt. Diese Zahl sank bis zum letzten Winterhalbjahr auf unter 1000.

Zu 2: Die Ursachen für die in letzter Zeit leicht zurückgehenden Bestandszahlen sind in der überregionalen Bestandsentwicklung (stabile bzw. regional zurückgehende Bestände in den großen Kolonien der Niederlande, Dänemarks sowie Nord- und Nordostdeutschlands) sowie evtl. in einem veränderten Verteilungsmuster der Kormorane aufgrund der milden Winterwitterung der letzten Jahre zu sehen.

Zu 3: Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Kormoranbestände und dem von der Fischereigenossenschaft Große Aue beklagten Rückgang des Fischbesatzes kann weder ausgeschlossen noch mit Sicherheit bestätigt werden.

Zu 4: Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft und Küstenschutz führt im Rahmen des Fließgewässerprogramms der Landesregierung Maßnahmen zur Renaturierung der Großen Aue durch. Da Fische in einem naturnahen Gewässer wesentlich günstigere Möglichkeiten finden, sich vor natürlichen Feinden zu schützen, die Kormorankolonie an der Wellier Schleife sich bei leichten Schwankungen seit 1997 nicht mehr vergrößert hat und die Winterbestände zurückgegangen sind, wird es voraussichtlich zu einer Entschärfung der Situation kommen.

Zu 5: Die Landesregierung hat keine eigenen Erhebungen über Schäden durch Kormorane angestellt. Nach Auskunft der Landesfischereiverbände werden die verursachten Schäden in den niedersächsischen Teichwirtschaften auf jährlich ca. 3 Mio. DM beziffert.

Zu 6: In Einzelfällen ist es bereits zu kormoranbedingten Betriebsaufgaben in niedersächsischen Karpfenteichwirtschaften gekommen. Die Ursachen hierfür liegen in den finanziellen Verlusten und dem mit der Abwehr von Kormoranen verbundenen erheblichen Arbeits- und Personalaufwand. Auf großflächigen und zum Teil verstreut liegenden Karpfenteichen sind Abschussmaßnahmen außerdem betriebswirtschaftlich nicht effektiv durchführbar und finanzierbar. Die betroffenen teichwirtschaftlichen Betriebe sehen sich daher zunehmend gezwungen, die nicht mehr wirtschaftlich zu betreibende Aufzucht eigener Fische durch vermehrte Zukäufe zu ersetzen. Durch diese Maßnahme wird aller dings der landwirtschaftliche Status der Betriebe gefährdet und deren Zukunft in Frage gestellt.

Zu 7: Durch Erlass vom 19.01.1997 an die zuständigen Bezirksregierungen hat das Niedersächsische Umweltministerium im Einvernehmen mit dem Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und dem Niedersächsischen Innenministerium die Rahmenbedingungen für die Abwehr von Kormoranschäden an Teichwirtschaften festgelegt. Danach sollen Neugründungen von Kormorankolonien an Teichwirtschaften und in deren Nähe nicht zugelassen werden. Für den Fall, dass in Teichwirtschaften erhebliche fischereiwirtschaftliche Schäden nachgewiesen werden, dürfen außerhalb der Brutzeit außerdem Vergrämungsabschüsse erlaubt werden. Die Bezirksregierungen sind vom Niedersächsischen Umweltministerium außerdem mehrfach gebeten worden, über Anträge auf Abschussbefreiungen schnell zu entscheiden. Die niedersächsischen Teichwirtschaften machen von der Möglichkeit, ihre Betriebe durch Vergrämungsabschüsse vor Kormoranen zu schützen, nur sehr zurückhaltend Gebrauch. 1999 sind bei den Bezirksregierungen insgesamt lediglich 8 Anträge gestellt und genehmigt worden. Es wurden 84 Kormorane geschossen.

Zu 8: Ja. Das Niedersächsische Umweltministerium hat die Bezirksregierung Hannover gebeten, auf der Grundlage der konkreten Fakten und unter Einbeziehung aller Beteiligten nach Lösungen für die in der Großen Aue aufgetretenen Konflikte zu suchen.