Bremer Brustkrebs-Screening-Programm

Die Fraktion der CDU hat unter Drucksache 15/119 eine Große Anfrage zu obigem Thema an den Senat gerichtet.

Der Senat beantwortet die Große Anfrage wie folgt: Antragsteller für ein Bremer Brustkrebs-Screening Programm waren die Kassenärztliche Vereinigung Bremen, das ZKH St.-Jürgen-Straße, die Deutsche Krebsgesellschaft (Landesverband Bremen), das Bremer Institut für Prävention und Sozialmedizin (BIPS), das Institut für Medizinische Visualisierung (MEVIS) sowie der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales. Für die Fertigstellung des umfangreichen Antrags standen nur ca. sechs Wochen zur Verfügung.

Umso beachtlicher ist es, dass Bremen als bisher einziger Antragsteller den Zuschlag für das Programm erhielt.

Der Antrag des Bremer Brustkrebs-Screening-Programms an den Bundesausschuss Ärzte-Krankenkassen sieht vier verschiedene organisatorische Anteile vor:

- selbständigen, nicht an Einrichtungen des Gesundheitswesens angebundene Screening-Einheiten (eine in Bremen-Nord, eine in Bremen-Stadt), die von einer zu gründenden Betreibergesellschaft niedergelassener Radiologen geführt werden sollen.

- Ein Mamma-Zentrum Bremen am ZKH St.-Jürgen-Straße als logistische Zentrale der Screening-Kette, in dem die Bilder, die in den Screening-Einheiten aufgenommen worden sind, doppelbefundet werden, das Qualitätsmanagement insbesondere für die Screening-Einheiten abgesichert wird, die Schulungen für MTRA und Radiologen vorgenommen werden sowie Archivierung und Verwaltung erfolgen sollen. Es steht unter der Leitung eines erfahrenen Mammadiagnostikers, dessen Stelle sich zurzeit in der Ausschreibung befindet.

- Sollte ein Verdachtsbefund aus der Mammographie abgeleitet werden, wird die Patientin informiert. Sie hat dann die Auswahl, die weitere Abklärung des Befundes in verschiedenen, speziell zertifizierten Einrichtungen (Assessment-Zentren) vorzunehmen. Diese können am Zentralkrankenhaus St.-Jürgen-Straße (zentrales Assessment), bei niedergelassenen Gynäkologen oder an anderen Krankenhäusern (dezentrales Assessment) eingerichtet werden, so diese Einrichtungen die Voraussetzungen erfüllen (siehe Antwort auf Frage 3.3). Zurzeit ist die Deutsche Krebsgesellschaft, Landesverband Bremen mit den fachlichen Vorarbeiten betraut.

- Die Assessment-Zentren werden mit den entsprechenden therapeutischen Abteilungen jeweils ein Mamma-Team bilden, um nach der erfolgten Diagnostik die notwendigen therapeutischen Maßnahmen koordiniert vorzunehmen.

Der Senat begrüßt den Zuschlag für Bremen und wird sich nachdrücklich dafür einsetzen, dass der Antrag jetzt zügig umgesetzt werden kann. Gleichwohl hat jede Screening-Untersuchung auch kritische Aspekte, auf die bei der Realisierung zu achten ist.

1. Gemäß neuester Untersuchungen des Instituts für Sozialmedizin der Universität Marburg, stellt der Brustkrebs für die 25 bis 45jährigen Frauen die wichtigste einzelne Todesursache dar. Welche Methoden der Früherkennung plant der Senat für diese Altersgruppe?

Ein sicherer epidemiologischer Nachweis der Reduktion der Mortalitätsrate durch Screening ist bisher nur für Frauen der Altersgruppe ab 50 Jahren gegeben. Jüngere Frauen (ab 35 Jahren) können wie bisher als Kassenleistung die Krebsfrüherkennungsuntersuchung in Anspruch nehmen.

2. Das Screening ist eine wichtige Ergänzungsmethode der jetzt schon bekannten und bewährten Diagnostik. Wie stellt der Senat sicher, dass der Tastbefund und die Ultraschalluntersuchung im Mammazentrum Eingang finden und sich die Diagnostik nicht auf ein Instrumentarium verkürzt?

Bei allen zurzeit etablierten Brustkrebs-Screening-Programmen geht es allein um das Mammographie-Screening. Sollte dabei ein auffälliger Befund festgestellt werden, muss dieser durch alle im Übrigen zur Verfügung stehenden Untersuchungsmethoden abgeklärt werden.

Unberührt von diesem Modellprojekt gibt es weiterhin die Krebsfrüherkennungsuntersuchungen im niedergelassenen Bereich. Die Teilnahmerate daran ist jedoch nicht befriedigend. Der Senat hofft darauf, dass durch die Sensibilisierung der Öffentlichkeit zum Thema Brustkrebs in Zusammenhang mit dem Modellprojekt die Teilnahmerate sich gerade bei den Frauen unter 50 Jahren erhöht.

Wie groß beziffert der Senat die Zielgruppe für das Mammazentrum, und welche Anzahl medizinischer Fachkräfte werden für das Screening den Frauen für die Diagnostik und das Gespräch zur Verfügung stehen?

Bei einer Gesamtbevölkerung in der Stadt Bremen von ca. 540.000 umfasst die Zielgruppe der 50 bis 69jährigen Frauen 70.000 Personen. Bei einer 2jährigen Teilnahmefrequenz werden je nach Teilnahmerate 123 (70 %) und 70 (40 %) Frauen pro Tag am Screening teilnehmen. Das Screening wird in zwei Screening-Einheiten, die nicht an Einrichtungen des Gesundheitswesen angebunden sind, vorgenommen. Sie werden von einer Betreibergesellschaft niedergelassener Radiologen getragen, die auch die ärztliche Verantwortung übernehmen. Die Betreuung der zu mammographierenden Frau in der Screening-Einheit und die Durchführung der Mammographie erfolgt durch speziell geschulte medizinisch-technische Assistenten/Assistentinnen der Radiologie (MTAR). Auf die Antwort zu Frage 3.2. wird verwiesen.

Wie viele medizinisch-technische Assistent(inn)en werden für das Mammazentrum eingeplant?

Abhängig von der Teilnehmerrate werden bis zu sechs MTAR in den zwei Screening-Einheiten eingeplant. Es wird noch einmal darauf hingewiesen, dass die Screening-Einheiten nicht Teil des Mammazentrums sind.

Hat der Senat psychologische Fachkräfte im Mammazentrum eingeplant, und wenn ja, wie hoch wird die Zahl dieser Fachkräfte beziffert?

Das Mammazentrum als logistische und operative Steuerungseinheit des Bremer Brustkrebs Screening Programms erhält von den Screening-Einheiten die Mammographien. Im Mammazentrum werden diese doppelbefundet. Die Klientin wird vom Mammazentrum über das Ergebnis informiert. Sollte ein auffälliger Befund bestehen, wird die Frau an die Assessment-Zentren verwiesen, die die weitere diagnostische Abklärung vornehmen. Die Assessment-Zentren werden für das Screening zugelassen, wenn sie bestimmten qualitativen Anforderungen, die von einem im Projekt vorgesehenen internationalen Beirat zu entwickeln sind, gerecht werden. Ob die notwendige Personalausstattung auch psychologische Fachkräfte umfasst, muss noch entschieden werden.

Welche Arbeitsverträge werden den Beschäftigten im Bremer Mammazentrum angeboten, das heißt: Wie viele unbefristete Festeinstellungen sind geplant, welcher Tarifvertrag wird Anwendungen finden, wie werden die Arbeitszeiten gestaltet, um sicherzustellen, dass berufstätigen Frauen entsprechende Untersuchungszeiten angeboten werden können?

Wie hoch beziffert der Senat die voraussichtlichen Personalkosten?

Die Mitarbeiter des Mammazentrums werden Mitarbeiter des ZKH St. sein und entsprechende BAT-Verträge erhalten, der Leiter einen außertariflichen Einzeldienstvertrag in Anlehnung an die Dienstverträge leitender Krankenhausärzte. Über die Verträge der Mitarbeiter der Screening-Einheiten (Betreibergesellschaft der niedergelassenen Ärzte) wird die Betreibergesellschaft in eigener Kompetenz zu entscheiden haben. Das Einbestellsystem wird sich an den Bedürfnissen der Zielgruppe zu orientieren haben.

Laut Antrag sollen bei einer 70 % Teilnehmerrate über den Gesamtzeitraum von drei Jahren Personalkosten (nur) im Mammazentrum von ca 1,7 Mio. DM (sechs Stellen) entstehen.

4. Das Bremer Brustkrebs-Screening-Programm soll regional gegliedert werden für Bremen-Stadt und Bremen-Nord. Wie hoch beziffert der Senat die Zielgruppen in Bremen-Nord mit einem Einzugsgebiet von rund 130.000 Einwohnern?

Zurzeit ist noch nicht überprüft, ob der Anteil der 50 bis 70jährigen Frauen in Bremen-Nord gleich verteilt ist wie im gesamten Stadtgebiet. Unter Annahme einer Gleichverteilung errechnet sich für eine Bevölkerung von 130.000 Einwohnern eine Zielgruppe von ungefähr 17.000 Frauen in Bremen-Nord.

An welchem Standort hat der Senat das Bremer Brustkrebs-Screening-Programm in Bremen-Nord geplant?

Die Standorte sind noch nicht festgelegt. Es wird noch einmal betont, dass sie nicht an Einrichtungen des Gesundheitswesens angegliedert werden sollen, da es sich bei der Zielgruppe nicht um Kranke, sondern um durchweg gesunde Personen handelt.

5. Wie und wann hat der Senat die Röntgenabteilung und gynäkologische Abteilung der jeweiligen Krankenhäuser und die niedergelassenen Radiologen und Gynäkologen über die Planungen des Bremer Brustkrebs-Screenings-Programms informiert und eingebunden?

Die Bremische Krankenhausgesellschaft wurde erstmals im Dezember 1998 informiert. Inzwischen wurden mit allen Krankenhäusern, die gynäkologische Abteilungen haben, Informationsgespräche geführt.

Für den vertragsärztlichen Bereich teilt die Kassenärztliche Vereinigung Bremen mit, dass sie sich - vertreten durch den Vorstand - bereits im Oktober 1998 mit der Erprobung des qualitätsgesicherten Mammographie-Screenings in der Gesetzlichen Krankenversicherung befasst hat. Der Vorstand der KVHB hat sich nach vorheriger Diskussion mit den mammographierenden Praxen in Bremen im Dezember 1998 für den Antrag ausgesprochen.

6. Wie stellt der Senat sicher, dass die Erfahrungen und umfassenden Kompetenzen der Röntgenabteilungen und gynäkologischen Abteilungen in den Kliniken des Landes Bremen und bei den niedergelassenen Radiologen und Gynäkologen im Mammazentrum Eingang finden und sich zum Nutzen der Patientinnen entfalten können?

Über die Möglichkeit des dezentralen Assessments können, so die notwendigen qualitativen und quantitativen Vorgaben erfüllt werden, Krankenhäuser oder Vertragsarztpraxen an der weiteren Diagnostik von Verdachtsfällen sowie der Behandlung und Betreuung im definierten Verbund mit chirurgischen, gynäkologischen und pathologischen Praxen, Kliniken und Instituten teilnehmen. Niedergelassene Radiologen werden am Bremer Brustkrebs-Screening-Programm über die Betreibergesellschaft und bei der Doppelbefundung beteiligt.

7. Welche gesetzlich vorgeschriebenen Ausschreibungsverfahren sind dem Senat für die Übertragung einer Dienstleistung bekannt, und wie wurden diese Verfahren angewendet und umgesetzt?

Dem Senat sind die einschlägigen Vergabevorschriften wie die VOL/A oder VOF wohl bekannt.

Im vorliegenden Fall sind diese aber erkennbar nicht einschlägig, weil z. B. der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales im Rahmen des in Vorbereitung befindlichen Brustkrebs-Screening-Programms keine Leistung zu vergeben hat.

8. Welches Betreibermodell für das Mammazentrum präferiert der Senat, und welche privatwirtschaftlichen Beteiligungen werden angestrebt und umgesetzt?

Über das Betreibermodell wird zurzeit zwischen den Krankenkassen, der Kassen ärztlichen Vereinigung Bremen und den weiteren Antragstellern unter Einbeziehung von betriebswirtschaftlichem und juristischem Sachverstand beraten. Eine Entscheidung hierzu ist noch nicht gefallen.

9. Welches Finanzvolumen wird für die Dauer des Modellprojektes eingesetzt, und welche Drittmittelgeber sind in die Finanzierung in welcher Höhe eingebunden?

Das Kostenvolumen laut Antrag beläuft sich bei einer 70 %igen Teilnehmerrate über die Gesamtlaufzeit von drei Jahren auf ca. 9,6 Mio. DM.

Ein Antrag auf Unterstützung durch die Deutsche Krebshilfe wird zurzeit vorbereitet. Da eine Zusage dementsprechend noch nicht vorliegt, können Angaben zur Höhe zurzeit nicht gemacht werden.

Wie hoch beziffert der Senat die Landesmittel für dieses Projekt?

Das ZKH St. Jürgen-Straße wird in geringem Umfang Krankenhausinvestitionsmittel für dieses Projekt beantragen. Eine Quantifizierung ist noch nicht erfolgt.

Zahlreiche mammographierende Praxen in Deutschland haben sich auf Grund einer Initiative des Berufsverbandes der Deutschen Radiologen (BDR) einer Qualitätsoffensive Mammographie mit den Elementen technische Qualitätskontrolle, Zweitbefundung bei unklaren Befunden und Fortbildung angeschlossen.

Welche Erkenntnisse hat der Senat über den aktuellen Stand dieser Entwicklung im Lande Bremen?

Über die Verbreitung der Qualitätsinitiative des Bund Deutscher Radiologen (BDR) ist in Bremen in der Kürze der Zeit keine abschließende Aussage durch den Berufsverband möglich.

Der Senat begrüßt die in den letzten Jahren erfolgte Verbesserung der Qualität der Mammographien in den radiologischen Praxen, sieht jedoch damit in keiner Weise die Intention eines flächendeckenden Mamma-Screenings berührt. Er verweist darauf, dass der Modellversuch neben den Krankenkassen auch von der kassenärztlichen Bundesvereinigung, also von der Selbstverwaltungskörperschaft der Vertragsärzteschaft ausgelobt worden ist. Der Senat respektiert die Entscheidung der Ärzteschaft und der Kostenträger im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit gemäß § 25 SGB V und geht davon aus, dass die Ausschreibung des Modellversuches in Kenntnis der bestehenden Versorgungssituation erfolgt ist.

Der Senat begrüßt nachdrücklich die erfolgreiche Bewerbung der beteiligten Institutionen und sagt auch weiterhin seine Unterstützung für die Umsetzung des Modellvorhabens zu.