Weltkulturerbe „Erzbergwerk Rammelsberg" und die „Schiefermühle"

Der Firma Bergbau Goslar GmbH, einer Tochter der Preussag, ist vom Bergamt Goslar mit Bescheid vom 20.05.1999 die bergrechtliche Genehmigung zur Verfüllung des ehemaligen Versatzsteinbruchs „Schiefermühle" mit Abfallstoffen erteilt worden.

Die Tatsache, dass eine Deponie für überwachungsbedürftige Abfallarten auf einem Gelände zugelassen wird, das Teil des Weltkulturerbes „Erzbergwerk Rammelsberg mit Goslarer Altstadt" ist, ist erklärungsbedürftig, auch wenn diese Maßnahme der Sicherung des Denkmals dienen soll.

Der Steinbruch „Schiefermühle" weist einen Hohlraum von ca. einer Million Kubikmetern auf, der laut bergrechtlichem Betriebsplan innerhalb von zehn Jahren verfüllt werden soll. Es muss befürchtet werden, dass auch während der Zeit der Verfüllung der Grube durch den Betrieb und den Antransport eine erhebliche Beeinträchtigung des Weltkulturerbes stattfinden wird.

Ich frage die Landesregierung:

1. Inwieweit war das Landesamt für Denkmalpflege im bergrechtlichen Verfahren zur Genehmigung der Verfüllung der „Schiefermühle" und bei der Entlassung dieses Bereichs aus dem Denkmalschutz beteiligt?

2. Wie bewertet das Landesamt für Denkmalpflege eine Abfalldeponie inmitten eines Denkmalbereiches?

3. Hat es vor der Entlassung der in Rede stehenden Flächen Absprachen mit der UNESCO-Kommission gegeben?

4. Hätte die Firma Bergbau Goslar Schadenersatzforderungen gegen den Landkreis als untere Denkmalschutzbehörde geltend machen können, wenn sie dem Antrag auf Entlassung aus dem Denkmalschutz nicht zugestimmt hätte?

Wenn ja, in welchem Umfang?

5. Warum ist das Gelände nicht aus dem Denkmalschutz entlassen worden, bevor der bergrechtliche Betriebsplan zur Verfüllung beantragt und schließlich genehmigt wurde?

6. Welche anderen technischen Maßnahmen sind denkbar, um das Denkmalensemble vor dem Abrutschen zu sichern?

Zu 1:

Die niedersächsischen Denkmalbehörden, somit auch das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege, wurden seit Anfang 1996 in das bergrechtliche Verfahren zur Verfüllung der „Schiefermühle" fachlich eingebunden. Eine Entlassung des in Rede stehenden Bereichs aus dem Denkmalschutz hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben, da das Niedersächsische Denkmalschutzgesetz (NDSchG) eine solche Möglichkeit nicht vorsieht.

Zu 2: Die im Rahmen der Erteilung der bergrechtlichen Genehmigung beteiligten Behörden sind gemeinsam zu der Auffassung gelangt, dass eine Verfüllung der „Schiefermühle" dem Denkmalschutz am wirkungsvollsten Geltung verschafft. Durch diese notwendige Maßnahme wird das weitere Wegbrechen der Böschungen der „Schiefermühle" verhindert. Dadurch werden die durch das Nachrutschen der Böschungen in ihrem Bestand gefährdeten, wesentlich älteren und wertvolleren Teile des Denkmals geschützt. Es handelt sich dabei vor allem um den im 15. Jahrhundert errichteten Maltermeister Turm, das älteste Übertagegebäude des deutschen Bergbaus, und die um die Jahrtausendwende entstandenen Bergehalden der mittelalterlichen Gruben. Die teilweise mittelalterlichen Erzabfuhrwege sind ebenso wie ein von der „Schiefermühle" angeschnittener Stollen hohen Alters zu dokumentieren und zu sichern.

Die denkmalrechtliche Genehmigung zur Verfüllung und damit Zerstörung der „Schiefermühle" findet ihre Rechtsgrundlage in § 7 Abs. 2 Nr. 2 NDSchG. Danach ist die Zerstörung eines Kulturdenkmals zu genehmigen, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse anderer Art die Zerstörung zwingend verlangt. Für die Erhaltung der genannten wertvolleren Kulturdenkmale ist die Verfüllung der „Schiefermühle" zwingend erforderlich.

Die Dimension der Schiefermühle wird jedoch durch eine entsprechende topographische Gestaltung nachvollziehbar bleiben.

Zu 3: Der Deutschen UNESCO-Kommission ist die Situation am Rammelsberg vom damaligen Institut für Denkmalpflege erläutert worden.

Zu 4: Da die denkmalrechtliche Genehmigung zur Verfüllung der Schiefermühle nach § 7 Absatz 2 Satz 2 NDSchG zu erteilen war, ist für die Prüfung von Schadensersatzansprüchen kein Raum.

Zu 5: Die Entscheidung, ob ein Bauwerk ein Kulturdenkmal ist, richtet sich allein nach den Tatbestandsmerkmalen des § 3 NDSchG. Eine Vorlage oder Genehmigung von bergrechtlichen Betriebsplänen sind für diese Entscheidung ohne Belang.

Zu 6: Denkbar wäre die Abflachung der Böschung, wodurch der Denkmalwert der „Schiefermühle" ebenfalls zerstört und die genannten wertvolleren Kulturdenkmale in ihrem Bestand gefährdet würden.

Weiterhin denkbar wäre der Einbau von Stützwänden, Gebirgsankern u. ä. Aber auch diese Maßnahmen würden den Denkmalwert der „Schiefermühle" zerstören. Außerdem würde das Erscheinungsbild des Weltkulturerbes erheblich beeinträchtigt, weil diese Vorgehensweise im Gegensatz zu einer Verfüllung nicht authentisch wäre. Es ist im Bergbau Tradition, bergmännisch geschaffene Hohlräume wie die „Schiefermühle" aus Gründen der Bergsicherheit wieder zu verschließen. Die „Schiefermühle" selbst ist seinerzeit zu diesem Zweck angelegt worden. In ihr wurde Schiefer abgebaut, der zur Verfüllung anderer Hohlräume im Rammelsberg diente. Dieses Verfahren ist üblich und zwingend notwendig, um die Sicherheit der Statik zu gewährleisten. Die Verfüllung der „Schiefermühle" steht deshalb in der Tradition des Umgangs mit Hohlräumen am Erzbergwerk Rammelsberg.