Notprogramm für den deutschen Unterglas-Gartenbau

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, durch eine geeignete Initiative über den Bundesrat auf die Bundesregierung mit dem Ziel einzuwirken, umgehend die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die deutschen Gartenbaubetriebe nachhaltig zu verbessern.

Dazu gehören im Einzelnen:

­ eine Liquiditätshilfe für den kommenden Winter,

­ eine Ergänzung des Mineralölsteuergesetzes, die eine deutliche Begünstigung von Energie für Heizzwecke zur ausschließlichen Produktion im Unterglas-Bau im deutschen Gartenbaubetrieb zum Inhalt hat,

­ die Einrichtung eines Förderprogramms zur Steigerung der Energieeffizienz,

­ Harmonisierung der Förderbedingungen in der Europäischen Union und gleiche Einkaufsbedingungen auf dem EU-Energiemarkt, einschließlich der Aufhebung des Sonntagsfahrverbotes für Blumentransporte."

Die Situation der deutschen Gartenbaubetriebe ist alarmierend. Die Verschlechterung beim Einsatz von geringfügig Beschäftigten und bei der Unternehmensbesteuerung sowie die Streichung der Bundeszuschüsse im sozialen Sicherungssystem für Gärtner und Landwirte haben die Rahmenbedingungen für die Gartenbaubetriebe bereits dramatisch verändert.

Hinzu kommen jetzt die drastisch gestiegenen Energiepreise, die den deutschen Unterglas-Gartenbau in eine existenzbedrohende Krise stürzen. Die Gartenbaubetriebe müssen bekanntlich im Winterhalbjahr ihre Gewächshäuser heizen, wobei die meisten Betriebe mit Heizöl (im Bundesdurchschnitt 60 %) und etliche Betriebe mit Erdgas (im Bundesdurchschnitt 20 %) versorgt werden. Seit Februar 1999 bis heute sind die Kosten für diese Energieträger um über 200 % gestiegen. Ein durchschnittlicher Betrieb benötigt in einer Heizperiode ca. 240 000 Liter leichtes Heizöl bzw. die gleiche Menge in Kubikmeter Erdgas. Bei einem Heizölpreis von jetzt 92 Pfennig pro Liter erreichen die Energiemehrkosten eine Größenordnung von 150 000 DM. Angesichts dieser Energiepreiskrise sind die deutschen Unterglas-Betriebe im Marktwettbewerb dem Hauptkonkurrenten Niederlande absolut unterlegen. In den Niederlanden zahlen die Gärtner für die Heizung ihrer Gewächshäuser nur 1/3 des Preises in Deutschland. Der dreimal höhere Energiepreis ist für den deutschen Gartenbau ein unerträglicher Zustand. Davon sind ca. 14 000 Gartenbaubetriebe mit über 5 000 Hektar beheizter Anbaufläche und rund 85 000 Beschäftigten in Deutschland massiv betroffen. Es ist für die Betriebe nicht mehr möglich, einen solchen enormen Wettbewerbsnachteil durch höhere Preise am Markt wett zu machen. Dies bedeutet, dass ohne eine schnelle und wirksame Hilfe eine große Zahl der Betriebe den Anbau einstellen bzw. den Betrieb endgültig aufgeben muss.

Schon der bevorstehende Winter könnte für eine erhebliche Zahl unserer gärtnerischen Betriebe den Ruin bedeuten, weil die hohen Heizölpreise nicht mehr bezahlt werden können. Die Bundesregierung ist deshalb aufzufordern, zur Überbrückung der kommenden Wintermonate ein Liquiditätshilfe-Programm mit einem Volumen von mindestens 300 Mio. DM einzurichten. Dabei muss es um eine Direkthilfe gehen. Die jetzt im Ernährungsausschuss des Bundestages vorgesehene Zinsverbilligung von 5 % für Betriebsmittelkredite reicht nicht aus.

Der Zentralverband Gartenbau fordert weiter zu Recht eine Ergänzung des Mineralölsteuergesetzes, die auf eine deutliche Begünstigung von Energie zum unmittelbaren Heizen und ausschließlich und nachweislich zu gartenbaulichen Zwecken ausgerichtet ist.

Obwohl in vielen Betrieben regelmäßig Investitionen zur Optimierung des Energieeinsatzes getätigt wurden, besteht noch ein erhebliches Potential zur Steigerung der Energieeffizienz. Dies ist insbesondere in den neuen Bundesländern der Fall. Als mittelfristige Maßnahme ist deshalb zur Existenzsicherung der Unterglas-Gartenbaubetriebe ein Energieeffizienzprogramm mit einer Mittelausstattung von mindestens 25 Mio. DM jährlich einzurichten. Dieses auch von der Bundesregierung schon länger in Aussicht gestelltes Programm muss jetzt endlich umgesetzt werden.

Die Bundesregierung ist weiter aufzufordern, auf europäischer Ebene zur grundsätzlichen Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit zügig für eine Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen zu sorgen. Hier darf es nicht nur bei Lippenbekenntnissen bleiben, es muss vielmehr massiv auf die EU-Kommission entsprechend eingewirkt werden, damit die bestehenden Ungleichgewichte beseitigt werden. Es muss darauf ankommen, dass mittelfristig alle europäischen Gärtner Energie zu den gleichen Konditionen einkaufen können. Es kann auch nicht angehen, dass Umweltabgaben weiter einseitig die deutschen Gärtner belasten. In diesem Zusammenhang ist es zudem unverzichtbar, dass sich die Bundesregierung nachhaltig dafür einsetzt, dass in allen Mitgliedstaaten der EU umgehend und zeitgleich die vollständige Liberalisierung des Erdgasmarktes durchgesetzt wird. Auch die Ungleichbehandlung innerhalb der EU-Mitgliedstaaten bei Abschreibungsmöglichkeiten muss kurzfristig beseitigt werden. Im Weiteren gehört hier auch die Aufhebung des Sonntagsfahrverbotes für Blumentransporte für Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 7,49 Tonnen. Es ist ein krasser Fall von Wettbewerbsverzerrung, wenn deutsche Gartenbauunternehmen niederländische Spediteure beauftragen, weil sie selbst keine Fahrgenehmigung erhalten.

Neben den Investitionsförderprogrammen führt auch die Strukturförderung als wesentliches Element zu einer Ungleichbehandlung des deutschen Gartenbaus. Hier ist die Wirtschaftsförderung von Bund und Ländern besser aufeinander abzustimmen, wobei das Volumen der Investitionsförderung deutlich zu erhöhen ist.