Übermittlung von Ärztelisten durch die Ärztekammer Niedersachsen

Die Ärztekammer Niedersachsen bat um Auskunft, unter welchen Voraussetzungen eine Übermittlung von Ärztelisten an andere Stellen oder Personen zulässig ist.

Die gesetzlichen Regelungen sind sehr differenziert, sodass ich sie auch im Hinblick auf andere Stellen ausführlich darstellen möchte.

§ 5 Heilberufekammergesetz (HKG) regelt die Übermittlung von Verzeichnissen der Kammermitglieder im Rahmen des Katastrophenschutzes. Weitere in Betracht kommende Vorschriften enthält das Gesetz nicht.

Es gilt daher das Niedersächsische Datenschutzgesetz. Zu unterscheiden ist zwischen einer Übermittlung an öffentliche Stellen und einer Übermittlung an Stellen oder Personen außerhalb des öffentlichen Bereichs.

Übermittlung an öffentliche Stellen:

Gemäß § 11 Abs. 1 NDSG ist die Übermittlung personenbezogener Daten an öffentliche Stellen nur zulässig, wenn sie zur Erfüllung der Aufgaben der übermittelnden Stelle oder des Empfängers erforderlich ist.

Eine Übermittlung wird nur in Ausnahmefällen für die Erfüllung der Aufgaben der Landesärztekammer erforderlich sein. Im Regelfall werden die Daten für die Aufgabenerfüllung des Empfängers bestimmt sein. Für die Frage der Erforderlichkeit kommt es darauf an, ob er seine Aufgaben ohne diese Daten nicht oder nicht vollständig, nicht rechtzeitig oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten erfüllen könnte. Wenn also z. B. Daten von Ärzten mit einer bestimmten Teilgebietsbezeichnung ausreichen, wäre es nicht erforderlich, eine vollständige Arztliste zu übersenden.

Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen verweist § 11 Abs. 1 NDSG auf § 10 NDSG. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 NDSG ist die Übermittlung zulässig, wenn die Landesärztekammer die Daten zu dem Zweck, für den sie erhoben wurden, übermittelt. In der Regel wird die Übermittlung jedoch eine Zweckänderung darstellen, deren Zulässigkeit § 10 Abs. 2 NDSG regelt. Danach ist eine zweckändernde Übermittlung zulässig mit Einwilligung der Betroffenen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NDSG). Es ist also zu überlegen, ob zumindest für bestimmte, absehbare Standardsituationen die Einwilligung der Ärzte eingeholt wird. Dies könnte z. B. bei der Kammeranmeldung erfolgen.

Ohne Einwilligung darf die Übermittlung unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 NDSG, der auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nrn. 1 bis 5 verweist, vorgenommen werden. Von Bedeutung ist insbesondere § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 NDSG. Danach ist die Übermittlung zulässig, wenn die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können. Zu diesen Quellen gehören Telefonbücher und Branchenverzeichnisse. Zwar besteht die Möglichkeit, einer Eintragung zu widersprechen. Diese Möglichkeit ändert jedoch nichts daran, dass es sich hinsichtlich der in den Telefonbüchern und Branchenverzeichnissen genannten personenbezogenen Daten um solche allgemein zugängliche Quellen handelt. Zu nennen sind ebenfalls Ärztehandbücher. Die Übermittlung ist also nach dieser Vorschrift zulässig, soweit sie sich auf die in den Verzeichnissen enthaltenen Daten beschränkt.

In Ausnahmefällen werden die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 NDSG erfüllt sein, weil eine Rechtsvorschrift eine Übermittlung vorsieht oder zwingend voraussetzt. Möglicherweise kommt im Einzelfall auch eine Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 NDSG (Überprüfung der Angaben eines Betroffenen) oder des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 NDSG (Offensichtlichkeit, dass die

Übermittlung im Interesse der Betroffenen liegt und dass sie in die Übermittlung einwilligen würden) in Betracht.

Es hängt also von der jeweiligen Fallgestaltung ab, ob eine Übermittlung zulässig ist.

Die Landesärztekammer muss nur in eingeschränktem Umfang die Zulässigkeit des Ersuchens prüfen. Wenn die Übermittlung aufgrund eines Ersuchens erfolgt, hat die übermittelnde Stelle nämlich lediglich zu prüfen, ob sich das Übermittlungsersuchen im Rahmen der Aufgaben der ersuchenden Stelle hält. Die Rechtmäßigkeit des Ersuchens prüft die übermittelnde Stelle nur, wenn im Einzelfall hierzu Anlass besteht; die empfangende Stelle hat der übermittelnden Stelle die für die Prüfung erforderlichen Angaben zu machen (§ 11 Abs. 3 NDSG).

Die übermittelnde Stelle muss also eine Art Schlüssigkeitsprüfung vornehmen, ob die ersuchende Stelle generell für die betreffende Aufgabe zuständig ist und ob ein solches Ersuchen im Rahmen der Aufgabenerfüllung liegen kann. Darüber hinaus prüft die übermittelnde Stelle nicht die in der Sphäre des Empfängers liegenden Umstände, es sei denn, es besteht ein besonderer Anlass dafür.

Wenn also z. B. als Begründung für das Übermittlungsersuchen angegeben wird, dass Angaben des Betroffenen überprüft werden müssen, darf die ersuchte Stelle im Regelfall davon ausgehen, dass diese Begründung zutrifft. Hingegen verbleibt es für die Übermittlungsvoraussetzungen, die in der Sphäre der ersuchten Stelle liegen, etwa weil nur sie den Sachverhalt kennt, bei ihrer Verantwortung.

Sie hat also z. B. zu prüfen, ob eine wirksame Einwilligungserklärung vorliegt oder ob die Angaben aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können.

Eine weitergehende Prüfung ist erforderlich, wenn ein besonderer Anlass dafür besteht. Wenn also etwa um die Übersendung einer Liste mit Angaben zu allen Ärzten in Niedersachsen gebeten wird, jedoch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass nur Daten von Ärzten mit bestimmten Gebietsbezeichnungen benötigt werden, ist die anfordernde Stelle um eine Begründung zu bitten. Gegebenenfalls muss die Herausgabe der gewünschten Liste verweigert werden.

Die Vorschriften des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes verleihen eine Befugnis zur Übermittlung personenbezogener Daten, sie begründen jedoch keine Verpflichtung.

Wenn die Übermittlung im Rahmen einer Amtshilfe erfolgt, genügt allein diese Tatsache nicht, um eine Übermittlung zu rechtfertigen, sondern es muss sich die Befugnis aus einer Rechtsvorschrift, hier dem Niedersächsischen Datenschutzgesetz, ergeben. Es ist jedoch zu beachten, dass jede Behörde anderen Behörden auf Ersuchen Amtshilfe leistet (§ 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes - NVwVfG; § 4 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz VwVfG). Daher wird, wenn die Voraussetzungen einer Amtshilfe vorliegen (§ 1 Abs. 1 NVwVfG, §§ 4 ff. VwVfG), aus der Befugnis zur Datenübermittlung eine Pflicht. In diesen Fällen muss die Landesärztekammer also, soweit das Niedersächsische Datenschutzgesetz es erlaubt, die gewünschten Angaben machen.

Übermittlung an nichtöffentliche Stellen:

Eine Übermittlung von Daten an Stellen oder Personen außerhalb des öffentlichen Bereichs ist mit Einwilligung der Betroffenen zulässig. Wenn sie nicht vorliegt, kann sich die Zulässigkeit aus § 13 NDSG ergeben. Falls die Übermittlung ausnahmsweise zur Erfüllung der Aufgaben der Ärztekammer erforderlich ist, gelten gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NDSG die Voraussetzungen des § 10 NDSG, sodass auf die Ausführungen oben verwiesen werden kann.

Die Übermittlung ist ebenfalls zulässig, wenn die Empfänger ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten glaubhaft machen und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der Betroffenen an der Geheimhaltung überwiegt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NDSG). Ein rechtliches Interesse ist an das Bestehen eines besonderen Rechtsgrundes geknüpft und liegt etwa dann vor, wenn der Auskunftssuchende die Daten zur Durchsetzung von Rechtsansprüchen oder zur Rechtsverteidigung benötigt. Für die glaubhafte Darlegung dieses Interesses genügt eine entsprechende Erklärung des Empfängers, in der er kurz den Sachverhalt darstellt

Hinsichtlich des überwiegenden schutzwürdigen Interesses der Betroffenen ist zu beachten, dass, wie oben ausgeführt, die zu übermittelnden Angaben häufig bereits aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können, sodass zumindest in diesen Fällen in der Regel überwiegende schutzwürdige Interessen nicht entgegenstehen werden.

Die übermittelnde Stelle hat die Empfänger zu verpflichten, die Daten nur für die Zwecke zu verarbeiten, zu denen sie übermittelt wurden (§ 13 Abs. 2 NDSG).

Die Übermittlung ist ebenfalls nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 NDSG zulässig, wenn der Empfänger ein berechtigtes Interesse geltend macht. Berechtigt ist jedes ideelle und wirtschaftliche Interesse, das auf sachlichen Erwägungen beruht und mit der Rechtsordnung in Einklang steht. Reine Neugierde würde z. B. nicht ausreichen. Die Anforderungen sind also geringer als beim „rechtlichen Interesse". Allerdings ist weiterhin erforderlich, dass die Betroffenen der Übermittlung nicht widersprochen haben. Sie sind, um ihnen diese Widerspruchsmöglichkeit zu geben, über die beabsichtigte Übermittlung, die Art der zu übermittelnden Daten und den Verwendungszweck in geeigneter Weise und rechtzeitig zu unterrichten (§ 13 Abs. 1 Satz 2 NDSG). Auch hier hat die Verpflichtung nach § 13 Abs. 2 NDSG zu erfolgen.

Auch bei der Übermittlung an nichtöffentliche Stellen hängt die Zulässigkeit also vom jeweiligen Einzelfall ab.

Übertragung von Aufgaben der Ärztekammer Niedersachsen auf die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen

Ein Arzt teilte mir mit, die Mutter eines von ihm behandelten Kindes habe sich über ihn bei der Ärztekammer Niedersachsen, Bezirksstelle Oldenburg, beschwert. Der Beschwerdebrief trage den Eingangsstempel „ÄKN/KVN Bez.Stelle Oldb."

Der Arzt zog daraus die nahe liegende Schlussfolgerung, dass für die Bezirksstelle Oldenburg der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) und der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) eine gemeinsame Posteingangsstelle besteht. Es sei zu befürchten, dass die Kassenärztliche Vereinigung auf diese Weise über die an die Ärztekammer gerichteten Patientenschreiben informiert werde, obwohl für die Durchführung einer hier möglicherweise in Betracht kommenden berufsrechtlichen Maßnahme nur die Ärztekammer, nicht jedoch die Kassenärztliche Vereinigung zuständig sei.

In der Tat besteht eine enge organisatorische Verflechtung der Bezirksstellen.

Die Ärztekammer Niedersachsen errichtet gemäß § 19 Abs. 1 der „Kammersatzung der Ärztekammer Niedersachsen" vom 1. Januar 1998 Bezirksstellen. Nach § 19 Abs. 2 kann die Ärztekammer die Erledigung der Aufgaben dieser Bezirksstellen den Bezirksstellen der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen übertragen.