Neubewertung der Trassenvarianten von A 14 und A 39

Im letzten Bundesverkehrswegeplan wurden die Autobahnen A 14 zwischen Lüneburg und Magdeburg sowie die A 39 von Schwerin nach Wolfsburg für den weiteren Bedarf aufgenommen, allerdings mit dem Ziel einer umfassenden verkehrswirtschaftlichen Bewertung. Diese Bewertung wurde inzwischen vom Bund in Abstimmung mit allen beteiligten Bundesländern erstellt. Das Gutachten (Verkehrsuntersuchung Nordost) zeigt auf, dass die X-Variante bei fast allen Kriterien - darunter die Kriterien Umwelteingriff, Entlastung von Ortsdurchfahrten, Schadstoffbelastung, Lärmbelastung, Erreichbarkeit - sehr negative Werte aufweist und kommt zu dem Schluss, dass auf das Autobahnkreuz (X-Variante) verzichtet werden soll. Statt dessen beinhaltet der Gutachtervorschlag den Ausbau vorhandener Bundesstraßen und den Bau einer A 14 zwischen Magdeburg und Schwerin (G-Variante).

In der Antwort auf eine mündliche Anfrage zum Oktoberplenum hat die Landesregierung jetzt deutlich gemacht, dass sie bei der Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplans hinsichtlich der A 14 sowie der A 39 an der Überprüfung der ursprünglichen X-Variante festhält, da diese den größten Nutzeffekt für das Land habe. Daneben würde vom Bundesverkehrsministerium - als Kompromissvorschlag des Landes Niedersachsen eine modifizierte G-Variante geprüft.

Die Verkehrsminister der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt haben dagegen mitgeteilt, dass sie keinen Grund sehen, von den Ergebnissen der Verkehrsuntersuchung Nordost abzuweichen. Beim Bundesverkehrsministerium haben sie Protest dagegen eingelegt, dass im Rahmen der Bedarfsplanfortschreibung auch die bereits ausgeschiedene X-Variante untersucht werden soll.

Ich frage die Landesregierung:

1. Aus welchen Gründen weicht sie von der ehemals gemeinsamen Position mit den Nachbarbundesländern ab?

2. Wie beurteilt sie die Tatsache, dass sie folglich für ihre Trassenwünsche keinerlei Unterstützung aus den Nachbarbundesländern erhält?

3. Inwieweit hat sie das Vorgehen mit den Nachbarbundesländern abgesprochen?

4. Wie beurteilt sie den Protest der Verkehrsminister von Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt beim Bundesverkehrsministerium gegen die neue Prüfung der X-Variante?

5. Wie sieht die vom Land Niedersachsen ins Spiel gebrachte „modifizierte G-Variante" aus?

6. Inwieweit hat die Landesregierung diese modifizierte G-Variante mit den Nachbarbundesländern abgesprochen, und welche Haltung haben diese dazu?

Die Autobahnneubauvorhaben A 14 Magdeburg - Lüneburg sowie A 39 Wolfsburg Schwerin („X-Lösung") sind im derzeitigen Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen nur als zeitferner „Weiterer Bedarf" ausgewiesen. Diese Einstufung ist erfolgt, obwohl das Ergebnis der gesamtwirtschaftlichen Projektbewertung eine Zuordnung in den „Vordringlichen Bedarf" gerechtfertigt hätte. Ausschlaggebend waren letztendlich erkennbare Umweltprobleme sowie die Höhe der Gesamtinvestitionen, die verglichen mit dem insgesamt verfügbaren Finanzvolumen eine Reihe anderer vordringlicher Maßnahmen in den betroffenen Ländern in den „Weiteren Bedarf" verdrängt hätte.

Vor diesem Hintergrund ist 1993 unter Federführung von Sachsen-Anhalt eine verkehrswirtschaftliche Untersuchung in Auftrag gegeben worden, die Aufschluss über Art und Umfang sowie Umweltrelevanz der bislang diskutierten weiträumigen Verbindungen geben sollte. Die Verkehrsuntersuchung Nordost (VUNO) wurde von einem Arbeitskreis begleitet, an dem auch das Land Niedersachsen beteiligt war.

Niedersachsen hat das Ergebnis der VUNO, die so genannte „G-Lösung" zwar mitgetragen, hat aber keinen Zweifel daran gelassen, dass es nach wie vor die „X-Konzeption" befürwortet. Dieses Votum wurde auch sehr deutlich gestützt durch die Stellungnahmen, die die Industrie- und Handelskammern sowie die Gebietskörperschaften des nordostniedersächsischen Raumes zur VUNO abgegeben haben. Dennoch hat der Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages in seiner Sitzung am 31.01.1996 das Ergebnis der VUNO zur Kenntnis genommen und beschlossen, es bei der nächsten Fortschreibung des Bedarfsplanes für die Bundesfernstraßen als Material zu verwenden.

Im Rahmen der seit 1998 laufenden Bedarfsplanfortschreibung hat das Land Niedersachsen dem Bund 3 Varianten zur Bewertung vorgeschlagen. Erschließung des Raumes durch:

­ die „X-Lösung", alternativ

­ die „modifizierte G- Lösung", alternativ

­ die „VUNO-Konzeption".

Der Bund hat bereits zugesagt, die Varianten im Rahmen der Fortschreibung ergebnisoffen zu prüfen.

Aus niedersächsischer Sicht besteht der Vorteil der „X-Lösung" darin, dass die maßgebenden Zentren Hamburg, Magdeburg, Schwerin, Wolfsburg auf direktem Weg in hoher Verkehrsqualität (Autobahnstandard) miteinander verbunden werden:

­ Im Norden die Metropolregion Hamburg mit dem größten und bedeutendsten Überseehafen Deutschlands - somit Dreh- und Angelpunkt der norddeutschen und skandinavischen Wirtschaftsverflechtungen - sowie einem bereits vorhandenen Teilstück einer möglichen Netzergänzung durch die A 250 Hamburg - Lüneburg;

­ im südlichen Bereich der Automobilstandort Wolfsburg mit einer Vielzahl von Zulieferbetrieben, die sich in der Region Wolfsburg - Gifhorn angesiedelt haben.

Die Unternehmen in diesen Wirtschaftsstandorten sind zur Sicherstellung ihrer Wettbewerbsfähigkeit auf verbesserte Verkehrsanbindungen (Norddeutschland, Skandinavien, südöstliches Sachsen, Tschechien) dringend angewiesen.

Dies vorangestellt, beantworte ich nachstehend die Fragen wie folgt:

Zu 1: Nur die „X-Konzeption" bringt in Bezug auf die Erschließung des strukturschwachen Raumes im nordöstlichen Niedersachsen optimale Verbesserungen. Seit dem Bezugsjahr der VUNO-Untersuchung haben sich maßgebende Einflussgrößen erheblich verändert.

Zu verzeichnen sind z. B. ein steigendes Verkehrsaufkommen im Bereich des motorisierten Verkehrs sowie eine Veränderung der Strukturdaten: überproportionale Einwohnerzuwächse in den alten Bundesländern. Das Ergebnis der VUNO, die so genannte GLösung, trägt somit auch der Bedeutung eines großräumigen, leistungsfähigen Autobahnnetzes (Skandinavien, Schleswig-Holstein, Hamburg, Sachsen, Polen, Tschechien) für diesen Raum nicht ausreichend Rechnung.

Zu 2 und 4: Die Landesregierung hat Verständnis für die Nachbarbundesländer, die naturgemäß Prioritäten anders setzen. Insbesondere für Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen - Anhalt ist die zügige Realisierung der Nord-Süd-Verbindung A14 zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt von dominierendem Interesse.

Zu 3: Die Landesregierung hat die Nachbarbundesländer über ihr Vorgehen in Kenntnis gesetzt. Das Thema war auch mehrfach Gegenstand gemeinsamer Kabinettssitzungen sowie der Konferenz Norddeutschland.

Zu 5: Die „modifizierte G-Variante" bedeutet eine Raumerschließung nach dem VUNOModell, wobei die im VUNO-Konzept vorgesehenen leistungsfähigen Bundesstraßen Autobahnstandard erhalten sollen.

Zu 6: Die Landesregierung hat auch die „modifizierte G-Variante" mit dem betroffenen Nachbarbundesland Sachsen-Anhalt diskutiert. Sachsen-Anhalt konnte seinerzeit diesen Kompromiss nicht mittragen, da ein nicht unbedeutender Trassenabschnitt in Sachsen-Anhalt liegen wird und sich die Gesamtkosten des Projekts durch Vorgabe eines Autobahnstandards erhöhen würden. Diese Mehrkosten wären auch aus dem Straßenbauplafond des Landes Sachsen-Anhalt zu finanzieren.