Mobilfunkstandorte

Vorsorge einen Ausschluss der Bevölkerung an der Teilhabe weltweiter technologischer Entwicklungen bedeuten würde, ist die Diskussion über gesundheitliche Risiken von Mobilfunksendeanlagen auf der Grundlage der heute bestehenden wissenschaftlichen Erkenntnisse und der hierauf basierenden Grenzwerte zu betrachten.

Vor diesem Hintergrund beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu 1: In Niedersachsen wurden bis zum 01.11.2000 für 2 707 Mobilfunkstandorte Standortbescheinigungen ausgestellt. An einem Standort können mehrere Betreiber ihre Basisstationen installiert haben. Durch die teilweise gemeinsame Nutzung der Standorte werden an den 2 707 Mobilfunkstandorten insgesamt 3 814 Mobilfunksendeanlagen (C-Netz, D 1 Netz, D 2-Netz, E 1-Netz und E 2-Netz) betrieben.

Zu 2: Die Planung und der Aufbau eines Mobilfunknetzes liegen unter Beachtung der gültigen Rechtsvorschriften in der Verantwortung des Netzbetreibers. Der Landesregierung liegen hierzu keine konkreten Angaben vor. Voraussichtlich wird die Zahl der Basisstationen für die Mobilfunknetze im Jahr 2001 die Größenordnung von 4 000 deutlich überschreiten.

Zu 3: Diese Frage lässt sich derzeit noch nicht beantworten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Netzbetreiber für den Aufbau von UMTS-Netzen versuchen, die schon vorhandenen Standorte ihrer Netze zu nutzen. Inwieweit und in welchem Umfang in Zukunft der Aufbau von weiteren UMTS-Basisstationen erforderlich ist, hängt vor allem von der Marktentwicklung, d. h. der Verbrauchernachfrage ab. Insoweit ist davon auszugehen, dass in den Ballungsgebieten mit einer höheren Dichte der Funkzellen zu rechnen ist.

Zu 4: Die rasche und flächendeckende Einführung des Mobilfunks hat in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit Sorgen und sogar Ängste bei vielen Bürgern geweckt und dabei zugleich politische und wissenschaftliche Diskussionen ausgelöst, die von der Landesregierung mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt werden.

Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob gesundheitliche Beeinträchtigungen oder sogar schwere Erkrankungen wie Krebs mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern der Mobilfunkanlagen in Verbindung gebracht werden können.

Nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand national und international anerkannter Institutionen sind bei der Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte negative Auswirkungen auf die Gesundheit nicht nachzuweisen, aber auch nicht mit letzter Sicherheit auszuschließen. Einzelne Forschungsberichte und Literaturauswertungen, die auf gesundheitlich schädigende Wirkungen von elektromagnetischen Feldern auch unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte, also im so genannten nichtthermischen Bereich, hinweisen, sind vielfach aufgrund fehlender Reproduzierbarkeit oder mangelnder Objektivität nicht oder nur unzureichend verwertbar und können mithin als wissenschaftlich anerkannte Erkenntnisquelle kaum herangezogen werden. Gleichwohl geben sie der Landesregierung Anlass darauf hinzuwirken, dass nationale wie internationale Forschungen auf diesem Gebiet unterstützt und vorangetrieben werden.

Wegen der niedrigen Sendeleistung der UMTS-Sendeanlagen von weniger als 20 Watt lassen die vorgesehenen Systeme nur eine geringfügige Anhebung des heutigen Pegels der elektromagnetischen Felder erwarten, so dass hier keine anderen oder gar größeren gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erwarten sind. Die Einhaltung der bisher geltenden Grenzwerte ist bei Berücksichtigung der vorgeschriebenen Sicherheitsabstände gesichert.

Zu 5: Die einzelnen Mobilfunknetze senden auf unterschiedlichen von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post zugewiesenen Frequenzbändern, deren elektromagnetische Felder sich zusammen mit Feldern anderer Funksysteme (z. B. Radio und Fernsehfunk, Radar) überlagern.

Diese Überlagerungen verschiedener elektromagnetischer Felder werden bei der Prüfung der Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte zum Schutz vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausreichend berücksichtigt. So beinhaltet der in der Standortbescheinigung von Mobilfunkanlagen festgelegte Sicherheitsabstand die Feldstärken aller an einem Standort befindlichen Funksysteme.

Zu 6: Die rund 3 500 allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen stehen im Eigentum der Schulträger. Über die Zahl von Mobilfunksendeanlagen auf Schulen liegen der Landesregierung keine Informationen vor.

Die landeseigenen Grundstücke wurden bis 31.12.2000 nach dem Ressortprinzip von der jeweils nutzenden Dienststelle verwaltet. Der jeweilige Nutzer der Liegenschaft hat daher bis zu diesem Zeitpunkt selbst entschieden, ob das von ihm genutzte Grundstück unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles als Standort für eine Mobilfunksendeanlage in Frage kommt. Eine landesweite Abfrage bei allen Nutzerdienststellen ist in der Kürze der Zeit nicht zu realisieren gewesen. Sie wird vor dem Hintergrund der Beantwortung der Fragen 4, 5 und 7 auch für entbehrlich gehalten.

In Heimen, die alte Menschen sowie pflegebedürftige Volljährige aufnehmen und der Heimaufsicht unterliegen, werden 15 Mobilfunksendeanlagen auf insgesamt 11 Gebäuden betrieben.

Zu 7 a und b: Die gesetzlichen Grenzwerte und Referenzwerte, deren Grundlage die wissenschaftlich nachgewiesene Eintrittsschwelle erkennbarer gesundheitlicher Beeinträchtigungen bildet und die zusätzlich mit Sicherheitsfaktoren versehen sind, gewährleisten bei ihrer Einhaltung ein ausreichendes Schutzniveau. Hinzu kommt, dass nach allen vorliegenden Messungen selbst in direkter Nachbarschaft von Sendemasten die Grenzwerte auch nicht annähernd ausgeschöpft werden. Die tatsächlichen Feldstärken liegen im Promillebereich des Zulässigen.

Die Bundesregierung prüft im Rahmen der Novellierung der 26. BImSchV, inwieweit zusätzliche Vorsorgeregelungen notwendig und gerechtfertigt sind. Dabei berücksichtigt sie auch die am 12. Juli 1999 vom Ministerrat der Europäischen Union verabschiedete Empfehlung zum Schutz der Bevölkerung vor elektromagnetischen Feldern, die im Grundsatz mit der 26. BImSchV übereinstimmende Regelungen enthält. Diese gelten ausdrücklich auch für den Schutz von Personen, die sich in Krankenhäusern, Kindergärten, Schulen und Alten- und Pflegeheimen aufhalten. Für eine Differenzierung des Betriebs von Mobilfunksendeanlagen auf Gebäuden nach ihrer Nutzung besteht daher keine Veranlassung.

Zu 7 c: Mit der Standortbescheinigung bestimmt die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) den auf Grundlage der gesetzlichen Grenzwerte erforderlichen Sicherheitsabstand zwischen einer geplanten Mobilfunkanlage und den Bereichen, die nicht nur dem vorübergehenden Aufenthalt von Menschen dienen. Darüber hinaus stellt die RegTP durch Festlegung eines standortspezifischen Sicherheitsfaktors sicher, dass alle relevanten Vorbelastungen bei der Festlegung des Sicherheitsabstandes zusätzlich berücksichtigt werden. Insofern sind auch „sensible Nutzungen" in der Nachbarschaft von Sendeeinrichtungen verantwortbar. Im Übrigen ist auch darauf hinzuweisen, dass die Sender nicht kugelförmig, sondern in vorwiegend horizontaler Richtung abstrahlen, sodass gerade die sich unter den Sendemasten befindenden Gebäude in einem Funkschatten liegen und deshalb eher geringer belastet werden. Besondere Abstandsregelungen werden für diese Gebäude daher nicht für geboten gehalten.

Zu 7 d: Konkrete Regelungen zu diesem Fragenkomplex hat die Landesregierung bisher nicht erlassen, da davon ausgegangen wird, dass generelle Vorgaben hier nicht sachdienlich sind. Vielmehr muss vor Ort auf die jeweiligen Umstände und die Besonderheiten des jeweils in Frage kommenden Grundstücks Rücksicht genommen werden.

Zu 7 e: Über etwaige Regelungen der fünf evangelischen Landeskirchen und der drei Diözesen der katholischen Kirche, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts ihre Angelegenheiten selbständig regeln, hat das Land keine Kenntnis.

Für die Wohlfahrtsverbände hat die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege der Landesregierung mitgeteilt, dass es nach einer internen Umfrage zu diesem Komplex keinerlei Regelungen gäbe.

Zu 8 a: Die Landesregierung wird den Kommunen keine Empfehlungen zu besonderen Festlegungen von Sicherheitsabständen geben, die von den Abstandsregelungen der bundesweit einheitlichen und verbindlichen Standortbescheinigungen abweichen. Im Übrigen wird auf die Beantwortung von Frage 7 a bis 7 c verwiesen.

Zu 8 b: Es gibt keine wissenschaftliche Begründung für einen gegenüber der Standortbescheinigung zehnmal größeren Sicherheitsabstand. Er kann daher auch rechtlich nicht eingefordert werden. Ein 10 mal größerer Sicherheitsabstand zu Mobilfunk-Sendeanlagen würde außerdem dazu führen, dass Handynutzer während des Betriebes dann höheren Feldstärken ausgesetzt sind, weil deren Geräte den vergrößerten Abstand zur nächsten Basisstation durch eine erhöhte Sendeleistung ausgleichen müssen.

Zu 9: Nein. Die Kommunen sind in einem Baugenehmigungsverfahren zwar durch die Erteilung oder Versagung ihres Einvernehmens nach § 36 BauGB beteiligt, sie dürfen dieses Einvernehmen jedoch nur aus bauplanerischen Gründen erteilen oder versagen. Die Baugenehmigung ist zudem eine gebundene Entscheidung, das heißt, der Bauherr hat einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Baugenehmigung, wenn das Vorhaben mit dem öffentlichen Baurecht übereinstimmt.

Zu 10: Nach § 56 Abs. 1 NBauO können Gemeinden für bestimmte Teile des Gemeindegebietes und im Gesetz ausdrücklich genannte Fälle örtliche Bauvorschriften erlassen, um bestimmte städtebauliche, baugestalterische oder ökologische Absichten zu verwirklichen oder hervorzuheben. Den Gemeinden ist damit ein Instrument an die Hand gegeben worden, positive Gestaltungspflege zu betreiben. Nach § 56 Abs. 1 Nr. 4 werden die Gemeinden insbesondere ermächtigt, die Verwendung von Einzelantennen zu beschränken oder auszuschließen. Gemeint sind mit dieser Regelung, die sich schon in der NBauO vom 23.07.1973 findet, Einzelantennen, die nur einzelnen Nutzern, d. h. Haushalten zur Verfügung stehen. Selbst wenn diese Regelung auf die Mobilfunkanlagen angewendet würde, könnte eine Satzung mit Ausschluss von Mobilfunkanlagen nicht erlassen werden, um gesundheitliche Gefährdungen zu verhindern. Eine Ortsgestaltungssatzung muss immer ein ablesbares ortsgestalterisches Ziel verfolgen. Nur abstrakte und pauschale Zielsetzungen sind nicht ausreichend. Dies wäre von dem Schutzzweck der Satzungsermächtigung in § 56 NBauO nicht gedeckt.

Die Gemeinde kann für Mobilfunkanlagen im Flächennutzungsplan Flächen für Versorgungsanlagen und im Bebauungsplan Versorgungsflächen für derartige Anlagen festsetzen (§ 5 Abs. 2 Nr. 4 BauGB bzw. § 9 Abs. 1 Nr. 12 BauGB).

Im Außenbereich sind Anlagen, die Telekommunikationsdienstleistungen dienen, nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB privilegiert und bauplanungsrechtlich zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung gesichert ist. Mit der Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB haben Gemeinden jedoch die Möglichkeit, einem etwaigen Errichtungsdruck für Mobilfunkbasisstationen im Außenbereich mittels einer darauf ausgerichteten Flächennutzungsplanung städtebaulich gegenzusteuern.