Mangelhafte Unterrichtsversorgung an der „Verlässlichen Grundschule" Ostrhauderfehn

Die Einführung der „Verlässlichen Grundschule" im vergangenen Jahr wurde von der Landesregierung und der Regierungspartei als Erfolg bezeichnet. Inzwischen sind immer mehr Grundschulen umgewandelt worden, darunter auch die Grundschule Middendorfstraße in Ostrhauderfehn.

Es fehlt jedoch an qualifizierten Kräften, insbesondere im Vertretungsfall. Je mehr Schulen als „verlässlich" deklariert werden, umso schwieriger ist es, genügend geschultes Personal zu finden, das als so genannte Vertretungskraft tätig sein will und kann. Dies trifft insbesondere den ländlichen Raum.

An der Grundschule Middendorfstraße ergibt sich zudem das Problem, dass der Krankenstand innerhalb der Lehrerschaft überproportional hoch ist und Vertretungskräfte bereits so stark eingesetzt wurden, dass fast alle derzeit so viele Überstunden angesammelt haben, wie sie gewöhnlich in einem Vierteljahr an regulären Stunden zu leisten hätten.

Die Schule beabsichtigt deshalb, Kinder aus Klassen mit erkrankten Lehrern auf Parallelklassen aufzuteilen.

Dies vorausgeschickt, frage ich die Landesregierung:

1. Will sie bestreiten, dass das Projekt „Verlässliche Grundschule" zumindest in Ostrhauderfehn als gescheitert betrachtet werden muss, weil Vertretungsunterricht ohne Qualitätseinbußen nicht gesichert werden kann?

2. Welche Möglichkeiten gibt es, den beschriebenen Lehrermangel an der Grundschule Middendorfstraße kurz- bis mittelfristig und dauerhaft zu beheben, und welche Maßnahmen sind bereits eingeleitet worden?

3. Ist der Eindruck richtig, dass der Krankenstand der an der Grundschule Middendorfstraße tätigen Lehrkräfte vergleichsweise höher ist als an vergleichbaren Schulen, und welche plausible Erklärung gibt es dafür?

4. Presseberichten vom Oktober 2000 zufolge liegt die Unterrichtsversorgung bei den Grundschulen im Landkreis Leer bei 102,9 %. Wie sind diese Zahlen ermittelt worden, wie sind die Zahlen für die einzelnen Grundschulen im Kreisgebiet?

5. Wie viele so genannte Feuerwehrlehrkräfte für Grundschulen stehen im Landkreis Leer bereit, und warum werden sie erst bei längeren Erkrankungen der eigentlichen Lehrkräfte eingesetzt?

6. Was beabsichtigt die Landesregierung dagegen zu unternehmen, dass die von der Krankheit ihrer Lehrer und dem damit verbundenen Unterrichtsausfall betroffenen Klassen auf Parallelklassen aufgeteilt werden?

Die Einführung der Verlässlichen Grundschule ist das erfolgreichste Reformprojekt der vergangenen Jahre in Niedersachsens Schulen. 593 Schulen nehmen bereits an dem Projekt teil, über 500 Schulen werden zum kommenden Schuljahresbeginn neu starten. Dieses beweist, dass die Eltern dieses Schulmodell wollen und hierin von den Lehrkräften und den Schulträgern unterstützt werden.

Ein wichtiger Baustein der Verlässlichen Grundschule ist das Vertretungskonzept, mit dem Unterricht und Betreuung der Schülerinnen und Schüler innerhalb fester Zeiten gewährleistet wird. Zusätzlich zu den klassischen Instrumenten der Vertretungsregelung wie beispielsweise Vertretungsunterricht durch Mehrarbeit, die Zusammenlegung oder Aufteilung von Klassen, Abordnungen, Stundenplanänderungen kommt in den Verlässlichen Grundschulen als weitere Maßnahme der Einsatz von Vertretungskräften aus der so genannten Vertretungsreserve hinzu. Die Schulen können im Rahmen des Vertretungsbudgets geeignete Vertretungskräfte einstellen, die vor allem bei kurzfristigem Ausfall von Lehrkräften einspringen sollen.

In der Grundschule Ostrhauderfehn waren zwischen September und November 2000 durchgängig vier Lehrkräfte langfristig erkrankt, Mitte Oktober ist eine weitere langfristige Erkrankung hinzugekommen. Die Krankheitsquote lag in diesem Zeitraum im Mittel bei rund 25 %. Ein Vergleich mit dem im Schuljahr 1999/2000 erhobenen Krankenstand in den 146 Verlässlichen Grundschulen von durchschnittlich nur 4,3 % bestätigt die Ausnahmesituation an der Grundschule Ostrhauderfehn. Gleichwohl blieben Unterricht und Betreuung gewährleistet.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die einzelnen Fragen wie folgt:

Zu 1: Anhaltspunkte dafür, die Verlässliche Grundschule sei gescheitert, sind weder in Ostrhauderfehn noch an anderen Schulstandorten erkennbar. Das Gegenteil ist der Fall. Neben dem Vertretungskonzept als einem Baustein des Modells der Verlässlichen Grundschule konnte gerade durch die Möglichkeit der Beschäftigung von zusätzlichen Vertretungskräften Unterrichtsausfall verhindert werden. Es ist ein besonderer Verdienst aller Beteiligten, dass trotz der in den Vorbemerkungen beschriebenen Ausnahmesituation an der Schule kein Unterricht ausgefallen ist.

Zu 2: Als Ausgleich für die erkrankten Lehrkräfte wurden drei „Feuerwehrlehrkräfte" und eine „Springerlehrkraft" eingestellt. Für kurzfristige Vertretungsfälle wurden zudem von der Schule drei Kräfte eingestellt. Die Bezirksregierung Weser-Ems wird weiterhin mit der Schulleitung und dem Personalrat über erforderliche Personalmaßnahmen beraten, so ist z. B. die Abordnung einer Lehrkraft an die GS Ostrhauderfehn zum 01.02. vorgesehen.

Weitere Maßnahmen werden - wenn erforderlich - folgen.

Zu 3: Siehe Vorbemerkungen.

Zu 4: Die Unterrichtsversorgung an den Grundschulen im Landkreis Leer liegt laut Statistik vom 14.09.2000 bei 102,9 %. Als Anlage ist eine Übersicht zur Unterrichtsversorgung aller Grundschulen im Landkreis Leer beigefügt. (Anlage)

Zu 5: Für die Region Ostfriesland werden im laufenden Schuljahr 14 Einstellungsmöglichkeiten für „Feuerwehrlehrkräfte" vorgehalten. Der Einsatz erfolgt nach dem jeweiligen Bedarf. Eine zahlenmäßige Zuordnung dieser Stellen zu den Landkreisen erfolgt nicht. „Feuerwehrlehrkräfte" werden befristet zur Vertretung abwesender Lehrkräfte eingestellt, wenn der Ausfall bei der abschließenden Planung der Unterrichtsversorgung für ein Schuljahr noch nicht bekannt war und nicht durch schulinterne Maßnahmen sowie durch Abordnung oder Versetzung anderer Lehrkräfte oder den Einsatz einer „Springerlehrkraft" ausgeglichen werden kann.

Beim Einsatz der vorhandenen Vertretungsmittel sind Größe und Versorgungsgrad der jeweiligen Schule zu berücksichtigen. So haben z. B. große Schulen deutlich mehr Möglichkeiten, den vorübergehenden Ausfall einer Lehrkraft durch schulorganisatorische Maßnahmen aufzufangen als kleine Schulen. Entscheidend für die Zuweisung zusätzlicher Stunden ist für die Schulbehörde, ob und inwieweit die Schule ihren Pflichtunterricht gemäß den Stundentafeln erteilen kann.

Zu 6: Siehe Vorbemerkungen. Die Aufteilung bzw. Zusammenlegung von Klassen ist eine geeignete Maßnahme, um bei einem kurzfristigen Ausfall von Lehrkräften Unterrichtsausfall wirksam zu vermeiden.