Tests mit Uranmunition durch die Firma Rheinmetall in Unterlüß

Laut Stellungnahme des Rüstungskonzerns Rheinmetall wurde auf dem Gelände des Unternehmens in Unterlüß in den 70er-Jahren Uranmunition getestet. Die Anzahl der Tests soll im „zweistelligen Bereich" gelegen haben. Alle Tests hätten unter freiem Himmel stattgefunden und seien in Kooperation mit dem Bundesamt für Wehrtechnik durchgeführt worden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Urangranaten sind auf dem Gelände in Unterlüß verschossen worden?

2. Welche Schutzmaßnahmen wurden anlässlich dieser Tests getroffen?

3. Wurde das Testpersonal besonders geschützt oder untersucht?

4. Welche stoffliche Zusammensetzung hatten die in Unterlüß verschossenen Urangranaten insbesondere hinsichtlich der Uran- und Plutoniumisotope?

5. Aus welcher Atomanlage und aus welcher Station des Brennstoffzyklus stammte das Uran?

6. Wurde zu anderen Zeiten oder an anderen Orten in Niedersachsen uranhaltige Munition verschossen?

Nach Mitteilung des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Celle sowie den Angaben der Firma Rheinmetall sind in den Jahren 1977 bis 1979 auf dem Schießgelände Unterlüß Experimente zu Materialvergleichszwecken mit abgereichertem Uran (DU) durchgeführt worden. Vorversuche fanden mit drei Schuss im Jahr 1970 statt; die Gesamtmasse lag dabei unter 300 Gramm und war nicht anzeigepflichtig.

Dem Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Celle wurden am 28.06.1977 von der Firma Rheinmetall die Versuche mit abgereichertem Uran angezeigt. Die Anzeige bezog sich auf vier Versuchsreihen mit insgesamt 42 Bolzen à 70 g. Im Rahmen des Verfahrens wurde das Niedersächsische Landesamt für Immissions- und Strahlenschutz (heute: Niedersächsisches Landesamt für Ökologie) durch das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Celle eingeschaltet. Die Menge lag unterhalb des genehmigungspflichtigen Wertes von 3 000 Gramm der zu diesem Zeitpunkt gültigen Strahlenschutzverordnung (1976). Tatsächlich verschossen wurden in der ersten Versuchsreihe (1977) 18 Schuss à 70 g, in der zweiten Versuchsreihe (1978) 37 Schuss, in einer dritten Versuchsreihe (1979) 32 Schuss zu je 70 g und abschließend im gleichen Jahr noch einmal sechs Schuss à 30 g.

Die mengenmäßigen und zeitlichen Abweichungen von den Angaben in der Anzeige ergaben sich nach Aussage der Firma Rheinmetall aus den Ergebnissen und Auswertungen der einzelnen Schießversuche bzw. Schussreihen. Da die DU-Mengen der einzelnen Versuchsabschnitte jeweils unterhalb der genehmigungspflichtigen Grenzmenge von 3 000 g lag, wurden im Einvernehmen mit dem Staatl. Gewerbeaufsichtsamt Celle jeweils keine neuen Anzeigen nach Strahlenschutzrecht gemacht.

Das Bundesministerium der Verteidigung und das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung, die zur Stellungnahme hinsichtlich der ihren Geschäftsbereich betreffenden Fragen aufgefordert worden sind, haben sich bisher nicht geäußert. Die Antworten werden - sobald sie vorliegen - nachgereicht.

Dieses vorausgeschickt beantworte ich die o. a. Kleine Anfrage wie folgt:

In vier Versuchsabschnitten wurden insgesamt 96 Bolzen unterschiedlicher Masse verschossen. Jeder Versuchsabschnitt lag jeweils unter 3 000 g - Gesamtmasse DU-Material.

Die Firma hatte einen Strahlenschutzbeauftragten bestellt. Es lag eine Strahlenschutzanweisung über Verhaltensmaßregeln vor. Das Personal trug Dosimeter.

Das Personal trug Schutzkleidung, Handschuhe und Schutzmasken mit Spezialfiltern.

Während der Versuchsdurchführung hielten sich die am Beschuss beteiligten Personen in einem Unterstand auf. In der Nähe zum Versuchsbereich befand sich ein sogenannter „Schwarz-Weiß-Bereich", in dem sich die Mitarbeiter umzogen und wuschen, um evtl. anhaftende Kontaminationen nicht zu verschleppen. Plutonium ist nicht Bestandteil von Uran aus der chemischen Abreicherungskette.

Die DU-Munition wurde durch den Auftraggeber (Bundesministerium der Verteidigung) bereitgestellt. Die Bodenuntersuchungen, die versuchsbegleitend von der KFA (Kernforschungsanstalt Jülich) - heute FA (Forschungsanstalt Jülich) - durchgeführt wurden, geben keinen Hinweis auf eventuell vorhandene Plutonium-Gehalte.

Die betreffende Fraktion stammte daher nicht aus dem Kernbrennstoffzyklus.

Ob ansonsten im nichtmilitärischen Bereich Beschuss-Versuche mit abgereichertem Uran durchgeführt wurden, ist nicht bekannt. Um dies zu eruieren, bedürfte es einer Umfrage bei den Staatlichen Gewerbeaufsichtsämtern, ob und inwieweit Derartiges in den zurückliegenden 30 Jahren angezeigt worden ist. Eine solche Umfrage wäre nur mit einem unverhältnismäßig hohem Arbeitsaufwand zu leisten. Die Firma Rheinmetall hat BeschussVersuche mit DU-Material nur auf dem betriebseigenen Schießplatz in Unterlüß durchgeführt.