Rechtskräftige Bußgeldbescheide niedersächsischer Verwaltungsbehörden werden gemäß § 90 Abs

Justizministerium Einzelplan 11

34. Vermeidung gerichtlicher Erzwingungshaftverfahren nach § 96 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten Kapitel 11 04

Die Maßnahmen zur Beitreibung einer von der Verwaltungsbehörde verhängten rechtskräftigen Geldbuße sollten zur Reduzierung von gerichtlichen Erzwingungshaftverfahren intensiviert und zweckdienlicher gestaltet werden.

Rechtskräftige Bußgeldbescheide niedersächsischer Verwaltungsbehörden werden gemäß § 90 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) nach den Vorschriften des Niedersächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (NVwVG) vollstreckt. Kommt der Vollstreckungsschuldner seiner Zahlungsverpflichtung nicht nach, ordnet die nach § 92 in Verbindung mit § 90 OWiG zuständige Verwaltungsbehörde als Vollstreckungsbehörde das Zwangsmittel an, das am ehesten Erfolg verspricht.

Soweit der Bußgeldbescheid die Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zum Gegenstand hat, ist vor einem Antrag auf Anordnung von Erzwingungshaft nach § 96

OWiG in der Regel die Geldbuße beizutreiben (Nr. 5 des Gemeinsamen RdErl. des Innenministeriums und des Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr vom 09.12.1996, Nds. MBl. 1997 S. 6).

Die bei Gerichten und Staatsanwaltschaften anhängigen Verfahren auf Anordnung bzw. Vollstreckung von Erzwingungshaft betreffen im Durchschnitt zu mehr als 95 v. H. Bußgeldbescheide, die Verkehrsordnungswidrigkeiten zum Gegenstand haben. Anlässlich einer Prüfung dieser Verfahren bei zwei Amtsgerichten und einer Staatsanwaltschaft hat der LRH festgestellt, dass der Mehrzahl der Verfahren (im Durchschnitt über 80 v. H.) Geldbußen bis zum Betrag von 100 DM zugrunde lagen.

Den Anträgen der Vollstreckungsbehörden auf Anordnung von Erzwingungshaft waren nur vereinzelt Unterlagen über vorangegangene Beitreibungsversuche beigefügt.

In der Regel enthielten die Anträge allgemeine Angaben dahingehend,

­ der Schuldner habe trotz Hinweis, wie er sich im Falle eventueller Zahlungsschwierigkeiten zu verhalten habe, nicht reagiert, sodass die Behörde Zahlungsunwilligkeit des Schuldners unterstelle,

­ bisherige Vollstreckungsversuche seien erfolglos verlaufen,

­ der Schuldner habe nicht angetroffen werden können und

­ eine Belehrung des Schuldners, beim zuständigen Amtsgericht die Anordnung von Erzwingungshaft beantragen zu können, sei erfolgt.

Soweit in wenigen Fällen den Erzwingungshaftanträgen „Vollstreckungsprotokolle" oder „Erledigungsmitteilungen" beigefügt waren, konnte diesen Unterlagen durchweg nur die immer gleiche Information entnommen werden: Der Vollstreckungsbeamte hat den Schuldner nicht antreffen können und empfiehlt daher die Stellung eines Antrags auf Anordnung von Erzwingungshaft.

Wie häufig, an welchen Wochentagen und zu welchen Tageszeiten der kommunale Bedienstete den Schuldner erfolglos aufgesucht hat und ob ggf. eine schriftliche Mitteilung hinterlassen wurde, war aus den „Protokollen" nicht zu ersehen.

Der Verlauf des gerichtlichen Erzwingungshaftverfahrens ließ Zweifel an einem nachdrücklich geführten Beitreibungsverfahren der Verwaltungsbehörde aufkommen.

In fast 20 v. H. der Erzwingungshaftverfahren nahm die Verwaltungsbehörde ihren Antrag bereits frühzeitig wieder zurück, weil der Schuldner Zahlungen geleistet hatte.

Auslösendes Moment für die Zahlungsbereitschaft des bislang nicht erreichbaren Schuldners war offensichtlich allein die dem Schuldner zugegangene Aufforderung durch den Richter, der Schuldner möge sich zum Antrag der Verwaltungsbehörde äußern und/oder die dem Betrag nach genannte Forderung der Verwaltungsbehörde an diese zahlen.

Der nächste „Erledigungsschub" setzte in weiteren 25 v. H. der Erzwingungshaftverfahren zu dem Zeitpunkt ein, als den Betroffenen der Beschluss über die Anordnung der zuvor angedrohten Haft zugestellt worden war. Ohne Zweifel stellt demnach die drohende Haft ein wirksames Mittel zur Durchsetzung des staatlichen Anspruchs auf Zahlung der Geldbuße dar.

Seit Eingang des Antrags der Verwaltungsbehörde bei Gericht wurden allein mit den frühzeitig beendeten Angelegenheiten (Erledigung durch Zahlungseingang nach Anhörung des Betroffenen) der Wachtmeisterdienst (mehrfach), die Geschäftsstelle (mehrfach), der Schreibdienst und der Richter mit der Angelegenheit beschäftigt.

Der LRH verkennt nicht, dass Sanktionen nur dann wirksam sind, wenn sie auch durchgesetzt werden können - erforderlichenfalls unter Anwendung staatlicher Zwangsmittel. Der LRH hält jedoch den vorstehend beschriebenen Aufwand bei Gericht, zu dessen Kosten der Schuldner bis auf den Ersatz geringer Auslagen für förmliche Zustellungen nicht herangezogen wird, - auch angesichts der Höhe der im Regelfall beizutreibenden Geldbuße - für nicht vertretbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Bußgeldverfahren über Verkehrsordnungswidrigkeiten - wie eingangs gezeigt fast den Gesamtbestand der gerichtlichen Verfahren ausmachen.

Der LRH ist der Auffassung, dass eine Vielzahl der aufwändigen Erzwingungshaftverfahren zu vermeiden sind. Dazu sollte das Beitreibungsverfahren intensiviert und zweckdienlicher gestaltet werden.

Darüber hinaus regt der LRH an zu prüfen,

­ ob durch eine Änderung der Vorschriften des Niedersächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes die Befugnisse des Vollstreckungsbeamten erweitert werden könnten, beispielsweise auf die Abnahme einer Eidesstattlichen Versicherung des Betroffenen über ein Verzeichnis seines Vermögens,

­ ob dem Gerichtsvollzieher, dem nach geltenden Recht umfangreichere Befugnisse im Vollstreckungsverfahren zustehen als dem Vollstreckungsbeamten einer Verwaltungsbehörde, beispielsweise die Abnahme der Eidesstattlichen Versicherung nach § 900 ZPO oder die Verhaftung eines Schuldners aufgrund eines richterlichen Haftbefehls nach § 901 ZPO, Zuständigkeiten im Beitreibungsverfahren einer rechtskräftigen Geldbuße übertragen werden könnten.

Unabhängig davon gibt der LRH zu bedenken, ob durch Änderung der Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes Tatbestände geschaffen werden könnten, die es der Verwaltungsbehörde ermöglichen, bei Nichtzahlung rechtskräftiger Geldbußen im Zusammenhang mit Verkehrsordnungswidrigkeiten ein Fahrverbot zu verhängen oder die Entziehung der Fahrerlaubnis anzuordnen.

Justizministerium/ab 01.01.2001 Staatskanzlei Einzelplan 11

35. Kleinstförderungen durch ein Ministerium Kapitel 11 02

Die Durchführung von Förderprogrammen im Bereich der Europaangelegenheiten und internationalen Beziehungen war mit zahlreichen Mängeln behaftet. Der LRH hält es nicht für zweckmäßig und auch nicht für wirtschaftlich, dass eine oberste Landesbehörde über die Fördermaßnahmen, bei denen in der Vergangenheit häufig nur Kleinstbeträge zugewendet wurden, entscheidet.

Eine Bewertung der Förderprogramme im Sinne einer Zielerreichungskontrolle hat bisher nicht stattgefunden.

Art und Ausgestaltung der Förderung

Das Land Niedersachsen vergibt seit Jahren Zuwendungen zur Unterstützung der europäischen Integration (im Folgenden: Förderbereich Europaangelegenheiten), zur Pflege der internationalen Beziehungen auf wissenschaftlichem, kulturellem, wirtschaftlichem und sonstigem Gebiet (Förderbereich Internationale Beziehungen) sowie für Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe (Förderbereich Entwicklungshilfe). Fördermittel werden vorwiegend Vereinen und Organisationen gewährt, die in diesen Bereichen mit unterschiedlich ausgerichteten Projekten tätig sind. Einen Schwerpunkt bilden wissenschaftliche Tagungen, bildungspolitische Veranstaltungen und Veranstaltungen der beruflichen Aus- und Fortbildung in Niedersachsen, in den Partnerregionen in Polen und Russland und in der Provinz Ostkap/Südafrika. Im Bereich der Entwicklungshilfe werden neben der Inlandsarbeit von Nicht-Regierungs-Organisationen vor allem Projekte in einigen Ländern Afrikas, Asiens sowie Mittel- und Südamerikas unterstützt. Förderrichtlinien, in denen die Zielsetzung der Förderung, die förderfähigen Maßnahmen und die Antragsberechtigung näher umrissen waren, sind hierzu bislang nicht erlassen.