Weitere Vertiefung der Unterelbe hat gravierende Auswirkungen auf Region Cuxhaven und Stade

Der Landtag wolle beschließen:

1. Der Landtag bedauert, dass die Absicht der Bundesländer Bremen, Hamburg und Niedersachsen, auf dem Gebiet der Hafenwirtschaft zusammenzuarbeiten, dazu geführt hat, dass Niedersachsen sich auf eine weitere Elbvertiefung eingelassen hat.

2. Der Landtag stellt fest, dass durch eine derartige Maßnahme die Deichsicherheit in den Landkreisen Cuxhaven und Stade gefährdet würde, negative Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu befürchten wären sowie die strukturschwache Unterelbe-Region mit den für sie wichtigen Wirtschaftsbereichen der Landwirtschaft, der Fischerei sowie des Tourismus nicht unerheblich beeinträchtigt würde. Im Rahmen einer gemeinsamen norddeutschen Hafenpolitik können zu erwartende künftige Containerschiffe aller Größen in den niedersächsischen Seehäfen be- und entladen werden.

3. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, diesen Bedenken im weiteren Verfahren Rechnung zu tragen."

Die erneuten Überlegungen und Planungen Hamburgs zur Vertiefung der Unterelbe für die Containerschifffahrt bereiten nicht nur den unmittelbar betroffenen Landkreis Cuxhaven und Stade erhebliche Sorgen. Eine solche Vertiefungsmaßnahme hat Auswirkungen auf die gesamte Region. Die letzte Elbvertiefung ist erst vor gut einem Jahr durchgeführt worden. Die Auswirkungen dieser Maßnahme sind bisher nur teilweise bekannt. Die entsprechenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind bisher noch nicht abgeschlossen.

Bedenken gegen eine weitere Vertiefung bestehen insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Deichsicherheit. Die tiefe Fahrrinne der Elbe liegt unmittelbar am Cuxhavener Ufer.

Der Mündungstrichter der Elbe erweitert sich seeseitig der Ostemündung sehr stark. Beide Faktoren bewirken eine natürliche vorhandene Beanspruchung des niedersächsischen Elbufers. Jede Vertiefung der Fahrrinne der Elbe führt zu einer Erhöhung des Tidehubs, einer Veränderung der Sturmflutwasserstände und Strömungsgeschwindigkeiten sowie einer Zunahme der Seegangsbelastung und der Belastung des Hauptdeiches, z. B. auch durch schiffserzeugten Wellengang. Eine Elbvertiefung führt damit zwangsläufig zu einer tendenziellen Gefährdung der Deichsicherheit in den Landkreisen Cuxhaven und Stade.

Dabei gehört z. B. der Deichabschnitt zwischen Cuxhaven und Otterndorf zu den sensibelsten Deichbereichen an der niedersächsischen Deichküste. Eine weitere Elbvertiefung wird hier erhebliche Auswirkungen auf den „Schardeich" mit sich bringen. Der Elbedeichbereich zwischen Cuxhaven und Otterndorf und darüber hinaus bis zur Ostemündung ist aufgrund von Naturbeobachtungen bei Sturmflutbelastung mit Wind aus nordwestlicher Richtung extrem gefährdet.

Die 1997 zum „Planfeststellungsverfahren für die Anpassung der Fahrrinne der Unterund Außenelbe an die Containerschifffahrt" auf 15 m unter Kartennull geäußerten Bedenken potenzieren sich mit der nunmehr avisierten weiteren Elbvertiefung. Es wird daher auf die dortigen detaillierten Ausführungen zu den eintretenden negativen Folgen auf die Küstenschutzbauwerke sowie das Flussbettregime von Elbe und Oste verwiesen.

Weiterhin ist zu befürchten, dass durch eine erneute Elbvertiefung die Voruferbereiche noch stärker erodiert werden. Der starke Wattabtrag zwischen der Medemmündung vor Otterndorf und dem Glameyer Stack bei Cuxhaven-Altenbruch zeigt deutlich, dass die vorangegangenen Fahrrinnenanpassungen sich auch auf die Wattflächen negativ auswirken. Die deutlich erkennbaren Veränderungen im Bereich der Wattflächen lassen sich nicht einer bestimmten Fahrrinnenanpassung zuordnen. Sie sind das Ergebnis der seit 1964 um ca. 3,50 m vertieften Elbefahrrinne. Das Argument, wonach jede Fahrrinnenanpassung bezogen auf die unmittelbar vorangegangene Anpassung sich nur unwesentlich auswirkt, ist daher unzulässig und wird dem Gesamtproblem nicht gerecht.

Die Abtragung des Watts durch Abspülung aufgrund des aus der Vertiefung der Fahrrinne resultierenden kraftvolleren Flut- und Ebbstroms gefährdet unmittelbar die das Vorland schützenden Deckwerke. Die Abflachung des Watts erlaubt aber zugleich auch eine höhere dynamische Beanspruchung des Elbedeiches durch Seegangsenergie bei Sturmflut. Statistisch wächst damit die Gefahr von Deichschäden. Eine Erhöhung des Mitteltidehochwassers um 1 cm bedeutet, dass der Bemessungswasserstand des Deiches 4 Jahre früher erreicht wird und somit der Deich 4 Jahre eher erhöht werden muss.

Die Elbe und ihre Nebenflüsse sind als Flussökosystem bereits durch vorangegangene Eingriffe stark geschädigt worden. Es ist abzusehen, dass eine weitere Elbvertiefung zu außerordentlich gravierenden direkten und indirekten Auswirkungen auf Natur und Landschaft führen wird, insbesondere ist die zunehmende Verschlickung der Elbnebenarme zu befürchten.

Von notwendigen Kompensationsmaßnahmen, sofern diese erfolgen, könnten zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe in ihrer Existenz betroffen sein. Eine Existenzgefährdung dieser Betriebe und eine weitere Schwächung der wirtschaftlichen Infrastruktur der Region muss ausgeschlossen werden. Mit einer zu befürchtenden weiteren Verschiebung der Brackwasserzone in der Oste ist eine zusätzliche Versalzung der Oste verbunden, was mögliche Auswirkungen auf den Obstanbau haben kann. Darüber hinaus ist der Landkreis Cuxhaven bereits einem erheblichen Kompensationsdruck aus dem Umland ausgesetzt. Dies hat dazu geführt, dass erhebliche Flächenpotentiale der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden. Es ist zu befürchten, dass im Zuge der weiteren Elbvertiefung stattfindende Kompensationsmaßnahmen diese Tendenz verstärken.

Durch die weiter zunehmende Fließgeschwindigkeit des Hauptfahrwassers wird die Küsten- und Flussfischerei zusätzlich erschwert bzw. unmöglich gemacht. Es steht zu befürchten, dass durch mögliche Verklappungen des Baggerguts im Flachwasserbereich Fanggebiete der Küstenfischerei beeinträchtigt oder vernichtet werden.

Für die Elbegemeinden in der Region ist der Tourismus von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Zahlreiche touristische Einrichtungen und Nutzungen sind unmittelbar mit der Elbe sowie Oste verbunden, so z. B. Watt- und Strandbereiche sowie Yachthäfen und Anleger. Diese Einrichtungen und Nutzungen wären durch Folgewirkungen einer erneuten Elbvertiefung in ihrer Funktion beeinträchtigt. Vor allem ist mit einer noch stärkeren Abtragung der touristisch genutzten Wattflächen vor Otterndorf zu rechnen. Ebenso könnte der Ausbau der maritimen Landschaft Unterelbe nicht weiter erfolgen, weil die Schiffbarkeit der Nebenflüsse elementarer Bestandteil des Konzepts ist.