Änderung des Baugesetzbuches

In der am 01.01.1998 in Kraft getretenen Änderung des Baugesetzbuches ist in § 35 Abs. 4 Nr. 1 geregelt worden, dass in bisher landwirtschaftlich genutzten Gebäuden unter bestimmten Voraussetzungen höchstens drei Wohnungen je Hofstelle neben den bisher zulässigen Wohnungen eingerichtet werden können, wenn die Aufgabe der bisherigen Nutzung nicht mehr als sieben Jahre zurückliegt.

In § 35 Abs. 4 Nr. 5 ist geregelt, dass bei Betrieben, die vor mehr als sieben Jahren ausgelaufen sind, unter bestimmten Bedingungen die Erweiterung eines Wohngebäudes auf höchstens zwei Wohnungen unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Gerade die Siebenjahresfrist stellt oft ein Problem dar, denn nicht selten treffen ehemalige Landwirte ihre Entscheidung, leerstehende ehemalige Betriebsgebäude einer Wohnnutzung zuzuführen, erst nach Ablauf dieser Frist, oft auch deshalb, weil ihnen erst dann die nötigen finanziellen Mittel für Umbaumaßnahmen zur Verfügung stehen. So mussten in zahlreichen Fällen die dritte Generation oder Zweit- und Drittkinder in ausgewiesenen Baugebieten Baugrund erwerben, während gleichzeitig die ehemaligen landwirtschaftlichen Gebäude unbenutzt bleiben, obwohl eine sinnvolle Wohnnutzung zur Verfügung steht.

Auch aus sozialen Gründen wäre es sehr wünschenswert, wenn wenigstens die Möglichkeit geschaffen würde, dass drei Generationen zusammen bzw. in unmittelbarer Nähe zueinander wohnen könnten.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Welche Erfahrungen sind mit der neuen gesetzlichen Regelung gemacht worden?

2. Wie viele Wohnungen sind seit dem 01.01.1998 nach § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB genehmigt worden?

3. Wie viele Wohnungen sind seit dem 01.01.1998 nach § 35 Abs. 4 Nr. 5 BauGB genehmigt worden?

4. Beabsichtigt die Landesregierung, sich für eine Änderung des § 35 Abs. 4 Nr. 5 BauGB mit dem Ziel einzusetzen, die Erweiterung der Gebäude auf drei Wohneinheiten auszudehnen? Wenn nein: Warum nicht?

5. In § 245 b Baugesetzbuch ist geregelt, dass die Länder entscheiden können, dass die Frist nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 c bis zum 31.12.2004 nicht anzuwenden ist. Beabsichtigt die Landesregierung, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen?

Falls nein: Warum nicht?

Die planungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben im so genannten Außenbereich beurteilt sich nach § 35 BauGB, der eine abschließende Auflistung der im Außenbereich privilegierten Vorhaben beinhaltet. Nicht hierunter fallende sonstige Vorhaben können nach § 35 Abs. 2 BauGB im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

Während der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der sonstigen Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB jede Beeinträchtigung von öffentlichen Belangen entgegengehalten werden kann, werden durch § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB für die durch diese Vorschrift begünstigten Vorhaben die öffentlichen Belange der Darstellungen des Flächennutzungsplans, eines Landschaftsplans, der natürlichen Eigenart der Landschaft sowie der Befürchtung der Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung aus der planungsrechtlichen Prüfung ausgeblendet.

§ 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB begünstigt die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das zunächst einem landwirtschaftlichen Betrieb gedient hat, unter besonderen Voraussetzungen, die in den Buchstaben a bis g aufgezählt sind. Gemäß Buchstabe c darf die Aufgabe der bisherigen Nutzung nicht länger als sieben Jahre zurückliegen.

§ 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB begünstigt die Erweiterung von zulässigerweise errichteten Wohngebäuden auf bis zu höchstens zwei Wohnungen, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen ist und bei der Errichtung einer weiteren Wohnung Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1: Die gesetzlichen Regelungen haben sich in der Praxis bewährt. Es sind bisher keine besonderen Probleme bei der praktischen Umsetzung bekannt geworden.

Zu 2 und 3: Es sind ca. 1 200 Wohnungen gem. § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB und ca. 1 800 Wohnungen gem. § 35 Abs. 4 Nr. 5 BauGB genehmigt worden. Diese Zahlenangaben beruhen z. T. auf Schätzungen, da eine entsprechende Statistik bei den unteren Bauaufsichtsbehörden nicht geführt wird.

Zu 4: Nach dem Willen des Bundesgesetzgebers soll der Außenbereich grundsätzlich von einer Bebauung freigehalten werden. Daher sind Vorhaben im Außenbereich nur in engen Grenzen zulässig. Die Landesregierung beabsichtigt daher auch nicht, sich für eine Änderung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB mit dem Ziel einzusetzen, die Erweiterung von Wohngebäuden auf bis zu drei Wohneinheiten auszudehnen.

Zu 5: § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB in der ab 01.01.1998 geltenden Fassung trägt dem Strukturwandel in der Landwirtschaft Rechnung und soll insbesondere Nutzungsänderungen nicht mehr landwirtschaftlich genutzter Gebäude erleichtern. Nach § 245 b Abs. 2 BauGB können die Länder bestimmen, dass die Siebenjahresfrist nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe c bis zum 31.12.2004 nicht anzuwenden ist.

Die Landesregierung hat sich entschlossen, von dieser Regelung keinen Gebrauch zu machen. Sie hält die vom Bundesgesetzgeber festgelegte Übergangszeit von sieben Jahren für angemessen. Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens für das Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuchs und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung (Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 - BauROG -) vom 08.08.1997 ist deutlich geworden, dass die zuvor geltende Übergangsfrist von fünf Jahren insbesondere unter Berücksichtigung der Besonderheiten in den neuen Bundesländern nicht als ausreichend betrachtet wurde. Sie ist daher auf sieben Jahre verlängert worden. Gleichzeitig hat man im Hinblick auf die Besonderheiten in den neuen Bundesländern eine Option für eine weitere Verlängerung schaffen wollen. Die Regelung konnte nicht nur auf die neuen Bundesländer beschränkt bleiben, da man mit dem Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 wieder einheitliche Bestimmungen für sämtliche Bundesländer schaffen wollte.

Die vom Bundesgesetzgeber konzipierte erleichterte Zulassung von Nutzungsänderungen für ehemals landwirtschaftlich genutzte Gebäude stellt einen Kompromiss zwischen den Interessenlagen der Landwirtschaft und den anderen städtebaulichen Belangen einschließlich des Umweltschutzes dar. Die durch den Bundesgesetzgeber erfolgte Regelung erscheint auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aller Bauherren gerechtfertigt.