Verkauf von 14 000 Wohnungen durch die Preussag in Salzgitter

Nachdem im Sommer letzten Jahres die Preussag angekündigt hatte, ihre 14 000 Wohnungen in Salzgitter zu veräußern, haben Landesregierung und Landtag sich klar positioniert. Am 11. September forderte der Landtag die Landesregierung einstimmig auf, zu verhindern, dass dieser Verkauf zu Spekulationsgeschäften missbraucht wird, ferner auf die Preussag hinzuwirken, der Stadt eine vernünftige Stadtplanung auf den ca. 2 000

Hektar Preussagflächen zu ermöglichen, sicherzustellen, dass die Entscheidungen der Preussag nur nach Gesprächen mit der Stadt Salzgitter getroffen werden, sowie die Belange der Mieter zu berücksichtigen. Ferner begrüßte der Landtag die Initiative des Ministerpräsidenten, ein Konsortium namhafter niedersächsischer Unternehmen der Wohnungswirtschaft zu bilden, um die Wohnungen zu übernehmen. Das Konsortium wurde durch den früheren Wohnungsbauminister Karl Ravens federführend vertreten.

Nun, ein halbes Jahr später, berichtet die Braunschweiger Zeitung in ihrer Ausgabe vom 14. Juni 2001, dass das „Ravens-Konsortium" gescheitert sei. In dem Artikel wird darauf hingewiesen, das Karl Ravens schriftlich mit Datum von 11. Juni das Aus für diese Planung bekannt gegeben hat.

Aus diesen Gründen frage ich die Landesregierung:

1. Hat Karl Ravens oder ein anderes Mitglied des Konsortiums der Landesregierung schriftlich mitgeteilt, dass ein Kaufangebot an die Preussag zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr in Frage kommt? Wenn ja, wie wurde dies begründet?

2. Was hat die Landesregierung getan, um entsprechend der Landtagsentschließung auf die Preussag einzuwirken, mit der Stadt Salzgitter eine Vereinbarung zur weiteren Stadtentwicklung hinsichtlich der Preussag-Flächen zu treffen?

3. Wenn das „Ravens-Konsortium" nicht zum Zuge kommt, wie will die Landesregierung die Mietinteressen in Salzgitter schützen und gemäß der Landtagsentschließung Spekulationsgeschäfte verhindern?

4. Ist es vor diesem Hintergrund zu vertreten, der Preussag in ihren Grundbuchangelegenheiten in Salzgitter zu helfen?

Die Landesregierung nimmt die Sorgen der Mieterinnen und Mieter der Wohnungen in der Stadt Salzgitter, von denen sich die Preussag AG trennen will, sehr ernst.

Die Ursache der gegenwärtigen Problematik liegt in der Art und Weise der Privatisierung des Salzgitter-Konzerns im Jahre 1989. Die SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag hatte damals mit einem Entschließungsantrag erreichen wollen, dass die Salzgitter Wohnungs-AG aus dem Konzernverbund herausgelöst und als selbständiges Unternehmen geführt wird. Damit wäre sichergestellt worden, dass diese Gesellschaft auch in Zukunft ihre Aufgabe als Wohnungsbaugesellschaft wahrnehmen kann. Die damalige CDUMehrheit im Landtag und die Regierung unter Ernst Albrecht sind diesem Antrag leider nicht gefolgt und sind nicht gegenüber der Bundesregierung tätig geworden. Diese hat unter der Federführung des Bundesfinanzministers Theo Waigel die Salzgitter AG einschließlich der Salzgitter Wohnungs-AG veräußert. Damit wurde die heutige Lage ausgelöst, in der die Landesregierung nur noch als Mittler tätig werden kann.

Ziel der Bemühungen der Landesregierung ist es sicherzustellen, dass bei einem Verkauf der Preussag-Wohnungen die sozialen Belange der Mieterinnen und Mieter in den Mietverträgen eine besondere Berücksichtigung finden. Dazu zählt auch, dass die Wohnungen vorrangig den Mietern und Mietergenossenschaften zum Kauf angeboten werden, ggf. nach einem Zwischenerwerb durch andere Wohnungsgesellschaften. Ziel ist es weiter, den Beschäftigen des Wohnungsunternehmens Preussag-Immobilien GmbH eine berufliche Perspektive zu sichern. Darüber hinaus sollte der Stadt Salzgitter eine vernünftige Stadtplanung ermöglicht werden, wozu Vereinbarungen zwischen der Stadt und der Preussag wegen der dem Unternehmen gehörenden Flächen anzustreben sind. Die Landesregierung sieht sich in diesen Bemühungen durch die einstimmig angenommene Landtagsentschließung vom 12. September 2000 bestärkt.

Ministerpräsident Gabriel hat den ehemaligen Bundesbauminister und langjährigen Präsidenten des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung, Karl Ravens, gebeten, ein Konsortium aus Wohnungsunternehmen zu bilden, die an dem Erwerb der Wohnungen interessiert sind und den Mieterschutz gewährleisten können.

Gelungen ist es, gewichtige Partner in einem niedersächsischen Konsortium, bestehend aus der ALLWO Allgemeine Wohnungsvermögens-AG in Hannover, der NORD/LB Immobilien-Holding-GmbH, der BHW Immobilien GmbH und der Wohnungsbaugesellschaft mbH Salzgitter, zusammenzubringen. Die Mitglieder des Konsortiums haben wie alle anderen Verhandlungspartner gegenüber der von der Preussag mit dem Verkauf beauftragten Gesellschaft Drueker & Co. GmbH die Vertraulichkeit der Gespräche und Absprachen schriftlich zugesichert und sich im Falle des Zuwiderhandelns zur Zahlung einer Pönale verpflichtet. Herr Ravens hat unter Beachtung dieser Vertraulichkeit den Ministerpräsidenten Gabriel über den Stand des Verfahrens unterrichtet.

Bezug nehmend auf diese Vorbemerkung beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1: Herr Ravens hat dem Ministerpräsidenten schriftlich mitgeteilt, dass das Konsortium derzeit kein Angebot abgeben werde. Aufgrund der zugesicherten Vertraulichkeit verbietet es sich, auf weitere Einzelheiten einzugehen.

Zu 2: Die Landesregierung hat die grundsätzliche Bereitschaft der Preussag erreicht, mit der Stadt Salzgitter entsprechende Verabredungen zu treffen. Hierzu werden nach Kenntnis der Landesregierung Gespräche zwischen der Stadt und dem Unternehmen geführt.

Zu 3: Das Bieterverfahren wird nach Kenntnis der Landesregierung noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Preussag hat gegenüber der Landesregierung mehrfach erklärt, bei ihrer Entscheidung sowohl die Interessen der Mieterinnen und Mieter wie der Beschäftigten des Wohnungsunternehmens Preussag-Immobilien GmbH, wie sie in der Landtagsentschließung vom 12. September 2000 zum Ausdruck gebracht werden, sichern zu wollen.

Zu 4: Die Landesregierung wird im Interesse eines reibungslosen Geschäftsablaufs dafür Sorge tragen, die beim Grundbuchamt Salzgitter eintretende Mehrbelastung im Rahmen der personellen Möglichkeiten aufzufangen.