Auswirkungen der geplanten Novellierung des Waffengesetzes (WaffRNeuRegG) und der hieraus erwachsenden Konsequenzen für die Sportschützen und Jäger

Die Novellierung des geltenden Waffenrechts wird seit 1981 betrieben. In der damaligen Begründung zum Waffenrechtsänderungsgesetz ist ausgeführt: „Das Waffengesetz 1972 hat unter dem Eindruck der damals begangenen terroristischen Straftaten die erste Zielsetzung in den Vordergrund gestellt. Nach den... mit dem Vollzug gemachten Erfahrungen... erscheint es geboten und vertretbar, ... für die legalen Waffenbesitzer, die auf Zuverlässigkeit und Sachkunde geprüft sind, gewisse Erleichterungen vorzusehen."

Seit diesem Zeitraum ist die Quote der missbräuchlichen Verwendung von Schusswaffen - legal wie illegal - von 0,78 % (1971) auf 0,3 % (2000) gesunken; der Anteil der missbräuchlichen Verwendung legaler Waffen ist weitaus geringer.

Auch Innenminister Schily und die Verbände der Polizei sehen keine Gefahr für die innere Sicherheit durch die legalen Waffenbesitzer, insbesondere nicht durch die Sportschützen.

Der Entwurf der Bundesregierung sollte auch zu Verwaltungsvereinfachung führen. Im Hinblick auf den Vollzug des Gesetzes durch die Länder wird aber mit erheblichem Mehraufwand auf Landesebene - Zuverlässigkeitsprüfung alle drei Jahre, neu eingeführte mehrmalige Bedürfnisprüfung, Prüfung der Geeignetheit und Erforderlichkeit von Waffen - zu rechnen sein. Experten beziffern die benötigten Verwaltungsstellen mit ca. 2 000 neuen Stellen bundesweit.

Nach geltendem Recht können Kinder - unter Aufsicht - erst ab 12 Jahren mit Luftdruckwaffen schießen. Eine derartige Altersgrenze ist in keinem Land der EU gesetzlich verankert.

Der Entwurf sieht die Verpflichtung der Vereine zur Meldung derjenigen Mitglieder vor (§ 15 Abs. 5), die aus dem aktiven Schießsport ausgeschieden sind.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung im Hinblick auf den nunmehr vorliegenden Entwurf zur Änderung des Waffengesetzes (WaffRNeuRegG) - Drucksache BR 596/01 -:

1. Ist sie der Auffassung, dass Verschärfungen gegenüber dem geltenden Recht hinsichtlich

a) des Bedürfnisses,

b) des Erbrechtes an Waffen und Munition,

c) des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnisse,

d) der Zahl der Waffen, die von einem Sportschützen erworben werden dürfen,

e) der Einführung einer Besitzerlaubnis für Munition notwendig sind, auch wenn sich das Waffengesetz ausschließlich an die legalen Besitzer von Waffen und Munition wendet?

Wenn ja: Aus welchen konkreten tatsächlichen Gründen erscheinen Verschärfungen für die Gruppe der ca. 4,6 Millionen legaler Waffen- und Munitionsbesitzer in der Bundesrepublik Deutschland (vor allem Sportschützen, Jäger, Sammler u. a.) notwendig?

2. Hält sie es für sachlich geboten und verhältnismäßig,

a) bei einem vorübergehenden Wegfall des Bedürfnisses (z. B. mehrjährige Montage im Ausland, mehrjährige Krankheit), aber fortbestehender Zuverlässigkeit und fortbestehender Mitgliedschaft in einem Schützenverein,

b) bei endgültigem Wegfall des Bedürfnisses (z. B. aus Krankheits- oder Altersgründen) nach langjährigem unbeanstandetem Besitz eine erteilte waffenrechtliche Erlaubnis zu entziehen?

Wenn ja: Welche tatsächlichen Gründe der öffentlichen Sicherheit erfordern dies?

3. Ist sie der Auffassung, dass sachliche Gründe dafür vorliegen, das Erbrecht an Waffen und Munition zu beschränken oder abzuschaffen bzw. dem Erben den unmittelbaren Besitz der Waffen oder Munition zu entziehen?

a) Wenn ja: Welche Gründe der öffentlichen Sicherheit gebieten dies bei Erben, die ansonsten zuverlässig und rechtstreu sind?

b) Wird die Landesregierung im Bundesrat fordern, das Erbrecht an Waffen und Munition zu beschränken, ggf. auch im Sinne des Art. 17 Nr. 2 des Entwurfes der Bundesregierung?

Wenn ja, welche Gründe sind hierfür maßgeblich?

4. Ist ihr die Entwicklung der Kriminalität in Australien und England bekannt, wo nach erheblichen Verschärfungen waffenrechtlicher Vorschriften der illegale Waffenbesitz und der Missbrauch illegaler Schusswaffen massiv angestiegen sind?

5. Wie will sie einer solchen bei entsprechenden Verschärfungen zu befürchtenden Entwicklung auch in der Bundesrepublik entgegenwirken?

6. Wie hoch schätzt sie die Zahl der im Land zusätzlich benötigten Stellen bei der geplanten Novellierung des Waffengesetzes?

7. Wie hoch schätzt sie die damit verbundenen Kosten für den Haushalt?

8. Wie begründet sie eine absehbare derartige Erhöhung des Verwaltungsapparates angesichts des minimalen Anteils der legalen Waffen an Straftaten?

9. Unterstützt sie die neue Regelung, die Kindern unter Aufsicht und Betreuung durch Jugendtrainer das Sport-Schießen bereits mit 10 Jahren ermöglicht?

Wenn nein: Welche Gründe sprechen aus der Sicht der Landesregierung gegen die Herabsetzung der Altersgrenze?

10. Hält sie im Kinder- und Jugendbereich eine Angleichung der deutschen rechtlichen Regelungen für den Schießsport in der Europäischen Union zur Wahrung der sportlichen Chancengleichheit für sinnvoll?

11. Hält sie die hier geforderte Überwachung der Vereinsmitglieder von Schützenvereinen und Schießsportvereinen im Interesse der inneren Sicherheit für erforderlich?

Wenn ja: Welche konkreten Gründe machen dies erforderlich?

12. Was versteht sie unter einem „aktiven" Sportler (Sportschützen), und wie kann dies durch wen festgestellt werden?

13. Teilt sie die Auffassung, dass durch den vorliegenden Entwurf des Waffengesetzes eine der freiheitlichen Ordnung des Grundgesetzes widersprechende Beeinträchtigung unbescholtener und laufend staatlich auf ihre Zuverlässigkeit überprüfter Bürger geschaffen wird?

Die nachstehenden Antworten beruhen auf dem von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Waffenrechts (WaffRNeuRegG), zu dem der Bundesrat mit Beschluss vom 19.10.2001 Stellung genommen hat.

Dies vorangeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die Frage 1 mit den Unterfragen a bis e ist identisch mit der Frage 1 und den Unterfragen bis 1.5 in der Kleinen Anfrage des Abg. Sehrt (CDU) - Drs. 14/2834 -.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf die Antwort der o. a. Kleinen Anfrage Bezug genommen.

Zu 2 und 3: mit den Unterfragen 2 a und 2 b sowie 3 a und 3 b wird auf die Antwort der o. a. Kleinen Anfrage zu den Fragen 2.1 und 2.2 sowie 3.1 und 3.2 Bezug genommen.

Zu 4: Diese Frage ist ebenfalls identisch mit der Frage 4 in der Kleinen Anfrage des Abg. Sehrt. Es darf daher auf die dortige Antwort Bezug genommen werden.

Zu 5: Entfällt, weil entsprechende Verschärfungen in der Bundesrepublik nicht zu erwarten sind.

Zu 6 bis 8: Zur Beantwortung dieser Fragen müsste eine Umfrage bei den rund 100 Waffenerlaubnisbehörden gehalten werden, da hier deren personelle Ausstattung nicht bekannt ist. Hinzu kommt, dass jetzt noch nicht absehbar ist, welche Fassung das neue Waffengesetz haben wird, das noch im Bundestag und ein zweites Mal im Bundesrat behandelt werden muss.

Zu 9: Ja.

Zu 10: Ja.

Zu 11: Die uneingeschränkte Rechtstreue und Verlässlichkeit von Schießsportverbänden sowie deren Bereitschaft und Fähigkeit zur Aufsicht über ihre Mitgliedsvereine bilden eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass tatsächlich nur Schützen, die ihren Sport ernsthaft und nachhaltig betreiben, den Besitz von Schusswaffen erlangen und mit ihren Waffen sachgemäß und sorgsam umgehen.

Seit geraumer Zeit ist festzustellen, dass sich ständig neue kleine und kleinste Verbände gründen, die immer neue Schießdisziplinen entwickeln, um für sich die Vergünstigungen zu beanspruchen, die das Waffenrecht den etablierten Verbänden und seinen Sportschützen zugesteht. Die neuen „Verbände" verfügen in der Regel über keine erkennbare Verbandsstruktur. Es fehlen regelmäßig sowohl Regional- als auch Kreis- und Landesverbände. In einem konkreten Fall nennt sich ein örtlicher Verein mit ca. 120 Mitgliedern „Verband", um seinen Mitgliedern die Möglichkeit zum Erwerb einer Fülle von Schusswaffen zu verschaffen. Nach den Feststellungen der zuständigen Landesbehörden ist es in diesem Zusammenhang in der Praxis teilweise zu einer missbräuchlichen Ausnutzung der Regelung des bisherigen § 32 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 des Waffengesetzes gekommen. Es besteht der begründete Verdacht, dass die bestehenden waffenrechtlichen Vergünstigungen in einer Reihe von Fällen wesentlich zur Bildung neuer schießsportlicher Vereinigungen beigetragen haben und dass die ausgestellten Bescheinigungen teilweise nicht den an sie zu stellenden Anforderungen entsprachen.

Dies kann nicht länger hingenommen werden. Vielmehr muss gesetzlich festgelegt werden, dass ein Schießsportverband bestimmte Anforderungen hinsichtlich seiner Organisationsstruktur, Mitgliederzahl und sportlichen Betätigung erfüllen muss, um als Schießsportverband anerkannt zu werden. Nur deren Mitgliedern soll der Erwerb von Schusswaffen und Munition unter den Bedingungen des § 14 gestattet werden.

Der Entwurf sieht daher künftig für die Inanspruchnahme der den Schießsportlern bei der Erwerbserlaubnis eingeräumten Vergünstigungen eine Verlängerung der Frist für die Zugehörigkeit zu einem Schießsportverein auf zwölf Monate vor und verlangt außerdem die Zugehörigkeit des Schießsportvereins zu einem überörtlichen schießsportlichen Verband.

Außerdem sollen die Vereine verpflichtet werden, ein Ausscheiden einzelner Mitglieder aus dem Verein oder dem aktiven Schießsport der zuständigen Behörde anzuzeigen.

Mit diesem Mindestmaß an Ordnungsstruktur soll es einerseits ermöglicht werden, Gruppierungen zu erkennen, bei denen der Schießsport in erster Linie Vorwand für Waffenbeschaffung ist, andererseits soll es einen bundesweit einheitlichen Vollzug des Waffenrechts garantieren und schließlich die Verbände des Schießsports stärken, um mit weniger Staat den Vollzug des Waffenrechts zu sichern.

Zu 12: Als Sportschütze i. S. des Waffengesetzes wird anerkannt, wer einem nach § 15 Abs. 1 des Gesetzentwurfs anerkannten Schießsportverband angehört und seit mindestens 12 Monaten den Schießsport in einem Verein regelmäßig als Sportschütze betrieben hat.

Festgestellt wird dies durch eine Bescheinigung des Schießsportverbandes oder eines ihm angegliederten Teilverbandes.

Zu 13: Nein.