Verzögerungen in Prüfungsverfahren im zweiten juristischen Staatsexamen infolge säumiger Prüfer

In den letzten Jahren ist festzustellen, dass in einer nicht unerheblichen Anzahl von Fällen in den Prüfungsverfahren des zweiten juristischen Staatsexamens Klausuren nur mit großen Verzögerungen korrigiert werden konnten. Dies hat zur Folge, dass die Prüfungsverfahren in die Länge gezogen und die betroffenen Referendare bis zum Vorliegen der ausstehenden Prüfungsergebnisse vom Land Niedersachsen weiterbeschäftigt werden müssen.

Ich frage daher die Landesregierung:

1. Wie viele Referendare mussten seit 1998 infolge verspäteter Klausurkorrekturen und dadurch verlängerter Prüfungsverfahren über die gesetzlich vorgesehene Dauer des Vorbereitungsdienstes hinaus weiterbeschäftigt werden?

2. Welche Kosten sind dem Land seit 1998 durch die verzögerungsbedingte Weiterbeschäftigung von Referendaren entstanden?

3. Welche Maßnahmen sind seitens der Landesregierung zur Vermeidung verspäteter Klausurkorrekturen und zur Beschleunigung von Korrekturen im Prüfungsverfahren vorgesehen?

4. Welche Maßnahmen wird die Landesregierung gegenüber säumigen Prüfern ergreifen?

Zunächst ist festzuhalten, dass die Prüfungsdauer in den letzten Jahren stetig gesunken ist.

Die nachfolgende Aufstellung gibt die durchschnittliche Dauer der mit der mündlichen Prüfung abgeschlossenen Prüfungsverfahren wieder. Es sind jeweils nur solche Verfahren berücksichtigt, die nicht durch außergewöhnliche Umstände, etwa durch eine längere Erkrankung des Prüflings oder verspätete Anfertigung der Aufsichtsarbeiten verzögert wor den sind. Auch die Prüfungswiederholungen sind hier nicht erfasst, da diese zeitlich anders verlaufen als die Erstprüfungen (s. u.). S. 430) - NJAG 1996 - und der Zweiten Verordnung zu Änderung der Verordnung zum Niedersächsischen Gesetz zur Ausbildung der Juristinnen und Juristen vom 22.10.1996 (GVBl. S. 433) - NJAVO 1996 - die Hausarbeit als Bestandteil der zweiten juristischen Staatsprüfung entfallen ist. Seither werden 8 statt vorher 4 Aufsichtsarbeiten geschrieben. Ferner ist der vormalige „Langvortrag" mit einer Vorbereitungszeit von 3 Tagen durch den „Kurzvortrag" mit einer Vorbereitungszeit von einer Stunde ersetzt worden. Im Hinblick auf Übergangsregelungen im Bereich der Aufsichtsarbeiten ist nach NJAG 1993/1996 (Übergangsregelung) und NJAG 1996 (uneingeschränkt neues Recht) differenziert worden.

Die Prüfungszeit betrug unter der Geltung des NJAG 1993 im gewichteten Durchschnitt knapp 58 Tage (unter Berücksichtigung des „Hausarbeitsmonats" knapp 88 Tage). Sie wurde bereits in der Übergangszeit vom NJAG 1993 zu 1996 auf zuletzt 31 Tage gekürzt.

Zurzeit beträgt die durchschnittliche Zeit zwischen Ende der Wahlstation und dem Tage der mündlichen Prüfung nach 26 Tagen im Jahre 2000 noch 25 Tage. Damit wurde die in der Antwort der Landesregierung vom 12.01.1999 auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU vom 09.12.1998 - Drs. 14/498 - zu III. 5. geäußerte Erwartung nicht unerheblich unterschritten.

Zum Prüfungsverfahren ist einleitend Folgendes anzumerken:

Im Hinblick auf derzeit durchschnittlich etwa 200 Prüflinge in jedem Prüfungsdurchgang werden für jeden Durchgang im Vorhinein Termine für mündliche Prüfungen für die beiden Monate angesetzt, die auf den letzten Monat des Vorbereitungsdienstes folgen. Bereits an den ersten Tagen des ersten Folgemonats werden die ersten Prüfungen durchgeführt. Es wird angestrebt, dass möglichst viele Prüflinge noch im ersten Monat des genannten Zeitraums geprüft werden können. Alle Prüfungen im ersten Monat durchzuführen, lässt sich erfahrungsgemäß trotz aller Bemühungen nicht erreichen, weil dies das Landesjustizprüfungsamt verwaltungstechnisch nicht leisten kann und vor allem die Kapazitäten der überwiegend nebenamtlich tätigen Prüferinnen und Prüfer überfordern würde. Die Zahl der nebenamtlich Prüfenden ist zum einen aufgrund der Qualitätsanforderungen nicht beliebig zu erhöhen, weil die aus dem Gleichheitsgrundsatz folgende Beachtung der Einheitlichkeit der Prüfungsanforderungen die Bestellung weniger geeigneter Prüferinnen und Prüfer nicht zulässt, zum anderen wird es im Hinblick auf die allgemein zunehmende Belastung in den Hauptämtern immer schwieriger, geeignete Personen für diese Aufgabe zu gewinnen. Es ist erfreulich und dankenswert, dass sich überhaupt noch wenigstens so viele Damen und Herren für dieses Nebenamt zur Verfügung stellen, dass der Prüfungsbetrieb nicht gefährdet ist.

Für einen Prüfungsdurchgang von 200 Prüflingen sind 1 600 Aufsichtsarbeiten von je 2 Prüferinnen oder Prüfern zu bewerten. Bei 4 Durchgängen im Jahr fallen mithin 6 400 Klausuren an. Um die Belastung der Prüferinnen und Prüfer angemessen zu gestalten, sind je Durchgang - also alle 3 Monate - für die Bewertung der Aufsichtsarbeiten ca. 85 Prüferinnen und Prüfer erforderlich.

Die Aufsichtsarbeiten werden 5 Monate vor Ende des Vorbereitungsdienstes angefertigt.

Demgemäß wird für die Erst- und Zweitbeurteilung eine Gesamtzeit von etwa 4 Monaten gesetzt. Bereits nach Ablauf der Fristen für die Erstbeurteilung und erst recht nach Ende der Fristen für die Zweitbeurteilungen setzt seitens des Landesjustizprüfungsamts ein Erinnerungs- und Mahnsystem ein, das entsprechend dem Zeitablauf immer intensiver wird.

Bei Prüflingen, die die Prüfung wiederholen, dauert das Verfahren durchschnittlich etwa 90 bis 120 Tage. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die zu wiederholenden Aufsichtsarbeiten erst am Ende des Ergänzungsvorbereitungsdienstes angefertigt und danach erst bewertet werden können. Diese Klausuren sollen ebenso wie die von Prüflingen, die die Klausuren wegen Krankheit o. ä. persönlichen Gründen oder wegen Anrechnung von Ausbildungsabschnitten erst am Ende der Ausbildung schreiben können, bevorzugt bewertet werden, es dauert aber durchschnittlich 3 bis 4 Monate, bis alle Aufsichtsarbeiten vorliegen, sodass erst dann jeweils die mündliche Prüfung stattfinden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Prüferinnen und Prüfer diese Arbeiten auch nicht losgelöst von den Übrigen bewerten können, sondern nur in der Zusammenschau mit diesen.