Die sachlichen Schwerpunkte und die organisatorische Struktur des Landesjugendamts entsprechen noch nicht der gesetzlichen

Würdigung

Auf Grund der obigen Feststellungen und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass im Jahre 2002 die finanziellen Mittel für diese Förderung erheblich zurückgegangen sind (rd. 2,6 Millionen Euro) und sich auch 2003 voraussichtlich in dieser Höhe bewegen werden, regt der LRH an - unbeschadet des grundsätzlichen Reformbedarfs bei der Pauschalförderung (vgl. „Reformbedarf bei der pauschalen Förderung der Krankenhäuser", Abschnitt V, Nr. 17) -, künftig auf eine gesonderte Großgeräteförderung (ggf. zu Gunsten einer Erhöhung der „allgemeinen" Fördermittel) zu verzichten. Sollte an der Großgeräteförderung festgehalten werden, muss gewährleistet sein, dass diese transparent, nachvollziehbar und bedarfsgerecht durchgeführt wird.

20. Das Landesjugendamt wird seiner gesetzlichen Aufgabenstellung bisher nicht gerecht Kapitel 05 71

Die sachlichen Schwerpunkte und die organisatorische Struktur des Landesjugendamts entsprechen noch nicht der gesetzlichen Zielsetzung.

Einrichtungsberatung und Aufsicht müssen zurückgedrängt werden. Dafür sind die Beratung für Hilfen zur Erziehung, die Förderung der Erziehung in der Familie, der Jugendschutz und die Fortbildung der Mitarbeiter der Jugendhilfe zu stärken.

Für die Aufsicht über die Kindertagesstätten sollten die Landkreise und kreisfreien Städte herangezogen werden.

Die innere Organisation ist zu straffen, der Verwaltungsaufwand zu reduzieren und der Personaleinsatz sollte teamorientiert gestaltet werden. Die behördliche Zuordnung sollte überdacht und eine Zusammenlegung mit dem Niedersächsischen Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben erwogen werden.

Allgemeines:

Der Bund hat das Kinder- und Jugendhilferecht mit dem VIII. Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VIII) ab 1991 neu geregelt. Dabei hat er auch die Aufgaben der örtlichen und der überörtlichen Träger neu definiert. Den örtlichen Trägern obliegen danach im Wesentlichen alle konkreten Maßnahmen für die jungen Menschen, während der überörtliche Träger für überregionale Maßnahmen, Beratung und Fortbildung verantwortlich ist und Modelle initiiert. Die Aufgaben der örtlichen Jugendhilfeträger erfüllen in Niedersachsen die Landkreise und kreisfreien Städte sowie einige weitere besonders bestimmte Kommunen als Aufgaben des eigenen Wirkungskreises. Überörtlicher Träger der Kinder- und Jugendhilfe ist nach dem Niedersächsischen Ausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz das Land. Seine im § 85 Abs. 2 SGB VIII definierten Aufgaben nimmt das Landesjugendamt (mit 86,5 Stellen) durch den Landesjugendhilfeausschuss und die Verwaltung des Landesjugendamts wahr.

Der LRH hat die Organisation und Wirtschaftlichkeit des Landesjugendamts im Jahr 2002 untersucht und im Wesentlichen Folgendes festgestellt: Aufgabenwahrnehmung

Die vom Land wahrgenommenen Tätigkeiten im Kinder- und Jugendhilfebereich sind in Jahrzehnten gewachsen, sie folgen jedoch in Teilen noch nicht den Intentionen des SGB VIII. So nehmen ca. zwölf Mitarbeiter die Heimaufsicht (ohne Kindertagesstättenaufsicht) nach § 45 Abs. 1 SGB VIII intensiv wahr. Dazu werden grundsätzlich nach Abschluss neuer Leistungsund Entgeltvereinbarungen zwischen Heimen und örtlichen Trägern - an denen sie häufig mitwirken - auch neue Betriebserlaubnisse erteilt. Das führt faktisch zur Genehmigung aller Leistungsvereinbarungen, was nicht vorgesehen ist. Der LRH hat vorgeschlagen, sich nur auf graNiedersächsischer Landtag ­ 15. Wahlperiode Drucksache 15/180 vierende das Kindeswohl betreffende Fragen zu beschränken, jedoch Veränderungen berichten zu lassen, damit ein jederzeitiges Einschreiten möglich ist. Hier ist eine Personalreduzierung möglich, zumal in anderen Bundesländern zum Teil mehr als doppelt so viele Heime von einem Bearbeiter betreut werden. Der LRH hat eine Übertragung dieser Aufgaben auf örtliche Träger geprüft, wegen geringer Fallzahl aber verworfen.

Kaum wahrgenommen wird im Landesjugendamt die Beratung der örtlichen Träger für Hilfen zur Erziehung, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder, Hilfe für junge Volljährige (§§ 27 bis 41, aber auch § 42), obwohl sie dem Landesjugendamt nach § 85 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII als wichtige Aufgabe obliegt. In diesem Bereich wird bei den örtlichen Trägern die Hauptarbeit der öffentlichen Jugendhilfe geleistet. Gerade hier könnten durch ein Weitertragen der besten Lösungen und eine qualifizierte Beratung, verbunden mit Modellprojekten, Fachtagungen und Ähnlichem die öffentlichen Mittel erheblich effektiver zum Wohle der Kinder und Jugendlichen eingesetzt werden. Dieses Aufgabenfeld ist daher im Landesjugendamt zu stärken.

Die Aufsicht einschließlich der Aufsichtsberatung über die über 4 000 Kindertagesstätten im Land nehmen ca. 15 Mitarbeiter des Landesjugendamts in einer besonderen Organisationseinheit und zum Teil von auswärtigen Stellen aus wahr. Der LRH hat die Vor- und Nachteile einer Übertragung der Aufgaben auf die örtlichen Träger geprüft. Dabei hat er darauf hingewiesen, dass im Land Bayern mit bundesgesetzlicher Ausnahme bereits seit Jahrzehnten die Aufsicht von den Landratsämtern ausgeübt wird und das Land Hessen die örtlichen Träger mangels einer bundesgesetzlichen Delegationsmöglichkeit zu den Aufsichtsaufgaben herangezogen hat und nur wenige zentrale Aufgaben beim Land verblieben sind. Da die örtlichen Träger in Niedersachsen auch bereits jetzt im Aufsichtsverfahren beteiligt sind, ihr Mehraufwand nach Vorliegen einheitlicher Vorgaben gering ist, die Kollision finanzieller und fachlicher Interessen durch die ausgeprägte Wahrnehmung der Elterninteressen im Kindertagesstättenbereich relativiert werden und die Kommunen schon jetzt die Fachberatung ihrer Einrichtungen sicherstellen müssen, schlägt der LRH die Heranziehung der Landkreise und kreisfreien Städte für die Aufsichtsaufgaben über Kindertagesstätten nach § 45 SGB VIII vor. Hierdurch werden beim Landesjugendamt zehn Stellen entbehrlich und es verblieben wenige zentrale Aufgaben, allerdings wäre die allgemeine qualifizierte fachliche Beratung zu stärken.

Das Land finanziert neben dem Landesjugendamt auch andere Einrichtungen, die sich mit Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, Kinder- und Jugendschutz (§§ 11 bis 14 SGB VIII) befassen.

Insbesondere für den Jugendschutz sollte geprüft werden, inwieweit von diesen Einrichtungen Aufgaben in das Landesjugendamt integriert werden sollten, da er ein bedeutsamer Teil der Kinder- und Jugendhilfe ist und eine Vernetzung mit den im Landesjugendamt bereits wahrgenommenen Aufgaben unerlässlich erscheint.

Fachkräfte für Fragen der Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 21 SGB VIII) sind im Landesjugendamt nicht vorhanden. Das Aufgabenfeld wird nicht bearbeitet. Zurzeit wickelt das Landesjugendamt lediglich die finanzielle Förderung der Familienbildungsstätten und die Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes ab. Der LRH hält es für geboten, Fachpersonal für die Förderung der Erziehung in der Familie im Landesjugendamt einzusetzen.

Dem Landesjugendamt obliegt gesetzlich auch die Fortbildung von Mitarbeitern in der Jugendhilfe. Es besteht zwar ein Fortbildungskonzept, das jedoch nur wenige Ansätze einer zentralen Steuerung, Bedarfsanalyse und Erfolgskontrolle enthält. Nach den vorliegenden Zahlen hat das Fortbildungsprogramm in den letzten Jahren an Attraktivität verloren. Der LRH hat daher empfohlen, das bisherige Konzept zu überarbeiten und die Fortbildung verstärkt zentral u. a. durch Bedarfsanalysen, Erfolgskontrollen pp. zu steuern. Sie sollte sich möglichst auf Multiplikatoren konzentrieren.

Dem Land obliegt nach § 85 Abs. 2 Ziffer 4 SGB VIII Planung, Anregung, Förderung und Durchführung von Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Jugendhilfe als wesentliches Element für eine zukunftsweisende Beratung. Landesmittel stehen hierfür aber kaum zur Verfügung. Vielmehr werden die Landesmittel hauptsächlich für langjährig laufende Förderprogramme eingesetzt. Nach Auffassung des LRH sollte das Land seinen Mittelansatz verändern und verstärkt auch Modelle finanzieren, die von zentraler Stelle im Landesjugendamt initiiert, koordiniert und ausgewertet werden.

Eingebettet sein sollten die Aufgaben des Landes in einen Landesjugendhilfeplan, den das Land nach § 80 SGB VIII vorlegen soll. Er steht aus und würde die praktische Arbeit des Landesjugendamts auf vielen Arbeitsfeldern erleichtern.

Vereinfachungen und innerorganisatorische Veränderungen

Der LRH hat eine Reihe von Vereinfachungen vorgeschlagen. Diese betreffen sowohl die Einführung betriebswirtschaftlicher Steuerungselemente, die Reduzierung von Meldepflichten wie auch die Vereinfachung der Aufbereitung notwendiger statistischer Daten und die Erhöhung der Effektivität der Veröffentlichungen wie auch die Abwicklung von Fördermaßnahmen. Allerdings sollte künftig entgegen der bisherigen Praxis nach Förderrichtlinien verfahren und den Erfolgskontrollen eine erheblich größere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Die bestehenden Rückstände zur Prüfung von Verwendungsnachweisen müssen abgebaut werden.

Die innere Organisation des Landesjugendamts ist durch Außenstandorte, mehrere Hierarchiestufen und einen nicht hinreichend koordinierten Einsatz von verwaltungs- und sozialpädagogischen Fachkräften schwerfällig. Der LRH hat vorgeschlagen, die innere Organisation erheblich zu straffen und die Zusammenarbeit durch eine Teambildung von Sozialpädagogen und Verwaltungskräften zu verbessern. Auf Außenstandorte sollte bei Heranziehung der örtlichen Träger zur Kindertagesstättenaufsicht verzichtet werden. Zwischen Ministerium und Landesjugendamt sollte eine klare Aufgabenabgrenzung eingehalten werden, nach der sich das Ministerium auf planende, leitende und lenkende, also strategische Aufgaben beschränkt und der Fachbehörde Landesjugendamt das operative Geschäft, z. B. auch die konkrete Erarbeitung von Förderprogrammen, Modellvorhaben und Ähnliches, überlässt.

Der LRH hat auch darauf hingewiesen, dass bei der notwendigen Neufassung des Jugendförderungsgesetzes bzw. eines umfassenden Ausführungsgesetzes zum SGB VIII auch aus finanziellen Gründen die Landesrechtsvorbehalte des SGB VIII ausgefüllt und der Landesjugendhilfeausschuss mit dem Beirat für Jugendarbeit zusammengelegt werden sollten.

Organisatorische Einbindung

In vielen Bundesländern sind die Landesjugendämter in Ämter eingebunden, die mit sozialen Aufgaben (Sozialhilfe pp.) befasst sind. In kleiner Zahl sind sie in das Ministerium integriert oder werden als eigenständiges Amt geführt. Niedersachsen hat als einziges Bundesland eine Lösung als landesweite Vorortaufgabe bei einer Mittelbehörde gewählt. Diese Lösung enthält neben Vorteilen auch eine Reihe von Nachteilen.

Der LRH hat daher Modelle zur künftigen organisatorischen Einbindung des Landesjugendamts entwickelt und bewertet:

­ Ein verbesserter Ist-Zustand

Dabei bleibt es bei der Einbindung des Landesjugendamts in die Bezirksregierung Hannover als Vorortaufgabe, wobei die Verwirklichung der Vorschläge des LRH vorausgesetzt wird.

­ Ein eigenständiges Landesamt

Dabei wird das Landesjugendamt wieder als eigenständiges Amt unter Verstärkung der Querschnittsaufgaben geführt.