Förderung

Weitere Einsparpotenziale bei den Landesfunkhäusern des Norddeutschen Rundfunks

Die Rechnungshöfe der Staatsvertragsländer des Norddeutschen Rundfunks halten es zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Rundfunkanstalt im Bereich ihrer Landesfunkhäuser über die vom Norddeutschen Rundfunk bereits erreichten Einsparungen hinaus für erforderlich, deren Strukturen noch transparenter und einheitlicher zu gestalten, auch um sie unter Effizienzgesichtspunkten besser vergleichen zu können.

Die Rechnungshöfe haben dem Norddeutschen Rundfunk anhand konkreter Beispiele aufgezeigt, wo er in den Verwaltungsabteilungen der Landesfunkhäuser weitere Kostensenkungspotenziale finden und ausschöpfen kann.

Wegen teilweise geringer Teilnahmequoten war die Beschlussfähigkeit bei Landesrundfunkratssitzungen nicht immer gegeben. Damit stellt sich auch die Frage, ob innerhalb der Gremien strukturelle Änderungen geboten sind.

Die Regelung in der Satzung des Norddeutschen Rundfunks zur Gewährung eines Sitzungsgelds für die Teilnahme an den Sitzungen der Landesrundfunkräte ist durch den Wortlaut des Staatsvertrags über den Norddeutschen Rundfunk nicht gedeckt.

Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) unterhält Landesfunkhäuser in Hamburg, Hannover, Kiel und Schwerin sowie zum Teil Regionalstudios im Sinne einer regionalen Gliederung (§ 2 Abs. 2 des Staatsvertrags über den Norddeutschen Rundfunk - NDR-Staatsvertrag -). Gemäß § 3 Abs. 1 NDR-Staatsvertrag ist es Aufgabe der Landesfunkhäuser, Landesprogramme, die für die jeweiligen Länder bestimmt sind, zu gestalten.

Die Rechnungshöfe der am NDR-Staatsvertrag beteiligten Länder haben Teilbereiche der Landesfunkhäuser geprüft. Dabei handelte es sich u. a. um die Stellenpläne der Direktionsbereiche, die Verwaltungsabteilungen sowie die von den Landesrundfunkräten wahrzunehmenden Aufgaben und die dafür anfallenden Aufwendungen. Die Rechnungshöfe haben festgestellt, dass der NDR in den vergangenen Jahren bereits erhebliche Anstrengungen unternommen hat, bei den Landesfunkhäusern Rationalisierungspotenziale auszuschöpfen. Die Rechnungshöfe halten es im Hinblick auf die zu beachtenden Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit für geboten, diesen Weg konsequent fortzusetzen und haben hierzu Folgendes festgestellt und vorgeschlagen: Fehlende Transparenz und Vergleichbarkeit zwischen den Landesfunkhäusern

Bei den Landesfunkhäusern gibt es sowohl in den Direktionsbereichen als auch in den Verwaltungsabteilungen zum Teil erhebliche Unterschiede in Art und Umfang der Aufgabenwahrnehmung, in der Organisation sowie in der Kostenstellenstruktur. Strukturierte Vergleiche hat der NDR nur vereinzelt vorgenommen, Vergleichskennziffern wie Fallzahlen lagen nur für ausgewählte Bereiche vor.

In einigen Bereichen fehlte es an der nötigen Transparenz, um die Entscheidungsgrundlagen und die Auswirkungen der Entscheidungen erfassen und bewerten zu können. Der NDR konnte beispielsweise keine Angaben dazu machen, in welchem Umfang die Programmbeiträge durch Planstelleninhaber einerseits und durch freie Mitarbeiter andererseits erbracht wurden und inwieweit sich dieses Verhältnis infolge des überproportionalen Anstiegs der Honorare gegenüber den Personalaufwendungen verändert hatte. Dem Einsatz von Planstellenpersonal lag in den letzten Jahren keine einheitliche Personalbedarfsermittlung zugrunde. Geeignete Schritte zur Festlegung des Leistungsumfangs, der durch freie Mitarbeiter erbracht werden soll, hatte der NDR bisher nicht unternommen.

Die Rechnungshöfe halten Vergleiche in weiten Bereichen der Landesfunkhäuser für möglich und für geeignet, um Ansätze für weitere Rationalisierungen zu erhalten. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Ausgangsbasis verbessert wird, indem einheitliche und transparente Strukturen geschaffen werden und eine Bereinigung um Faktoren erfolgt, die den Vergleich wesentlich beeinträchtigen.

Der NDR weist darauf hin, dass Forderungen der Rechnungshöfe nach mehr Transparenz mit anderen, von ihm im Einzelfall höher gewichteten Zielen wie Flexibilität und Wirtschaftlichkeit konkurrieren. Hinsichtlich der von den Rechnungshöfen angeregten transparenten und vergleichsgeeigneten Darstellung des Einsatzes freier Mitarbeiter an der Programmgestaltung sieht er eine Vielzahl von Problemen, die den Nutzen eines entsprechenden Aufwands infrage stellten. Der NDR will sich aber um Möglichkeiten einer Verfeinerung seines Instrumentariums bemühen.

Weitere Einsparpotenziale bei den Verwaltungsabteilungen

Bei einem Vergleich der Aufwendungen der Verwaltungsabteilungen der Landesfunkhäuser in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein - das Landesfunkhaus Hamburg wurde nicht berücksichtigt, da dessen Verwaltungsangelegenheiten überwiegend von der Zentrale wahrgenommen werden - haben die Rechnungshöfe festgestellt, dass die Anteile der Aufwendungen der Verwaltungsabteilungen an den Gesamtaufwendungen der Landesfunkhäuser deutliche Unterschiede aufweisen. Die Rechnungshöfe sehen hierin Anzeichen, dass die Einsparpotenziale noch nicht ausgeschöpft sind. Bei einem Vergleich ausgewählter Bereiche der Verwaltungsabteilungen der Landesfunkhäuser haben sie folgende Ansatzpunkte für mögliche Einsparpotenziale festgestellt:

­ Die Rechnungshöfe sehen bei Verwaltungsabteilungen weitere Potenziale für eine Straffung der Organisationsstruktur.

­ Die Personalbetreuungsquoten in den Personalbüros der Verwaltungsabteilungen divergierten - bezogen auf die Planstellen - zwischen 1 : 108 und 1 : 182. Die Rechnungshöfe sehen Einsparpotenzial bei Art und Umfang der Personalsachbearbeitungsaufgaben. Sie halten eine Überprüfung der Personalbetreuungsquote für erforderlich.

­ Das Verhältnis zwischen dem Personaleinsatz im Fahrdienst und der Zahl der zu betreuenden Fahrzeuge differierte stark. Durch die Anpassung des Personaleinsatzes des Landesfunkhauses mit der ungünstigsten „Fahrzeug-Betreuungsquote" auf den durchschnittlichen Personaleinsatz der beiden anderen Landesfunkhäuser bei gleichzeitiger Erhöhung der Selbstfahrerquote könnten mindestens 2,5 Stellen eingespart werden. Weiteres Einsparpotenzial ergibt sich durch die Auflösung der bei einem Landesfunkhaus vorhandenen Werkstatt.

­ Die Aufgabe „Baubetreuung" wurde von zwei Landesfunkhäusern in Eigenregie wahrgenommen und war in einem Landesfunkhaus fremd vergeben. Die Fremdvergabe hat sich im Untersuchungszeitraum als kostengünstigere Lösung dargestellt. Durch Ausweitung der Fremdvergabe können weitere Kosten eingespart werden.

­ Beim Vergleich ausgewählter Gebäudebetriebskosten durch den NDR hat dieser zum Teil gravierende Unterschiede bei einzelnen Positionen (zum Teil mehr als 300 v. H.) festgestellt. Eingehende Ursachenanalysen wurden nicht vorgenommen. Konsequenzen wurden nur vereinzelt gezogen. Mögliche weitere Einsparpotenziale blieben dadurch ungenutzt.

­ Der Personaleinsatz im Bereich Gebäudetechnik war in einem Landesfunkhaus überproportional hoch. Die Rechnungshöfe sehen Rationalisierungspotenzial bei der Bedienung der Anlagen sowie beim Umfang der notwendigen Eigen- bzw. Fremdwartung und dem damit verbundenen Personaleinsatz für die betriebstechnischen Anlagen.

­ Für den Betrieb der Tankstelle bei einem Landesfunkhaus hat der NDR weder die betriebliche Notwendigkeit noch die Wirtschaftlichkeit nachgewiesen. Die vom NDR für sich erNiedersächsischer Landtag ­ 15. Wahlperiode Drucksache 15/180 hofften wirtschaftlichen Vorteile durch die private Nutzung gegen Kostenerstattung sind bisher nicht eingetreten. Der Tankstellenbetrieb sollte eingestellt werden.

Der NDR hat zugesagt, die unterbreiteten Anregungen aufzugreifen und im Rahmen des ihm Möglichen und unter Berücksichtigung von landesfunkhausspezifischen Besonderheiten umzusetzen. Die Ergebnisse bleiben abzuwarten.

Mangelnde Beschlussfähigkeit der Landesrundfunkräte

Der NDR-Staatsvertrag sieht vor, dass bei jedem Landesfunkhaus ein Landesrundfunkrat gebildet wird, dem die Mitglieder des jeweiligen Landes im Rundfunkrat angehören. Wesentliche Aufgaben der Landesrundfunkräte sind die Überwachung der Einhaltung der Programmanforderungen für das jeweilige Landesprogramm sowie die Wahrnehmung von Beratungsfunktionen. Die Landesrundfunkräte haben Mitwirkungsrechte bei der Berufung des Direktors oder der Direktorin des Landesfunkhauses und bei der Aufstellung des Wirtschaftsplans.

Nach Auffassung der Rechnungshöfe gibt das Teilnahmeverhalten der Landesrundfunkratsmitglieder bei den Sitzungen Anlass zur Kritik. Im Zeitraum von 1996 bis 2000 war die Beschlussfähigkeit, die die Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder des jeweiligen Landesrundfunkrats voraussetzt, bei insgesamt 16 von 117 Sitzungen (rd. 13,7 v. H.) nicht gegeben. Bei drei Landesrundfunkräten lag der prozentuale Anteil der Sitzungen, bei denen es an der Beschlussfähigkeit mangelte, zwischen rund 15,4 v. H. und 19 v. H.

Im Zeitraum ab der Neukonstituierung der Landesrundfunkräte im Juni 1997 bis Ende 2000 hatten 30 von insgesamt 58 Landesrundfunkratsmitgliedern eine Nicht-Teilnahme-Quote von über 20 v. H. Darunter waren sieben Mitglieder, die während ihrer Amtszeit an mehr als der Hälfte der Landesrundfunkratssitzungen nicht teilgenommen haben.

Die Rechnungshöfe bezweifeln, dass die Funktionsfähigkeit der Landesrundfunkräte hinreichend gewährleistet ist. Sie halten es für opportun, wenn die Landesregierungen bei der regelmäßig vorzunehmenden Überprüfung der Zusammensetzung des Gremiums das Teilnahmeverhalten der Mitglieder als mögliches Indiz für das Interesse an der Tätigkeit berücksichtigen und hieraus ggf. Konsequenzen ziehen. Die Rechnungshöfe verkennen dabei nicht, dass gemäß § 17 Abs. 4 NDR-Staatsvertrag die Verantwortung für die Entsendung eines Mitglieds in den Rundfunkrat bei den jeweiligen Organisationen und Gruppen selbst liegt. Sollten künftig keine positiven Veränderungen des Teilnahmeverhaltens zu verzeichnen sein, halten die Rechnungshöfe strukturelle Änderungen für geboten. Die Vorsitzenden der Landesrundfunkräte haben erklärt, dass sie die Bitte der Landesrechnungshöfe umsetzen werden, künftig im Rahmen ihrer Möglichkeiten verstärkt darauf hinzuwirken, dass bei den Sitzungen der Landesrundfunkräte eine möglichst hohe Teilnehmerzahl gewährleistet sei. Dabei werde der Frage der Beschlussfähigkeit besondere Bedeutung zugemessen.

Zahlung eines Sitzungsgelds ohne Ermächtigung im NDR-Staatsvertrag

Gemäß § 19 Abs. 4 NDR-Staatsvertrag haben die Mitglieder des Rundfunkrats Anspruch auf Aufwandsentschädigung, Ersatz von Reisekosten sowie auf Tagegelder und Übernachtungsgelder. Die NDR-Satzung trifft Regelungen zum Empfängerkreis und zur Höhe der Aufwandsentschädigung. Sie sieht u. a. ein zusätzliches Sitzungsgeld für die Mitglieder des Rundfunkrats pro Sitzungstag für die Teilnahme an bestimmten Sitzungen, zu denen ausdrücklich auch die Sitzungen des jeweiligen Landesrundfunkrats gehören, vor.

Die Rechnungshöfe halten es - auch ohne ausdrückliche Regelung im Staatsvertrag - grundsätzlich für vertretbar, eine Aufwandsentschädigung als Kombination von Aufwandsentschädigung und Sitzungsgeld zu gewähren.

Demgegenüber haben die Mitglieder der Landesrundfunkräte jedoch gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 NDR-Staatsvertrag lediglich Anspruch auf Ersatz von Reisekosten sowie auf Tagegelder und Übernachtungsgelder. Nach der Gesetzesbegründung heißt es hierzu ausdrücklich: „Wegen der

Personenidentität von Mitgliedern im Rundfunkrat und Landesrundfunkrat sieht Abs. 4 Satz ... ausdrücklich von der Gewährung einer weiteren Aufwendungsersatzpauschale ab". Der NDR-Staatsvertrag schließt sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach der vorgenannten Gesetzesbegründung die Gewährung einer (weiteren) Aufwandsentschädigung und damit auch eines Sitzungsgelds als Teil der Aufwandsentschädigung an Mitglieder der Landesrundfunkräte ausdrücklich aus. Insoweit geht die Satzung hier über die Vorgaben des NDR-Staatsvertrags hinaus. Die Rechnungshöfe halten eine klarstellende Regelung im NDR-Staatsvertrag für erforderlich.

Die Erörterungen mit dem NDR sind noch nicht abgeschlossen.

Hildesheim, 01.04.2003 Niedersächsischer Landesrechnungshof Meyerding Jansen Dr. Reffken Palm Göke Dr. Thörmer Müller (Ausgegeben am 28.05.2003)