Ortsumgehung Vorsfelde

Im Rahmen der Diskussion über die Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans hat das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr dem Bund Kompensationsprojekte angeboten. Mit dem Hinweis auf einen „Planungsstand Null" und einen frühestmöglichen Baubeginn in zehn Jahren wurden Verkehrsprojekte aus dem vordringlichen Bedarf gestrichen. Darunter ist auch die Ortsumgehung von Wolfsburg-Vorsfelde. Aus Sicht der Verantwortlichen bei Stadt und Volkswagen ist diese Anbindung in den östlichen Raum zwingend erforderlich. Im Jahr 1984 haben Verkehrszählungen 4 500 Fahrzeuge ergeben, 1992 waren es bereits 8 500 Fahrzeuge und für 2010 werden rund 10 500 Fahrzeuge erwartet.

Aufgrund dieser Problematik wurde die Verlegung der B 188 im Jahre 1993 als vordringlich in der Bedarfsplanung für den Bundesfernstraßenbau eingestuft. Eine Kompensation von A 39 mit der B 188 lehnt die Stadt Wolfsburg ab. Beide Verkehrsprojekte müssen ohne weitere zeitliche Verschiebungen geplant und realisiert werden. Eine Abstufung der Ortsumgehung von Vorsfelde würde die notwendige Entlastung um mindestens 15 Jahre verzögern.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Warum wurde ohne Rücksprache mit der Stadt Wolfsburg ein einvernehmlich in der Region entwickeltes Gesamtkonzept aufgegeben und die Ortsumgehung Vorsfelde zur Kompensation angeboten?

2. Wie viel Zeit würde bei diesem Projekt die geforderte FFH-Prüfung nach neuer Vorschrift der Europäischen Union in Anspruch nehmen?

3. Wann kann die Stadt Wolfsburg mit einer Realisierung der Südumgehung Vorsfeldes (B 188) rechnen, wenn das Projekt nicht mehr im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans enthalten ist?

1. Stand der Planung

Der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen aus dem Jahr 1992 weist für die Orte

­ Oebisfelde (in Sachsen-Anhalt)

­ Velpke (in Niedersachsen)

­ Danndorf (in Niedersachsen)

­ Vorsfelde (in Niedersachsen)

Ortsumgehungen im Zuge der B 188 im Vordringlichen Bedarf aus. Diese Ortsumgehungen wurden planerisch nicht als einzelne Projekte behandelt, sondern als Gesamtverlegungsvorhaben von westlich Vorsfelde bis östlich Oebisfelde. Die zur Linienfindung notwendigen Untersuchungen/Abstimmungen wurden auf sachsen-anhaltinischer und auf niedersächsischer Seite länderübergreifend durchgeführt. Der Antrag zur förmlichen Linienbestimmung nach § 16 (1) FStrG auf Grundlage der im Raumordnungsverfahren festgestellten Vorzugstrasse ist erstmals 1996 beim Bundesverkehrsministerium gestellt worden.

Im Rahmen dieses Verfahrens hat auf Bundesebene das Bundesumweltministerium Kritik an der Behandlung der Umweltbelange geäußert, die zur Überarbeitung der zur Linienbestimmung notwendigen Unterlagen geführt hat. Vom Sommer 1999 bis Frühjahr 2002 wurde in Abstimmung mit Sachsen-Anhalt eine FFH-Verträglichkeitsuntersuchung erarbeitet. In Niedersachsen allerdings nur für den Bereich östlich Vorsfelde bis zur Landesgrenze, da nach damaliger Auffassung nur in diesem Bereich keine erheblichen Beeinträchtigungen mit den Erhaltungszielen von Natura 2000-Gebieten zu erwarten waren.

Ziel des Landes ist es, zunächst den Trassenabschnitt östlich der Ortsumgehung Vorsfelde planerisch zur Baureife zu bringen, denn der fachliche Zusammenhang dieses Trassenabschnitts mit der sich bereits in Betrieb befindenden Ausbaustrecke der DB AG hatte schon seinerzeit eine vertiefte Bearbeitung der Unterlagen (Entwurfsqualität) erforderlich gemacht. Unabdingbare Voraussetzung hierfür ist die förmliche Linienbestimmung durch den Bund. Mit Schreiben vom 04.12.2002 hat der Bund allerdings erneut deutlich gemacht, dass er seine Bedenken in naturschutzfachlicher Sicht aufrechterhält, dieses Mal allerdings mit Schwerpunkt im Bereich Oebisfelde, sodass auch hier in Zukunft von einer stufenweisen Fortführung der Planung ausgegangen werden muss.

2. Fortschreibung des Bedarfsplanes für die Bundesfernstraßen

Am 20.03. d. J. hatte der Bund den so genannten Referenten-Entwurf zum Bundesverkehrswegeplan 2003 bekannt gemacht. Dieser beinhaltete Einstufungsvorschläge für den Vordringlichen und den Weiteren Bedarf sowie bezogen auf die Projekte des Vordringlichen Bedarfs einen entsprechenden Finanzrahmen, der für Niedersachsen nur noch 7,9 % betragen sollte und damit unter dem Ansatz von 8,2 % des BVWP 1992 lag. Danach war die Ortsumgehung Vorsfelde ebenso wie die Ortsumgehungen Danndorf/Velpke im Vordringlichen Bedarf mit besonderem naturschutzfachlichen Planungsauftrag, kurz „Vorhaben mit Öko-Stern" genannt, eingestuft.

Der Bund hat immer die Auffassung vertreten, dass nur in begründeten Fällen Umstufungsvorschläge in Betracht kommen können, die im vorgegebenen Finanzrahmen des jeweiligen Bundeslandes liegen müssen. Dieser Position hatte Niedersachsen - u. a. auch im bilateralen Fachgespräch am 14. Mai - nachdrücklich widersprochen und eine deutliche Nachbesserung der Finanzausstattung gefordert sowie die Aufnahme weiterer Vorhaben in den Vordringlichen Bedarf.

Das Niedersächsische Landeskabinett fasste am 13.05. einen diesbezüglichen Beschluss. Schwerpunkte der niedersächsischen Forderung an den Bund waren die Gleichbehandlung der Autobahnen A 14 (Magdeburg - Schwerin) und der A 39 (Wolfsburg - Lüneburg) sowie die Aufstufung planerisch weit fortgeschrittener Projekte in den Vordringlichen Bedarf.

Letzteres ist insofern von Bedeutung, als dass der neue Bedarfsplan auf einen Zeithorizont bis 2015 abstellt. Um in diesem Zeitraum das zur Verfügung stehende Baugeld des Bundes sicher abnehmen zu können, muss ein ausreichender Vorlauf baureifer Projekte vorhanden sein. Deshalb ist es einerseits wichtig, Vorhaben, die bereits heute einen fortgeschrittenen Planungsstand haben, zu präferieren und zur Baureife zu bringen. Andererseits finanziert das Land Niedersachen im Rahmen der Auftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen die notwendigen Planungsgelder für die Straßenprojekte vor. Diese Kosten werden nur zu einem kleinen Teil vom Bund erstattet, sobald das Vorhaben tatsächlich im Bau ist. Ziel der Landesregierung ist es daher, die mit Landesgeld planerisch voran gebrachten Vorhaben auch zu realisieren. Die Aufsteigewünsche des Landes Niedersachsen in den Vordringlichen Bedarf umfassen insgesamt eine Summe von 917,6 Mio. Euro.

Da erkennbar war, dass der Bund diese Summe nicht zusätzlich zur Verfügung stellen wird, hat das Land dem Bund Vorschläge zur Kompensation gemacht, u. a. auch eine Liste mit Projekten, für die das Land Niedersachsen angesichts des geringen Planungsstandes eine Abstufung in den Weiteren Bedarf akzeptieren könnte. Dazu gehört auch die Ortsumgehung Vorsfelde.

Dies vorangestellt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Das einvernehmlich in der Region entwickelte Gesamtkonzept wurde nicht aufgegeben, sondern angesichts der vorstehend beschriebenen Randbedingungen, die erheblichen Einfluss auf den Zeitbedarf der Planung haben, modifiziert, um unkomplizierte Teilabschnitte nicht mit den naturschutzfachlichen Problemen des Gesamtvorhabens zu belasten: Einstufung in den Vordringlichen Bedarf für die Ortsumgehungen Danndorf/Velpke (Realisierung bis 2015) und Einstufung in den Weiteren Bedarf für die Ortsumgehung Vorsfelde.

Die Ortsumgehung Vorsfelde kann auf Basis der der Landesplanerischen Feststellung zugrunde liegenden Linienführung nicht weiter verfolgt werden, weil diese europäische Schutzgebiete in ihren für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt und somit nach § 34 (2) BNatSchG unzulässig ist. Das im Rahmen der Fortschreibung des Bedarfsplanes für die Bundesfernstraßen vom Land vorgeschlagene Kompensationsangebot eröffnet einem anderen dringlichen und aussichtsreichen Projekt die Chance, in den Vordringlichen Bedarf aufzusteigen.

Im BVWP 2003, den die Bundesregierung am 02. Juli beschlossen hat und der zugleich Grundlage für den Entwurf eines Anordnungn Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes ist, sind die Ortsumgehungen Danndorf/Velpe im Vordringlicher Bedarf ausgewiesen, d. h. der Bund hat den Nachweis des Landes, dass hier ein besonderes ökologisches Risiko nicht gegeben ist, akzeptiert.

Die Ortsumgehung Vorsfelde ist nunmehr - wie erwartet - im Weiteren Bedarf mit hohem ökologischem Risiko eingestuft. Einen Zusammenhang zwischen A 39 und B 188 gibt es jedoch nicht.

Zu 2: Für die Ortsumgehung Vorsfelde wurde bereits eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt.

Im Ergebnis ist das Projekt mit den beschriebenen Konsequenzen unzulässig.

Zu 3: Eine Südumgehung Vorsfelde ist nicht Bestandteil des einvernehmlich in der Region entwickelten Gesamtkonzepts und auch nicht Bestandteil der im Raumordnungsverfahren mit der Landesplanerischen Feststellung vom 16.01.1996 festgelegten Vorzugstrasse. Sofern neue Gesichtspunkte eine Trassenführung im Raum Vorsfelde realistisch erscheinen lassen, wäre eine Neuanmeldung für die Fortschreibung des BVWP in fünf Jahren möglich. Vordringlicher Bedarf vorausgesetzt, könnte das Projekt dann während des Geltungszeitraumes des BVWP weiter verfolgt werden.