Maßnahmen zur Erhaltung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der niedersächsischen Häfen durch die Umsetzung international verbindlicher Antiterrormaßnahmen - Hafensicherheit

Die Entführung des Luxus-Liners Achille Lauro im Jahr 1985 sowie der Anschlag auf das Schiff der US-Marine USS-Coole im Hafen von Aden im Jahre 2000 veranlassten die USA, weitreichende Sicherheitsmaßnahmen gegen Terroranschläge im internationalen Seeverkehr zu treffen.

Insbesondere die Befürchtung, dass die auf den traditionellen Handelswegen eingesetzten Beförderungsmittel (Schiff, Lkw, Bahn, Flugzeug) für einen Anschlag eingesetzt oder als Transportmittel von Materialien von Terrorangriffen benutzt werden könnten, veranlasste die Initiativen.

Die Anschläge am 11. September 2001 haben schließlich dazu geführt, dass die USA international verbindliche Antiterrormaßnahmen im Schiffsverkehr mit Nachdruck durchgesetzt haben. Wie auf den Verkehrsflughäfen bereits jahrelang praktiziert, werden zukünftig Kontrollen von Personen, Ladung und Schiffen in Seehäfen notwendig.

Neben den US-internen Maßnahmen (generelle Stärkung der Sicherheitsbehörden, Straffen der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden, Schaffung des „Department for Homeland Security") haben insbesondere der US-Zoll und die US Coast-Guard international weitere Sicherheitsinitiativen ergriffen, um möglichen Terroranschlägen vorzubeugen.

Auf internationaler Ebene hat die IMO (Internationale Seeschifffahrtsorganisation mit Sitz in London) auf Druck der USA im Rahmen einer diplomatischen Konferenz im Dezember letzten Jahres mit Zustimmung Deutschlands (von den Küstenländern gefordert) durch eine Ergänzung des internationalen Schiffsicherheitsvertrages SOLAS ein Maßnahmepaket zum Schutz vor Terroranschlägen verabschiedet.

Dieses tritt ab 01.07.2004 für die Länder in Kraft, die SOLAS gezeichnet haben - darunter auch Deutschland. Bestandteil dieses Maßnahmenpaketes ist der International Ship and Port Facility Security Code (ISPS-Code). Die Regelungen des ISPS-Codes sind unter anderem anzuwenden auf

­ Schiffe inkl. Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge mit einer Größe von mehr als 500 BRZ,

­ Passagierschiffe inkl. Hochgeschwindigkeitspassagierfahrzeuge,

­ mobile Bohrinseln,

­ Hafenanlagen, die von obigen im internationalen Verkehr angelaufen werden.

Der ISPS-Code gilt somit auch für die niedersächsischen Häfen und muss bis zum 1. Juli 2004 umgesetzt sein.

Häfen bzw. Hafenanlagen und Unternehmen, welche die Forderungen der neuen Bestimmungen nicht erfüllen, werden hier als „unsichere Häfen" eingestuft. Schiffe, die aus solchen „unsicheren Häfen" kommen, müssen künftig, insbesondere in den USA, zeitaufwendige und damit kostspielige Kontrollen über sich ergehen lassen. Im Zweifel muss mit einem Einlaufverbot in US-amerikanische Häfen gerechnet werden.

Sicherheit ist vor dem oben genannten Hintergrund ein bedeutender Wettbewerbs- und Standortfaktor geworden.

Nicht nur die niedersächsischen Häfen, sondern auch die anderen Küstenländer sowie zahlreiche Unternehmen sind von den anstehenden Maßnahmen betroffen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern und Unternehmen ist daher unabdingbar.

Daher frage ich die Landesregierung

1. Welche Maßnahmen hat die Vorgängerregierung bisher zu diesem Thema eingeleitet?

2. Welches Ressort ist in Niedersachsen federführend zuständig, welche Behörden in Niedersachsen sind für die Umsetzung des ISPS-Codes vorgesehen, und ist daran gedacht, strategische Sicherheitspläne für die Seehäfen Niedersachsens zu entwickeln?

3. Wer vertritt die Interessen des Landes Niedersachsen in dem Bund-Länder-Arbeitskreis Maritime Security (BLAMS) und in anderen regionalen, nationalen und internationalen Gremien, die sich mit diesem Thema beschäftigen?

4. Wer trägt den Aufwand für die Sicherheitsmaßnahmen?

5. Mit welchem Mehraufwand/Ausgaben rechnet die Landesregierung durch erhöhte Qualitätsund Sicherheitsanforderungen, soweit sie die Kosten selbst zu tragen hat, und sind entsprechende Beträge im Landeshaushalt eingestellt?

6. Wodurch kann dieser Aufwand minimiert werden?

7. Bis wann sollen die Maßnahmen, die sich aus dem Vorgenannten ergeben, in Niedersachsen verbindlich umgesetzt werden?

8. Wie stellt das Land sicher, dass die Maßnahmen nicht zum Nachteil der Wettbewerbsfähigkeit der niedersächsischen Häfen umgesetzt werden; also mindestens wettbewerbsneutral sind?

Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) hat auf der Konferenz der Vertragsregierungen in London mit Schlussakte vom 12.12.2002 mit dem International Ship and Port Facility Security-Code (ISPS-Code) eine Ergänzung des Internationalen Übereinkommens zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS) verabschiedet. Dies geschah im Hinblick auf die Befürchtung, dass Seeschiffe und Hafenanlagen im Zusammenhang mit dem internationalen Terrorismus als Anschlagsziel oder als Transportmittel von Materialien und Personen für Terrorangriffe benutzt werden könnten. Die darin geregelten Maßnahmen müssen bis zum 1. Juli 2004 in Deutschland sowie allen anderen Ländern, die SOLAS gezeichnet haben, umgesetzt sein. Der Geltungsbereich dieser Vorschriften erstreckt sich über die Schiffe hinaus auf alle Hafenanlagen, in denen das Zusammenwirken von Schiff und Hafen im internationalen Verkehr stattfindet. Für die Umsetzung dieser Maßnahmen, die Hafenanlagen betreffen, sind die Küstenländer zuständig. Im ISPS-Code sind die Zuständigkeiten in Verbindung mit Hafenanlagen als Designated Authority (DA) definiert.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

1. Deutschland hat die SOLAS-Ergänzungen am 12.12.2002 gezeichnet. An der Vorbereitung dieser Beschlüsse waren seit Februar 2002 seitens der Landesregierung Vertreter des Innenund Verkehrsressorts in einem Bund-Länder-Arbeitskreis beteiligt.

2. Federführend zuständig ist das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr.

Es ist beabsichtigt, eine aus Mitarbeitern der Polizei, des Katastrophenschutzes und der Hafen- und Schifffahrtsverwaltung zu bildende „DA Hafensicherheit Niedersachsen" bei der Bezirksregierung Weser-Ems einzurichten und sie mit der Durchführung aller Aufgaben zu beauftragen, für die nach dem ISPS-Code die „Designated Authority" zuständig ist.

Die „DA Hafensicherheit Niedersachsen" hat für alle Hafenanlagen Risiko- und Anfälligkeitsanalysen zu erstellen. Auf der Basis dieser Risikobewertung müssen die Betreiber der Anlagen Hafensicherheitspläne für ihre Anlagen entwickeln. Diese Hafensicherheitspläne sind von der „DA Hafensicherheit Niedersachsen" zu überprüfen und förmlich zu genehmigen.

3. Die Interessen des Landes Niedersachsen werden grundsätzlich von je einem Vertreter des Niedersächsischen Innenministeriums und des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr vertreten. Das betrifft sowohl den Bund-Länder-Arbeitskreis Maritime Security (BLAMS), den Koordinierungsarbeitskreis der Küstenländer für die „Designated Authority" als auch den niedersächsischen Hafensicherheitsausschuss. Auf internationaler Ebene haben sich die Küstenländer auf einen gemeinsamen Interessenvertreter geeinigt. Das ist von Fall zu Fall entweder ein Vertreter Niedersachsens oder Bremens.

4. Es wird davon ausgegangen, dass der Aufwand für die sich aus der Risikobewertung und dem Hafensicherheitsplan ergebenden Sicherheitsmaßnahmen von dem jeweiligen Betreiber der Hafenanlage zu tragen ist.

5. Über Mehraufwand/Ausgaben für erhöhte Sicherheitsanforderungen kann erst nach Vorliegen der Risikobewertung eine Aussage getroffen werden, wenn sich konkrete Maßnahmen aus den Hafensicherheitsplänen ergeben und zu beurteilen ist, wer Kostenträger der Maßnahmen ist. Im Landeshaushalt sind hierfür bislang keine Mittel eingestellt.

6. Die sich aus der noch zu erstellenden Risikobewertung der Hafenanlagen ergebenden Sicherheitsanforderungen sind Mindeststandards, die zur Gewährleistung der Hafensicherheit zwingend erforderlich sind. Eine Minimierung dieses Aufwandes ist nicht möglich, da dies das Sicherheitsziel gefährden würde.

7. Der ISPS-Code muss in Deutschland, so auch in Niedersachsen, wie in allen Mitgliedstaaten, die SOLAS gezeichnet haben, bis zum 1. Juli 2004 umgesetzt sein.

8. Die Wettbewerbsfähigkeit der niedersächsischen Häfen wird durch die vorgenannten Maßnahmen nicht beeinträchtigt. Der ISPS-Code ist für alle SOLAS-Staaten völkerrechtlich verbindlich. Auf EU-Ebene liegt der Entwurf einer Verordnung über die Verbesserung der Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen vor, die nach Verabschiedung in allen EU Mitgliedstaaten einheitlich umzusetzen ist.

Die Frage der Wettbewerbsfähigkeit würde sich dagegen nur stellen, wenn erforderliche Sicherheitsmaßnahmen nicht oder nur unzureichend umgesetzt und niedersächsische Häfen als Folge daraus vom internationalen Schifffahrtsverkehr ausgeschlossen würden.