Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen. In Bremen könnte man das Hafengesundheitsamt mit 15 Schrumpfstellen dann gleich schließen

Zu diesem angeregten Schrumpfungsprozess können wir Grünen nur nein sagen! Abenteuerlich und nicht vertretbar!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

In Bremen könnte man das Hafengesundheitsamt mit 1,5 Schrumpfstellen dann gleich schließen. Die zu erfüllenden Aufgaben wären nicht mehr zu erbringen. Doch zuerst einmal müssen wir über die Aufgaben klar und deutlich reden, und sie müssen umrissen werden, bevor wir Stellenbesetzungsdiskussionen beginnen. Wir wollen im Land Bremen in Zukunft keine Hafengesundheitsämter, die noch nicht einmal das Allernotwendigste bewerkstelligen können.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir wollen im Land Bremen Hafengesundheitsämter, die sich zusätzlich zu modernen Dienstleistungsstellen für Bürgerinnen und Bürger entwickeln, meine Damen und Herren!

Auch der Vorschlag, die Hafengesundheitsämter in das Gesundheitsamt zu integrieren, ist aus mehreren Gründen nicht schlüssig. Der größte Teil der anfallenden Arbeit findet nun einmal im Hafenbereich statt. In den Gesundheitsämtern ist das Fachwissen gekoppelt mit dem Erfahrungsschatz nicht vorhanden, und die Qualität und Qualitätssicherung jeglicher Dienstleistung basiert auf der kontinuierlichen aufbauenden Weiterbildung und Fortschreibung.

Die Gesundheitsämter befinden sich ebenfalls in einer Phase der Umstrukturierung und Neuorientierung. Diese Neuorientierung bedeutet aber nicht Ausweitung um neue fachspezifische Disziplinen, sondern eher Public Health in Ausbildung und Umsetzung. Ärzte mit der Zusatzqualifikation in Public Health werden in der Zukunft in den Gesundheitsämtern zu finden sein. Es bleibt also nur zu prüfen und zu entscheiden, wie und in welchen Organisationsformen die hafenamtlichen Aufgaben eigenständig, am effizientesten und am effektivsten wahrgenommen werden können.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das sollte der Senat mit den Betroffenen gemeinsam, konkret und mit zeitlichen Vorgaben erarbeiten. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass unbedingt ein Zeitrahmen gesetzt werden muss, allein schon für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Dienststellen. Es ist nicht gerade motivierend, wenn nicht gewusst wird, welche Veränderungen wann und wie stattfinden.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einen wichtigen Bereich ansprechen, nämlich speziell die Reise- und die Tropenmedizin. Ab 1991 wurde das Aufgabenspektrum des Hafengesundheitsamtes Bremen um die tropen- und reisemedizinische Referenzstelle für Bremen und Umgebung erweitert.

(Abg. Frau Hammerström [SPD]:

In der Deputation sogar beschlossen!) Wunderbar! Da war ich noch nicht dabei, so weit habe ich nicht zurück recherchiert.

Hier sollten die rückläufigen Arbeitsmengen, die sich durch weniger Schiffsankünfte ergaben, kompensiert werden. Das war nicht nur aus kompensatorischer Sicht ein sehr richtiger Ansatz, sondern besonders aus Sicht der veränderten Gesundheitsvorsorge. Im Frühjahr dieses Jahres haben wir hier in diesem Haus über Schutzimpfungen debattiert. Es wurde uns allen uneingeschränkt deutlich, dass bei vielen Fernreisen kein ausreichender Impfschutz besteht. Viele Reisende geben Tausende von Mark für eine Fernreise in ungewohnte Regionen aus, sparen aber jede Mark beim Impfschutz. Hier muss verstärkt aufklärende Öffentlichkeitsarbeit her, hier muss verstärkt für einen Impfschutz geworben und eine bessere Gesundheitsvorsorge erreicht werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich finde es richtig und begrüssenswert, dass das Hafengesundheitsamt zu diesem Aufklärungskomplex ein Faltblatt herausgegeben hat. Ich finde es richtig und begrüßenswert, dass das Hafengesundheitsamt Fortbildung für Reisekauffrauen und -männer durchgeführt hat, doch Öffentlichkeitsarbeit muss kontinuierlich fortgesetzt werden, damit sie wirkt. Auch neue Medien sollten hier eingesetzt werden, heraus aus der biederen Infoecke, hin zu modernen und aufklärenden Strategien! Ich teile jedoch auch völlig die Meinung des Rechnungshofes, dass für Beratung und Impfungen Gebühren erhoben werden sollten, die dem Amt zufließen, (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) aber bitte gekoppelt mit einer modernen und

Die Reise- und die Tropenmedizin jedoch nach und nach den niedergelassenen Ärzten zuzuschieben, halte ich nicht für vernünftig. Für jeden niedergelassenen Arzt würde das bedeuten, dass er sich kontinuierlich über die gesundheitlichen Probleme der Reiseregionen informieren müsste. In der Realität sähe das so aus, dass Dr. Mustermann von nebenan den Hafenarzt anruft, um sich aktuell und speziell zu informieren. Das wäre ineffektiv, meine Damen und Herren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Praxis sieht ja heute leider schon so aus, dass der Reisende aus Unwissenheit vieler Ärzte oftmals zu viele Impfungen erhält. Das ist falsch verstandene Gesundheitsvorsorge. Von daher begrüßen wir in der Antwort des Senats die selbstgestellten Prüfungsaufträge, und, wie ich schon gesagt habe, wir hätten gern den zeitlichen Rahmen, wie diese Prüfaufträge zügig abgearbeitet werden sollen. Wir erwarten, dass uns die Ergebnisse vorgelegt werden, damit wir sie hier zukunftsweisend debattieren und zukunftsweisend richtige Entscheidungen treffen können. ­ Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Hammerström.

Abg. Frau Hammerström (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am Anfang ging es ja alles etwas durcheinander mit Hafengesundheitsämtern, Mammascreening, Leichenwesengesetz, ÖGDGesetz. Wir als Koalition haben einige Gesetze in Vorbereitung, die wir verändern wollen, und da ist es vollkommen natürlich, dass uns als Sprecher dieses Papier zur Verfügung gestellt wird. Wenn es dann dem einen oder anderen nützt, dieses in die Presse zu spielen und diese Gesetze, obwohl sie überhaupt noch nicht abgestimmt sind, für die eigenen Interessen zu verwenden, dann tut mir das Leid!

Frau Linnert, ich kann natürlich auch Ihr Misstrauen verstehen, wenn so etwas in der Öffentlichkeit debattiert wird, und wir sollten uns als Koalitionäre daran halten, dass wir solche Papiere als interne Papiere für unsere interne Beratung nehmen, ohne dass wir es hier in die Öffentlichkeit streuen.

Meine Damen und Herren, wenn es, wie den Kollegen der CDU, ich zitiere, um das Gebot des organisatorischen Minimums geht, kann ich für die Sozialdemokraten sagen, dass wir der Meinung sind, dass es gerade im Sozial- und Gesundheitsbereich zunehmend hinterfragt werden muss, ob Aufgaben, zu deren Wahrnehmung eine gesetzliche Verpflichtung besteht, im betriebswirtschaftlichen Sinne wirtschaftlich wahrgenommen werden können. Wenn wir darüber diskutieren, ob Maßnahmen zur Optimierung von Verwaltungsabläufen unter Beachtung ökonomischer Gesichtspunkte eingeleitet werden sollen, haben Sie uns auf Ihrer Seite, aber was das Gesundheitswesen betrifft, kann man eben nicht definieren, dass es unbedingt wirtschaftlich wahrgenommen werden kann.

Die Hafengesundheitsämter sind nicht die staatlichen Dienstleister im üblichen Sinne. Die qualifizierte reisemedizinische Beratung, Frau Hoch ist auch darauf eingegangen, erfordert Zeit und umfangreiches Spezialwissen, das ständig aktualisiert werden muss. Die telefonische Beratung zu Impfungen und zur Malariaprophylaxe wird kostenlos durchgeführt.

Das Hafengesundheitsamt ist die Gelbfieberimpfstelle in Bremen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können im Hafengesundheitsamt lassen.

In der Tat handelt es sich auch hier um eine subsidiäre Leistung, die sofort eingestellt werden könnte, wenn im privatärztlichen oder kassenärztlichen Bereich eine entsprechende qualifizierte, und für mich liegt der Schwerpunkt auf Letzterem, reisemedizinische Beratung angeboten werden könnte. Dies ist aber in Bremen wie auch im Umland, wie auch übrigens generell in der Bundesrepublik Deutschland, nicht der Fall. Wir haben, und das sagte ich ja eben schon, in der Deputation für Gesundheit die reise- und tropenmedizinische Beratungsstelle nicht eingerichtet, um den niedergelassenen Ärzten Konkurrenz zu machen, sondern um Defizite in diesem Bereich zu kompensieren.

Ich darf Ihnen ganz kurz die Situation in Bremen verdeutlichen: Einen anerkannten Tropenmediziner gibt es in Bremerhaven nicht, in Bremen-Nord einen, und einen weiteren gibt es noch in Schwachhausen. Ich glaube auch, dass diese Defizite nicht so schnell aufgearbeitet werden können, jedenfalls nicht so, wie wir uns das vorstellen, dass wir eine vernünftige tropen- und reisemedizinische Beratung haben. Die jetzt vom Rechnungshof vorgeschlagene Reduzierung des Personals würde eine drastische Einschränkung der hafenmedizinischen Versorgung in Bremen und Bremerhaven bedeuten, die unseres Erachtens auch nicht vertretbar und mit den bestehenden gesetzlichen Vorgaben und Erfordernissen der Welthäfen Bremen und Bremerhaven kaum in Einklang zu bringen ist.

Wir müssen uns auch nicht immer die Aussagen des Rechnungshofs zu Eigen machen, vor allem, wenn es gute Belege gibt, die dagegen sprechen.

Mit dieser Kritik am Rechnungshof bin ich nicht ganz allein, ich habe da an meiner Seite auch ganz prominente Fürsprecher, die die Aussagen des Rechnungshofs auch nicht als von Gott gegeben hinnehmen. Ich habe zunehmend auch Probleme damit, dem Bürger begreifbar zu machen, wofür er überhaupt Steuern zahlt, wenn staatliche Dienstleistungen immer mehr in den privaten Sektor übertragen werden.

(Präsident Weber übernimmt wieder den Vorsitz.)

Die Forderungen des Rechnungshofs, meine Damen und Herren, werden ja abgearbeitet. Es ist nicht so, dass alles, was der Rechnungshof gesagt hat, in eine Schublade gepackt wird und das Ressort sagt, damit beschäftigen wir uns nicht. Wir sind ja in einer guten Abarbeitung dieses Themas. Wie Sie wissen, ist das Ressort mitten in der Prüfung der Alternativen Integration oder Zusammenführung. Personal ist in den letzten zehn Jahren reduziert worden, und das auch nicht erst seit dem Rechnungshofsbericht.

Ich erlaube mir, aus einer Stellungnahme des CDU-geführten Wirtschafts- und Häfenressorts zu zitieren: Nach Rücksprache mit den Hafenkapitänen in Bremen und Bremerhaven ist festzustellen, dass die hafenmedizinische Versorgung in den Häfen und nicht zuletzt die ständige Erreichbarkeit einen hohen Stellenwert haben. Würde das Angebot der Hafengesundheitsämter in der von Ihnen beschriebenen Weise eingeschränkt, würden die bremischen Häfen nicht etwa nur einen Wettbewerbsvorteil zu anderen Häfen aufgeben, sondern sich sogar in einen Wettbewerbsnachteil begeben, da die Vorhaltung eines solchen Dienstes einen internationalen Standard darstellt. Dies kann auf dem hart umkämpften Markt nicht hingenommen werden. In Fällen von ansteckenden Krankheiten auf Schiffen ist eine schnelle Reaktion der Behörden unbedingt erforderlich, um eine Ausbreitung auf Dritte, zum Beispiel auf Hafenarbeiter, zu verhindern. Ich glaube, dem ist wenig hinzuzufügen.

Beim Vorschlag des Rechnungshofs, die Hafengesundheitsämter den örtlichen Gesundheitsämtern anzugliedern, ist für uns Sozialdemokraten aber unabdingbar, dass die Fachlichkeit bezüglich der Aufgabenwahrnehmung hafenärztlicher Tätigkeiten bei den Gesundheitsämtern gegeben sein muss und entsprechend nicht genutzte Personalkapazitäten beispielsweise für Verwaltung und Dienststellenleitung überhaupt bei den Gesundheitsämtern gegeben sind, denn auch dort haben wir in den Personalbestand bereits massiv eingegriffen.

Wir erwarten von der Senatorin, und wir sind ziemlich zutraulich, dass wir das auch in Kürze erhalten, uns die Ergebnisse des Veränderungsprozesses rechtzeitig in der Deputation zur Bewertung vorzustellen. Wir erwarten jedoch, dass sie die Aufgaben des Amtes nicht nur unter monetären Gesichtspunkten, sondern die qualifizierte Arbeit der Hafengesundheitsämter dann vielleicht in einer zusammengeführten Organisationseinheit würdigt. Unser Dank gilt an dieser Stelle der engagierten Arbeit der Mitarbeiter vor Ort, und wir hoffen, dass diese Arbeit auch weiterhin vor Ort so geleistet werden kann. ­

Ich danke Ihnen! Präsident Weber: Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dreyer.

Abg. Frau Dreyer (CDU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Senatorin, wir sind auch zutraulich, aber wir schauen doch auch hin.

(Abg. Frau Hövelmann [SPD]: Wer hätte das gedacht!) Ja, da kann man einmal sehen!

Frau Hammerström, Sie sagten, Sie wollen die Abarbeitung des Themas, das wollen wir auch. Leider ist das Thema nicht abgearbeitet, jedenfalls gibt die Antwort des Senats dies nicht her, da müsste man schon wild interpretieren. Wir wollen selbstverständlich als CDU-Fraktion auch nicht die Vorschläge des Rechnungshofs einfach übernehmen, sondern wir wollen, dass darüber gesprochen wird und dass Belege aus dem Ressort uns auch wirklich zur Prüfung vorgelegt werden. Auch dies ist in der Antwort des Senats auf die Große Anfrage leider nicht erkennbar.

Ein letzter Punkt noch einmal! Frau Hoch, meine Damen und Herren von den Grünen, das Öffentliche Gesundheitsdienstgesetz haben wir natürlich auch nicht von irgendjemandem bekommen, schon einmal gar nicht offiziell, sondern wir haben ganz einfach die Medien gelesen, wie Sie mit Sicherheit auch. Der Presse haben wir entnommen, dass es im Ressort die Absicht gibt, eine Änderung zum Leichenwesen herbeizuführen. Wir haben uns dann diesen Referentenentwurf besorgt. Ich habe es übrigens auch beim letzten Mal in der Deputation angesprochen, ich habe sehr dezidiert danach gefragt.

Hätten Sie mich darum gebeten, hätte ich es Ihnen gern weitergegeben. Es ist aber eigentlich nicht meine Aufgabe, sondern eigentlich wäre es die Aufgabe des Ressorts gewesen, es allen zu geben, damit wir es nicht gemeinsam in der Presse lesen müssen. Das wollte ich nur noch einmal erklären.

Ich denke, wir alle wollen sehen, wie das weitergeht, die beiden Rednerinnen haben das ja auch gesagt, wie man ein gemeinschaftliches Konzept auf die Beine stellen kann. Nur dies fordern wir hier auch ein.