Qualitätssicherung im Schulwesen durch Bildungsstandards, Vergleichsarbeiten und Abschlussprüfungen

Entschließung:

1. Die Landesregierung wird aufgefordert, in Abstimmung mit der Kultusministerkonferenz Bildungsstandards festzulegen, in denen schulformübergreifend festgelegt wird, welche Kompetenzen die Schülerinnen und Schüler bis zu einer bestimmten Jahrgangsstufe mindestens erworben haben sollen. Es werden darüber hinaus Kompetenzstufen definiert, um die erreichten Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler klarer bestimmen zu können. An der Bestimmung der allgemeinen Bildungsziele, an denen sich die Bildungsstandards orientieren, wird eine breite Öffentlichkeit einschließlich der Eltern, der Lehrkräfte und der Schülerinnen und Schüler beteiligt.

2. Die Schulen sind dafür verantwortlich, dass alle Schülerinnen und Schüler zumindest die in den Bildungsstandards festgelegten Mindestkompetenzniveaus erreichen. Sie erhalten hierfür die erforderlichen Ressourcen und personelle, schulorganisatorische und pädagogische Freiräume für die Planung ihrer Arbeit, mit der sie dieses Ziel erreichen wollen.

3. Mit Diagnosearbeiten wird regelmäßig überprüft, ob die Schulen die Bildungsstandards erfüllen. Die Ergebnisse dieser Diagnosearbeiten sind Ausgangspunkt für die Verbesserung der Arbeit der Schule und des Unterrichtes. Gegebenenfalls ist hierfür den Schulen die notwendige Unterstützung bereit zu stellen. Die Diagnosearbeiten dienen nicht der individuellen Bewertung oder gar der Selektion der Schülerinnen und Schüler.

4. Damit die Bildungsstandards als Instrument für die Qualitätsentwicklung des Schulwesens tauglich sind, müssen sie wissenschaftlichen Kriterien genügen. Sie werden von einer interdisziplinären Kommission aus Wissenschaft und Praxis entwickelt.

5. Die Landesregierung wird aufgefordert sich dafür einzusetzen, dass die Bildungsstandards und die Aufgabenpools für ihre Überprüfung bundesweit koordiniert und arbeitsteilig entwickelt werden, um eine bundesweite Vergleichbarkeit zu ermöglichen und um Kosten zu sparen.

6. Die Entwicklung und Implementierung von Bildungsstandards wird eingebunden in ein Konzept für die Qualitätsentwicklung der Schulen. Die Qualifizierung der Lehrkräfte für die Orientierung an und Arbeit mit Bildungsstandards wird Bestandteil der Lehreraus- und -fortbildung.

Begründung:

Die Vergleichsstudie PISA hat nicht nur ergeben, dass es erhebliche Leistungsunterschiede zwischen den Schulen der selben Schulform ergibt. Das erschreckendste Ergebnis war, dass in den Schulen in Deutschland ein im internationalen Vergleich extrem hoher Anteil der Schülerinnen und Schüler nicht einmal ein minimales Kompetenzniveau erlangt. Die Entwicklung von Bildungsstandards soll deshalb vor allem zur Sicherung eines Mindestniveaus beitragen. Dazu ist die Formulierung von Mindeststandards erforderlich, für deren Erreichen die Schulen verantwortlich sind. Die Formulierung von angestrebten mittleren Kompetenzniveaus wäre hierfür ebenso wenig tauglich wie die Formulierung schulformspezifischer Bildungsstandards. Um darüber hinaus die erreichten Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler klarer bestimmen zu können, werden Kompetenzstufen definiert.

Bildungsstandards sind ein Instrument zur Qualitätssicherung der Schulen. Diagnosearbeiten zur Überprüfung der Erfüllung der Bildungsstandards dienen deshalb der Bewertung der Arbeit der Schulen und des Schulwesens insgesamt und bilden einen Ausgangspunkt für die weitere Verbesserung ihrer Arbeit. Wenn die Diagnosearbeiten zur Bewertung der einzelnen Schülerinnen und Schüler oder gar zu ihrer Selektion verwendet werden, wird die Verantwortung für das Erreichen eines Mindestniveaus von den Schulen auf die einzelnen Schülerinnen und Schüler abgewälzt.

Damit die Schulen die Verantwortung für die Erfüllung der Bildungsstandards übernehmen können, müssen sie mit den dafür erforderlichen Ressourcen ausgestattet werden. Auch die Überprüfung der Bildungsstandards durch Diagnosearbeiten ist nur sinnvoll, wenn den Schulen gegebenenfalls die notwendigen Mittel und Beratungsangebote zur Verfügung gestellt werden, um ihre Arbeit zu verbessern. Bei der Bewertung der Leistungsergebnisse an den einzelnen Schulen sind die Lernausgangslage ihrer Schülerinnen und Schüler, d. h. vor allem ihre soziokulturelle Situation zu berücksichtigen und gegebenenfalls zusätzliche Ressourcen für die Förderung der Schülerinnen und Schüler zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus ist es notwendig, die Orientierung an Bildungsstandards als verbindlichen Bestandteil in die Lehreraus- und -fortbildung aufzunehmen.

Damit die Bildungsstandards ihre Funktion für die Qualitätssicherung im Schulwesen erfüllen können, müssen sie wissenschaftlichen Kriterien genügen. Die von der Bundesbildungsministerin und der KMK-Präsidentin am 18.02.2003 vorgestellte Expertise „Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards" nennt dazu die Merkmale Fachlichkeit, Fokussierung, Kumulativität, Verbindlichkeit, Differenzierung, Verständlichkeit und Realisierbarkeit.

Die Entwicklung tauglicher Bildungsstandards und geeigneter Aufgabenpools für die Diagnosearbeiten ist mit erheblichem Aufwand und Kosten verbunden. Damit diese Kosten vermindert werden und damit die Bildungsstandards auch eine länderübergreifende Vergleichbarkeit ermöglichen, müssen sie bundesweit koordiniert und arbeitsteilig entwickelt werden. Alleingänge einzelner Länder wären kontraproduktiv und teuer.