Zukunft der Handelsregister

Im Zusammenhang mit der Justizreform der Bundesregierung erwägt der Bund, den Ländern die Entscheidung zu überlassen, ob die Handelsregister noch hoheitlich geführt werden. Die vorherige Landesregierung hatte erst vor zwei Jahren die Zahl der Amtsgerichte, die ein Handelsregister führen, aus Gründen der Rationalisierung nahezu halbiert. Die Landesregierung hat jetzt die Absicht erkennen lassen, das Register auszugliedern und der Industrie- und Handelskammer anzubieten.

Laut Göttinger Tageblatt vom 9. Mai 2003 hat diese Ankündigung sowohl die Rechtspfleger als auch die Handwerkskammern verärgert.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Gerichtsstandorte in Niedersachsen führen ein Handelsregister?

2. Wie hoch ist der Personaleinsatz an den einzelnen Standorten für das Handelsregister?

3. Wie viele Gebühren in welcher Höhe wurden von den einzelnen Standorten jeweils in den Jahren 2000, 2001 und 2002 erwirtschaftet?

4. Sind mit der IHK Niedersachsen bereits Gespräche wegen der Übernahme der Register geführt worden? Gibt es eine Übernahmebereitschaft?

5. Verfügt die IHK über entsprechend ausgebildetes Personal, und ist dieses Personal auf dem freien Arbeitsmarkt zu bekommen?

6. Aus welchen Gründen lässt sich das Handelsregister bei den IHKs unbürokratischer führen?

7. Würde sich die Verfahrensdauer nach Ansicht der Landesregierung bei einer Übertragung der Handelsregister auf die IHKs verringern? Wenn ja, warum?

8. Durch welche Maßnahmen will die Landesregierung sicherstellen, dass die Registerleistungen bei den IHKs nicht teurer angeboten werden als bei der Justiz?

Für die niedersächsische Landesregierung ist die Beschränkung des Staates auf hoheitliche Kernaufgaben bei Verlagerung anderer Aufgaben auf sonstige geeignete Stellen ein wichtiges Ziel. Als erster Schritt soll die Registerführung übertragen werden. Niedersachsen tritt daher im Bundesrat nachhaltig für eine Öffnungsklausel ein, die es den Ländern ermöglichen würde, die Führung der Register (Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregister) durch Landesgesetz von den Amtsgerichten auf andere Stellen zu übertragen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die gestellten Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Gem. § 16 d der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten in der Gerichtsbarkeit und der Justizverwaltung vom 22. Januar 1998 (Nds. GVBl. S. 66), zuletzt geändert durch Verordnung vom 9. Dezember 2002 (Nds. GVBl. S. 777), werden an folgenden Gerichtsstandorten Handelsregister geführt: Achim, Alfeld (Leine), Aurich, Bad Iburg, Brake (Unterweser), Braunschweig, Burgwedel, Buxtehude, Celle, Cloppenburg, Dannenberg (Elbe), Delmenhorst, Diepholz, Emden, Gifhorn, Goslar, Göttingen, Hameln, Hannover, Hildesheim, Langen, Leer (Ostfriesland), Lingen (Ems), Lüneburg, Meppen, Neustadt am Rübenberge, Nordhorn, Northeim, Oldenburg (Oldenburg), Osnabrück, Stade, Stadthagen, Syke, Tostedt, Vechta, Walsrode, Westerstede, Wilhelmshaven, Winsen (Luhe) und Wolfsburg.

Zu 2: Die Personalübersichten enthalten erst seit wenigen Jahren Angaben zum Personaleinsatz in Registersachen. Eine Unterteilung nach den einzelnen Registerarten erfolgt hierbei jedoch nicht.

Einen Näherungswert für die einzelnen Register erhält man, wenn man den Gesamteinsatz in Registersachen zu dem Personalbedarf für die einzelnen Register ins Verhältnis setzt. Die Ergebnisse dieser Gegenüberstellung können der anliegenden Übersicht entnommen werden. Gegenüber dem Gesamtergebnis auf Landesebene weisen die Summen der Gerichtsergebnisse dabei geringfügige Rundungsdifferenzen auf.

Zu 3: Eine landesweite Erfassung der an den jeweiligen Standorten erwirtschafteten Gebühren ist bisher nicht erfolgt. Eine nachträgliche Ermittlung der Daten ist aufgrund des damit verbundenen unverhältnismäßig hohen Arbeitsaufwands nicht leistbar.

Im Verlauf des Modellprojekts "JusKoLei" zur Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung in der Justiz wurden im Bereich der Register die Produkte gebildet:

­ "Handelsregistersachen A",

­ "Handelsregistersachen B" sowie

­ "Sonstige Register".

Damit wird erstmals eine Zuordnung der entstehenden Kosten und Erlöse zu den Produkten möglich.

Mit der Erlöserfassung in Registersachen wurde im 2. Halbjahr 2001 begonnen. Zuverlässige Aussagen zur Höhe der Einnahmen und dem daraus resultierenden Kostendeckungsgrad können deshalb nur für das Jahr 2002 erfolgen.

In den ausgewiesenen Erlösen sind sowohl Gebühren als auch Auslagen enthalten, die nicht voneinander getrennt ausgewiesen werden können.

Das Amtsgericht Stadthagen ist für die Führung des Handelsregisters für die Amtsgerichtsbezirke Bückeburg, Rinteln und Stadthagen zuständig.

Zu 4: a) Es wurden mit dem Niedersächsischen Industrie- und Handelskammertag und der Vereinigung der Handwerkskammern Niedersachsen Gespräche geführt.

b) Ja.

Zu 5: Nein.

Zu 6: Es ist nicht Ziel der Auslagerung, die Register bei der IHK "unbürokratischer" zu führen. Die Registerführung wird nach wie vor eine rechtliche Aufgabe sein. Gewisse "bürokratische" Formen sind daher unabdingbar.

Zu 7: Eine kürzere Bearbeitungszeit wird durch verschiedene Änderungen - insbesondere in der Ablauforganisation - erreicht werden können. Die Wege innerhalb einer einzigen Institution werden gegenüber einem Austausch zwischen Amtsgericht und IHK kürzer; eine Bearbeitung wird daher möglicherweise auch schneller erfolgen können.

Zu 8: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dürfen Gebühren in Handelsregistersachen nur bis zur Höhe der tatsächlich anfallenden Kosten erhoben werden. Das gilt selbst dann, wenn (landes-)gesetzliche Regelungen höhere Gebühren vorsehen. Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 02.12.1997 (Rechtssache C-188/95 - "Fantask", ZIP 1998, S. 206) festgelegt, dass sich die Gebühren nach dem Kostendeckungsprinzip richten müssen, also nicht höher sein dürfen als die tatsächlich anfallenden Kosten.

Diese Obergrenze gilt auch bei Übertragung der Registerführung auf andere Stellen. Der vorliegende Entwurf des Registerführungsgesetzes enthält in Artikel 57 Abs. 1 Satz 2 EGHGB-E für die Länder, die eine Übertragung der Register auf andere Stellen vornehmen, eine Ermächtigung zum Erlass eigener landesrechtlicher Kostenregelungen. Von dieser Ermächtigung wird im Falle der Übertragung der Register auf die IHK Gebrauch zu machen sein.

Dabei ist zu erwarten, dass die dann nach dem Kostendeckungsprinzip zu bestimmenden Gebühren nicht höher sein werden, als sie bei der Fortführung der Register bei den Amtsgerichten sein würden.