Fluglärm des Flughafens Hannover-Langenhagen

Die gegenwärtige Regelung für den Flughafen Hannover-Langenhagen über örtliche Flugbeschränkungen zwischen 22.00 und 6.00 Uhr (so genannte Nachtflugregelung) läuft zum 31. Dezember 2004 aus.

I. Aus offiziellen Quellen wird derzeit für den Flughafen Hannover eine „Airport-Capacity" mit maximal 40 Flugbewegungen pro Stunde, eine „DFS-Capacity" mit 60 Flügen pro Stunde angegeben. Daraus ergebe sich mit der derzeitigen unbegrenzten Genehmigung, dass bis zu 8 x 60 = 480 Flugbewegungen pro Nacht möglich sind! Dieses ergebe für die Anwohner eine enorme Belastung, wenn der Flughafen diese Genehmigung ausschöpfen würde! Für die anliegenden Gemeinden bedeutete der derzeitige Genehmigungszustand, dass keine Wohnbebauung mehr möglich wäre!

II. Alle von Lärm, also auch die von Fluglärm betroffenen Gemeinden (z. B. die Gemeinden Garbsen, Langenhagen, Isernhagen) sind gesetzlich verpflichtet, Lärmminderungspläne gemäß BImSchG bzw. gem. Nds. RdErl. des MU und des MW v. 16.10.1992 aufzustellen. Diese Gemeinden benötigen für die Erstellung eines Schallimmissionsplanes (SIP) Daten über die Flugbewegungen und die sich hieraus ergebende Belastung durch den Flughafen HannoverLangenhagen. Der Erlass vom 16.10.1992 besagt unter 1.2: „Nach § 47 a Abs. 2 BImSchG setzt dies voraus, dass für das Gemeindegebiet die Belastung durch die einwirkenden Geräuschquellen erfasst und ihre Auswirkungen auf die Umwelt festgestellt werden. Dies ist Aufgabe des MU, das somit die Gemeinden unterstützt."

Das Niedersächsische Landesamt für Ökologie (NLÖ) bzw. das MU scheinen Berechnungen der Lärmbelastung in der Umgebung des Flughafens vorliegen zu haben. Bislang war jedoch die Gemeinde Garbsen trotz zweimaliger Anfrage im Nds. Umweltministerium im Jahr 2002 in ihren Bemühungen erfolglos, diese Daten zur Verfügung gestellt zu bekommen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie sieht das Verfahren für eine neue Nachtfluggenehmigung aus, und welche Institutionen werden dabei mit einbezogen?

2. Welche Auflagen zur aktiven Lärmminderung (Vorschriften zum lärmmindernden Starten, Flugroutenvorgabe für den Nachtverkehr etc.) wären im Rahmen einer neuen Genehmigung möglich, und welche davon sind vorgesehen?

Zu I.: 3. Wie hoch ist die maximal mögliche Zahl der Flugbewegungen, die mit der jetzigen Fluggenehmigung theoretisch möglich ist?

4. Ist eine zahlenmäßige Begrenzung des Nachtfluges für die neue Nachtflugregelung vorgesehen? Wenn ja, in welcher Höhe, wenn nein, warum nicht?

Zu II.: 5. Ist es zutreffend, dass das NLÖ bzw. das MU Daten über die Lärmbelastung in der Umgebung des Flughafens vorliegen hat?

a) Wenn nein, wer verfügt über entsprechende Daten?

b) Wurden bei diesen Daten die in der Genehmigung möglichen Flugbewegungen bereits in den Rechnungen berücksichtigt? Wenn nein, warum nicht?

6. Können diese Daten der Gemeinde Garbsen und ggf. anderen betroffenen Gemeinden z. B. für die Erstellung eines Schallimmissionsplanes (SIP) zugänglich gemacht werden? Wenn ja, was muss die Gemeinde Garbsen unternehmen, um die Daten zu erhalten? Wenn nein, warum nicht?

7. Wem können diese Daten zur Verfügung gestellt werden, und ggf. unter welchen Bedingungen?

8. In welcher Form findet eine Unterstützung der Gemeinden nach 1.2 des RdErl. vom 06.10. bei der Umsetzung des selbigen bzw. des BImSchG statt?

9. Welche Daten liegen insgesamt der Landesregierung vor, die vom Flughafen HannoverLangenhagen ausgehende Emissionen (Lärm und Abgase) betreffen, und welche davon fallen unter das Umweltinformationsgesetz (UIG)?

Die Landesregierung ist der Auffassung, dass im Zusammenhang mit Fluglärm in wichtigen Einzelbereichen zahlreiche Fortschritte und erhebliche Minderungserfolge erreicht worden sind. Zu den Erfolgen gehört, dass der Flughafen Hannover auf freiwilliger Basis ein Schallschutzfensterprogramm im Werte von 15 Mio. Euro aufgelegt und dadurch einen wichtigen Beitrag dazu geleistet hat, die Bürger in den Anliegergemeinden wirksam vor Fluglärm während der Nachtstunden zu schützen. Auch die gegenwärtige Nachtflugregelung gewährleistet, dass ein solcher Schutz gegeben ist. Diese Regelung läuft zum Ende des Jahres 2004 aus. Bei einer Neuregelung sind - wie bisher auch - die berechtigten Interessen der Bürger an ungestörter Nachtruhe in einem Abwägungsprozess mit zu berücksichtigen.

Der so genannte Kapazitätseckwert beschreibt die höchst mögliche Anzahl von Starts und Landungen, die auf dem luftseitigen System von Start- und Landebahnen, Rollbahnen und Vorfeldern eines Flughafens flugbetriebstechnisch durchgeführt werden können. Dabei wird ein bestimmtes Flugzeugmuster nicht in Betracht gezogen. Flugzeuge mit Strahltriebwerken und Propellerantrieb werden gleich behandelt. Es wird nur auf die Flugbewegungen abgestellt. Nicht in die Betrachtung einbezogen wird des Weiteren, ob der jeweils betrachtete Flughafen auch die erforderlichen landseitigen Vorrichtungen am Boden (z. B. Abfertigungsanlagen oder Flugsteige) besitzt, um eine solche Anzahl von Flugzeugen abzufertigen. Insoweit handelt es sich um einen rein technischrechnerischen Wert. Dieser besitzt auch keinen Zusammenhang mit der Betriebsgenehmigung, die sich auf die wesentlichen Grundlagen der Kapazität, nämlich die Größe und Konfiguration des Bahnsystems, bezieht.

Die Schlussfolgerung, dass bis an die Grenze der Kapazität in der Nacht Flugbewegungen am Flughafen Hannover-Langenhagen möglich sind, ist nach dem oben Gesagten sowohl aus tatsächlichen, aber auch aus rechtlichen Gründen unzutreffend. Zum einen ist die Anzahl der Flugzeuge, die mit den vorhandenen Vorrichtungen am Boden abgefertigt werden können, geringer als diejenige Anzahl von Flugzeugen, deren Bewegungen die Start- und Landebahn des Flughafens aufnehmen kann. Zum zweiten würde eine solche Anzahl von Bewegungen in der Nacht ein ordnungsrechtliches Einschreiten der Luftaufsichtsbehörde nach sich ziehen.

In Gebieten, in denen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche hervorgerufen werden oder zu erwarten sind, haben die Gemeinden die Belastung durch die einwirkenden Geräuschquellen zu erfassen und ihre Auswirkungen auf die Umwelt festzustellen. Dies geschieht durch die Aufstellung von Schallimmissions- und Lärmminderungsplänen. Schallimmissionspläne beinhalten eine Beschreibung des Lärms. Lärmminderungspläne legen dar, durch welche Maßnahmen der Lärmpegel reduziert werden soll. Vor der Aufstellung eines Schallimmissionsplans hat die Gemeinde zunächst zu prüfen, ob schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche überhaupt vorhanden sind. Liegt diese Voraussetzung vor, werden die Auswirkungen der Geräusche auf das Gemeindegebiet in einem Schallimmissionsplan erfasst und dargestellt.

In dem gemeinsamen Runderlass des MU und MW vom 16.10.1992 ist den Gemeinden der Hinweis gegeben worden, ab welchen Lärm-Immissionswerten schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 47 a Bundesimmissionsschutzgesetz vorliegen. Die entsprechenden Werte sind dort - bezogen auf die unterschiedlichen Lärmquellen - tabellarisch aufgelistet. Für den Luftverkehr wird dort ein Immissionswert von 62 dB(A) angegeben. Dieser Immissionswert ist 1994 auch bei der Ausweisung des Siedlungsbeschränkungsbereichs im Landesraumordnungsprogramm zu Grunde gelegt worden, um ein weiteres Heranrücken der Wohnbebauung an den Flughafen zu verhindern.

Nach der Erstellung eines Schallimmissionsplans sind die Gemeinden verpflichtet, Lärmminderungspläne aufzustellen. Die Verpflichtung der Gemeinde, diese Aufgabe durchzuführen, bedeutet aber nicht, dass die Gemeinde auch allumfassend für die Planung und Durchführung von Maßnahmen zur Lärmminderung zuständig ist. Für Fluglärm obliegt es der jeweiligen Luftfahrtbehörde zu entscheiden, welche Lärmminderungsmaßnahmen sie für angemessen und zweckmäßig hält.

Für den Flughafen wäre dieses das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr als oberste Luftfahrtbehörde.

Vom Bundesumweltministerium wurde im Jahre 2000/2001 ein erster Referentenentwurf zur Novellierung des Fluglärmgesetzes vorgelegt. Dieser enthielt neue Regelungen zur Berechnung der Schutzbereiche, die um einen Flughafen herum gebildet werden, um die Anwohner vor Fluglärm zu schützen und einen störungsfreien Betrieb des Flughafens zu gewährleisten. Zur überschlägigen Einschätzung der Auswirkungen dieser Neuregelungen auf die bestehenden Zonen am Flughafen Hannover-Langenhagen hatte das NLÖ seinerzeit Berechnungen durchgeführt. Diese beruhen auf Angaben des Flughafens Hannover-Langenhagen für das Jahr 2001.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Wie bereits die bisherige, so wird auch die neue Nachtflugregelung vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr als Genehmigungsbehörde des Flughafens Hannover erlassen. Die hierfür erforderliche Sachverhaltsermittlung findet gegenwärtig statt. Es ist damit zu rechnen, dass sie gegen Ende des Jahres abgeschlossen ist.

Bei der anschließenden Auswertung des ermittelten Sachverhalts werden die unterschiedlichen Gesichtspunkte, die bei einer Entscheidung zu berücksichtigen sind, gegeneinander abgewogen.

Am Ende dieses Prozesses steht die Meinungsbildung der Genehmigungsbehörde, wie eine zukünftige Nachtflugregelung aussehen könnte. Es ist vorgesehen, dass spätestens Ende des ersten Quartals des nächsten Jahres dieser innerbehördliche Abwägungs- und Abstimmungsprozess beendet ist.

In dem danach durchzuführenden Anhörungsverfahren erhalten auch die Anliegerkommunen des Flughafens Gelegenheit, zu der beabsichtigten Neuregelung Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen sollten in etwa bis Mitte nächsten Jahres vorliegen, damit die Genehmigungsbehörde genügend Zeit hat, sie auszuwerten und in ihre abschließende Entscheidung einfließen zu lassen. Mit einer endgültigen Entscheidung ist Ende des dritten Quartals des nächsten Jahres zu rechnen.

Zu 2: Gegenstand von Schutzanordnungen können alle Maßnahmen sein, die geeignet sind, nachteilige Auswirkungen der Flugplatzanlage und deren Benutzung für die Allgemeinheit oder für Einzelne, insbesondere für die Flugplatznachbarn, aufzuheben, auszugleichen oder zu vermindern.