Novellierung der Handwerksordnung

Novellierung der Handwerksordnung: Durch sinnvolle Reformen die Zukunft des deutschen Handwerks sichern Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/239

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 15/530

Der Landtag hat in seiner 18. Sitzung am 20.11.2003 folgende Entschließung angenommen: Novellierung der Handwerksordnung: Durch sinnvolle Reformen die Zukunft des deutschen Handwerks sichern.

Der Landtag stellt fest:

Das Handwerk in Deutschland ist und bleibt ein unverzichtbarer Pfeiler der deutschen Volkswirtschaft. Mit 530 000 Auszubildenden bundesweit leisten 850 000 Handwerksbetriebe einen entscheidenden Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt des ganzen Landes. Allein das niedersächsische Handwerk beschäftigt 461 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und 55 000 Auszubildende und tätigt einen Jahresumsatz von 34 Mrd. Euro.

Selbstverständlich ist auch das Handwerk von der allgemein katastrophalen Wirtschaftslage unseres Landes betroffen, die ihre Hauptursache in der verfehlten Wirtschaftspolitik der Bundesregierung findet.

Obwohl insbesondere mit Blick auf die EU-Osterweiterung im Handwerk Strukturreformen erforderlich sind, zeugt der Entwurf der Bundesregierung zur Novellierung der Handwerksordnung von keinerlei fachlicher Kompetenz und ignoriert die ökonomischen und gesellschaftlichen Leistungen des Handwerks.

Ziel einer Reform der Handwerksordnung muss es sein, sowohl die hohe Ausbildungsbereitschaft im deutschen Handwerk sicherzustellen als auch Beschäftigung zu sichern und auszubauen. Außerdem sollte eine größere Flexibilität bei Unternehmensgründungen ermöglicht und Bürokratie soweit wie möglich abgebaut werden. Eine Inländerdiskriminierung auf EU-Ebene muss dabei vermieden werden. Besonders wichtig ist es allerdings, für bessere gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen zu sorgen. Dies ist die entscheidende Voraussetzung für eine Trendwende in unserem Land und eröffnet dem Handwerk wieder Chancen für mehr Aufträge, um Arbeitsplätze zu sichern und Ausbildungsplätze bereitzustellen.

II. Der Landtag lässt sich von folgenden Grundsätzen leiten:

1. Erhalt des Meisterbriefs.:

Der Meisterbrief ist der Garant der Leistungsfähigkeit des deutschen Handwerks und der Handwerkstradition. Er hat sich in der Vergangenheit als personenbezogenes Qualitätssiegel bewährt und muss deshalb erhalten bleiben. Gleichwohl ist es wirtschafts- wie auch ordnungspolitisch geboten, eine Anpassung der Handwerksordnung im Hinblick auf die Voraussetzungen zur Betriebsgründung oder Übernahme eines Betriebes vorzunehmen. Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf führt jedoch eindeutig am Ziel vorbei. Nicht nur die Gefahrengeneigtheit sollte als Kriterium zur Festlegung der Gewerbe mit verpflichtendem Großem Befähigungsnachweis beachtet werden, sondern beispielsweise auch der Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter oder weiterer Kriterien.

2. Qualität in Anlage B sichern:

Um die Qualität der Handwerksberufe in Anlage B zu gewährleisten, sind hier die Gesellenprüfung als auch der Leistungsnachweis ausreichender Ausbilderqualitäten zur Existenzgründung obligatorisch festzuschreiben. Auch der Erwerb des Großen Befähigungsnachweises als Zeugnis besonderer Fähigkeiten soll diesen Gewerben offen stehen.

3. Besondere Regelungen für Personengruppen mit langjähriger Berufserfahrung:

Die von der Bundesregierung geplante Sonderregelung für Altgesellen, wonach sich Gesellen mit 10-jähriger Berufserfahrung und 5-jähriger Tätigkeit in herausgehobener und verantwortlicher oder leitender Stellung auch ohne Meisterbrief in der Anlage A selbständig machen dürfen, wird abgelehnt. Um aber die Berufserfahrung dieser Personengruppe zu berücksichtigen, sollten die Anforderungskriterien der Meisterprüfung für diesen Personenkreis entsprechend zugeschnitten werden. Das heißt, dass in der Praxis erworbene Fähigkeiten der Meisterprüfung angerechnet werden. Die Kenntnisse müssen durch fachliche Prüfung nachgewiesen werden. Für diesen Personenkreis müssen besondere Regelungen entwickelt werden, die im Ergebnis eine stärkere Modularisierung der Meisterprüfung bewirken.

4. Modernisierung der Meisterprüfung:

Die Berechtigung zur Ausbildung bedingt bislang den Erwerb des Meisterbriefes. Wenn in einigen Berufen durch die Einstufung in die Anlage B diese Grundvoraussetzung künftig entfällt, ist auch die Ausbildungsvoraussetzung diesen neuen Bedingungen anzupassen. Unternehmern des ersten Abschnitts der Anlage B ist daher die Möglichkeit einzuräumen, den Teil 4 der Meisterprüfung (Ausbildung) separat abzulegen, sodass sie auch ohne den großen Befähigungsnachweis Lehrlinge einstellen und ausbilden können. Einzelne Hochschulabschlüsse sollten auch als Zugang zum Handwerk gelten. Die betriebswirtschaftliche Komponente der Meisterprüfung sollte gestärkt werden. Für die Zulassung zur Meisterprüfung sollen die bislang üblichen Wartezeiten wegfallen. Jeder Geselle soll die Chance haben, möglichst früh den großen Befähigungsnachweis zu erwerben.

5. Erleichterte Berufsanerkennung:

Der Erwerb des Großen Befähigungsnachweises ist ein Qualitätssiegel des deutschen Handwerks. Gleichwohl ist eine erleichterte Anerkennung von Fachabschlüssen aus anderen Bereichen mit entsprechender Qualifikation grundsätzlich vernünftig. Daher sollten insbesondere Techniker, Ingenieure und Industriemeister, bei denen ausreichende Fertigkeiten bereits nachgewiesen worden sind, auch ohne individuelle Sonderprüfung die Genehmigung für eine Existenzgründung im Handwerk erhalten.

6. Aufgabe des Inhaberprinzips:

Die geltende Regelung ist nicht zeitgemäß und führt zur Begünstigung der Rechtsform der Kapitalgesellschaften im Handwerk. Für die Zulassung eines Handwerksbetriebes soll künf tig unabhängig von der Rechtsform auch die Beschäftigung eines Meisters oder anderen gleichwertig Qualifizierten ausreichen.

7. Ich-AGs:

Eine Betätigung der staatlich subventionierten Ich-AGs im handwerklichen Bereich ist grundsätzlich abzulehnen, weil daraus Wettbewerbsverzerrungen zulasten bestehender Betriebe resultieren und ein ordnungspolitischer fairer Wettbewerb damit verhindert wird.

8. Unerheblichkeitsgrenze:

Als Beitrag zur Bekämpfung der Schwarzarbeit ist eine einfache und transparente Gestaltung der so genannten Unerheblichkeitsgrenze, also der Grenze zwischen der erlaubten und der nicht mehr erlaubten handwerklichen Tätigkeit im Rahmen eines Nebenbetriebes, anzustreben.

9. Verfahren beschleunigen, Bürokratie abbauen:

Alle Verfahren im Handwerk sind daraufhin zu überprüfen, ob durch Vereinfachung und mehr Transparenz unnötige Bürokratie abgebaut und Entscheidungsprozesse beschleunigt werden können.

10. Revision nach sieben Jahren:

Um die Auswirkung der Novellierung der Handwerksordnung zu bewerten, soll nach jeweils sieben Jahren eine Überprüfung der Zuordnung in den Anlagen A und B durchgeführt werden.

11. Der Landtag bittet die Landesregierung, die von der Bundesregierung geplante Reform der Handwerksordnung in ihrer derzeitigen Fassung abzulehnen.