Erfahrungen mit der Eingleisigkeit in Niedersachsen

Mit der Novellierung der NGO 1996 wurde in Niedersachsen die Eingleisigkeit in der kommunalen Vertretung eingeführt. Aufgrund der Übergangsbestimmungen vollzog sich der Systemwechsel über viele Jahre und ist bis heute noch nicht vollkommen abgeschlossen. Andererseits gibt es inzwischen bereits viele Jahre Erfahrung mit der Wahl und der Arbeit der eingleisigen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und Landräte bzw. Landrätinnen. Das bietet die Gelegenheit zu einer ersten Evaluierung der damaligen Novellierung. Diese ist nicht zuletzt aufgrund der über die Parteigrenzen hinweg kontroversen Diskussion bei Einführung der Eingleisigkeit von besonderem Interesse. Die punktuellen Informationen und Berichte zur Eingleisigkeit, in denen immer wieder auch die Frage der Qualifikation der Amtsträgerinnen und Amtsträger eine Rolle spielte, lassen eine zusammenfassende Bewertung nicht zu.

Deshalb ist es erforderlich, einen Überblick über den Stand und Verlauf der Umstellung und die bisherigen Erfahrungen zu gewinnen.

Wir fragen deshalb die Landesregierung:

1. Wie viele Gemeinden und Landkreise verfügen noch über das System der Zweigleisigkeit?

2. Wann wird die Umstellung in Niedersachsen abgeschlossen sein?

3. Welche Probleme, wo und in welchem Umfang sind bei der Umstellung (Wahl) der Eingleiser aufgetreten?

4. Wie häufig führten diese Probleme zu aufsichtsbehördlichen Aktivitäten?

5. Wie wurden diese Probleme gelöst?

6. Sind nach dem Umstellungsprozess in Gemeinden bzw. Landkreisen Probleme im Zusammenhang mit der Eingleisigkeit der neuen Führungsspitze aufgetreten?

7. Welcher Art waren die Probleme, und wo und in welchem Umfang traten sie auf?

8. Wie häufig führten sie zu aufsichtsbehördlichen Aktivitäten, und wie wurden die Probleme gelöst?

9. Wie bewertet die Landesregierung nach den vorliegenden Erfahrungen das Ergebnis der Umstellung von Zweigleisigkeit auf Eingleisigkeit?

10. Beabsichtigt die Landesregierung, bei der für 2004 angekündigten Änderung der NGO die Zugangsvoraussetzungen für hauptamtliche Bürgermeister und Landräte zu verändern, und wenn ja, wie?

11. Welche weiteren Änderungen in Bezug auf die Stellung der kommunalen Spitze und ihr Verhältnis und Zusammenwirken mit den Räten/Kreistagen sind in diesem Rahmen beabsichtigt?

Ein detaillierter Überblick über die Erfahrungen mit der so genannten Eingleisigkeit in Niedersachsen lässt sich nicht vermitteln. Eine summarische Antwort würde eine Befragung aller betroffenen Kommunen voraussetzen. Dieser Aufwand ließe sich jedoch nicht rechtfertigen. Es besteht für die Kommunalaufsichtsbehörden lediglich eine laufende Berichtspflicht zur Person der direkt gewählten Hauptverwaltungsbeamten. Es gibt also keine „Meldepflicht" für Probleme, insbesondere nicht für die Kommunen. Den nachstehenden Antworten liegen auch die Erfahrungen der Bezirksregierungen und der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens zugrunde.

Dies vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: In Niedersachsen gibt es noch 90 „zweigleisige" Gemeinden und Samtgemeinden und acht „zweigleisige" Landkreise. Davon sind in zwei Landkreisen bereits hauptamtliche Landräte gewählt, die im Jahr 2004 ihre Ämter antreten werden.

Zu 2: Im Jahr 2008 wird die Umstellung abgeschlossen sein.

Zu 3 bis 5: Fragen und Probleme sind vorrangig bei Einzelwahlen aufgetreten, z. B. wegen des Wahltermins (Direktwahl am Tag von Parlamentswahlen), des Zeitpunktes des Amtsantritts und der Maßnahmen nach Amtsantritt (u. a. Umbildung des VA/KA). In diesen Fällen ist eine intensive kommunalaufsichtliche Beratung erfolgt. Gleichwohl war in einem Fall, in dem es auch um die Umbildung des Verwaltungsausschusses ging, eine verwaltungsgerichtliche Streitigkeit nicht zu vermeiden. Möglicherweise könnte es erforderlich werden, im Wege der Klarstellung gesetzgeberisch tätig zu werden.

Die Fragen und Probleme waren überwiegend Folgen des Übergangs von der „Zweigleisigkeit" zur „Eingleisigkeit". In welcher Häufigkeit diese Probleme zu aufsichtsbehördlichen Aktivitäten führte, kann nicht beantwortet werden.

Zu 6 bis 8: Bei den bisher in Niedersachsen durchgeführten Direktwahlen sind über 70 % der erfolgreichen Kandidaten ehemalige Hauptverwaltungsbeamte oder Bedienstete im öffentlichen Dienst. Die übrigen Bürgermeister und Landräte entstammen aus den unterschiedlichsten Berufsfeldern, z. B. Betriebswirte, Kaufleute, Techniker, Rechtsanwälte und Abgeordnete. Ganz vereinzelt hat es Zweifel an der ausreichenden Qualifikation gegeben.

Probleme, die spezifisch mit dem System der „Eingleisigkeit" zusammenhängen, sind hier nicht bekannt geworden.

Zu 9 und 10: Die Landesregierung sieht nach den vorliegenden Erfahrungen keinen Anlass, die Umstellung von der „Zweigleisigkeit" auf die „Eingleisigkeit" rückgängig zu machen; sie hält das System aber für verbesserungsbedürftig. Insoweit ist z. B. eine Verlängerung der Wahlzeit für Bürgermeister und Landräte geplant. Längere Amtszeiten lassen eine größere Kontinuität bei der Aufgabenerfüllung erwarten. Nach einer Wahlzeitverlängerung dürfte es auch leichter fallen, einen größeren Kreis an geeigneten Bewerbern anzusprechen.

Zu 11: Für weitere Änderungen liegen hier Anregungen vor, die zur Zeit noch geprüft werden.